PORTIONS OF ETERNITY
by Dianora 1/13
Begonnen:
Juni 1998
Beendet:
28 September 1998
Kategorie:
Lasst uns einfach S sagen, obwohl es hier definitiv einen Plot gibt.
Unterkategorien:
R, A
Rating:
NC-17 für Sex, außerdem Sprache, Gewalt, ein bisschen Mulderqualen, ein
bisschen Scullyqualen, die Misshandlungen Schlüsselwörter: MSR ( obwohl ich glaube, dass der Energiequotient minimal ist)
Archivierung:
ja, im Gossamer, woanders bitte erst fragen Spoiler:
einfach alles, einschließlich des Films Zusammenfassung: In einer Welt nach der
Kolonisation kämpfen ein sehr veränderter Mulder und eine sehr veränderte
Scully darum, ihren Weg zueinander wieder zu finden - sowohl physisch als auch
emotional.
Disclaimer:
Copyright-Verletzungen waren nicht beabsichtigt, aber es hat Riesenspaß
gemacht...
Feedback:
Das ist die längste, ehrgeizigste Sache, die ich je geschrieben habe, und ich
würde deshalb Feedback lieben. Bitte. Schreibt mir an Dianora2@aol.com Besucht meine Homepage
unter http://members.aol.com/dianora2/main.htm
Diese
Story profitiert überaus von dem unschätzbaren Rat und Beitrag von Nicole
Perry. Nic, danke dafür, dass du mich genervt hast,
dir den ersten Entwurf zu schicken. Du bist - ganz einfach - hart. Danksagungen
gehen ebenfalls an das Café UST dafür, dass die Leute dort so genörgelt und
mich ermutigt haben, und speziell an Allegra, die
mich angestoßen hat, wenn ich es brauchte, und an MD1016 für all ihre bedingungslose
Unterstützung.
Ich
muss auch zwei Freunden danken, die das hier möglicherweise niemals lesen
werden: Genny, die mit mir Brainstorming veranstaltet
hat, auch wenn sie denkt, ich wäre verrückt, Fanfics
zu schreiben, und Ami, die geduldig all meine bizarren medizinischen Fragen
beantwortet hat.
Dies
hier ist meinen verehrten Wisconsin Spice Girls
gewidmet: MD1016, Nic Perry und Karen Rasch. Es war
unsere Fanfic-Diskussion in der Hotelbar in Chicago,
die mich zuerst inspiriert hat. Es gibt keine Hoffnung, dass Santa Fe je unser
bestes Abenteuer wird. "Da sind Regeln!"
"Große
Wahrheiten sind Teile der Seele eines Mannes; große Seelen sind Teile der
Ewigkeit."
Sonnet
VI, James Russell Lowell, 1819-1891
Es
war lange her, seit er das letzte Mal hier gewesen war.
Irgendwie
war er schockiert herauszufinden, dass die Kirschblüten immer noch blühten oder
dass der Potomac immer noch dahinfloss. Ja sogar,
dass die Sonne immer noch am Himmel schien. Für ihn war jeder Tag nun grau. Aber
der blaue Himmel über ihm war unangenehm strahlend, beinahe heiter. Es verbitterte
ihn, dass es so war.
Nur
die Tatsache, dass er einen Job zu erledigen hatte, hielt ihn davon ab, dem
Ärger und der Verzweiflung nachzugeben. Dennoch fraß es am ihm, mit winzigen,
schmerzvollen Bissen - nach so langer Zeit wieder hier zu sein, hier wo sie
zusammen gewesen waren, wo sie ihn wieder und wieder gerettet hatte, wo er, ein
einziges Mal in seinem Leben, ein vollkommener Mensch gewesen war - es war
beinahe zu viel, um es zu verarbeiten.
Aber
er hatte einen Job zu erledigen.
Er
wog die schwere schwarze Tasche, die er trug, streifte das kugelförmige Alienschiff, das in einer permanenten Position über dem
Weißen Haus schwebte, mit einem kurzen Blick und setzte dann seinen Weg fort.
Dana
hasste Partys.
Eine
der Drohnen - es musste Lisette gewesen sein - hatte äußerst gewissenhaft das
Abendkleid herausgelegt, dass sie bald an diesem Abend zu tragen hatte, so als
wollte sie Dana daran erinnern, dass sie nicht in der Lage sein würde, sich dem
Empfang heute Abend zu entziehen. Nun strich sie das Kleid auf ihrer Haut
glatt: ein seidiges, knöchellanges, schulterfreies Kleid; ziemlich
enganliegend, aber nicht unbedingt billig aussehend. Es war weiß, natürlich.
Sie war die Farbe Weiß so leid.
Als
ihre Limousine vor den Stufen des Cooperative Centers
ausrollte - des Kennedy-Centers erinnerte sie sich grimmig - atmete sie tief
ein und stärkte sich selbst für das, was kommen musste. Nur ein paar Stunden
und dann kannst du nach Hause gehen, leierte sie in ihrem Kopf. Du hast das schon
früher gemacht, du kannst es wieder tun.
Ihr
Fahrer öffnete die Tür und sie stieg auf den Gehweg aus, halb die Blitze der
Kameras von Paparazzi auf ihrem Gesicht erwartend,
wie bei einem Filmstar von früher. Aber da war nur das schweigende, wuchtige Sicherheitspersonal
- Morphers, Hybriden, Drohnen; sie war sich nicht sicher,
noch immer konnte sie es nicht genau sagen und vermutete, dass es nicht
wirklich zählte - das geduldig darauf wartete, dass sie ihren Weg die Marmorstufen
hinauf nahm. Wartete, um sicherzustellen, dass sie nicht versuchen würde,
irgendwo anders hinzugehen. Sie identifizierte einen der beiden Handlanger, die
ihr zugeteilt waren, um sie im 24-Stunden-Rhythmus zu beobachten, der sie
ausdruckslos observierte. Es war Freddie. Freddie und Felix nannte sie sie im
Geist in dem Bemühen, sie zu erniedrigen oder um sie letztlich menschlich
klingen zu lassen, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass sie in der Tat
Hybriden waren. Bevor sie ihren Weg zum Eingang fortsetzte, warf sie Freddie
einen schalkhaften Blick zu. Sie wusste, dass es keine Wirkung auf ihn haben
würde, aber dessen ungeachtet musste sie dieses Statement abgeben.
Das
strahlende Oberlicht badete sie in Wärme, als sie den Bankettsaal betrat.
Tiefrote Samtvorhänge verhüllten die weiten Erkerfenster, roter Plüschteppichboden
hüllte ihre Füße ein und weiße und rote Leinentischdecken schmückten die mit
Porzellan und Kristall beladenen Tische. Es war, als käme man in eine
Gebärmutter gefüllt mit Blut hinein. Der
scharfe, beinahe metallische Geruch, der die Anwesenheit der Kolonisten immer
begleitete, durchdrang die gefilterte Luft und sie hoffte, dass sie sich heute
Abend schnell daran gewöhnen würde.
Überall
in dem großen, hohen Saal verteilt berieten sich Kolonisten mit ihren
menschlichen Lakaien, während hiesige Speichellecker darin bedienten, sich um
jeden kleinen Brocken Macht rangelnd und sich gegenseitig den Rücken
tätschelnd, um sicherzugehen, dass es dort keine scharfkantigen Messer gab.
Verzweiflung, Angst und List hingen in dem Raum wie greifbare Präsenzen und
gingen ihr auf die Nerven.
Hier
und dort entdeckte sie Drohnen, gelb gekleidet und für verschiedene Bedürfnisse
da: dienen, saubermachen spionieren. Sie vermutete, dass sie dankbar sein
müssten, zu Haushaltsdiensten herangezogen zu sein statt zu harter Arbeit in
den Minen oder auf den Farmen, wie so viele andere, wenn sie sich noch ein
bisschen Bewusstsein für die Realität bewahrt hatten. Die Farbe ihrer Kleidung
stand in scharfem Kontrast zum Rot in dem Raum. Nicht zum ersten Mal fragte sie
sich, warum "Sie" gelb ausgewählt hatten. Niemand sah gut aus in
gelb. Offensichtlich eine Entscheidung, die von Männern getroffen worden war.
Und noch nicht einmal von menschlichen Männern. Der Gedanke amüsierte sie ein
wenig und sie lächelte beinahe.
Sie
entdeckte ein paar Kolonisten und hiesige Führer, aus denen sie wahrscheinlich
ein paar Informationen herausholen konnte, aber aus irgendeinem Grunde war sie
heute Abend nicht mit dem Herzen dabei. Statt dessen
ging sie einfach zu der Tischgruppe an der Seite für die anderen Mütter und
versuchte, nicht zusammenzuzucken, als ein Kolonist hinter ihr vorbeischlitterte
und ein leises Zischen von sich gab. Die Frauen am Tisch begrüßten sie warm wie
immer, sahen sie von oben bis unten an und blickten dann über ihre Schulter, um
einen Blick auf Freddie zu erhaschen. Dana war die einzige Mutter mit
"Bodyguards" und sie beneideten und bemitleideten sie gleichzeitig
deswegen. Sie hatte es nie für notwendig erachtet, den Frauen zu erzählen, dass
Freddie und Felix nicht so sehr Bodyguards waren, sondern Spitzel, um sie bei
der Stange zu halten. Diese Art von Information würde auf ihren sterilen Teeparties nicht so gut ankommen.
"Dana."
Die Frau, die Dana nur als Kristina kannte, deutete auf den leeren Platz neben
sich. Dana glitt dankbar darauf und schenkte der Frau ein wohlwollendes
Lächeln. Kristina war die einzige Mutter, die noch wie ein normales
menschliches Wesen zu handeln schien. Die anderen fürchteten zu sehr, ihren
Status bei den Kolonisten zu verlieren oder irgendwie eine Sünde zu begehen,
die ihren Status als Mutter annullieren würde.
"Werden
wir noch Spaß haben?" murmelte Dana und erntete dafür ein kurzes Lachen
von ihrer Freundin.
"Sobald
das passiert, wirst du es wissen, da bin ich mir sicher,"
entgegnete sie.
"Was
also ist exakt heute Abend auf der Tagesordnung? Ich habe nichts gehört."
Kristina
schob ihr reichliches blondes Haar aus dem Gesicht in einer, wie Dana erkannte,
nervösen Geste. "Sie sagen, ein hohes Tier von
früher wird heute Abend sprechen. Ein Gouverneur? Sogar ein Präsident? Niemand
scheint es zu wissen. Aber ich höre, er hat große Neuigkeiten. Vielleicht
irgend etwas über Greenland?"
Greenland. Danas Magen
zog sich zusammen, aber sie zwang sich dazu, gelangweilt zu gucken. "Haben
sie es endlich geschafft, den letzten Kampf dort zu beenden?"
Kristina
zuckte mit den Achseln. "Wie ich schon sagte, ich weiß es nicht." Sie
sah Dana aus trüben grauen Augen fest an und Dana konnte die unausgesprochene
Botschaft darin sehen: Lass uns hoffen, dass wir gewinnen. Sie glaubte nicht, dass Kristina ein Mitglied
des Widerstandes war, aber sie verdächtigte die blonde Frau, dass sie
wenigstens ihre Meinung teilte, auch wenn sie niemals verrückt genug wäre, es
zu sagen.
"Ich
muss mal auf die Toilette," sagte Dana abrupt,
plötzlich hatte sie Schwierigkeiten, normal zu atmen. Sie betete darum, dass
sie keine neue Panikattacke erleben würde - schließlich war es Monate her, seit
sie eine gehabt hatte - erhob sich von ihrem Stuhl und durchschritt flink die
Breite des Bankettsaals, nur innehaltend, als der Raucher ihren Weg kreuzte. Frostig starrte sie an ihn, erwiderte sein
falsches Lächeln zur Begrüßung nicht und rauschte an ihm mit soviel Würde
vorbei, wie sie aufbringen konnte.
Sie
konnte seine Augen auf ihrem Po spüren, als sie davonging.
Einmal
in der Toilette, schloss sie die Tür hinter sich und dann lehnte sie sich
dagegen, legte ihre Stirn an das kühle Metall und atmete tief und gleichmäßig. Greenland. Skinner war in Greenland.
Skinner war in Greenland auf ihre Bitte hin - zur
Hölle, auf ihr Flehen hin - und leitete die Dinge an diesem Ende, während sie
hier ihre medizinische Forschung und ihre Vernetzungsarbeit fortsetzte.
Hatten
sie ihn letzten Endes geschnappt?
Dana
glaubte, sie würde etwas gehört haben, aber die Kommunikationskanäle von dort
nach hier waren bestenfalls fraglich in den letzten paar Monaten. Nein. Sie lehnte es ab, die Hoffnung
aufzugeben. Es war alles, was sie jetzt noch hatte, abgesehen von ihren
Erinnerungen.
Sie
ging zum Waschbecken und spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht, ohne
sich darum zu kümmern, ob es vielleicht ihr Make-up ruinierte. Mit dem bereitgestellten
Handtuch betupfte sie ihr Gesicht und atmete wieder tief, ein durch die Nase,
aus durch den Mund. Noch einmal sah sie sich im Spiegel an. Ihr Make-up war in
Ordnung, aber wenn irgendwer, der sie gut genug kannte, näher hinsah, konnte er
die Sorge in ihren Augen sehen.
Aber
es war niemand da. Es war seit sehr langer Zeit niemand da.
Sie
unterdrückte einen Seufzer und verließ die Toilette.
Noch
einmal überprüfte er seine Waffe, sich dessen sehr bewusst, als er es tat, dass
er es gezwungenermaßen tat. Er hatte recht, nervös zu sein, sagte er sich. Nie
zuvor hatte er einen so hoch angesetzten Anschlag ausführen müssen. Zugegeben,
er machte sich wenig Sorgen darum, erwischt zu werden. Es waren genug Männer vom Syndikat heute
Abend hier vor Ort, um zu garantieren, dass er nicht verhaftet wurde, und sein
aktueller Posten hoch in den Dachsparren war sowohl vorteilhaft als auch
diskret. Aber er machte sich dennoch Sorgen darum, den Job zu vermasseln. Er
wusste, was passieren würde, wenn er es tat.
Also
überprüfte er das Gewehr noch einmal.
Und
als er wieder aufblickte, sah er einen Traum laufen.
Er
nahm an, dass er dankbar sein sollte, dass es kein Geist war. Dana Scully war
direkt unter ihm, gekleidet in ein wunderbares weißes Abendkleid, das Haar
perfekt frisiert, das Make-up geschickt aufgetragen. Lächerlich großartig, wahrscheinlich hasste
sie dieses Ensemble. Für ein ungeübtes Auge war sie die vollkommene
Verkörperung einer Mutter und wenn sie irgend jemand
anderes gewesen wäre, würde er vermuten, dass sie ihre unfruchtbare Gebärmutter
mit Stolz trug. Aber das war nicht irgendeine Mutter. Das war Scully. Seine
Scully.
Er
verfluchte sich selbst. Nicht noch einmal, Arschloch. Nicht noch einmal.
Der
Mann zog sich noch mehr hinter die Dachsparren zurück, obwohl er wusste, dass
sie in unmöglich sehen konnte. Gleichzeitig ging ein Beben durch seinen Körper.
Sie sah gesund aus. Sie war in Sicherheit. und nun konnte er sie unbeobachtet
betrachten. Es war ein unglaublicher Luxus, einer, den er nicht erwartet hatte.
Sie hatten ihm gesagt, dass sie in diesen Tagen in Louisiana sei, als er das
letzte Mal gefragt hatte.
Er
unterdrückte ein bitteres Lachen. Strughold? Lüge?
Oh, daran darf man gar nicht denken.
Hungrig
nahm er sie in sich auf, entschlossen, den Anblick in sein gut trainiertes
Gedächtnis aufzunehmen. Das hauchdünne weiße Kleid umspannte ihren Körper in
einer Art, wie es ihre FBI-Kostüme nie getan hatten, und ihr teurer, aber nicht
übertriebener Schmuck glitzerte im strahlenden Licht des Saales. Das intensive
Rot ihrer Haare stach sogar gegen den überwältigenden dunkelroten Hintergrund
des Mobiliars ab. Sie trug ihren Kopf hoch, als sie den Raum durchquerte, furchtlos
wie eine Löwin, ihren Teil würdigender Blicke der Menschen in dem Raum auf sich
ziehend, jedoch anscheinend dadurch unberührt. Darin hatte sie eine Menge
Übung, erinnerte er sich grimmig. Sie war niemals jemand gewesen, der es
genoss, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Er fragte sich, wie sie
die Anspannung aushielt. Und dann fragte er sich, ob sie jemals an ihn dachte, spät
in der Nacht, oder ob sie sich an einen bestimmten Kuss erinnerte...
Der
Mann schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Eine Straße der Erinnerung
hinabzugehen, war keine Option für einen Job. Aber welche Wahl hatte er mit dem
Gegenstand all seiner Phantasien im Wachen und im Schlafen so nahe bei sich,
jedoch vollkommen unerreichbar?
Sie
war zurück zu ihrem Platz gegangen, bemerkte er, als er wieder hinsehen konnte.
Sie beugte sich herüber und flüsterte der blonden Frau neben ihr etwas zu, die
darauf lachte. Ungeachtet der Leichtfertigkeit spürte er, dass Scully sich über
irgend etwas Sorgen machte. Er erkannte die Spannung an
der Art, wie sie ihre Schultern hielt.
Ich
muss sie sehen, erkannte er. Wenn ich sie nicht sehe, bevor ich abreise, weiß
ich nicht, was ich tun werde. Zum Teufel mit den Konsequenzen. Er war gehalten,
gleich nach diesem Job nach Denver zurückzukehren, aber er konnte es vielleicht
geschickt anstellen, wenn er schnell genug redete. Marita benutzen, um ihn bei Strughold zu decken. Sie hatte diesen verdammten Deutschen
um den Finger gewickelt.
Gott
verdammt, es war drei Jahre her. Wie konnte er sie nicht sehen, mit ihr
reden... sie berühren? Es war das Risiko wert. Oder nicht?
Das
Risiko wert für dich, schalt er sich. Aber war es das Risiko für Scully wert?
Oberflächlicher
Applaus brachte seine Konzentration zurück auf den Gegenstand in Reichweite.
Robert Stanton Boston, früherer Sprecher des Kongresses der Vereinigten
Staaten, betrat das Podium an der Spitze des Bankettsaals. Mulder legte die
Waffe an und zielte.
Dana
musste sich bewusst daran erinnern, zu atmen, als sie Boston die Treppe
erklimmen sah. In den chaotischen Tagen nach der Ankunft hatte sich der ältere
Staatsmann aus Virginia radikal gegen jede Art der Komplizenschaft mit den
Kolonisten ausgesprochen. Sie hatte angenommen, dass er schon vor langer Zeit
hingerichtet worden war und war um so mehr überrascht
herauszufinden, dass er nicht einmal eine Drohne war, die man in die eine oder
andere Mineneinrichtung geschickt hatte. Was bedeutete seine Anwesenheit hier
für den Widerstand? Für sie alle?
Der
ältere Mann räusperte sich und lächelte sein Publikum an. "Senioren, Damen
und Herren, Mütter, es ist mir eine Ehre, heute Abend bei Ihnen zu sein. Ich
habe Ihnen aufregende Neuigkeiten mitzuteilen, Neuigkeiten, von denen ich mir
sicher bin, dass Sie Ihnen sehr viel Freude bereiten werden." Wieder hielt
er inne und räusperte sich, tastete in den Karten vor ihm herum und richtete
seine leuchtend rote Krawatte. Er schwitzte sichtlich ,
ein leichter Schweißfilm bildete sich auf seiner Glatze.
Er
ist zu nervös, dachte Scully. Irgend etwas stimmt
nicht. Folgte er nicht "Ihrem" Programm, was immer das auch war?
"Damen
und Herren," sagte Boston wieder und dann schien
er innere Reserven aufzurufen. Als er weitersprach
wurde seine Stimme stärker, beinahe schrill. "Ich bin hier, um Ihnen zu
sagen, dass wir den Kampf nicht aufgeben können..." Er beendete den Satz
nicht, eine Kugel durchschoss seine Stirn Sekunden nach dem lauten Knall einer
Schusswaffe aus den Dachsparren. Der ältere Mann fiel zu Boden und Scully hätte
keine Ärztin sein müssen, um zu wissen, dass er bereits tot war.
Inmitten
der Schreie und des schockierten Gemurmels der zusammengelaufenen Menge sprang
Scully von ihrem Sitz auf und lief zum nächstgelegenen Notausgang in der
Hoffnung, wenigstens einen flüchtigen Blick auf den Täter erhaschen zu können,
so dass sie vielleicht entscheiden könnte, ob er Freund oder Feind war. Boston
war offensichtlich dabei gewesen, ein terroristisches Widerstandsstatement in
direkter Gegnerschaft zu den Kolonisten abzugeben, die ihn heute Abend hier her
gebracht hatten, und es wäre ungemein interessant herauszufinden, welche Seite
ihn so sehr zum Schweigen bringen wollte, dass sie so eine öffentliche Szene
machte.
Ihre
Ahnung hatte sie nicht getäuscht, eine große, dunkle Gestalt glitt gerade durch
den Notausgang, als sie ihn erreichte. "Warten Sie!", schrie sie
instinktiv, dann hielt sie an und verfluchte sich selbst dafür, so ein Idiot zu
sein. Ihre Zeit beim FBI war lange vorbei und sie war natürlich unbewaffnet.
Aber sie musste wissen, auf welcher Seite der Attentäter stand, für nichts
anderes als für ihre eigenen Zukunftsstrategien. Für ihr Team. Für Skinner,
wenn er noch am Leben war. Sie hoffte nur vage, dass der Mann sich nicht
entscheiden würde, sie zu töten.
Verblüffenderweise
blieb er stehen und drehte sich um, um sie anzusehen.
Und
ihr Herzschlag setzte aus.
Gott
sei Dank, es geht ihm gut, Gottseidankgottseidank.
"Mulder?"
flüsterte sie heiser. Ihre Hände kamen hoch und griffen an ihre eigenen
Schultern, ihre Nägel gruben sich durch die Seide in ihr Fleisch, als sie
verzweifelt gegen das Gefühl ankämpfte, das sie mitzureißen drohte.
Fox
Mulder sah wunderbar aus. Fit, gesund - ein bisschen zu dünn - und gutaussehend
wie immer. Ganz in schwarz gekleidet und bewaffnet.
Ihre
Augen trafen sich und ein heißes Feuer lief über ihren Rücken. Sie musste sich
auf die Lippe beißen, um nicht zu schreien. Er öffnete den Mund, um zu
sprechen, seine Augen so stürmisch wie ihre, als sie Schritte hörten, eine
Menge Schritte. Er sah nervös in die Richtung des Geräusches, bevor er sie
wieder ansah. "Heute Nacht," krächzte er und
glitt zur Tür hinaus.
Scully
stolperte zurück in den Bankettsaal, ohne zu sehen und ohne zu hören, bis ihr
Fahrer sie schließlich am Ellbogen nahm und sie nötigte, nach Hause zu fahren
und sich nach all der Aufregung ein wenig auszuruhen.
"Ausruhen," murmelte sie. Als ob das jetzt möglich wäre.
Mulder
konnte so leicht verschwinden, wie er es gewusst hatte, zu seinem Wagen
eskortiert von den Undercover-Schlägern des Syndikats. Ein Kinderspiel, wie
üblich - jeder hätte diesen Job erledigen können, seine persönlichen Dienste
wurden nur benötigt als erniedrigende Erinnerung an seinen permanenten Mangel
an Optionen. Die Alientruppen zogen eine Show ab und
suchten draußen ein Weilchen herum, aber sie gaben schnell auf. Exekutionen wie die von Boston waren zu
normal, um für allzu viel Unruhe zu sorgen, und der Verlust eines weiteren
Menschen bedeutete den Kolonisten überhaupt nichts.
Die
Unbequemlichkeit, dass ihre Party unterbrochen wurde, war das größere Ärgernis.
Sie
vermuteten wahrscheinlich sogar, dass ihre "Verbündeten" im Syndikat eigentlich
hinter dem Mord steckten. Die Kolonisten waren starke Gläubige darin, einem
genug Seil zu geben, um sich selbst zu hängen. Mulder fragte sich einfach, wie
lange es dauern würde, bis Strughold und der Rest
reif für den Galgen waren.
Mulder
verließ den Tatort nicht wie geplant. Er saß wie ein Idiot in seinem Fluchtwagen,
bis er Scullys feuriges Haar erblickte, als sie in eine schwarze Limousine
stieg. Und dann folgte er ihr, sorgfältig darauf bedacht, einen sicheren
Abstand zu ihren offensichtlichen Bewachern zu halten, bis sie ihr Herrenhaus
in Chevy Chase erreichten. Perfekt. Weder ein Mensch noch ein Kolonist hatte
bisher ein Sicherheitssystem installiert, dass er
nicht knacken konnte.
Während
er sich eine Zigarette anzündete und es sich bequem machte, um den richtigen
Moment abzuwarten, um sich hereinzuschleichen - vorzugsweise, wenn dieser
wuchtige Typ, der ihr nach Hause gefolgt war, eingeschlafen war - wanderten
seine Gedanken zu ihren letzten gemeinsamen Momenten zurück. Er hatte sie so
viele Male durchlebt, dass er die ganze Unterhaltung auswendig kannte.
"Ich
bin mir deswegen immer noch nicht sicher, Mulder. Es sieht zu sehr nach
weglaufen aus."
Nur
eine Lampe brannte in ihrem Wohnzimmer und ihr blasses Gesicht sah nun in dem
gedämpften Licht gequält aus. Er trat näher zu ihr, nahm ihre Hände in seine
und sprach so überzeugend wie möglich. "Wir haben keine Wahl, Scully. Wir
können eine Menge mehr Gutes tun, wenn wir von hier verschwinden, irgendwohin
weit weg, als wenn wir hier herumhängen und darauf warten, dass der ganze Mist
losgeht. In diesem Augenblick versprechen uns die Kolonisten Frieden und Glück
und Heilung für jede Krankheit, die die Menschheit kennt, aber wir wissen, was
wirklich passieren wird. Sie schinden nur Zeit, bis die Bienen freigelassen
sind. Wir müssen dieses Wissen zu
unserem Vorteil nutzen, solange wir noch können." Der Zigaretten rauchende
Bastard hatte ihm vor ein paar Tagen einen kalten wissenden Blick zugeworfen
auf dem Flur des J. Edgar Hoover Gebäudes, der ihn zu Tode erschreckt hatte,
obwohl er seiner Partnerin nichts davon gesagt hatte. Er wollte ihr nicht noch
mehr Sorgen bereiten, als er musste.
"Ich
weiß. Ich... ich weiß," sagte sie mit einem
Krächzen in der Stimme.
Sie
sah von ihm fort. "Ich habe bereits meiner Familie Bescheid gegeben. Bill und Charlie haben Mom und ihre Frauen
und die Kinder eingesammelt und sind nach Irland gefahren, solange die Reise noch
erlaubt war. Wir haben einige entfernte Verwandte dort und Gott weiß, sie
werden dort nicht so in Gefahr sein, wie sie es wahrscheinlich in diesem Land
wären. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mir vollkommen geglaubt haben, aber wie
können sie es sich leisten, die Möglichkeit anzunehmen, dass ich mich irre,
nicht wahr?" Sie versuchte beinahe ein Lächeln, aber dann hielt sie inne
und er konnte sehen, wie ihre Kiefer arbeiteten, als sie die drohenden Tränen herunterschluckte.
"Mom wollte nicht ohne mich gehen, aber ich konnte sie überzeugen, dass
ich sicher bin bei dir."
"Ich
habe Angst, Mulder," sagte sie leise und sah ihm
schließlich in die Augen, so dass er die Angst in ihren sehen konnte. "Ich
mag es nicht zugeben, aber ich fürchte mich schrecklich."
Sein
Herz zog sich zusammen, als er ihren hilflosen Gesichtsausdruck sah. "Ich weiß, dass du das tust. Ich
auch." Er streckte seine Hände aus und versuchte, sie an sich zu ziehen,
aber sie schob ihn weg.
"Nein.
Du kapierst es nicht." Sie nahm eine weiße Schachtel vom Kaffeetisch auf.
"Das kam heute morgen an." Sie hielt sie ihm
mit zitternden Händen hin. "Mach es auf."
In
der Schachtel lag ein bodenlanges weißes Abendkleid aus feinen Fasern in Scullys
Größe. "Was zur Hölle ist das?" fragte er und befühlte das Material voller
Entsetzen.
"Ich
weiß es nicht," sagte Scully. "Aber es
ängstigt mich zu Tode, Mulder.
Sieh
dir den Boden der Schachtel an."
Er
drehte sie um und sein Herz machte einen Satz, als er die roten Insignien dort sah,
wenngleich er nicht überrascht war. Er hatte Gerüchte gehört... "Das ist
ein Kolonisten-Logo."
"Denkst
du, das weiß ich nicht?" fragte sie, praktisch schreiend. Sie brach ab und
hielt bestürzt die Hände vor ihr Gesicht. "Es tut mir leid. Ich bin nur..."
"Es
ist gut," sagte er und warf die Schachtel auf den
Boden. Diesmal ließ sie sich von ihm an sich ziehen und er legte seine Arme um
sie, den Duft ihres Haares einatmend. "Wir werden von hier verschwinden
und alles wird gut, Scully," sagte er an ihrem
Ohr. "Ich verspreche es."
"Mach
keine Versprechungen, die du nicht halten kannst,"
sagte sie, ihre Worte verzweifelt, ihre Stimme gedämpft an seiner Brust.
Er
zog sich zurück und nahm ihr Gesicht in seine Hände. "Worüber machst du dir
Sorgen? Scully, wenn wir als Team arbeiten, ist alles möglich."
Sie
lächelte ein wenig. "Du überschätzt uns vielleicht ein bisschen."
"Niemals," sagte er grinsend und fühlte sich seltsam schwindlig
ungeachtet des Ernstes ihrer Lage. Vielleicht war es ihr Lächeln, dass niemals seine Wirkung auf ihn verfehlte. Er liebkoste
ihre Wange mit seinem Handrücken und sie legte ihre Hand darauf, um sie dort zu
halten und lehnte sich in seine Berührung.
Sie
fühlten beide, wie sich der Augenblick veränderte. Es war, als würde die Luft
vor kosmischer Energie prasseln und sie einander entgegen drücken, und bevor
Mulder überhaupt wusste, was er tat, beugte er sich herab und drückte seine
Lippen auf ihre, zart, vorsichtig. Sie zögerte zuerst, aber dann öffnete sich
ihr Mund unter seinem und sie erwiderte den Kuss vollkommen, nahm seine
fragende Zunge auf und liebkoste sie mit ihrer eigenen. Ihre Hände wanderten
über seinen Rücken und ihr Körper verschmolz mit seinem. Das Gefühl ihres
beschleunigten Atems an seiner Wange machte ihn schwindelig. Er zog sie noch
enger an sich, sich nur des Duftes, des Gefühls und des Geschmacks von ihr
bewusst. Endlich. Gott.
Sie
küssten sich wie es schien eine Ewigkeit, hungrig, mit wachsender Leidenschaft,
bis Scully zurückwich. Sie legte ihre Hände auf seine Brust und versuchte,
ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen. "Mulder, ich..."
Er
schnitt ihr das Wort ab, indem er ihr einen Finger auf die Lippen legte. "Was immer du sagen willst, Scully, sag es
nicht. Nicht jetzt. Wir haben den Rest unseres Lebens dafür. So wie es nun mal
ist."
Sie
zögerte und wollte offensichtlich irgendwie fortfahren, dann nickte sie zustimmend.
"Ich sehe dich morgen früh."
"Sonnenaufgang," verbesserte er. "Sachen gepackt und
bereit." Er streichelte ihr zärtlich übers Haar und dann, mit einem
letzten Blick in ihr besorgtes Gesicht, verließ er ihr Apartment.
Mulder
schlug in der Erinnerung daran mit der Faust auf das Armaturenbrett. Sie waren sich so nahe gewesen, so verdammt
nahe... Und dieser Kuss... er hatte seine Träume heimgesucht und seine
Phantasien über Jahre hinweg entflammt. Dieser Kuss war ein Versprechen
gewesen, mehr als seine Worte, und sie hatte an ihn geglaubt. Aber was empfand
sie jetzt für ihn? Verdammt, er war sich
nie ganz sicher gewesen, was sie für ihn empfand nach allem, obwohl er gern
glaubte, dass er eine ganz gute Ahnung davon hatte. Aber wie hatte das Leben unter dem
immerwährenden Blick der Kolonisten sie verändert? Obwohl viele Frauen unter
ihrem neuen höheren Status aufblühten, hatte er Geschichten von Müttern gehört,
die den Selbstmord als letzten Ausweg aus einem Leben gewählt hatten, in das
sie gestoßen worden waren. Jede
Geschichte, die ihm zu Ohren gekommen war, hatte die Angst in seinem Herzen
über Scullys eigene mentale Gesundheit begründet. Hatten sie es geschafft, ihre
Seele so zu beeinflussen, wie sie ihr soziales Ansehen beeinflusst hatten?
Er
hatte Angst, es herauszufinden. Aber das zählte nicht. Er musste es wissen.
Als
er einen Wechsel des Wachmanns für Scullys Bespitzelung bemerkte, nutzte er den
Vorteil der Ablenkung und schlüpfte aus seinem Wagen in die Nacht hinein.
Er
ging an das entfernte Ende des Grundstücks und prüfte den Bereich um das Sicherheitstor,
indem er einen Stock vom Boden aufhob und ihn gegen die geschmiedete
Eisenstruktur schleuderte. Tatsächlich knisterte das Tor und löste eine
Explosion aus und der Geruch von verbranntem Holz füllte die Luft augenblicklich.
Gut, dass er daran gedacht hatte, seine Werkzeugausrüstung neben anderen Sachen
in seiner schwarzen Allzwecktasche mitzubringen. Er holte den sehr seltenen und
geschmuggelten Neutralisator hervor, richtete ihn auf
das Tor und drückte den Aktivierungsknopf. Der gelbe Strahl explodierte in dem
kurz sichtbaren blauen elektrischen Feld des Tores, dann hörte er auf und ließ
die Nacht einmal mehr schweigend zurück.
"Kinderspiel," flüsterte er voller Befriedigung. Er liebte die
Ironie:
einfache
menschliche Elektrizität, gestohlen von einem Menschen, machte Alientechnologie zunichte.
Nun
hoffte er, dass da nicht noch ein ausgeklügeltes System im Haus selbst angebracht
war. Alienproduzierte Haussysteme waren ein bisschen komplizierter.
Und sehr viel tödlicher.
Dana
widerte es an, zu erkennen, dass ihre Hände zitterten, als sie ihre Nachtbekleidung
anzog. Lisette hatte versucht, ihr zu helfen, sich für das Bett fertig zu
machen, aber sie hatte die ältere Frau angefaucht, dass sie sie allein lassen
sollte und für den Rest der Nacht nicht wiederkommen sollte. Obwohl alle
Drohnen eine gehörige Portion Angst vor ihr hatten, ungeachtet ihrer
Programmierung, war es sehr schwierig gewesen, sie loszuwerden. Dana
verriegelte die Tür hinter ihr und dann prüfte sie zwanghaft alle paar Minuten
die Klinke. Einer der schlimmsten Aspekte der Mutterschaft war die Tatsache,
dass man sich niemals wirklich allein fühlte, nicht einmal in seinem eigenen
persönlichen vergoldeten Käfig.
Also
was zur Hölle machte Mulder in Washington? Er sollte drüben sein in... Denver, dachte sie war es. Er sollte in
Sicherheit sein. Ein Angestellter, hatte ihr der Raucher erzählt, das eine Mal,
als sie den Nerv hatte, ihm eine Pistole an den Kopf zu setzen. Ein
Bleistiftspitzer in einer der Minenanlagen, die das Syndikat geholfen hatte,
für die Kolonisten einzurichten. Wann war er ihr Botenjunge für so etwas
geworden? Und konnte sie ihm noch vertrauen? Sollte sie es?
Und
was wollte er von ihr nach all den Jahren? Was wollte sie eigentlich von ihm?
Wie konnte er ihr und dem Widerstand helfen? Würde er es überhaupt wollen?
Zu
viele Fragen. Sie verbannte sie unter Aufbietung ihres Willens aus ihren Gedanken
und schlüpfte in ein bequemes Seidennachthemd, dann hüllte sie sich in einen
voluminösen Frotteebademantel. In der Öffentlichkeit mussten Mütter immer weiß
tragen, im Privaten schmückte sie sich mit edlen Farben:
eiskaltes
Blau und kräftiges und feuriges Rot. Das was sie jetzt trug, war von einem
Grün, dunkel wie die Wälder.
::Komm schon, Scully. Das wird ein hübscher Ausflug in den Wald.::
Hör
auf damit, befahl sie sich selbst. Tu dir das nicht an. Lass ihn dir das nicht
antun. Zuviel Zeit ist vergangen, zuviel stand jetzt auf dem Spiel.
Ein
Geräusch am Fenster holte sie aus ungehemmten Träumereien.
"Haben
"Sie" kein Sicherheitssystem am Haus installiert?" fragte er,
als er aus der Dunkelheit hereinkletterte. Er warf einen schwarzen Matchsack
auf den Teppich und rieb sich die Hände an seinen Jeans ab.
"Natürlich,
ich habe es ausgestellt. Sie wissen nicht, dass ich weiß, wie es geht," sagte sie.
"Nicht
die klügste Idee," sagte er missbilligend. Wie in
alten Zeiten.
"Die
Menschen brechen nicht in das Haus einer Mutter ein,"
sagte sie leise.
Er
nickte und bestätigte die Wahrheit dessen. "Wanzen?"
Sie
schüttelte den Kopf. "Frohike checkt das jede Woche für mich."
"Frohike?"
wiederholte er mit großen Augen. "Er ist noch hier?"
"Er
wird hier sein bis zum Tag des Jüngsten Gerichts, er und die Küchenschaben," sagte sie, unwillkürlich lächelnd.
Er
lachte, dann winselte er, als wäre ihm der Klang nicht vertraut.
Dann
sahen sie einander nur an. Scully konnte Tränen in ihren Augen fühlen. Sie verfluchte sich selbst dafür, versuchte
zu verhindern, dass sie herunter liefen, aber sie konnte es nicht.
"Mulder..."
Und
dann hielt er sie fest, drückte sie an sich, als wäre sie das Einzige, was ihn
aufrecht hielt. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Brust, atmete den nie
vergessenen, vertrauten Duft von ihm ein, getraute sich kaum zu glauben, dass
sie ihn tatsächlich noch einmal berührte, nach all dieser Zeit. Das kühle Leder
seiner Jacke stand in scharfem Kontrast zu der Hitze seines Körpers an ihrem.
Bevor
sie über irgend etwas nachdenken konnte, was sie ihm sagen sollte, hob er ihr
Kinn, eroberte ihre Lippen, strich seinen Mund darüber und das daraus
entstehende Feuer schockierte ihr System und schob alle zusammenhängenden
Gedanken beiseite, sogar als sie erschrocken feststellte, dass er scharf nach
Zigaretten schmeckte. Sie klammerten sich aneinander voller Verzweiflung,
küssten und küssten und küssten sich, bis sie sich selbst wiederfand, wie sie
wild nach seinen Sachen griff und ihm sein Hemd über den Kopf zerrte, während
er am Gürtel ihres Bademantels zog. Da waren keine Worte oder sanfte
Zärtlichkeiten oder Versuche schlagfertiger Antworten, nur das Bemühen, sich zu
berühren, Haut an Haut, sich das zurückzuholen, was ihnen gewaltsam genommen
worden war, bevor es überhaupt begonnen hatte.
Als
ihr Bademantel als Haufen auf den Boden fiel, presste er sie roh gegen die
Wand, nahm ihr so den Atem und dann begann er mit entschlossener Hast an seinem
Gürtel und an seinem Reißverschluss zu reißen. Sie half ihm mit ungeschickten
Händen, dann schob sie ihr Nachthemd für ihn hoch über ihre Hüften, während er
seine Hände auf ihren Po legte, sie hochhob und in einer einzigen gekonnten
Bewegung mit seinem harten, geschwollenen Penis aufspießte. Augenblicklich
begann er in sie zu pumpen und triumphierend in sie zu stoßen, vor Anstrengung
ächzend. Sie hielt um ihr Leben durch, die Augen geschlossen und ließ die
köstliche, lange verleugnete Spannung und Fülle sie entflammen. Er war überall,
füllte sie aus, verzehrte sie mit seinen Händen, seinem Mund, seinem Penis,
seinem Atem, wieder und wieder und wieder, bis ihre Nägel blutige Spuren auf
seinem Rücken hinterließen.
Sie
kamen zusammen, schnell, leise, atemlos. Er fiel gegen sie, barg sein Gesicht
in ihrer Halsbeuge und atmete schwer. Dann glitt er aus ihr heraus und stellte
sie wieder auf den Boden. Er streichelte ihr Haar, küßte
sie auf den Kopf, wieder und wieder und sie schloss ihre Augen und gönnte sich noch
einen Moment mehr. Einen vollkommenen Moment mehr, um ihn auszukosten und ihn
hinter geschlossenen Lidern wieder durchzuspielen, nachts wenn sie sich selbst
unter der Decke berührte.
"Warum
bist du hier, Mulder?" fragte sie.
Er
verspannte sich ein wenig und die Küsse hörten auf. "Ich hatte einen Job zu
erledigen," antwortete er in einem
kontrollierten, gleichbleibenden Ton.
"Boston
zu töten."
Eine
Pause. "Ja."
"Für
wen?" Lustig, dass der Mord an sich sie nicht so sehr zu ärgern schien;
sie musste einfach wissen, wo er stand. Und wie sie es möglicherweise zu ihren
eigenen Gunsten nutzen konnte.
Seine
Hand glitt über ihren Arm, hinauf und herunter. "Du weißt, dass ich dir
das nicht sagen kann."
Sie
sah zu ihm auf. Der Ausdruck auf seinem Gesicht, als er zu ihr herabsah, war
kompliziert, aber niemand kannte ihn so gut, wie Dana. Sie sah die Angst darin
und den Konflikt.
Und
den kleinen Hoffnungsschimmer. Wenigstens war die nicht gestorben. Noch nicht.
"Mulder.
Ich denke, nach allem, was wir füreinander gewesen sind,"
sagte sie fest, "schulden wir einander, wenn schon nichts anderes, die
Wahrheit. Meinst du nicht?"
"Du
weißt sehr gut, wie man ein schmutziges Spiel spielt, Scully." Er seufzte,
trat von ihr zurück und setzte sich auf das Bett, sich nicht einmal damit
befassend, seine Jeans zuzumachen. "Ich arbeite für Strughold
und den Rest des Syndikats, sowohl in Verbindung mit den Kolonisten als auch
gegen sie," sagte er, ohne sie anzusehen.
Ihr
Atem gefror in ihren Lungen. "Warum?" war alles, was sie zustande brachte.
"Es
ist ein Deal, Scully, wie alles mit diesen Leuten,"
spuckte er aus. "Ich töte die
Menschen, die zu gefährlich sind, um am Leben zu bleiben, oder die Menschen,
die sie in einer protzigen Art ausschalten wollen. Und im Gegenzug..." Er
brach ab.
"Sag
es mir."
Er
sah sie an. "Und im Gegenzug bist du immer noch am Leben."
Scully
schüttelte ungläubig den Kopf, obwohl sie irgendwie auf einer bestimmten Ebene
spürte, dass sie es die ganze Zeit gewusst hatte. Sie setzte sich neben ihn
aufs Bett und zog ihre Beine unter sich. "Mulder, ich bin eine der
originalen Mütter, erinnerst du dich? Meine Rückzahlung für all die Jahre der
Entführungshölle ist es, nun im Schoß des Luxus zu leben, von allen verehrt,
während die Welt um mich herum spuckt und stirbt. Betrachtet man die Hunderte von Geschöpfen,
die mit meiner DNA in ihren Zellen herumlaufen und der Ausweitung des Imperiums
der Kolonisten dienen, ist es das wenigste, was "Sie" tun konnten.
Das Aliengesetz der Ehre und das alles," sagte sie sardonisch.
"Du
bist nicht irgendeine Mutter, Scully. Ich habe deinen Beschatter bemerkt."
"Meinen...?
Oh, Freddie." Sie seufzte. "Freddie und sein Gegenstück Felix sind
dein Vermächtnis an mich, Mulder. Einmal Mrs. Spooky, immer Mrs. Spooky, auch wenn man einmal der Sache gegen
seinen Willen glorreich gedient hat." Sie nahm seine Hand und zeichnete
die ungewohnten Schwielen nach. "Du sagst mir die Wahrheit nicht wahr? Sie
haben dir tatsächlich gedroht, mich umzubringen, wenn du nicht
kooperierst." Die Tatsache, dass der Gedanke sie überhaupt erschreckte,
unterstrich nur, wie sie sich an ihr neues Leben gewöhnt hatte. Nein. Nicht
gewöhnt. Angepasst.
Er
drückte ihre Hand so fest, dass sie beinahe aufschrie. "Nicht nur gedroht.
Sie haben es einmal versucht."
Kalte
Angst. "Was?"
"Vor
ungefähr einem Jahr, wollten sie, dass ich etwas tue... etwas, wozu ich mich
nicht durchringen konnte. Etwas, wofür ich mich immer noch hasse, dass ich es
getan habe. Also habe ich abgelehnt. Oder es versucht. Und dann..."
"Mein
Autounfall," flüsterte sie. Er nickte. "Aber
Mulder, das war ein Unfall, die alte Frau tauchte aus dem Nichts auf..."
"Verdammt,
Scully, sei nicht so naiv," schnappte er.
"Du hättest tot sein können, wegen mir."
"Aber
ich bin nicht tot," flüsterte sie. "Ich habe
nur dieses Souvenir von dem Vorfall." Sie zog ihr Nachthemd hoch, nahm
seine Hand und legte sie auf ihren Oberschenkel, wo sie eine kleine rosa Narbe
trug. "Die Technologie der Kolonisten ist unglaublich. Mein Bein war
aufgerissen, von oben bis unten. Und das ist alles, was nun davon übrig
ist."
Sein
Daumen strich ehrfürchtig über die ganze Länge der Narbe. "Ich könnte nicht
mehr leben, wenn dir irgend etwas passiert wäre."
"Was
haben sie mit dir gemacht?"
Ein
langes Schweigen folgte, so lange, dass sie glaubte, er würde ihr die Antwort
verweigern. Dann: "Ich... äh... lebe mit Marita Covarrubius
zusammen."
Danas
Kopf drehte sich, in ihm wirbelten Bilder von Mulder mit dieser Blondine im
Bett, die Glieder miteinander verflochten... "Aber warum?"
Er
schnaufte geringschätzig. "Als Entschädigung für sie, für ihre Dienste. Augenscheinlich wollte sie mich aus
irgendeinem Grund. Sie bereut es jetzt wahrscheinlich schon." Er
versuchte, zu lächeln, es gelang nicht.
Schlafen
mit Marita. Mord war leichter zu akzeptieren. "Liebst du sie?"
Sein
Gesicht erstarrte. "Was zur Hölle ist das für eine Frage?" stieß er hervor.
"Natürlich nicht. Ich... du bist die..."
"Macht
nichts. Ich weiß," flüsterte sie. Sie tat es.
Nicht dass es ihnen beiden gut tat. Sie lehnte sich an ihn und legte ihre Wange
an seine Schulter. "Mulder, was ist passiert? An dem Tag, an dem wir
weggehen wollten."
Er
seufzte abgerissen, legte sein Kinn auf ihren Kopf und streichelte ihr Haar
fortwährend, als er sprach. "Ich ging nach Hause, packte, machte alles fertig
und schlief schließlich gegen drei Uhr morgens ein. Das nächste, was ich wusste
war, dass ich hinten auf einem Lastwagen war und Gott weiß wohin raste, mit
höllischen Kopfschmerzen. Schließlich wurde ich in irgendeiner Art Gefängnis
abgesetzt, einem Zuchthaus, das in eine Hölle weitaus spezifischerer Natur
verwandelt worden war. Sie schlugen mich eine Weile, verhörten mich,
misshandelten mich, bis schließlich Strughold selbst auftauchte
und mich zwang, ihr Spiel zu spielen. Ich stimmte zu, wollte einfach nur da
raus und hoffte, dass ich irgendwie in der Lage sein würde, zu dir zurück zu
kommen." Sein Halt an ihr wurde fester und sie konnte den Haken in seiner
Stimme hören, als er fortfuhr. "Aber sie waren verdammt noch mal zu
gründlich. Sie hatten dich da bereits gefunden, dich in dein neues Zuhause
gebracht, zur selben Zeit sammelten sie alle anderen Mütter ein und zeigten
ihnen ihr neues Leben. Mir wurde gesagt, wenn ich auch nur daran denken würde,
dich zu kontaktieren oder irgendwohin zu gehen, wo sie mich nicht finden
konnten, würdest du innerhalb einer Stunde tot sein. Sie... sie zeigten mir Fotos von dir, als
Beweis."
Sie
versteifte sich. "Fotos wovon?"
"Von
dir, in Weiß, den pflichtgemäßen Part einer Mutter spielend,"
sagte er, mit einer Kante in seinen Worten.
Gott
verdammt. Worauf zur Hölle wollte er hinaus? "Du hast getan, was du tun
musstest, um zu überleben," sagte sie kühl.
"Genau das habe ich auch getan. Glaubst du, ich genieße es, mit solchen Wesen
verbunden zu sein? Mit Kolonisten zu tun zu haben, mit Frauen, die ihre Seelen
für das Privileg verkauft haben, ihre DNA zu verstreuen, mit Menschen wie
diesem Bastard mit der schwarzen Lunge, der darauf besteht, mir jede Woche
einen Besuch abzustatten? Es frisst an mir in jeder Sekunde, die ich lebe. Aber
wenigstens lebe ich, um es zu fühlen." Sie wich vor ihm zurück und stand vom
Bett auf, dann begann sie, umherzulaufen, ihren Ärger abreagierend, empört
darüber, dass sie immer noch seinen Samen auf ihren Schenkeln spüren konnte.
"Willst du wirklich wissen, wie ich meine Zeit verbringe, Mulder? Willst du es?"
"Ich
will alles wissen, Scully," sagte er gebrochen.
"Alles, was du bereit bist, mir zu erzählen."
Sie
kreuzte ihre Arme vor der Brust und versuchte, den überlegenen wütenden Blick
von ihrem Gesicht zu halten, aber es funktionierte nicht. "Ich bin der
gottverdammte Kopf des Widerstandes an der Ostküste, Mulder. Und was hast du
getan?"
"Wie
bitte?" fragte er ausdruckslos.
"Ich
habe in den letzten zwei Jahren jeden Tag mein Leben aufs Spiel gesetzt," sagte sie kühl. "Sie erlaubten mir, weiterhin
Ärztin zu sein - die meisten Mütter sind zufrieden damit, herumzusitzen und von
Teeparty zu Teeparty gebracht zu werden, aber wie du selbst sagtest, ich bin
nicht wie die meisten Mütter. Ich brauchte etwas, irgend
etwas, um meinem Leben ein Stückchen Bedeutung zu geben, neben meinem
Dasein als wandelnder gebrauchter Inkubator. Also praktiziere ich privat, sorge
für die Elite und ich nutze jeden freien Moment dort, um an der Entwicklung
eines Virus zu arbeiten, einer biologischen Waffe, geschaffen um die Schleimer
ein für alle mal auf unserem Planeten auszurotten. Und ich bin kurz davor,
Mulder. Ich bin kurz davor, dieses ganze
Kolonisationsprojekt in den Himmel zu schießen. Aber wenn der Kampf in Greenland nicht zur Ruhe kommt und unsere Gruppe zerstört
ist, ist es alles umsonst. Und ich weiß nicht einmal, was da drüben
vorgeht!" Sie hörte ihre Stimme lauter werden und senkte sie sofort aus
Angst vor Entdeckung.
"Skinner
ist dort drüben, Mulder. Skinner koordiniert die Bewegung dort und es lief
alles gut, aber die letzten Offensiven haben uns Verluste eingebracht. Die
Kälte dort ist hilfreich, natürlich, aber es ist kein endgültiges Mittel zum
Schutz. Und ich war nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu ihm durch zubringen
oder von ihm zu bekommen."
Mulders
Kiefer arbeitete, als er nach etwas suchte, irgend etwas,
was er sagen konnte. Schließlich: "Ich kann dir Informationen aus Greenland besorgen."
Sie
blieb mitten im Umherwandern stehen. "Wie? Diese Hure?"
Zu
seiner Ehre schreckte er nicht vor ihrem Ausdruck zurück. "Ja. Sie und Strughold stehen... sich nahe, wenn du verstehst, was ich
meine. Und sie vertraut mir weitaus mehr, als sie sollte. Ich kann dir die
Informationen besorgen, die du brauchst. Gib mir nur ein paar Tage, wenn ich
erst einmal zurück bin."
Sie
nickte langsam. "Das würde... das wäre großartig." Dana spielte mit
dem Saum ihres Nachthemdes. "Wie willst du mir die Informationen zukommen lassen?"
Mulder
dachte schwer nach. "Gib mir Frohikes e-mail-Adresse. Ich kann wahrscheinlich eine sichere
T1-Leitung finden und ihn darüber kontaktieren."
"Danke," sagte sie und spürte einen seltenen, unvorsichtigen
Moment des Optimismus, dennoch fragte sie sich gleichzeitig, ob sie ihm
tatsächlich vertrauen konnte. Aber wenn sie Mulder nicht trauen konnte, sogar
nach all dieser Zeit, dann hatte sie wirklich niemanden. "Also, wann musst
du zurück?"
"In
ein paar Stunden, oder es gibt wirklich Ärger." Seine Augen bohrten sich
in ihre und sie konnte sein Verlangen nach ihr quer durch den Raum spüren.
"Dann
lass uns nicht noch mehr Zeit vergeuden," sagte
sie mit heiserer Stimme. Sie ging zu ihm, setzte sich rittlings auf ihn und
half ihm, in sie hineinzugleiten, als er ihren Namen flüsterte und nach ihren
Brüsten griff und sie ergaben sich noch einmal dem Vergessen.
Die
Informationen herauszubekommen, die Scully brauchte, war schwieriger, als
Mulder erwartet hatte. Er vermutete, es war teilweise der Tatsache geschuldet,
dass er Schwierigkeiten hatte, sich auf die Feinheiten seines Jobs zu
konzentrieren; er war ständig durch Erinnerungen an Scully und ihre viel zu
kurze gemeinsame Nacht abgelenkt und wollte nichts mehr, als sich jeden wachen
Moment darin zu verlieren. Und zu allem Überfluss war Marita in einer besonders
gehässigen Stimmung - mehr als üblich. Seit Wochen endeten alle seine
halbherzigen Versuche, sie aus der Reserve zu locken, in der stummen Handhabung
und er begann paranoid zu werden, dass sie irgendwie auf einer seltsamen
psychischen Ebene wusste, dass er Scully gesehen hatte. Er musste zu drastischeren Maßnahmen greifen.
Und
so, spät in der Nacht, als die Lichter aus waren, schluckte er seinen Stolz und
seine Würde und seinen Abscheu herunter und legte seine Hand auf ihre Brust.
Es
war beinahe peinlich, wirklich, wie sie nicht einmal nach seinen Motiven fragte,
wie sie mit Begeisterung mitmachte, über ihn kriechend und ihn wie ein
halbwildes Pferd reitend. Er legte sich zurück, schloss seine Augen und konzentrierte
sich auf Scully, versuchte sich verzweifelt daran zu erinnern, wie sie sich an
ihm angefühlt hatte, an die Wärme ihrer Lippen, an den weichen Flaum ihrer
Haare.
Er
dachte darüber nach, dass er nun endlich wusste, wie sich die Frauen über die
Jahrhunderte gefühlt haben mussten: wie Gefäße, die benutzt wurden.
Als
es vorbei war - und es dauerte grauenvoll lange, weil seine Reaktion rein
physisch war und ihm nicht zu irgendeiner Art Leidenschaft verhalf - nahm er
sie in die Arme und verwickelte sie in ein Bettgeflüster, dessen Worte er
sorgfältig wählte.
Es
funktionierte. Es funktionierte so gut, dass es seinen Widerwillen ihr gegenüber
nur verstärkte. Wer ahnte, dass alles was sie brauchte, ein mittelmäßiger
Sexpartner war?
Zwei
Tage später schlich er sich in Maritas Heimbüro und benutzte ihre sichere
Modemverbindung, um eine Nachricht zu Frohike zu schicken.
Dana
sah auf das kleine Stück Papier herab, das Rico ihr gegeben hatte, sobald sie
das Labor neben ihrem Arztbüro betreten hatte. Die Nachricht war in Frohikes furchtsamer Krakelschrift hingekritzelt; sie war
leicht überrascht darüber, dass er erlaubt hatte, irgend
etwas von ihm selbst von Hand Geschriebenes aus seiner Umklammerung
herzugeben.
"Gemeinsamer
Freund rief an. Invasion droht in Paamiut. Ganz
schnell Hermes warnen."
Sie
knüllte das Papier zusammen und kämpfte eine Welle von Panik zurück. Hermes war ihr Codename für Skinner; Paamiut ihre Hauptoperationsbasis. Er musste sein Team in
eine der anderen verstreuten Städte an der Küste von Buffin
Bay verlegen, aber wohin genau, würde seine Entscheidung sein müssen. Es gab
nur so wenig, das sie von dieser Seite des Atlantiks tun konnte.
Durch
den Schleier ihrer Angst konnte sie nichts dagegen tun, sie spürte einen Stich,
dass es keine persönliche Nachricht von Mulder gab. Es sah ihm nicht ähnlich,
nicht wahr? Vielleicht kannte sie ihn nicht mehr so gut, wie sie dachte. Sie
glättete das Papier wieder, drehte es in ihrer Hand und sah, dass Frohike
tatsächlich einen Nachtrag hingekritzelt hatte.
"Eistee??"
Ungewollte
Tränen schossen in ihre Augen und nahmen ihr den Atem. Wie konnte es möglich
sein, dass er sich an die Nacht vor so langer Zeit erinnerte?
::Mulder, ich würde mich für niemanden in Gefahr bringen,
außer für dich.::
Sie
verkniff sich ein ironisches Lachen über die Erkenntnis, dass sie nun ihr Leben
für Millionen von Menschen, die sie nicht einmal kannte, aufs Spiel setzte. Für
einen Moment lag das Gewicht der Welt schwer auf ihr, dann zuckte sie mit den
Schultern.
Aber
das sentimentale Gefühl ließ ihr Herz gleichzeitig höher schlagen. Sie spürte
ein unbekanntes Ziehen in ihrer Seele und erkannte, dass es Zuneigung war. Es
war sehr, sehr lange her, dass sie es sich gegönnt hatte, irgend
etwas in dieser Art zu erleben. "Rico?"
Er
war sofort da, ihr kontinuierlicher Helfer. Seine bedingungslose Loyalität ihr
gegenüber hatte vor langer Zeit aufgehört, entnervend zu sein; jetzt zählte sie
nur noch auf seine Hingabe an sie und zog sogar ihren Vorteil daraus. Sie sah
in seine dunklen braunen Augen und gab ihm das Papier. "Ich weiß, wie
schwer die Kommunikation zuletzt gewesen war, aber wir müssen diese Information
irgendwie zu Hermes durchgeben, sofort. Er
muss umziehen. Augenblicklich. Der Ort liegt in seinem Ermessen, vorausgesetzt
er meldet es uns, wenn sie sich wieder niedergelassen haben. Ich zähle auf dich, Rico."
Rico
nickte und nahm ihr das Papier ab, sein schneller Verstand suchte ohne Zweifel
bereits nach möglichen Wegen, um die Basis in Greenland
zu kontaktieren. "Betrachte es als erledigt,"
murmelte er. Sie berührte dankbar seinen Arm und er lächelte angesichts dieser
Gunst.
Als
er gegangen war, wandte sie sich wieder ihrem Laborbuch zu und studierte die
letzten Daten, die dort aufgezeichnet waren. Sie war so nahe an einem
Durchbruch, dass sie es beinahe schmecken konnte, nahe daran, ein Virus oder
Antigen zu konstruieren, das sich als fatal für die Kolonisten und die Hybriden
erweisen würde. Die Drohnen würden vermutlich sicher sein, weil sie nur mit dem
schwarzen Öl infiziert waren; sie hatte bereits den Impfstoff dupliziert, den
das Syndikat vor einiger Zeit entwickelt hatte, und das Labor in Greenland arbeitete daran, Massen davon für die weltweite Verteilung
zu produzieren. Das Syndikat mochte zuviel Angst vor den Repressalien der Aliens haben, um das Zeug tatsächlich zu benutzen, aber sie
hatte keine solchen Gewissensbisse. Aber die Zeit war noch nicht reif, sie
brauchte zusätzlich das Virus zu dem Impfstoff, andernfalls machte es keinen
Sinn. Es hatte eine zweizinkige Attacke zu sein oder
gar keine. Dennoch konnte sie sich des
Gefühls nicht erwehren, dass sie kontinuierlich gegen die Uhr arbeitete und
niemand hatte ihr den Endtermin mitgeteilt.
"Dr.
Scully."
Sie
wirbelte herum und schloss dabei das Buch. "Was zur Hölle wollen
Sie?"
Der
Bastard mit der schwarzen Lunge rauchte zur Abwechslung mal nicht. Vielleicht war sogar er clever genug zu
kapieren, dass ein medizinisches Labor nicht der beste Ort für Aufwiegler war.
"Ich wollte nur fragen, wie Sie mit Ihrer Arbeit vorankommen."
Meine
medizinische Praxis läuft recht gut," sagte sie
glatt. "Sind Sie hier für eine ärztliche Untersuchung?"
"Leider
nein, so sehr ich Ihre... Technik auch genießen würde."
Dana
unterdrückte ihren Abscheu und bis sich auf die Innenseite ihrer Wange, um sich
davon abzuhalten, ihn mit bloßen Händen umzubringen. Sie wusste einfach, dass
sie es könnte, wenn sie es müsste. "In dem Fall bin ich beschäftigt.
Verschwinden Sie." Sie drehte ihm den Rücken zu und gab vor, die Blutwerte
eines Patienten aufzuschreiben, in der Hoffnung, dass er das Interesse
verlieren würde.
"Erzählen
Sie mir. Wie geht es Fox? Ich habe ihn seit so langer Zeit nicht gesehen."
Einen
Moment versteifte sie sich, aber es gab eine Sache, die sie erreicht hatte seit
der Ankunft, nämlich den Akt, kühl zu bleiben, zu einer Kunst zu erheben.
"Wenn Sie auf Fox Mulder anspielen, so weiß ich es nicht. Ich habe ihn
nicht gesehen, seit Ihr Bastards ihn weggebracht habt, erinnern Sie sich?"
Sie schaffte es kaum, sich davon abzuhalten, die Worte zurückzuhalten, die ihr
auf der Zunge lagen: weg von mir.
"Da
höre ich etwas anderes."
"Nun,
dann haben Sie etwas falsches gehört." Sie
bewegte sich näher zu der Schublade am Ende des Labortisches. sie war sich
ziemlich sicher, dass sie da drin einen zusätzlichen Revolver zurückgelassen
hatte.
"Wenn
Sie beide Ihre Bekanntschaft wieder aufleben lassen sollten,"
sagte er leise, "könnten die Folgen tödlich sein. Für Sie und
Mulder."
Sie
drehte sich um, um ihn anzusehen, ihre Hand griff nach hinten, um den Griff der
Schublade zu umfassen. "Drohen Sie mir? Einer Mutter? Sie vergessen Ihre
Stellung in dem neuen Schema der Dinge. Krümmen Sie mir ein Haar und die Kolonisten
werden Sie beim Wickel haben, bevor Sie auch nur blinzeln können. Glauben Sie,
ich weiß nicht, dass ich in erster Linie deswegen noch am Leben bin?" Sie
begann, die Schublade aufzuziehen, Zentimeter für Zentimeter.
"Unfälle
passieren, Dr. Scully. Doch Sie wissen bereits alles darüber, nicht wahr?"
Er nahm eine Zigarette aus seiner Tasche und betrachtete sie liebevoll.
"Ich werde in Kontakt bleiben. Nur zur Kontrolle, natürlich." Er schlenderte
zur Tür hinaus und zündete sich dabei die Zigarette an.
Dana
senkte den Kopf, schloss die Augen, nur für einen Moment, und atmete tief ein.
Dann streckte sie sich und machte sich wieder an die Arbeit.
Mulder
nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie in dem Aschenbecher
neben seinem Ellbogen zerdrückte. Er hatte es sich vor etwa einem Jahr wieder
angewöhnt und bestand hartnäckig darauf, zum Teil weil er es nicht fertig
brachte, damit aufzuhören, zum Teil, weil es Marita wahnsinnig ärgerte. An
diesem Punkt seines Lebens hatte er das Gefühl, dass es gleichwertige Gründe
waren.
Im
Wohnzimmer war es dunkel. Er hatte das Licht nicht eingeschaltet, hatte sogar
die Vorhänge vorgezogen, um so viel Sonnenlicht wie möglich draußen zu lassen.
Er brauchte die Dunkelheit, um nachzudenken.
In
Gedanken ließ er die Ereignisse der letzten drei Jahre seines Lebens noch
einmal Revue passieren und zwang sich dazu, brutal in seiner Erinnerung zu
sein. Unbarmherzig prüfte er seinen anfänglichen Widerstand und den hohen
Idealismus, die nur allzu leicht verdrängt wurden durch Inaktivität, Mangel an
Motivation, schweigende Zustimmung. Akzeptanz der armseligen
Karte, die er im Pokerspiel des Lebens gezogen hatte.
Einmal
hatte er zu Scully gesagt, dass er nicht glaubte, er könnte allein weitermachen,
ohne sie. Er hatte recht gehabt. Durch sie *war* er ehrlich geblieben und als
sie sie von ihm fortrissen, nahmen sie auch alles, was ihm wichtig war.
Scully
auf der anderen Seite... Scully hatte sich der Lage gewachsen gezeigt, obwohl
er sich um den Preis Sorgen machte. Es schien, dass es sie emotional
mitgenommen hatte. Ihre Zähigkeit und ihre Energie beschämten ihn unsäglich.
Er
sah die Art, wie sie ihn angesehen hatte. Voller Mitleid und etwas anderem,
ähnlich Widerwillen. Damit konnte er nicht leben. An diesem Punkt konnte er mit
so ziemlich allem leben – aber nicht mit ihrer Verachtung.
Er
wollte ihr beweisen. dass der wahre Mulder immer noch irgendwo in ihm steckte.
Dass sie ihn ungeachtet des verzweifelten, beinahe unpersönlichen Charakters
ihrer Vereinigung mit ihren Worten und mit ihrem Körper in dieser Nacht wieder
zum Leben erweckt hatte. Das erste Mal seit Jahren hatte er sich lebendig
gefühlt, alles wegen ihr.
Und
nun, wo er lebendig war, wollte er nie wieder beschämt sein.
Das
Telefon klingelte. Er wollte nicht abheben. Er wusste, wer es sein würde.
Aber
er hatte keine Wahl.
Er
griff nach dem Hörer. „Mulder.„
„Wir
haben einen Job für Sie,„ sagte die Akzentstimme am
anderen Ende der Leitung ohne Einleitung.
Der
letzte, schwor sich Mulder. Das ist der letzte, nur damit sie nicht misstrauisch
werden, nur um Zeit zu gewinnen. Und dann gehe ich, um mit Scully zusammen zu
sein, komme was da wolle. Ich werde einen Weg finden.
„Erzählen
Sie.„
„Dana,
ich muss mit dir sprechen.„
Dana
blickte von ihrer Tasse Tee auf und sah Frohike, der im Türrahmen des Wohnzimmers
stand und seine Hände in einer untypischen Geste des Unbehagens rang. Und er
hatte die Vordertür benutzt? Irgend etwas musste los
sein. Gott sei Dank war Kristina nach
ihrem späten Lunch bereits gegangen. Lisette hielt sich hinter ihm im Türrahmen
auf und betrachtete den kleinen Mann mit einer Spur Misstrauen. „Geh,„ befahl Dana der Drohne und wartete, bis sie gehorsam
wegging. „Was ist los, Frohike?„
Er
blickte sich nervös um, bevor er in dem Louis XIV Sessel ihr gegenüber Platz
nahm. „Deine Überwachung ist verstärkt worden,„ sagte
er in einem verschwörerischen Tonfall. „Ich glaube, ‚Sie‘ sind misstrauisch
geworden. Mulder zu sehen, war ein großer Fehler.„
Sie
schüttelte augenblicklich den Kopf. „Sie können es unmöglich wissen. Du wirst
paranoid.„
„Tue
ich das? Wie ist dann Freddie in den letzten Tagen zu einigen neuen Freunden
gekommen?„ schoss er zurück. „Hast du an deinem Schlafzimmerfenster
eine Show geliefert und mich nicht eingeladen? Ich bin getroffen.„
„Mehr
Hybriden?„ fragte sie und spürte das erste Mal einen
Funken Sorge.
„Ich
hätte es bemerkt, ich...„
„Eben
nicht,„ sagte er, sie unterbrechend. Er zappelte auf
seinem Sitz herum und fummelte an seinen
patentierten fingerlosen Handschuhen herum. „Sie sind Morphers.
Sie haben Morphers auf dich angesetzt, Dana. Ich
weiß, du möchtest das nicht hören, aber ich glaube, es ist an der Zeit, Plan Hippolyta zu aktivieren.„
Dana
schüttelte den Kopf und leugnete die Panik, die nun von ihr Besitz zu ergreifen
drohte. „Nein. Unmöglich. Ich bin so nahe dran, Frohike. Ich werde meine Arbeit
nicht aufgeben. Ich werde meine Leute nicht aufgeben –sie brauchen mich *hier*.
„Sie
brauchen dich lebendig,„ sagte er hart.
Einen
Augenblick betrachtete sie und sann darüber nach, wie nahe sie
diesem Mann gekommen war. Sie wusste, wie er sich fühlte – seit Byers und Langly infiziert und zu den Minen verschifft worden waren
und Mulder gegangen war, war sie alles, was Frohike geblieben war. Aber sie
hatte eine Verantwortung, die größer war, als ihre Freundschaft mit ihm. „Ich
werde nicht gehen,„ sagte sie leise in einem Ton, der
keinen Widerspruch zuließ.
Müde
seufzte Frohike. „Gut. Aber ich möchte, dass du das hier nimmst.„ Er legte einen Mikrochip in ihre Handfläche und faltete
ihre Finger darüber. „Es ist ein Verzerrer, frisch vom Schwarzmarkt. Stört jede Wanze, also selbst
wenn meine Jungs eine übersehen haben sollten, wird niemand in der Lage sein,
die Verzerrung zu übersetzen. Ich möchte, dass du ihn in dein Schlafzimmer
tust.
Dana
fühlte eine ungewohnte Röte gefährlich dicht unter der Oberfläche ihrer Wangen.
„Mulder ist gegangen, Frohike. Er wird so bald nicht wieder in mein Fenster
klettern.„
„Nimm
ihn einfach,„ verlangte er. „Ich werde noch mal alles
nachsehen, wenn ich schon hier bin.„
„Rico
hat es erst gestern getan,„ protestierte sie.
„Ich
bin nicht Rico.„
„Das
habe ich bemerkt.„ Sie teilten ein kleines Lächeln.
„Okay, Merlin, zeig deine Kunst,„ sagte sie
nachgebend.
Mulder
konnte sein Glück nicht fassen, sie schickten ihn wieder nach D.C. Er studierte das Dossier, das ihm Strughold zugesandt hatte, mit geübtem Auge. Dieser Job war
ein wenig ungewöhnlich und er bereitete ihm ein bisschen Sorge. Mord war eine
Sache, ein Haus voller Menschen in die Luft sprengen war etwas ganz anderes.
Dort würde es weitaus mehr Verluste an Menschenleben geben, als er
normalerweise gewöhnt war, zuteil werden zu lassen. Aber wann immer er daran
dachte abzulehnen, erinnerte er sich an die faltige rosa Narbe auf Scullys
Oberschenkel.
Nur
noch einmal sagte er sich wohl zum tausendsten Mal. Und dann... Nun, er wusste
nicht, was dann. Hatte noch nicht einmal herausgefunden, wie er wieder zu
Scully zurückgehen und ihr seine Dienste anbieten sollte, ohne dass irgend jemand seine Ziele herausfand. Er hatte in drei
Jahren keinen idiotensicheren Plan entwickelt; er wusste nicht, warum er
optimistisch genug war zu glauben, dass er jetzt irgendeinen entwickeln würde.
Mulder
sah zurück auf die Akte vor ihm und versuchte, seine Gedanken zu offensichtlicheren
Angelegenheiten zurückzubringen. Augenscheinlich war ein kleiner lokaler
Politiker identifiziert worden, der Mitglied des Widerstandes war, und Strughold hatte die Information erhalten, dass die Person
plante, nächste Woche an einer Dinner-Party im Hause eines provisorischen
Gouverneurs teilzunehmen. Die Idee war, eine Bombe zu zünden und jeden
innerhalb des Hauses zu töten, um es eher wie eine terroristische Aktion
aussehen zu lassen als wie einen Mord. Obwohl es die Akte so nicht aussagte,
vermutete Mulder, dass dort auch Kolonisten sein würden, deshalb die
Notwendigkeit des Täuschungsmanövers.
Wie
immer, wenn er einen neuen Job übernahm, gönnte er sich selbst nur einen
Moment, darüber nachzudenken, wie sehr sein Moralkodex heruntergekommen war und
wie schnell. Aber in diesem Leben war Moral ein Luxus, den er sich nicht länger
leisten konnte. Die einzige Maxime, die überhaupt noch zählte, war Dana Scully.
„Ich
möchte wirklich nicht dorthin gehen,„ murmelte Dana
und blickte mürrisch auf die geprägte Einladung, die sie in den Händen hielt.
Rico
wies mit dem Finger darauf. „Wenn du ablehnst, wirst du nur noch verdächtiger
aussehen.„
Dana
warf ihm einen frustrierten Blick zu, sie wusste, dass er recht hatte, aber sie
wollte es nicht zugeben. Statt dessen fächelte sie
sich mit der Einladung Luft zu und wünschte, sie wäre wieder drinnen im
klimatisierten Gebäude. Die Hitze in D.C. schien in diesem Juni schlimmer als üblich
zu sein und sie war überraschend schnell gekommen. Gut für die Kolonisten, schlecht
für die Menschen. Ihr weißes ärmelloses Baumwollkleid klebte an ihr an allen
verkehrten Stellen und ließ sie sich so auffällig fühlen wie ein Stripper in
einem Kloster. Ricos verstohlene Blicke auf ihren Körper waren auch nicht
hilfreich.
Sie
hatten beschlossen, einen Spaziergang am Reflecting
Pool entlang zu machen, nahe der Farce, die das Lincoln-Denkmal war, in dem
Versuch, allen möglichen zuhörenden Geräten zu entgehen. Felix lauerte ein paar
Dutzend Meter entfernt und versteckte sich hinter dem vereinzelten Baum, als ob
sie nicht ganz genau wüssten, dass er da war. Er hielt an der Charade fest, sie
musste ihm das zugestehen. Gruppen von Kolonisten schlitterten von Zeit zu Zeit
an ihnen vorbei, aber ihre weiße Kleidung gewährleistete wirklich gut, dass
niemand sie belästigen würde; einer der vielen Gründe, warum die Privilegien
ihres Ranges von Zeit zu Zeit nützlich waren. Dieses Gebiet von D.C. war auch
eine der wenigen Gegenden, in denen Menschen noch erkannt werden konnten; viele
der hohen Regierungsangestellten und Politiker waren ringsherum gehalten, zu
helfen für Ordnung zu sorgen unter diesen wenigen verbliebenen Amerikanern, die
nicht mit dem Virus infiziert oder zu den Minen oder Farmen oder Wäldern oder
anderen gemischten Lagern transportiert worden waren, um Rohstoffe für den
Heimatplaneten der Kolonisten zu gewinnen.
Sie
nahm an, dass sie irgendwie dankbar sein sollte – es gab viele Teile in der
Welt, insbesondere die heißesten Regionen Afrikas und Südamerikas, die komplett
überrannt worden waren von den wilderen und grausameren entwicklungsmäßigen
Verwandten der Kolonisten, jenen auf die Mulder in den Behältern in dem Alienschiff in der Antarktis gestoßen war. Wenigstens diese
Geschöpfe hatten die Vereinigten Staaten nicht erreicht und hier und da waren
Menschen zurückgeblieben.
Aber
Dana fragte sich manchmal, ob alle, die sie in ihrem früheren Leben gekannt
hatte - ihre Verwandten, ihre Collegefreunde, ihre
Kollegen von der Akademie und vom FBI – jetzt unter der Erde schufteten oder
Weizen ernteten oder Bäume fällten oder Gott weiß welche Art harter Arbeit
leisteten, während das schwarze Öl in ihren Augen schwamm und sie langsam
aufgrund der schlechten Behandlung verhungerten.
Und
dann hoffte sie, dass sie statt dessen alle tot waren,
wie ihre Mutter. Oder dass sie eines Tages in der Lage sein würde, sie alle zu
retten.
Sie
seufzte müde und reagierte schließlich auf Rico. „Du hast recht, natürlich. Ich
werde ihn selbst anrufen und Bescheid geben.„
„Gut.
Ich werde dich als deine Eskorte begleiten.„
Sie
schüttelte den Kopf. „Kommt nicht in Frage.„
„Dana,
ich lasse dich dort nicht allein hingehen. Nicht mit...„ Er sah sich um, dann
beugte er sich zu ihrem Ohr herab und senkte seine Stimme. „Nicht mit den
Befürchtungen, die Frohike geäußert hat.„
„Du
nicht auch noch,„ seufzte sie. Sie sah zu ihm auf und
lächelte. „Sieh mal, ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Aber mir wird es gut
gehen. Ich weiß, was ich tue.„
Seine
dunklen Augen blitzten und er schürzte seine vollen Lippen. Gott, er hatte sexy
Lippen. Sie hatte sich oft gewünscht, sie würde sich mehr physisch zu ihrem
kubanischen Freund hingezogen fühlen; es war bestimmt nicht auf einen Fehler
seinerseits zurückzuführen. „Ist das ein Befehl?„ fragte
er mit sorgfältig emotionslos gehaltener Stimme und blickte auf seine
Halbschuhe herab.
„Rico,
sei nicht so. Ich weiß, dass du nur um meine Sicherheit besorgt bist und ich
schätze das. Aber du musst mir vertrauen. Ich kann damit umgehen.„
Die
Spannung zwischen ihnen verschwand so schnell, wie sie gekommen war; er war
niemals in der Lage, lange mit ihr böse zu sein. Rico hob den Kopf und traf
ihren Blick. „Okay. Wenn du es sagst, Superfrau,„
erwiderte er widerwillig. „Nun lass uns wieder hineingehen. Es ist verdammt zu
heiß hier draußen.„ Er erwiderte ihr Lächeln und einen
Augenblick dachte sie, er würde sie berühren, sogar nach ihrer Hand greifen.
Aber er war nicht Mulder, er brachte niemals den zufälligen, zärtlichen
physischen Kontakt zustande, den Mulder so mühelos hatte aussehen lassen.
Sie
rieb sich abwesend die Arme und erkannte gerade, wie sehr sie es vermisste.
Mulder
ließ sich in einem verkommenen Motel in den Randbezirken von D.C., passend zur
Vorbereitung seines nächsten Schlags, nieder. Obwohl in seine Arbeit versunken,
hatte ihn allein der Gedanke, Scully möglicherweise wiedersehen zu können, in
eine bessere Stimmung versetzt, als er seit Jahren gewesen war; tatsächlich
erwischte er sich sogar an einer Stelle beim Pfeifen.
In
seinem Hinterkopf bemerkte er die Ironie dessen, während er eine Bombe bastelte
zu pfeifen, weigerte sich aber, es näher zu untersuchen.
Als
er fertig war, nahm er sich einen Moment, um sich zurückzulehnen und seine
handwerkliche Arbeit zu begutachten. Nicht schlecht für jemanden ohne irgendeine
frühere Ausbildung an Sprengstoffen. Die Verbrecher vom Syndikat hatten ihn gut
unterrichtet. Der Zeitmechanismus war eine Sache von Schönheit und Geschick;
Bobby, sein Mentor in dieser Sache, wäre stolz gewesen.
Scully
wäre es wahrscheinlich nicht.
Mulder
verbannte den Gedanken aus seinem Kopf. Er tat dies *für* Scully, um bei Scully
zu sein, sie in Sicherheit zu halten und diese Fakten aus dem Auge zu
verlieren, würde nur zu Dummheiten führen.
Er
fragte sich, was sie in diesem Moment machte und ob es irgendeine Chance gab,
dass sie an ihn dachte.
„Ich
glaube, er kommt wieder auf die Beine,„ sagte Dana
gespannt.
Die
kleine Gruppe von Männern und Frauen beobachtete mit gequältem Atem, wie das
schwarze Öl langsam aus Harrison Fields Augen wich. Er blieb noch einen langen
Moment auf dem Klappbett liegen, dann schoss er kerzengerade hoch und blickte
wild um sich. Dana ergriff seinen Arm. „Es ist in Ordnung,„
sagte sie beruhigend. „Sie sind unter Freunden. Sie sind jetzt in Sicherheit.
Sitzen Sie einfach still.„
Eine
Minute lang kämpfte er mit ihr, bevor sein Bewusstsein schließlich einsetzte,
dann erschlaffte er unter ihren Händen. „Wo... wo bin ich?„
fragte er.
Dana
legte ihre Finger auf sein Handgelenk, um seinen Puls zu fühlen. „Sie sind im
Hinterzimmer eines Bekleidungsgeschäfts, das exklusiv Mütter bedient. Was die
meisten Menschen nicht wissen ist, dass es auch als Boxenstop des Widerstandes
dient. Niemand denkt zweimal über mein Herkommen nach und ich möchte, dass es
weiterhin so bleibt.„ Ihre Augen wanderten zu Maggie
Collins, der Inhaberin des besagten Geschäfts, die nur zustimmend nickte.
„Sie
fühlen sich desorientiert, weil Sie mit einem Impfstoff, den ich entwickelt
habe, von dem Alienvirus geheilt wurden. Sie können
sich entspannen, Sie sind nun unter Verbündeten.„
Seine
braunen Augen verschoben sich, während er sich um Antworten bemühte. „Ich habe
Erinnerungen an einen dunklen Schacht...„
„Sie
haben in den Kohlengruben in den Appalachen gearbeitet,„ warf Rico ein, während
sich Dana auf ihre Arbeit konzentrierte, die Vitalfunktionen des Mannes prüfte,
seinen Herzschlag und seine Lungen mit dem Stethoskop abhörte. „Unsere Spitzel
an Ihrem Aufenthaltsort nahmen Sie eines Nachts mit und brachten Sie zu uns.
Wir haben bessere Verbindungen, als Sie vielleicht glauben.„
„Aber
warum?„
Dana
betrachtete ihre neueste Errungenschaft und würdigte die Tatsache, dass er auf
eine raue Art ganz gut aussah. Dem Wetter trotzend. Eingelebt, wie ihre Mutter
es nennen würde. Sie schloss kurz ihre Augen, um Margaret Scully aus ihren
Gedanken zu verbannen. „Wir brauchen mehr Wissenschaftler, die mir helfen,
unser eigenes Virus zu entwickeln. etwas, das diesen Planeten für die
Kolonisten vergiften oder sie direkt umbringen wird. Sie sind ein brillanter
Wissenschaftler, Dr. Fields und nun haben Sie eine zweite Chance erhalten, es
zu beweisen.
Er
erwiderte ihren Blick mit strahlenden Augen. „Wie kann ich es ablehnen? Sie
haben mich gerettet.„
Der
Ausdruck auf seinem Gesicht war nur allzu vertraut. Die Dankbarkeit und Bewunderung
wurde an diesem Punkt beinahe lästig. Sie blickte zu Rico hinüber, der, sich
ihres Unbehagens bewusst, ein amüsiertes Grinsen unterdrückte. „Und ich
beabsichtige, mir den Gefallen von Ihnen voll und ganz zurückzahlen zu lassen,„ sagte sie zu Fields, ihr Ton war kühler, als sie wollte.
Aber
er lächelte nur und nahm ihre Hände in seine. „Ich stehe zu Ihrer Verfügung.„
„Gut.„
Sie erwiderte sein Lächeln mit einiger Mühe. „Weil ich heute Abend zu einer
Party gehen muss und ich möchte, dass Sie ein paar Arbeiten in meiner
Abwesenheit erledigen.„
Mulder
suchte Schutz hinter einer Reihe wilder Büsche und setzte sich nieder, um zu
warten. Er verlor das imposante Tudorhaus auf der anderen Seite der Straße nie
aus den Augen. Die Dinge waren bisher ohne Zwischenfälle gelaufen; Strughold hatte ihm den Tipp gegeben, dass alle zum Haus
gehörenden an diesem Morgen an einer Bildungsveranstaltung teilnehmen würden
und so war es unter diesen Umständen keine schwierige Angelegenheit gewesen,
die Bombe zu placieren. Da dieses Haus das einzige im Block war, das noch von
Menschen benutzt wurde, war es kein Diskussionspunkt, von den Nachbarn
beobachtet zu werden. Eine vereinzelte Ratte oder besonders große Küchenschabe,
die über den Gehweg flitzte, war seine einzige Gesellschaft in der Stille.
Er
zündete sich eine Zigarette an und zog den Rauch in seine Lungen. Es gab nichts
mehr zu tun, als zu beobachten und zu warten.
Dana
ging den Plan der Möglichkeiten noch einmal in ihrem Kopf durch, während ihre
Limousine den Weg zu Howards Besitz zurücklegte. Rico hatte darauf bestanden,
sich auf einige Strategien vorzubereiten für den Fall, dass die Dinge an diesem
Abend nicht so gut liefen. Er tat es jedes Mal, wenn sie woanders hinging als
zur Arbeit oder nach Hause oder zum Hauptquartier, und sie hatte keine Wahl,
als ihm nachzugeben. Er hatte recht, und nebenbei, sie schuldete ihm so viel,
wenn sie berücksichtigte, wie nervös er wegen heute Abend war. Und so war eine
kleine Anzahl ihrer operativen Kräfte ein paar Blocks entfernt in Bereitschaft,
in einer der Metrostationen, die sich in eine Zwischenstation für Flüchtlinge
und befreundete Mitglieder des Widerstandes verwandelt hatte.
Sie
erwartete jedoch nicht, dass es notwendig sein würde, zu fliehen. Martin Howard war ein in sich selbst
verliebter Despot, so beschäftigt mit dem bisschen Macht über das, was von
Washington D.C. übrig geblieben war, die ihm die Kolonisten zugeteilt hatten,
dass er wenig Zeit oder Neigung hatte, viel weiter als über seine Nasenspitze
hinaus zu sehen. Ihre Anwesenheit bei seinem offiziellen Dinner heute Abend
diente zur Zierde und dem Prestige. Wenn man eine Mutter bei seinen
Angelegenheiten dabei hatte, sah man nicht nur bei den Kolonisten gut aus, die
Mütter über alles werteten, sondern es zeigte auch, dass man das neue Regime
unterstützte und sich nicht davor fürchtete, es offen zu zeigen. Sie war
offensichtlich ausgewählt worden, Howards Ärztin zu sein, um diese Rolle für
ihn zu erfüllen, und wie Rico angedeutet hatte, würde es ein schlechtes Licht
auf sie werfen, wenn sie die Einladung abgelehnt hätte. Sie hoffte, dass sie wenigsten
ein anständiges Essen bekommen würde als Gegenleistung.
Als
das Auto am Gehsteig vor Howards stattlichem Haus ausrollte, blickte sie zum
Fahrersitz hin; Rico hatte darauf bestanden, sie anstelle ihres üblichen
Fahrers zu chauffieren. So paranoid war er. Er erinnerte sie manchmal, nur ein
wenig, an Mulder.
Mulder.
Sie
hatte viel zu oft an ihn gedacht, seit ihrer kurzen gemeinsamen Nacht. Gott, seine neugewonnenen Talente und
Kenntnisse würden ein mächtiger Vorteil für ihre Sache
sein, und sie meinte nicht nur seine bemerkenswerten Fähigkeiten im Bett. Wie
konnte sie Strughold überlisten und Mulder zu sich holen,
um ihr zu helfen, um unter ihren Bedingungen bei ihr zu bleiben, trotz der
Drohungen des Syndikats? Es musste einen Weg geben. Ihre Gefühle für ihn waren
immer noch kompliziert, gelinde gesagt, aber sie musste zuerst an den
Widerstand denken. Und der Widerstand brauchte ihn.
Nun,
jetzt wo sie Fields geheilt hatte, würde sie mehr Zeit und mehr Denkkraft
haben, sich solchen Dingen zu widmen. Sie hatte diesmal eine gute Wahl
getroffen. Fields hatte Glück, dass sie an ihn gedacht hatte.
Sich
nicht damit befassend, darauf zu warten, dass Rico herumkam, öffnete sie die
Autotür und stieg aus. Sie war bereits später dran als schicklich.
Von
seinem Versteck über die Straße blickte Mulder voller Entsetzen hinüber.
Dana
Scully stieg aus der Limousine, die gerade vor Howards Haus gehalten hatte und
eilte den Weg zur Eingangstür entlang. Auf die Eingangstür eines Hauses zu, das
dazu bestimmt war, dank seines Könnens in ungefähr fünf Minuten ins Jenseits
befördert zu werden.
Mulder
dachte nicht nach, hielt nicht eine Minute inne, um die möglichen Konsequenzen
seines Handelns abzuwägen. Er schoss einfach mit einem Wahnsinnstempo über die
Straße und betete, dass er nicht zu spät kam.
„SCULLY!„
Sie
wirbelte herum, bevor sie die Eingangshalle erreichte, ihr Kiefer klappte nach
unten, als sie ihn sah und als er näher kam, konnte er sehen, dass sie unhörbar
fluchte. „Da ist eine Bombe,„ schrie er.
Er
riss seine Waffe heraus Sekunden, bevor ihr allgegenwärtiger Bewacher aus
seinem Auto sprang und in ihre Richtung startete. Mulder zielte über Scullys
Kopf und schoss. Seine Treffsicherheit war beinahe perfekt geworden während
seiner Zeit als Killer. Die unbestimmbare Person fiel zu Boden und stand nicht
wieder auf. Scully ging instinktiv in Deckung, ihr langes weißes Kleid war
durch Schmutz und Gras verdorben, als sie wieder auf den Füßen schwankte.
„Steig
in das Auto!„ schrie der Fahrer vom Vordersitz aus,
der Motor bereits laufend. Mulder blickte über die Motorhaube und entdeckte
zwei Morphers, die aus der Dunkelheit auftauchten und
von der anderen Straßenseite mit gezogenen Waffen herankamen. Wo zum Teufel
kamen die her?
„Scully,
steig in das Auto!„ ahmte er den Fahrer nach, dann
zielte er und feuerte auf die Aliens, obwohl er
wusste, dass es nichts bewirken würde. Es würde sie wenigstens ablenken. Er
duckte sich in den Schutz der Limousine, als ein Laserblitz über seinen Kopf
hinweg zischte. Natürlich hatte er ein Stilett in seiner Tasche, aber er hatte
nicht vor, nahe genug an sie heranzukommen, um es zu benutzen. „Verdammt
Scully, steig in das Auto!„
Scully
schaffte es schließlich zu dem Fahrzeug, warf sich hinein und ließ die hintere
Tür für Mulder offen. Er sprang hinter ihr her und atmete erst aus, als die
Limousine auf dem Asphalt kreischend in die Nacht entschwand.
Sie
waren etwa einen Block entfernt, als das Haus in die Luft flog, die lärmende
Explosion Rauch und Asche und Flammen ausspuckte und die Nacht mit einem gelben
und orangefarbenen Schein erleuchtete. Scully und er duckten sich bei der
ersten Explosion instinktiv in den Rücksitz, dann streckten sie sich und
beobachteten die Detonation durch die Heckscheibe. Unwillkürlich stieß er einen leisen,
anerkennenden Pfiff für einen gut ausgeführten Job aus. So sehr er Feuer
hasste, er hegte eine objektive Bewunderung für das reine Spektakel.
„Christ,„ flüsterte Scully. „War das... hast du das getan, Mulder?„
Er
sah sie an und nickte, eine bizarre Mischung aus Stolz und Scham durchfloss ihn
angesichts der Überraschung in ihren Augen.
„Neuerdings
pyrotechnischer Experte,„ sagte sie abwesend, als sie
wieder nach vorn sah. Sie sah so aus, als würde sie diese Information zu einer
in ihrem Kopf existierenden Liste hinzufügen. „Interessant.„
„Dana,
bist du in Ordnung?„ fragte der Fahrer.
„Mir
geht es gut, Rico. Bringst du uns zur Zwischenstation?„
Da war eine solche beruhigende Vertrautheit in ihrer Stimme, als sie mit ihm
sprach, dass Mulder eine intensive, irrationale Welle von Eifersucht verspürte.
Wer war dieser Typ? Er war augenscheinlich mehr für sie als nur ihr Chauffeur.
„Wir
müssen, Dana. Ich glaube... ich glaube, es ist Zeit für Plan Hippolyta.„ Sogar ohne den Mann zu
kennen, konnte er die Bestürzung in seiner Stimme hören. Er konnte es mit dem
Gefühl verbinden, das daher kam, Scully etwas zu sagen, von dem man wusste,
dass sie es nicht hören wollte.
„Verdammt,
nein!„ schrie sie mit solcher Vehemenz, dass Mulder in
einem Reflex vor ihr zurückwich. „Ich muss hier bleiben. Jetzt, wo wir Fields haben,
wird unsere Arbeit rasch vorankommen, ich weiß es. Rico, wir sind *nahe
dran*...„
„Nein.„
Das Wort wurde mit solcher Entschlossenheit gesprochen, dass sich Mulder
fragte, wie Scully fortfahren konnte, es in Frage zu stellen. „Deine Tarnung
ist aufgeflogen, Dana,„ stellte Rico sachlich fest.
„Glaubst du, dass die Morphers, die auf unserem Weg
waren, nicht gesehen haben, dass Mulder dich gerettet hat? Nicht gesehen haben,
dass du mit ihm geflohen bist? Es ist vorbei, Dana. Du kannst Skinner in Greenland helfen gehen. Er braucht dich da drüben sowieso.
Du hättest wahrscheinlich schon früher gehen sollen. Du weißt, dass Frohike und
ich die Dinge von hier aus regeln können.„
Sie
klopfte mit ihren Fingern auf die Armlehne. „Zur Hölle mit dir, Fox Mulder.„
Mulder
zuckte betroffen zusammen. „Wie bitte?„
Sie
warf ihm einen solch giftigen Blick zu, dass er innerlich zusammenschrumpfte.
„Das ist alles deine Schuld. Ohne deinen Blödsinn und deine Laufburschentaktik
wäre ich jetzt nicht in dieser Situation. Ich hätte aus Martin Howard die
letzten Neuigkeiten herausgequetscht wie eine Professionelle, ein nettes Dinner
gehabt und dann wäre ich nach Hause gegangen und hätte ein paar neue
Laborversuche überprüft, die ich heute Nachmittag entwickelt habe. Verdammt!„
„Prima.
Ich entschuldige mich dafür, dir das Leben gerettet zu haben. Es wird nicht
wieder vorkommen,„ sagte Mulder scharf. „Vielleicht
hätte ich mich auch nicht damit aufhalten sollen, dasselbe in der Antarktis zu
tun, hä?„
Schweigen
hüllte sie ein. Sie sah ihn nicht an. „Das war ein Schlag unter die
Gürtellinie, Mulder,„ sagte sie schließlich.
„Deiner
auch.„
„Touché.„ Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Wer
war heute Abend dein Ziel?„ fragte sie leise, als wenn
ihr gerade etwas eingefallen war.
„Ich
weiß nicht...„ Erkenntnis setzte ein und er schluckte schwer an dem Kloß in
seinem Hals. „Sie haben es mir nicht genau gesagt. Nur ein Führer des
Widerstands, von dem sie wussten, er würde heute Abend in Howards Haus sein.
Jesus, Scully..."
„Du
warst das Ziel, Dana,„ unterbrach ihn Rico. „*Madre de
dios.* Wir müssen dich von hier wegbringen, je eher
desto besser.„
„Sieht
so aus, nicht wahr?„ sagte sie knapp. „Gut, Mulder,
ich bin mir nicht sicher, ob es zählt, mir das Leben zu retten, wenn du mich
eigentlich umbringen solltest.„
Mulder
hatte keine Antwort darauf. Er saß einfach da und katalogisierte alle Arten,
auf die er Strughold umbringen würde, wenn er ihm
jemals wieder über den Weg laufen sollte.
Scully
warf ihm einen bösen Blick zu und lenkte ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf
Rico. „Sind wir noch nicht da?„
„Das
ist der Ort,„ antwortete er.
Das
Auto hielt an einer Metrostation in einer besonders verlassenen und heruntergekommenen
Gegend der Stadt. Mulder bezweifelte, dass sogar die schlimmsten Aasfresser
sich trauen würden, sich hierher zu wagen.
Elektrizität existierte in diesem verwüsteten Teil der Stadt nicht mehr,
das einzige Licht ging von den Scheinwerfern des Autos und dem Vollmond, der am
Nachthimmel schien, aus. Das Dunkel und die Verwüstung waren spürbar und
entnervend.
„Du
musst die nächsten Tage hier bleiben, bis wir für euch beide Überseearrangements
treffen können,„ sagte Rico. „Ari ist da unten und wartet.
Ich werde mich bei ihr melden, so schnell ich kann.„
Mulder
öffnete die Tür an seiner Seite, aber Scully rührte sich nicht. „Du kommst
nicht zurück, nicht wahr?„ fragte sie den Mann im
Fahrersitz sanft.
„Ich...
weiß nicht. Ich glaube nicht, dass ich es riskieren kann,„
sagte er.
Sie
sah auf ihre Hände herab, fummelte einen Moment am Gürtel ihres Kleides herum,
dann, als hätte sie Angst, sie würde ihre Meinung ändern, wenn sie nicht sofort
handelte, beugte sie sich zum Fahrersitz hin und küßte
ihn rasch auf die Wange. „Danke,„ hörte Mulder sie
flüstern. „Für alles.„
Rico
betrachtete sie fest. „Du weißt, ich würde alles für dich tun.„
Sie
nickte. „Ich weiß.„ Die beiden sahen sich einen Moment
länger an und eine schmerzhafte Welle von Eifersucht rollte wieder über Mulder
hinweg. Warum musste dieser Typ so
verdammt gut aussehen?
Schließlich
drehte sich Scully zu ihm um. „Lass uns gehen,„ sagte
sie und zog ihren Rock um sich zusammen. Ihre Stimme war plötzlich frei von Emotionen,
als wenn sie einen Ein-/Ausschalter hätte. Vielleicht hatten die Kolonisten
einen eingebaut?
Sie
verließen das Auto und stiegen langsam die feuchten, zerbrochenen Treppen der
Metrostation hinab, sich widerwillig in der Dunkelheit an dem glitschigen
Geländer festhaltend. Als sie die untere Stufe erreichten, erstarrten sie. Da
war nichts als vollkommene Schwärze in jeder Richtung. „Was nun?„ flüsterte
Mulder. Die feuchte, klebrige Luft ließ ihn trotz der sommerlichen Hitze bis
auf die Knochen frösteln und er musste ein Zittern unterdrücken.
„Einfach
warten,„ kam die ruhige Erwiderung.
Sekunden
später konnte er eine gute alte Taschenlampe ausmachen, die sich auf sie zu
bewegte, auf und ab tanzend in dem Schwarz. „Identifizieren Sie sich,„ kommandierte eine laute, raue, weibliche Stimme.
„Daphne
und Apollo,„ sagte Scully, sich augenscheinlich auf
eine Art vorher festgelegten Code berufend.
„Dana?„
Die Taschenlampe kam näher, bis sie tatsächlich seine Trägerin sehen konnten,
eine hochgewachsene Frau mit olivefarbener Haut und Aknenarben, deren
ebenholzfarbenes Haar mit der Dunkelheit um sie herum verschmolz. Mulder
vermutete, dass sie Ende dreißig und griechischer Herkunft war. Ihre dunklen
Augen hatten eine kalte, misstrauische Schärfe, die man in dieser Zeit nur
allzu oft antraf.
Und
in diesem Moment war das Misstrauen direkt gegen ihn gerichtet. „Wer ist er?„ fragte sie mit einem Ruck ihres Kopfes. „Wo ist Rico?„
„Rico
ist zurück ins Hauptquartier gegangen, um ein Überseepaket für uns zusammenzupacken,„
sagte Scully. „Es ist Zeit für Operation Hippolyta. Leider.„
„Was?„
Die Frau warf Mulder nun einen wirklich bösen Blick zu. „Es ist seine Schuld,
nicht wahr? Ist das Fox Mulder?„
„Das
Vergnügen ist ganz auf meiner Seite,„ sagte Mulder trocken, verbittert über die
Verachtung, die sie zum Ausdruck brachte, und fragte sich dennoch gleichzeitig,
welche Art von Horrorstories Scully ihr über ihn
erzählt hatte, dass er solch einen Ruf verdiente.
„Mulder
kommt mit mir,„ sagte Scully. Mulder sah auf sie
herab, ein wenig überrascht, dass sie es einfach vorausgesetzt hatte. Nicht
dass sie falsch lag, natürlich nicht. Ungeachtet des Entsetzens über ihren
Beinahetod und der hastigen Aktion, die sie nun durchführten, fand er sich
übermäßig erregt: endlich mit Scully. Für immer. Wo er hingehörte.
Die
Frau betrachtete ihn von oben bis unten, dann zwang sie sich zu einem kleinen
Lächeln. „In diesem Fall: willkommen an Bord, Mr. Mulder. Jedem Freund von Dana
kann man vertrauen, da bin ich mir sicher. Sie können mich Ari nennen.„
Sie
reichte ihm die Hand und er schüttelte sie, die harten Schwielen an ihren
Händen bemerkend. Er fragte sich, ob sie eine Zeit lang in einem Alienarbeitscamp zugebrachte hatte, bevor sie sich Scully
anschloss. „Einfach Mulder, bitte. Es ist schön, Sie kennenzulernen, Ari.„
„Ari
ist eine frühere Militärwissenschaftlerin und Munitionsexpertin höchsten Ranges,„ informierte Scully ihn. „Sie und ihre Findigkeit haben unsere
Verstecke bei zahlreichen Gelegenheiten gerettet. Sie half, die Kitovas-Kugel zu entwickeln.„
Mulder
fuhr überrascht hoch. Die Kitovas-Kugel war das
einzige von Menschen entwickelte Projektil, das es ermöglichte, den Panzer des Alienkörpers zu durchdringen. Nun war es an ihm, sie von
oben bis unten zu betrachten.
„Also
Sie sind...„
„Ariadne
Kitovas, ja. Wenn ihr mir nun folgen wollt...„ Sie
drehte sich um und eilte zurück in die Dunkelheit. Mulder und Scully hielten sich
so dicht hinter ihr wie möglich, um nicht im Dunkeln verloren zu gehen. Als er
in der Dunkelheit nach Scullys Hand griff, war er erleichtert, dass sie sich ihm
nicht entzog.
Dana
packte Mulders Hand fest und unterdrückte den Schrei, der in ihrer Kehle saß.
Es war irgendwie wie ein Alptraum im Wachzustand, so plötzlich ihr Heim hinter
sich lassen zu müssen – so wie es war; ihre Freunde – so wie sie waren – Rico,
Frohike... ihre Arbeit... Sie hatte immer gewusst, dass es eine sehr reale
Möglichkeit war, aber sie hatte gehofft, dass sie vorher wenigstens irgendwie
gewarnt werden würde. Sie fragte sich, ob es eine Chance gab, dass Rico in der
Lage sein würde, einige ihrer persönlichen Sachen zusammenzupacken, bevor sie
gehen musste. Sie wusste, er würde es tun, wenn es überhaupt möglich war.
Es
war tatsächlich erschütternd, wie sehr der Gedanke, Rico zurücklassen zu müssen,
schmerzte. Sie hatte gedacht, dass sie sich ausreichend dagegen gewappnet
hatte, so dass diese Dinge sie nicht länger berühren würden.
Aber
wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wusste sie sehr genau, warum sie sich in
dieser Zeit so leicht gerührt war. Wusste sie, was passiert war, das sie einmal
mehr so schwach gegenüber Gefühlen und Traurigkeit machte. In ihrer einen gemeinsamen Nacht hatte Mulder
Dinge offengelegt, die sie lange Zeit tief in sich verborgen gehalten hatte.
Sie wusste nicht, ob sie zornig darüber oder dankbar dafür sein sollte. Sie war
immer noch wütend auf ihn, wütend auf die Situation, aber gleichzeitig musste
sie sich daran erinnern, dass seine Anwesenheit hier kein Traum oder eine
besonders lebhafte Phantasie war. Es war alles qualvoll verwirrend.
„Wir
sind da.„ Aris Altstimme holte sie zurück in die
Realität, Sekunden bevor sie um die Ecke bogen und von einem Bad elektrischen
Lichts begrüßt wurden. Dana blinzelte in der Helligkeit nach der vollkommenen
Dunkelheit und fühlte Mulders Hand widerwillig ihre loslassen.
Irgendwie
hatten sie es geschafft, dass die Notbeleuchtung in den Tunneln funktionierte.
Gelbes Licht erhellte die verlassene Metrostation mit einem unnatürlichen
Schein und warf seltsame Schatten an die Wandverkleidung und die veralteten
Werbetafeln und ließ die vernachlässigten Drehkreuze schimmern. „Wo sind die
anderen?„
„Wir
müssen in den Tunnel gehen,„ erklärte Ari. „Wir haben
da hinten ein Lager eingerichtet, außerdem sind da all diese verlassenen
Schaltstationen und Versorgungsräume, aus denen wir eine Art bewohnbare
Räumlichkeiten gemacht haben. Es ist ein geregeltes Heim weg von Zuhause.„ Sie schnaufte angewidert. „Kommt, folgt mir.„ Sie hockte sich an den Rand des Bahnsteigs, dann sprang
sie hinab, ihre Taschenlampe einschaltend. „Vorsicht, nicht das dritte Gleis
berühren. Wir sind uns nicht sicher, wie aktiv es noch ist, aber sicher ist
sicher.„
Mulder
und Dana folgten ihrem Beispiel, wenn Scully auch ihre hochhackigen Schuhe in
die Hand nehmen musste, bevor sie es tat. Ari stieß ein rohes Lachen aus. „Wir
haben hinten zusätzliche Schuhe, glaube ich. Und ein einige nicht weiße
Kleidungsstücke, so dass du dich wie wir einfache Bürger kleiden kannst. Wenn
du willst, natürlich nur.„
„Wenn
ich jemals wieder weiß tragen sollte, wird es nicht so bald sein,„ flüsterte Scully, als sie ihre Schuhe wieder anzog. Sie
warf Mulder einen flüchtigen Blick zu und bemerkte, welch eine Studie für
Unterschiede sie abgeben mussten: ihre zierliche, helle Gestalt in weiß
gekleidet, seine große, dunkle Gestalt total in schwarz gekleidet. Sie bemerkte
auch, dass er sie anstarrte.
„Hell
und dunkel,„ flüsterte er.
Zum
Teufel damit, dass er ein Gedankenleser war.
Sie
stapften durch die Tunnel, Dana versuchte, nicht zu stolpern, als sich ihre
Absätze in Schlamm und Matsch und Gott weiß was verfingen.
Ari ging schnell und zielsicher voran und Dana fragte sich nur, wie lange die
ältere Frau hier unten schon eingesperrt war. Die Mitglieder ihrer Gruppe
neigten dazu, die Örtlichkeiten zu wechseln. Sie war sich nicht sicher, wann
Ari Baltimore verlassen hatte, um hierher zu kommen. Sie hatten den Kontakt verloren,
als Ari in den Untergrund ging. Rico hatte sich von dem Punkt an um die Kommunikation
gekümmert.
Es
dauerte nur ein paar Minuten, bis sie einen geräumigen Platz, eingebettet
zwischen zwei Gleisen erreichten. Dort war sorgfältig eine Art Lager errichtet
worden: Zelte aus Armeebeständen, batteriebetriebene Laternen, sogar ein
transportabler Grill oder zwei. Ein altmodischer Plattenspieler erzeugte die
einsamen Klänge einer erlesenen Billy Joel Melodie. Männer und Frauen bewegten
sich ruhig, sprachen leise miteinander, reinigten ihre Waffen, spielten um eine
der Laternen herum Karten. Als sie das Geräusch des sich annähernden Trios
vernahmen, sprangen sie alle wachsam, die Waffen im Anschlag, auf.
„Wir
sind es nur,„ rief Ari ihnen sofort zu und ließ sie
sich rühren. Die Waffen wurden gesenkt und halbherzige Grüße wurden zu ihnen
durch die stinkende Luft herübergeschickt. Als sie das Herz des Camps selbst erreichten,
bildete sich schnell ein Kreis von Menschen um sie herum. Dana konnte ihren
Namen hören, der von einem Lippenpaar zum nächsten flog.
„Ja,
ich bin es,„ sagte sie laut und beendete damit jede
weitere Spekulation. Blicke wurden untereinander ausgetauscht und sie fragte
sich, ob sie welchen auch immer unrealistischen Hoffnungen entsprach, die sie sich
vielleicht gemacht hatten. Sie erwiderte den Blick und betrachtete sie kritisch.
Das Wort von Kreti und Pleti
schien mit dieser Gruppe im Sinn erfunden worden zu sein. Sie zählte zehn
Männer und acht Frauen verschiedener Rassen und mit unterschiedlichem
Hintergrund, gekleidet in Jeans und ausgeblichenem Flanell, mit schlaffen
Haaren und schmutzigen Fingernägeln. „Es tut mir leid, dass ich die meisten von
euch nicht kenne, dennoch erkenne ich einige befreundete Gesichter.„ Sie versuchte zu lächeln, optimistisch auszusehen.
Versuchte sich daran zu erinnern, wie es war zu Menschen zu sprechen, die keine
geheimen Tagesordnungen hatten. „Ich hatte nicht vor, heute Nacht hierher
kommen zu müssen, aber die Pläne haben sich geändert,„
fuhr sie fort. Sie zeigte auf Mulder. „Das ist Fox Mulder.„
Daraufhin
setzte unter ihnen wieder überraschtes Gemurmel ein. Mulder würde wahrscheinlich
ganz schön erschrocken gewesen sein, wenn er wüsste, dass ohne ihr Zutun, sein
Name im Untergrund zu einer Legende geworden war, so etwas wie König Arthur.
Sie hielten sich an ihm als dem Märtyrer fest, der eines Tages zurückkommen
würde, um sie alle zu retten. Wenn sie nur die Wahrheit kennen würden, dachte
sie sauer. „Er wird bei mir bleiben... bei uns, bis Rico für uns beide die
Passage nach Greenland gesichert hat. Ich muss zu
Hermes gehen und meine Arbeit von dort aus weiterführen,„
sagte sie, Skinners Codename benutzend, weil nicht jedermann erlaubt war, den Namen
des Mannes zu kennen, der die internationale Widerstandsbewegung anführte.
„Ich... werde mich bemühen, euch bis dahin alle kennenzulernen,„ schwindelte sie. Sie hatte diesen Menschen nichts mehr zu
sagen. Die Ansprache war vorbei, sie sah zu Ari für weitere Instruktionen und
fühlte sich seltsam ohne Kontrolle.
Professionell
wie sie war, verstand Ari den Hinweis. „Okay Leute, das war’s. Keisha?„ Eine junge schwarze Frau im Vordergrund der
versammelten Menge nickte. „Ich werde heute Nacht mit in deinem Zelt schlafen,
so dass die beiden mein Quartier im Wachraum haben können.„
„Ari,
ich will dich nicht verdrängen...„ begann Dana.
„Dana,
keine Diskussion. Es ist das Mindeste, was ich für dich tun kann, nicht wahr?„
Dana
erkannte den Ausdruck in den Augen der Frau, denselben Ausdruck hatte sie so
oft bei Rico gesehen, den Ausdruck, den sie nur ein paar Stunden früher bei
Harrison Fields gesehen hatte. Es ergab keinen Sinn, mit den Gläubigen zu
argumentieren. „Danke,„ sagte sie statt dessen.
Ari
salutierte flüchtig. „Folgt mir.„
Sie
führte sie zu einer schmutzigen Metalltür, die in eine Seite des Tunnels
eingelassen war und auf der in schablonierten
Buchstaben ‚Versorgungsstation‘ geschrieben stand. „Dies war früher eine Utensilienkammer
für die Metro-Bautruppen,„ erklärte Ari, als sie die
Tür öffnete und hineinging. „Wir haben die Ausrüstung rausgeräumt und es geschafft,
es irgendwie wohnlich zu machen. Dabei haben wir sogar einige nützliche Geräte
für uns organisiert.„ Sie zog an einer Schnur und eine
nackte Glühlampe erhellte den winzigen Raum.
Dana
versuchte, nicht die Nase zu rümpfen über den Anblick, der sich ihnen bot. Ein
verbeultes Bett war in eine Ecke geschoben, der Rest des Raumes wurde von einem
metallenen Aktenschrank, sortierter Munition, Karten, ein paar Vitaminshakes und einem winzigen Kühlschrank eingenommen.
„Home
sweet home,„ sagte Ari, eine Grimasse ziehend, und begriff, wie es für
jemanden wie Dana aussehen musste.
„Es
ist perfekt,„ schwindelte Dana. „Danke nochmals.„
„Kein
Problem. Seid ihr hungrig, möchtet ihr etwas essen?„
Dana
blickte zu Mulder, der nickte. „Egal, was du hast, es wird gut sein,„ sagte sie zu der anderen Frau.
„Das
meiste sind Konserven, aber sie sind genießbar. Ich bin gleich zurück. Und ich
bringe dir auch ein paar Sachen, Dana,„ erwiderte sie.
Stille
umgab sie auf einmal, als Ari gegangen war. Mulder, der bei all dem untypisch
still gewesen war, sprach schließlich. „Es tut mir leid.„
Dana
blinzelte für einen Augenblick überrascht, aber sie fand sich schnell wieder.
„Was tut dir leid? Der heutige Abend? Dass du meine Pläne und mein Leben
vermasselt hast? Nun, das sollte es wohl.„
Er
schabte mit den Schuhen auf den Zementboden. „Dies sollte mein letzter Job
werden,„ sagte er leise. „Ich hatte vor, gleich danach
zu dir zu kommen. Ich hatte mich entschlossen, meine Chance zu nutzen, um bei
dir zu sein.„
Das
erwischte sie kalt. „Obwohl sie mir gedroht haben?„
Er
zuckte mit den Schultern, unfähig, sie anzusehen. „Ich habe gedacht, dass ich
irgendwie in der Lage sein würde, dich zu beschützen, wenn ich bei dir bin.„
„Nun,
bis jetzt hat du einen Bombenjob getan,„ entgegnete
sie abfällig.
Er
ging auf die Tür zu. „Sieh mal, ich werde heute Nacht einfach bei einem Typen
da draußen schlafen, okay?„
„Mulder,
nicht.„ Er zögerte, seine Hand hing über der Türklinke. „Ich... ich möchte nicht, dass du gehst.„ Welche Anstrengung es sie kostete, das zuzugeben.
„Scully...„
Er wurde durch das Wiederauftauchen von Ari unterbrochen, die mit einem Tablett
voller Essen beladen war. Mulder nahm es ihr ab, damit sie die Sachen, die sie
über dem Arm hatte, Dana geben konnte.
„Hier.
Die sind von Keisha. Sie ist die kleinste hier, so
werden sie hoffentlich passen.„
Dana
verdrehte die Augen. „Danke.„ Sie sah auf die Sachen.
Jeans. Wann hatte sie das letzte Mal Jeans getragen? „Ich bin sicher, sie
werden in Ordnung sein. Bitte, danke Keisha von mir.„
„Wie
sind alle glücklich, helfen zu können,„ versicherte
Ari ihr. „Schlaft gut.„ Und dann war sie wieder
gegangen.
Mulder
stellte das Tablett auf den Boden und setzte sich mit gekreuzten Beinen davor.
„Nun, das ist besser als das Zeug, das ich normalerweise selbst für mich mache,„ meinte er, offensichtlich bemüht, die Stimmung zu heben.
„Marita
kocht nicht für dich?„ stichelte sie, bevor sie sich
zurückhalten konnte. Der verletzte Ausdruck in seinen Augen ernüchterte sie.
„Vergiss es,„ murmelte sie. Sie sah auf das Tablett,
auf dem erwärmte Konservenravioli, ein paar
Dosenmohrrüben und eine Flasche Wasser für jeden von ihnen standen. „Wir können
uns glücklich schätzen, überhaupt etwas zu haben,„
sagte sie und versuchte, ihre Bestürzung über das armselige, geschmacklose
Essen, das sie heute Abend zum Dinner essen würde anstelle des Fünfgängemenüs bei Howards, zu verbergen. Sie stand auf und
zog ihr offizielles Kleid über den Kopf, dann schüttelte sie die Jeans und das T-Shirt
aus.
„Ich
weiß,„ hörte sie ihn sagen, gefolgt von einem
schnellen Atemzug. Oh. Sie hatte nicht
daran gedacht, vorsichtig zu sein, begriff aber zurückblickend, dass sie es
wahrscheinlich hätte sein sollen angesichts der Spannung zwischen ihnen. Nun
war es zu spät. Sie zog Keishas Sachen an, dann
drehte sie sich um und sah, dass er sie anstarrte, der Schimmer von Verlangen
in seinen Augen war zu offensichtlich. Sie spürte etwas in ihrem Unterleib in
Erwiderung darauf pochen.
„Lass
uns essen,„ sagte sie, löste ihre Augen von seinen und
setzte sich ihm gegenüber hin.
Mulder
versuchte mit aller Willenskraft und jedem mentalen Trick, den er in seinem
Arsenal hatte, seine Erektion zu bezwingen. Der Anblick Scullys, die nichts
weiter trug als einen weißen Spitzen-BH und Höschen,
war beinahe genug gewesen, um ihn über den Rand zu katapultieren. Er wurde
immer verärgerter und verwirrter durch ihr Verhalten, aber das machte nicht die
Tatsache zunichte, dass er sie immer noch verzweifelt wollte. Doch er wünschte,
es würde so sein.
Statt dessen versuchte er
sich auf sein Essen zu konzentrieren. Mulder war so hungrig, dass Chef Boyardee in diesem Augenblick beinahe wie Gourmetessen
schmeckte. Er blickte Scully schief an und sah dass sie es schwerer hatte,
damit klarzukommen. Das Essen war wohl weitaus langweiliger, als sie es gewohnt
war, in ihrem goldenen Käfig serviert zu bekommen. Klugerweise behielt er
diesen Gedanken für sich.
Schweigend
aßen sie, keiner von ihnen wusste, was zu sagen war, wo zu beginnen war. Mulder
war verlegen, verletzt und durcheinander. Und er wusste nicht, wie er ihr
klarmachen sollte, was er durchgemacht hatte oder woher er kam. Alles schien so
viel einfacher vor ein paar Stunden.
Als
sie mit dem Essen fertig waren, schob er das Tablett beiseite und sah sie an.
„Wir müssen wirklich reden,„ sagte er schließlich. Er
griff in seine Tasche nach einer Marlboro und seinem Feuerzeug, zündete sie
sich an und sog den Rauch tief ein.
„Ich
weiß.„ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Musst du das
hier drin tun?„
Mulder
warf ihr einen wütenden Blick zu. Was zur Hölle machte eine Zigarette für einen
Unterschied? Er zog noch ein paar Mal tief an der Zigarette, ihren steinernen
Gesichtsausdruck ignorierend, dann drückte er sie auf dem Tablett aus. Was er
wirklich wollte war etwas Hartes zu trinken, aber irgendwie glaubte er nicht,
dass Ari die Minibar aufgefüllt hatte.
Er
blickte zurück zu Scully, die offensichtlich darauf wartete, dass er anfing.
Eine scharfe Bemerkung kam ihm in den Sinn, aber er unterdrückte sie. Was statt
dessen herauskam, war, „Ich weiß nicht mehr, wer du bist, Scully.„ Es war nicht das, was er sagen wollte, aber als die Worte
einmal heraus waren, erkannte er, was ihn die ganze Zeit seit dieser Nacht in ihrem
Schlafzimmer beschäftigt hatte. Diese neue Scully erschreckte ihn, verursachte
ihm Unbehagen, schüchterte ihn sogar ein, und das mochte er gar nicht. Scully
hatte immer einen starken Willen gehabt und war mutig gewesen, und oft auch
emotional kühl, aber niemals so hart und kalt.
Die
Worte hingen zwischen ihnen in der Luft, während Scully sichtlich umeine
Erwiderung rang. „Eine Menge ist passiert in den letzten drei Jahren,„ entgegnete sie mit einem erschreckend neutralen Ton in
der Stimme. „Ich musste einiges verändern, um zu überleben. Um durchzukommen.„ Sie sah ihm in die Augen. „Wenn ich es nicht getan hätte,
hätte ich mich wahrscheinlich schon umgebracht.„
Die
Worte waren ein Messer in seinem Herzen. „Der Gedanke, dass du irgendwo am
Leben warst, war das einzige, das mich davon abhielt, dasselbe zu tun,„ sagte er ehrlich.
„Mulder...„
Sie stand auf und ging von ihm fort, verloren die Arme um sich legend. Die
Geste ließ sie überraschend mädchenhaft aussehen und erinnerte ihn mit einem
Mal, dass sie tatsächlich ein paar Jahre jünger war als er. „Wie soll ich
darauf reagieren?„ fragte sie mit dem Rücken zu ihm.
„Ich hasse es, wenn du Dinge wie diese sagst. Es liegt nicht in meinerVerantwortung, wenn du entschieden hast, dass ich
dein einzige Grund zum Leben bin. Ich habe dich nicht darum gebeten. Ich will
es nicht einmal.„Sie hielt inne und als sie wieder
sprach, war ihre Stimme rau vor Emotionen. „Es ist zuviel von mir verlangt,
besonders nach allem, was passiert ist.„
„Ich
habe niemals etwas von dir verlangt, Scully,„ sagte er
und bemühte sich, zu verstehen.
Es
folgte ein sehr langes Schweigen. Dann: „Vielleicht ist das das Problem,„ sagte sie und schniefte laut. „Vielleicht hättest du es
sollen. Oder vielleicht hätte ich mehr von dir verlangen sollen. Vielleicht
hättest du dann einen Weg gefunden, um bei mir zu sein, anstatt mich diesem
Leben zu überlassen, das die Kolonisten mir aufgezwungen haben.„
Das
also war der Kern der Sache. „Ich dachte, ich tue das Richtige. Das Einzige,
was dich am Leben erhalten würde,„ entgegnete er
ernst. „Ich dachte... du warst immer die Starke. Ich wusste, du könntest ohne
mich weitermachen.„
„Und
das habe ich.„ Sie drehte sich schließlich zu ihm zurück und ihre Augen waren
eiskalt. „Ist es das, was dich ärgert, Mulder? Die Tatsache, dass ich in dieser
Hölle so etwas wie ein Leben für mich selbst geschaffen habe, dass ich Sinn und Zweck gefunden habe,
obwohl ich nicht dich hatte, um mich auf diesem Wege zu führen?„
„Das
ist es überhaupt nicht, was mich ärgert,„ erwiderte er
leise. „Was mich ärgert ist, dass du es zugelassen hast, dass dieses Leben aus
dir, einer mitfühlenden, mutigen, inspirierenden Frau ein gefühlloses, megalohmanisches,
egozentrisches Weibsstück gemacht hat.„
Es
brauchte einen Moment, bis sie seine Worte verinnerlicht hatte, und als sie es
getan hatte, verzog sich ihr Gesicht vor Wut. „Wie kannst du es wagen, in dieser
Art mit mir zu reden!„ schrie sie. „Weißt du nicht,
wen du vor dir hast? Du sprichst mit einer Mut... einer... oh Gott.„ Sie schlug die Hände vors Gesicht, betastete sich selbst,
als müsste sie sich erinnern, wer sie war. „Oh Gott.„ Nach Luft schnappend fiel
sie auf das Bett, verbarg ihr Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen.
„Jesus,
Scully.„ Dana Scully auf einer emotionalen Achterbahnfahrt. Wer hätte das
gedacht? Mulder erhob sich, setzte sich neben sie aufs Bett und nahm sie in die
Arme. Sie weinte an seiner Brust, durchnässte sein T-Shirt, während er sie auf
den Kopf küßte und sinnlose beruhigende Worte
flüsterte. „Shh.
Es ist okay. Es ist okay. Lass es einfach raus.„ Er
konnte Tränen in seinen Augen spüren und machte keine Anstalten, sie
zurückzuhalten.
Eine
Weile weinte sie noch, an ihn geklammert, bis ihre hochgezogenen Schultern
sanken und sie in der Lage war, tiefe, zitternde Atemzüge zu tun. Er ließ sie nur so lange los, um eine
Serviette von ihrem Essentablett zu angeln, dann hielt er sie wieder, während
sie sich die Nase putzte und ihre Tränen abwischte.
„Es
ist mir so peinlich,„ flüsterte sie, ohne ihn
anzusehen.
Mit
dem Daumen liebkoste er ihre Wange. „Du weißt, dass dir vor mir nichts peinlich
sein muss. Und nebenbei, du brauchtest das, denke ich.„
„Vielleicht.„
Sie entzog sich seiner Umarmung und hatte immer noch Schwierigkeiten, ihm in
die Augen zu sehen. „Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wann ich das
letzte Mal geweint habe.„
„Das
überrascht mich nicht. Sieh mal, es tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe.
Ich war nicht ganz beieinander.„
Scully
schüttelte den Kopf. „Nein, das stimmt nicht. Alles, was du gesagt hast, ist
wahr. Ich habe mich so daran gewöhnt, dieser Führungskopf zu sein. Ich bin mir
nicht sicher, ob ich selbst noch weiß, wer ich überhaupt bin. Das ist eine
unbequeme Erkenntnis.„
„Du
bist nicht die einzige, die ein wenig Gemütsforschung betreiben muss,„entgegnete er nach einer Pause. „Ich bin nun schon seit
langer Zeit mein eigener persönlicher Punchingball. Scully, du hast soviel
getan und ich... ich zerbrach ohne dich. Genauso, wie sie es immer gewusst
haben.„
„Wir
haben alle einige Dinge getan, auf die wir nicht stolz sind,„
sagte Scully leise.
„Ich
mehr als die meisten,„ beharrte er. „Aber ich spüre
es, tief in mir,dass ich
immer noch derselbe bin, wie vor drei Jahren. Das mag nicht mehr als
Selbstbetrug sein, aber ich hoffe, es ist wahr. Kannst du dasselbe sagen?„
Lange
Zeit antwortete sie ihm nicht. „Ich weiß es nicht. Du bist der Einzige, der
mich früher wirklich kannte. Warum sagst du es mir nicht?„
„Warum
lässt du es mich nicht herausfinden?„ Er ergriff ihre
Hände und lehnte sich dichter zu ihr, versuchte sie dazu zu zwingen, ihm in die
Augen zu sehen. „Lass mich herein, Scully,„ bat er.
Mulder dachte daran, dass er sie das letzte Mal, als sie zusammen waren,
gründlich gebumst hatte, heute Nacht wollte er nichts mehr, als sie zu lieben.
Er musste es tun, um die Mauern, die sie so fleißig um ihr Herz aufgebaut
hatte, zu durchbrechen.
Scully
blickte ihn an und sah ihm direkt in die Augen. Sie schien in seinen Augen nach
dem Mann zu suchen, den sie einmal kannte, und er versuchte sein bestes, sie
davon zu überzeugen, dass er immer noch derselbe Mann war, der einmal ihr
Partner und ihr engster Freund gewesen war. Dass er sich immer noch um sie
sorgte. Sie hoffnungslos liebte. Und dass sich das niemals ändern würde.
Schließlich
flackerte etwas wie Erkenntnis in ihrem Blick. Zitternd atmete sie ein und
streckte die Hand aus, um die Linie seines Kiefers nachzuzeichnen. „Mulder...„
Mulder
stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Womöglich gab es letztlich doch noch
Hoffnung für sie. Er legte eine Hand auf ihren Nacken und senkte seine Lippen
zu ihren für einen sanften, zärtlichen Kuss. Ihr Mund arbeitete zart unter
seinem mit überraschender Sensibilität. Er drängte sie nicht, bewegte nur
seinen Mund sanft an ihrem, strich mit seiner Zunge über ihre Lippen, nahm sie
in sich auf. Er streichelte ihr Haar unter seinen Fingern in einer Art
Ehrfurcht. Sie lehnte sich an ihn, presste ihren Körper an seinen und ihre
Hände vergruben sich in seinen Nackenhaaren. Sie fühlte sich so zerbrechlich
und schmal an, dass er plötzlich von einem irrationalen Verlangen überwältigt
wurde, sie festzuhalten und zu beschützen, obwohl sie wahrscheinlich die letzte
war, die jemand anderen brauchte, der auf sie aufpasste.
Obwohl,
überlegte er, vielleicht brauchte sie es. Vielleicht musste sie vor sich selbst
beschützt werden. Er kannte dieses Gefühl mit Sicherheit nur zu gut.
Seine
Lippen wanderten von ihrem Mund zu ihrer Wange, ihrer Nase, ihrer Stirn, ihren
Schläfen und badeten sie mit Küssen, jeder davon eine Liebeserklärung, die er
nicht in Worten ausdrücken konnte. Sie stieß einen gehauchten Seufzer aus und
kuschelte sich an ihn. Sein Mund wanderte über ihren Hals, knabberte an der
sensiblen Haut dort und brachte sie dazu, schwer in sein Ohr zu atmen.
Mulder
half ihr, sich ihr Shirt über den Kopf zu ziehen, gefolgt von ihrem BH, ihren
Hosen, ihrer Unterwäsche, bis sie nackt auf dem Bett lag und ihn erwartungsvoll
ansah, während er rasch aufstand und sich seiner eigenen Sachen entledigte. Als
er fertig war, legte er sich neben sie, stöhnte zufrieden, als sie ihn umarmte
und seine Rückenmuskeln mit ihren geschickten Händen massierte.
„Du
weißt genau, was du tun musst, um mich verrückt zu machen, nicht wahr?„ flüsterte er ihr ins Ohr und wurde mit einem leisen
Lachen belohnt. Er legte seine Handfläche auf eine ihrer Brüste, die Fülle in
seiner Hand liebend, und als sie sich ihm entgegenbäumte, nahm er das als
Einladung, um seinen Mund auf ihre korallenfarbene Brustwarze zu senken.
Gemächlich
leckte er sie, saugte und neckte sie, bis er ihr Wimmern über sich vernahm.
Anstatt loszulassen, widmete er sich der anderen Brust mit derselben Aufmerksamkeit,
nahm die Brustwarze zwischen seine Zähne, ließ seine Zunge darumwirbeln,
als ihr Stöhnen an Intensität und Volumen zunahm. Er fühlte sich von dem Verlangen verzehrt,
jeden Zentimeter von ihr zu lieben, die Scully, die er kannte, wieder zum Leben
zu erwecken, sie mit seinen Händen und seinem Mund ins Leben zurückzubringen.
Und so glitten seine Lippen zwischen ihren Brüsten entlang, über ihren Bauch
und ihren Bauchnabel. Er knabberte an ihren Hüften und seine Hände legten sich
um ihre exquisiten Pobacken. Seine Zunge schlängelte sich an ihren Beinen herab,
schmeckte das Salz in ihren Kniekehlen, überschüttete ihre Knöchel mit seiner
Hingabe, sogar ihre Zehen, dann wanderte sie wieder hinauf zu ihren Schenkeln,
die ganze Zeit beinahe verrückt von ihrem fortgesetzten wortlosen Flehen und
den Schwingungen.
Als
er schließlich seine Lippen zwischen ihre Schenkel platzierte, keuchte sie vor
Überraschung und Lust, dann spreizte sie ihre Beine noch mehr für ihn und
vergrub ihre Finger in seinem Haar. Er zeichnete die Falten ihres Fleisches mit
seiner Zunge nach, saugte an ihrem Zentrum, ließ seine Zunge in sie hinein und
heraus gleiten und genoss den rauchigen Geschmack, den er dort fand.
„So
lange... ich habe vergessen... wie das ist,„ flüsterte
sie, während sie seinen Kopf zwischen ihren Schenkel drückte.
Er
reagierte, indem er seine Hände ausstreckte, um ihre Brüste zu kneten und das
Tempo seiner arbeitenden Zunge erhöhte und sie schleckte, die feuchten
Geräusche seiner Fürsorge erfüllten den Raum zusammen mit ihrem fortgesetzten
Stöhnen. Ihre Hüften begannen sich sanft zu heben und zu senken, als sie gegen
ihn stieß, sich immer noch an seinem Haar festhaltend, als ginge es um ihr
Leben, bis sie schließlich ihr Orgasmus überrollte. Und sie stieß eine Reihe
kurzer, scharfer Schreie aus und bäumte sich unkontrolliert gegen ihn auf.
Mulder
ließ seinen Mund dort, die Woge mit ihr reitend, bis der Höhepunkt vorbei war,
dann schob er sich hoch und glitt in einer einzigen raschen Bewegung in sie
hinein, bevor ihre Kontraktionen vollkommen aufhörten. Sie zog sich um ihn
herum noch ein paar Mal zusammen und er zwang sich dazu, stillzuhalten, umgeben
von dieser vorzüglichen heißen, engen Feuchtigkeit, während er darauf wartete,
dass sie sich vollkommen beruhigte, obwohl er glaubte, dass es ihn umbringen
würde, wenn er noch länger wartete. Als er überzeugt davon war, dass sie wieder
ganz zu sich gekommen war, bewegte er sich mit unendlicher Langsamkeit einmal
hinein und wieder heraus aus ihr, durch die süße Reibung stöhnend.
„Oh...„
Sie keuchte und zog ihre Beine an, ihn dazu drängend, tiefer in sie einzudringen.
Als Erwiderung stieß er wieder in sie, härter diesmal, befriedigt durch ihr
heiseres Stöhnen, das als Antwort kam. Dann begann er, einen langsamen stetigen
Rhythmus aufzubauen, in sie pumpend und mit jeder Bewegung seiner Hüften ihren
Namen ausstoßend. Sie drängte sich ihm entgegen, passte sich seinen Bewegungen
an, hielt seinen Po fest und erhob sich, um ihn wieder und wieder in perfekter
Synchronie zu treffen, als wenn sie Partner in einem langerprobten
Tanz wären. Als er sie ansah, bemerkte er, dass sie ihn, trotz ihrer
offensichtlichen Lust, aufmerksam aus gequälten blauen Augen beobachtete, als
wenn sie fürchtete, dass er plötzlich in einer Rauchwolke verschwinden würde.
Er
beschleunigte seine Stöße und begann, atemlos mit ihr zu reden, ohne Unterbrechung,
ihr versichernd, dass sie sich die Dinge nicht einbildete. „Ja, Scully, ich bin
hier. Ich bin dein, immer und immer und Gott, du fühlst dich so gut an, ich
habe solange davon geträumt, du glaubst gar nicht, was du mit mir machst,
Scully, Scully, Scully, Gott...„
„Mulder...„
Sie stöhnte und ihre Hände glitten seinen Rücken hinauf, ihre Nägel drückten
sich in sein Fleisch, sie hob ihren Kopf, um in seine Schulter zu beißen,
mischte Lust mit Schmerz und, oh Jesus, sie war dabei, ihn umzubringen...
Und
dann begann sie schließlich, wieder zu kommen, sich an ihn klammernd und seinen
Namen rufend, und beinahe sofort ließ er selbst los, sich in sie mit einem
gutturalen Stöhnen und glückseliger Erlösung ergießend.
Mulder
brach auf ihr zusammen, in ihr bleibend, bis sie beide aufhörten, zu zittern.
Dann zog er sich sanft aus ihr zurück, legte seine Arme um sie und drückte Kuss
auf Kuss auf ihre Schläfe. „Okay, ich glaube, ich bin nun überzeugt davon, dass
du immer noch meine Scully bist,„ sagte er leicht.
Scully
gab einen erstickten Laut, irgendwo zwischen einem Lachen und einem Schluchzen,
von sich. „Ich bin froh, dass es einer von uns ist.„
Sie barg ihr Gesicht an seiner Brust und drückte winzige Küsse in die Haare
dort.
„Halt
mich einfach, Mulder. Ich möchte in diesem Moment an nichts anderes
als
das denken.„
„Okay.„
Er ließ seine Finger leicht ihren Arm herauf und hinab gleiten und schlang
seine Beine um ihre. „Jetzt sind hier du und ich, Scully. Du und ich.„
„Du
und ich,„ flüsterte sie.
Scully
erwachte in der Dunkelheit, wenngleich das nichts bedeutete, wenn man in
Betracht zog, dass es keine Fenster in ihrem behelfsmäßigen Schlafzimmer gab.
Sie versuchte, Mulders Uhr zu erkennen, die am Handgelenk der Hand war, die im
Moment auf ihrem Bauch lag, aber ihre Augen konnten sie in der Dunkelheit nicht
entziffern.
Mulder
bewegte sich im Schlaf, sein Arm legte sich um ihre Taille, sein Kopf kuschelte
sich in ihre Halsbeuge. Wehmütig lächelte sie. In der letzten Nacht hatte er so
viele Mauern durchbrochen, war so nahe daran gekommen, sie mit seiner
Berührung, seiner Wärme zu heilen und ja, eben mit seiner Liebe –
unausgesprochen, aber nichtsdestotrotz offensichtlich.
Aber
sie wusste, dass die Dinge nicht einfach so leicht in Ordnung zu bringen waren.
Sie hatten beide noch einen langen Weg vor sich.
Dennoch
fühlte sie sich freier, als sie es seit langer Zeit getan hatte, trotz der
Ernsthaftigkeit ihrer Situation. Nach Greenland zu
gehen war nicht Teil ihres direkten Planes gewesen, aber es war eine machbare
Lösung eines Problems. Ihre Forschung, ihre Arbeit konnte in Greenland weitergehen. Und nun hatte sie Mulder an ihrer
Seite. Das würde nicht so schlecht sein. Oder?
Zärtlich
küßte sie sein weiches braunes Haar und zog federleichte
Kreise auf seiner Schulter, während er schlief. Es war mehr als seltsam, so
lange von ihm getrennt gewesen zu sein und dann so unmittelbar in eine Phase in
ihrer Beziehung vorzurücken, vor der sie sich zu sehr gefürchtet hatten, um sie
in ihrem früheren Leben in Betracht zu ziehen. Sie hatten keine Zeit gehabt, in
ihre alte Freundschaft zurückzugleiten. Nicht dass sie sich beschwerte, es war
nur... eigenartig. Auf eine angenehme Art. Eine sehr, sehr angenehme Art. Sie
schloss ihre Augen und schwelgte in der sinnlichen Erinnerung.
Er
erschreckte sie, als er neben ihr zusammenzuckte, dann abrupt erwachte und sich
im Bett in einem Abwehrreflex aufsetzte.
„Hey,
alles okay?„ fragte sie, ihm den Rücken reibend.
„Ja.
Ich glaube, ich hatte einen Traum. Trotzdem ich mich nicht daranerinnere.„ Er gähnte und legte sich wieder neben sie. „Wie spät ist
es?„
„Keine
Ahnung. Ich habe versucht, deine Uhr zu lesen, aber es ist zu dunkel.„
„Nun,
dann...„ Er begann, ihre Hüfte unter der Decke zu streicheln, und sie konnte
seine Erektion spüren, die sich gegen sie presste.
Sie
lachte leise auf. „Du bist unersättlich.„
„Wir
werden sehen.„ Er senkte seinen Mund auf ihren und küßte sie innig und sie erwiderte den Kuss, legte ihre Hand
in seinen Nacken und zog ihn noch enger an sich. Ihr Körper reagierte sofort,
bäumte sich ihm wie aus eigenem Willen entgegen. Seine Hände waren warm und rau
an ihrem Fleisch, seine Berührung geschickt und diesmal war es leiser und
sanfter, als sie sich liebten, von einer süßen Intensität, die sie beide
atemlos machte.
Sie
hatten kaum begonnen, wieder zusammenhängend zu denken, als es an der Tür
klopfte. „Aufstehen,„ kam Aris Stimme zaghaft durch
das dicke Metall.
Scully
räusperte sich. „Wir sind wach!„ rief sie.
Mulder
kicherte. „Sozusagen, irgendwie.„
Sie
stieß ihm als Verweis ihren Ellbogen in die Seite. „Wir haben wahrscheinlich
dem ganzen Camp letzte Nacht ein Riesenkonzert gegeben,„
erkannte sie mit einem Stöhnen.
„Mach
dir keine Sorgen, Scully, du warst nicht sooo laut,„ neckte Mulder sie.
Scully
zog eine Augenbraue hoch. „Sieh mal, wer da spricht. Das menschliche Nebelhorn.„
Sie fuhr sich mit der Hand durch ihr ungekämmtes Haar und grinste plötzlich. Es
tat so lächerlich gut, einfach mit ihm herumzualbern. Sie hatte vergessen, wie sehr sie es
vermisste.
„Glaubst
du, sie haben hier so etwas wie eine Dusche?„ fragte
er, sich seinen Bauch unbewusst kratzend.
„Gute
Frage. Ich wette, sie haben irgend etwas improvisiert.„
Scully schob sich aus dem Bett und begann, ihre Sachen von der Nacht zuvor
überzuziehen – also, diese Sachen von Keisha – sich
dessen bewusst, dass Mulder sie dabei beobachtete. Es war ihr nicht so
unangenehm wie letzte Nacht, in Wahrheit musste sie zugeben, dass es ihr
gefiel, nur ein bisschen.
„Ich
werde sehen, ob ich irgendwie helfen kann,„ sagte sie
zu ihm.
Er
nickte, sich die Augen reibend. „Ich komme bald nach.„
Scully
öffnete die Tür und ging hinaus in den Tunnel, der bereits vor Aktivitäten
summte. Der Duft von Schinken – Schinken! – griff ihre Nasenflügel an und
brachte ihren Magen zum Knurren. Sie legte einen kurzen Stop
an der transportablen Toilette ein, die sie Gott weiß wo gestohlen hatten, und
ging dorthin, wo Keisha einen tragbaren Grill
bediente, den sie an eine Batterie angeschlossen hatte. Neben dem
wohlriechenden Schinken brutzelten ein paar Pancakes
auf der heißen Oberfläche.
„Es
riecht wunderbar,„ sagte Scully als Gruß.
Keisha schenkte ihr
ein Lächeln. „Es ist nichts besonderes, aber es schmeckt ganz gut. Es sind die
einfachen Pancakes – einfach Wasser an die Mischung.
Perfekt, wenn man nicht so viele Zutaten zur Auswahl hat.„
Scully
zupfte an ihrem T-Shirt, plötzlich unbehaglich. In den letzten drei Jahren war
sie eine Meisterin der sinnlosen, leeren Unterhaltung geworden, aber sie wusste
nicht, wie man eine einfache menschliche Verbindung herstellte. „Ich wollte dir
für die Sachen danken, Keisha. Besonders, da ich
nicht glaube, dass wir uns schon mal gesehen haben.„
Keisha sah sie mit
einem Blick an, den Scully nicht ganz interpretieren konnte. „Natürlich weiß
ich, wer Sie sind, Dr. Scully.„
Scully
versteifte sich; erinnerte sich aber dann daran, dass das Mädchen wahrscheinlich
nichts damit sagen wollte. Nicht jeder ist darauf aus, dich zu kriegen, Dana.
„In dem Fall solltest du wissen, dass du mich Dana nennen sollst.„ Scully studierte die Frau sorgfältig; ihre kaffeebraune
Haut war glatt und ohne Falten und ihr Haar war superkurz geschnitten, ob aus praktischen
Erwägungen oder weil sie es so mochte, wusste sie nicht. Sie sah toll aus und
hätte früher Model sein können. Scully bemerkte, dass sie noch sehr jung war, höchstens
22, 23 Jahre alt. „Wie bist du hier unten gelandet, Keisha?„ fragte sie abrupt und bemühte sich dann, ihrer Annäherung
die Härte zu nehmen. „Wenn es dir nichts ausmacht, dass ich frage.„
Keisha zuckte mit
den Schultern. „Ich bin eine von den Glücklichen – von Natur aus immun gegen
das Virus. Als ich gestochen wurde – an dem Tag, als sie die Bienen freiließen
– habe ich mich in mein Apartment eingeschlossen, war ein paar Tage lang
wirklich krank und dann wurde es besser. Natürlich war unterdessen jeder weg,
den ich kannte, entweder tot oder... fortgebracht.„ Sie hielt inne und Scully konnte sehen, dass die junge
Frau Tränen der Erinnerung niederkämpfte. „Ich wusste nicht, was ich tun
sollte. Alles war durcheinander,
erinnern Sie sich? Jeder, der gestochen worden war, war von den Speichelleckern
zusammengetrieben worden, und die, die nicht gestochen worden waren, waren auf
der Straße niedergeschossen worden. Ich
wusste nicht, wo ich hin sollte... eine Weile lebte ich in den hinteren Gassen,
wurde ein wahres Talent darin, den Abfall zu durchwühlen. Das habe ich zwei
Jahre lang gemacht. Und dann, eines Tages, lief ich Rico in die Arme, der
unterwegs auf einer seiner berühmten ‚Erkundungstouren‘ war.„
Sie lächelte und Scully konnte nicht anders, sie lächelte zurück angesichts der
Zuneigung in der Stimme der anderen Frau. „Er brachte mich in ein Camp, genau
wie dieses hier, und ich... machte mich nützlich, glaube ich. Genau wie jeder
andere es tut. Ich bin jetzt seit zwei Monaten in dem Camp von Ari. Es ist mit
Sicherheit besser, als die Minen oder Farmen oder Gott weiß was, richtig?„ Sie sah Scully um Bestätigung an.
„Natürlich
ist es das,„ entgegnete Scully unbehaglich. Sie hielt
inne, überlegte sich ihre nächsten Worte sorgfältig. „Keisha?
Hättest du etwas dagegen, mir eine Blutprobe von dir zu geben? Wenn du von
Natur aus immun bist, kommt mir der Gedanke, dass da vielleicht etwas in deinem
Blut ist, das uns helfen könnte, eine Biowaffe zu entwickeln, die giftig für
die Aliens ist. Ich hatte bisher nie genug Glück,
jemanden zu treffen, der von Natur aus immun ist.„ Sie
erkannte, welche Anstrengung es sie kostete, höflich zu sein, es als Bitte zu
formulieren und nicht als Befehl.
„Wir
sind wirklich selten,„ gab Keisha
zu, sich Scullys inneren Konflikts nicht bewusst. Einen Moment dachte sie nach,
während sie der Schinken wendete, der auf dem Grill brutzelte. „Ja, okay. Ich
gebe einen halben Liter ab, wenn Sie glauben, dass es hilft.„
„Danke,„ sagte Scully. Und war dankbar dafür, herauszufinden, dass
sich die Formulierung nicht vollkommen fremd auf ihrer Zunge anfühlte.
Mulder
griff sich den ersten Typen, den er sah, als er in den Tunnel ging, und fragte
ihn nach einer Möglichkeit zum Waschen. Obwohl der befragte Mann sie selbst
nicht allzu oft zu benutzen schien, erklärte er, dass es am Eingang zum Tunnel
einen Umkleideraum mit Duschen gab, der augenscheinlich früher von
Transitpersonal benutzt worden war.
Nachdem
er sich eine Taschenlampe gegriffen und gewünscht hatte, dass er Sonnenblumenkerne
hätte anstelle von Brotkrumen, um eine Spur zu hinterlassen, sich aber dann
doch darauf verlegte, eine Zigarette zu rauchen, machte sich Mulder auf die
Suche nach der versprochenen Dusche. Die
rostigen, vergammelten Duschvorrichtungen waren nicht das Ritz, aber er hatte
schon schlimmeres erlebt. Feucht und irgendwie erfrischt ging er zurück ins
Camp.
Er
entdeckte Scully, die von den anderen entfernt dasaß, unsicher auf einem umgestürzten
Eimer hockend. Sie sah verlegen aus, als sie die Männer und Frauen um sich
herum betrachtete, zögerlich, sich auf eine Unterhaltung mit ihnen einzulassen.
Hast ein bisschen Schwierigkeiten damit, dich zu den kleinen Leuten zu
verhalten, hä, Scully?
Als
hätte sie seine Gedanken gehört, blickte Scully auf und sah ihn, und als sie
ihm ein breites Lächeln schenkte, schlug sein Herz schneller. Sie schien
beinahe glücklich zu sein. Erstaunlich, dass er irgend etwas
damit zu tun hatte.
Mulder
ging zu ihr hinüber und kämpfte gegen das plötzliche absurde Verlangen an, sie
in seine Arme zu reißen und mit ihr herumzuwirbeln. „Hey,„ sagte er
sanft und kniete sich neben ihr nieder.
„Hey.„
Ihre Braue kräuselte sich. „Du hast schon geduscht?„
„Warum
hast du noch nicht?„
„Ich
wurde durch den Duft von Schinken angelockt,„ sagte
sie grinsend. Sie streckte die Hand aus und fuhr durch sein feuchtes Haar.
„Wenn
Sie clever sind, Dana, essen Sie jetzt und springen dann unter die Dusche, während
die anderen essen,„ sagte die kleine schwarze Frau,
die am Grill stand und Schinken auf einen Teller stapelte. Keisha,
sagte Mulders Erinnerung ihm.
„Äh,
okay. Danke.„ Sie verputzte den Rest ihres Frühstücks,
während Mulder sich selbst einen Teller griff, als sein Magen ein Sinfonie knurrte. Er war skeptisch, ob das Essen gut
schmecken würde angesichts der stinkenden Luft im Tunnel, aber er war
erleichtert, als er herausfand, dass er sich irrte. Es schmeckte großartig – so großartig, wie Pancakes aus der Tüte eben schmecken konnten.
Als
andere Mitglieder der Gruppe begannen, vor Keisha
eine Reihe zu bilden und sich etwas zum Essen zu holen, stand Scully auf und
ergriff Mulders geborgte Taschenlampe. „Duschzeit für mich.„
Mulder
nickte, darüber nachdenkend, dass das nun eine gute Möglichkeit wäre, sich hier
umzusehen, ohne Scully, die genau erkennen würde, wie misstrauisch er wirklich
war. Mit dem Gedanken sah er sich nach Ari um, die auf einer Milchkiste saß und
liebevoll ihre Waffe im Licht einer Batterielampe putzte. „Morgen.„
Sie
blickte zu ihm auf. „Morgen. Gut geschlafen?„
Ihr
Blick war fest. Mulder konnte nicht sagen, ob sie tatsächlich in der Lage
gewesen war, sie beide letzte Nacht überhaupt zu
hören. „Ich habe großartig geschlafen. Nochmals danke dafür, dass Sie uns Ihren
Raum überlassen haben.„
Ari
zuckte mit den Schultern. „Danken Sie mir nicht. Dana ist unsere Führerin, ihr
steht der beste Platz zu. So einfach ist das.„
„Seit
wann kennen Sie Scully schon?„ fragte er. Er sah auf
den Boden, im Geiste in Betracht ziehend, sich in den Dreck zu setzen, dann
dachte er, was soll’s. Behutsam setzte er sich nieder, sorgfältig darauf
bedacht, nichts von dem zu verschütten, was er auf seinem Teller hatte, und war
dankbar dafür herauszufinden, dass sich der Boden nicht ganz so eklig an seinem
Hinterteil anfühlte, wie er befürchtet hatte.
Ari
warf ihm einen Blick zu. „Seit sie mich geheilt hat,„
erwiderte sie.
Also
hatte er recht gehabt mit der Verehrung, die er in Aris Augen sah, wenn sie
Scully anblickte. „Sie bedeutet Ihnen eine Menge, nicht wahr?„
„Sie
hat mein Leben gerettet,„ sagte sie kurz und bündig,
als ob das die Frage mehr als beantwortete, was es, wie Mulder annahm,
wahrscheinlich tat. Ari begann, den Lauf ihrer Waffe abzureiben. „Und was ist
mit Ihnen, Mulder? Wieviel bedeutet sie Ihnen?„
Oh
Mann. Mulder erkannte einen beschützenden Ton in einer Stimme, wenn er einen
hörte. Er erwog und verwarf ein halbes Dutzend Erwiderungen, dann erwischte er
sich dabei, wie er die Wahrheit herausposaunte. „Sie bedeutet mir mehr als
jeder andere auf der Welt. Mehr als mein Leben.„
„Gut.
Weil sie Sie einfach darum bitten könnte.„
Gott,
Scully, wer zur Hölle bist du jetzt? Mist. Er beschloss, Aris geheimnisvolle
Erwiderung zu ignorieren und zum Geschäft zu kommen. „Was macht Ihr alle hier
unten? Wie ist das für den Widerstand hilfreich?„
Sie
schnaufte. „Sie wissen nicht, wie wir arbeiten? Was haben Sie in den letzten
paar Jahren getan? Auf Ihrem Hintern gesessen?„
Mulder
wurde bleich. „Ich war in Denver,„ sagte er
vorsichtig. „Die Dinge dort sind anders.„
Dankbarer
Weise schien sie diese Erklärung zu akzeptieren. „Wir sind hier meistens
Mädchen für alles. Wir tun, was getan werden muss, worum immer uns Dana oder
Rico oder jemand anderes bittet. Nahrung beschaffen, Versorgungsgänge,
gelegentlich einen Hinterhalt legen oder einen Überfall auf eine
Kolonisteneinrichtung. Es mag nicht viel erscheinen, wenn man jeden Fall
einzeln betrachtet, aber wenn man alles zusammennimmt, macht es schon einen
Unterschied.„
„Also
haben wir Ihnen für den Schinken zu danken?„ fragte
er.
Sie
erlaubte sich ein kleines Grinsen. „Das war Franks Coup. Hier in der Gegend
gibt es eine Menge verlassener Lebensmittelgeschäfte, wenn man weiß, wo man
suchen muss. Er fand den Schinken tiefgefroren. An
diesem Tag machte er einen Riesengewinn – alles
Sachen, an die wir normalerweise nicht herankommen. Obwohl wir es schnell
aufessen müssen, damit es nicht verdirbt. Nicht dass das hier ein Problem zu
sein scheint. Besonders, da es sehr, sehr selten ist, dass wir so etwas Gutes
bekommen.„
„Darauf
wette ich. Also, wann ist der nächste Überfall?„
Ari
kniff die Augen zusammen. „Warum wollen Sie das wissen?„
Er
zuckte mit den Schultern, sein offensichtlicher Anfängerstatus war ihm unangenehm.
„Scully und ich werden womöglich ein paar Tage hier sein, also wenn Sie irgend
etwas geplant haben, würde ich gern helfen.„
Ari
betrachtete ihn, als wäre er ein seltenes und abstoßendes Insekt unter einem
Mikroskop. „Es ist nichts in Arbeit, aber wenn sich das ändert, werde ich es
Sie sicher wissen lassen,„ erwiderte sie vorsichtig.
Mulder
nickte und kam sich immer noch vor, wie ein Idiot. Sie arbeitete ein paar
Minuten schweigend, während er versuchte, darüber nachzudenken, was er sonst
sagen sollte.
„Sie
nennen sie Scully?„
Sein
Kopf flog bei der unerwarteten Frage hoch. „Oh, ja, habe ich immer getan, seit
wir das erste Mal Partner waren. Warum?„
„Ich
habe sie auch einmal so genannt. Meistens nenne ich die Leute bei ihrem
Nachnamen, es ist ein Überbleibsel aus der Militärzeit. Jedenfalls, als ich sie
Scully nannte, war sie verdammt nahe daran, mir den Kopf abzureißen. Sagte,
dass ich sie niemals so nennen sollte. Ich denke, ich weiß jetzt warum.„
„Oh.„
Mulder war sich nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte. Waren die
Erinnerungen an ihn wirklich so qualvoll gewesen, dass sie überhaupt nicht mehr
daran denken wollte? Er wand sich bei diesem Gedanken. „Es... es scheint ihr
jetzt nichts mehr auszumachen,„ sagte er schließlich.
„Jedenfalls
nicht bei Ihnen. Nun, ich habe immer geglaubt, dass Dana es einfach braucht,
flachgelegt zu werden, damit sie ein bisschen lockerer wird. Ich denke, Sie
haben bewiesen, dass ich recht hatte, hä?„ Ari kicherte
über Mulders äußerst peinlich berührten Gesichtsausdruck. „Hey, machen Sie sich
nichts daraus, wir sind schließlich alle erwachsen.„
„Hätte
mich zum Narren machen können,„ murmelte er.
„Das
ist nicht fair, sich ohne mich auf Mulders Kosten zu amüsieren,„ erklang eine raue Stimme hinter ihnen. Er sah auf und
erblickte Scully, die sich ihr feuchtes Haar rubbelte. Immer noch ein bisschen
mehr als feucht von der Dusche klebte ihr Shirt in einer Weise an ihr, von der
Mulder sicher war, dass sie damit jeden Wettbewerb für feuchte T-Shirts
gewinnen würde. Er tat sein bestes, sie nicht anzustarren.
„Es
ist nicht fair, Regeln wie diese aufzustellen, wenn es so einfach ist, es zu
tun,„ kam Aris Gegenschlag.
Scullys
Mundwinkel gingen ein wenig nach oben, dann wurde sie plötzlich ernst, als wenn
sie sich schuldig für den Leichtsinn fühlen würde. „Ich frage mich, ob wir
heute etwas von Rico hören werden.„
Ari
schüttelte den Kopf. „Ich würde nicht damit rechnen. Diese Dinge brauchen Zeit,
Dana. Du weißt das. Gefälschte Reisepapiere, eine sichere Passage, ein genaues
Zeitfenster – das braucht eine Weile, sogar mit Frohikes
Hilfe.„
Scully
seufzte und trat dichter an Mulder heran, ihre Hand auf seine Schulter legend.
„Du hast recht. Ich hasse nur den Gedanken, Zeit zu verschwenden. Besonders
jetzt. Ich glaube wirklich, dass wir nahe daran sind, eine effektive Biowaffe
zu entwickeln.„
„Gut,„ entgegnete Ari grimmig. „Je eher wir die Erde von diesen Speichelleckern
befreien, desto besser.„
„Außerdem
könnte ich einen Stift und ein Blatt Papier gebrauchen,„
sagte Scully gedankenvoll. „Mir ist ein neuer Gedanke für einen Labortest gekommen,
als ich unter der Dusche stand, basierend auf den Blutuntersuchungen, die wir
an Keishas Probe durchführen werden. Ich möchte diese
Informationen so schnell wie möglich Dr. Fields zukommen lassen. Das wichtigste
sind eine Spritze und ein Teströhrchen, so dass ich ihm Keishas
Blut zukommen lassen kann.„
„Du
willst es, du bekommst es,„ sagte Ari automatisch und
machte sich im Geiste eine Notiz.
„Was
ist so besonderes an Keishas Blut?„
fragte Mulder.
„Sie
ist von Natur aus immun gegen das Virus,„ erklärte
Scully. Ich hoffe –ich wette, in der Tat – dass etwas in ihrem Blut arbeitet,
das uns hilft zu verstehen, warum sie es ist. Und vielleicht kann diese
Information uns helfen, ein Virus, das gegen die Kolonisten funktioniert, zu
entwickeln.„
„Großartig.
Ich werde Frank auf eine medizinische Versorgungsmission schicken,„ meinte Ari, stand auf und legte ihre Waffe vorsichtig auf
der Milchkiste ab. Und dann war sie weg.
Diese
Frau schafft die schnellsten Abgänge und Auftritte, die ich je gesehen habe,
überlegte Mulder. Er sah zu Scully auf, deren Brauen sich in Sorge runzelten.
„Und was jetzt?„ fragte er.
„Jetzt
warten wir.„
Die
nächsten Tage vergingen für Scully und Mulder in qualvoller Langsamkeit,
während sie darauf warteten, dass eine Nachricht von Rico eintraf, dass das
Tunnelteam einen neuen Auftrag jenseits der Suche von Nahrungsmitteln für ihre
täglichen Mahlzeiten erhielt, dass etwas – irgend etwas
passierte. Der wunderbare, findige Frank hatte es geschafft, die medizinische
Ausrüstung, die Scully benötigte, heranzuholen, und sie verwahrte Keishas Blutprobe in dem Gefrierschrank in ihrem
Schlafraum, bis ein Kurier von Rico sie in das Labor zu Harrison schaffen
konnte. Sie fragte sich, ob der irgendwelche Fortschritte mit den neuen
Versuchen machte, die sie vorgeschlagen hatte, bevor sie verschwinden musste.
Dann musste sie aufhören, darüber nachzudenken, weil nachzudenken und es nicht zu
wissen sie langsam krank machte. Um allem die Krone aufzusetzen, schien es so,
wann immer Mulder versuchte, sie zu beruhigen, sie sich selbst dabei erwischte,
wie sie ihn zusammenstauchte und ihm vorwarf, dass er nicht in der Lage war,
das zu verstehen. Die neue Dana und die alte Scully führten Krieg
gegeneinander, und sie war sich nicht einmal sicher, welche von beiden sie
nicht mehr sein wollte.
An
einem langweiligen Abend kam Ari zu ihr und bat sie um Hilfe für einen aus
ihrem Team, einen Mann namens Bennett, der krank geworden war. Obwohl es
zweifelhaft war, dass sie viel ausrichten konnte ohne die richtige Ausrüstung,
stimmte Scully nichtsdestotrotz zu, ihn sich anzusehen, und sei es nur aus dem
Grunde, die Monotonie zu unterbrechen.
Der
Mann lag zusammengerollt auf einer Decke in einer Ecke in der Nähe eines
Lagerfeuers, das ihn trotz der sommerlichen Hitze wärmen sollte. Ari und Mulder
standen unbehaglich hinter ihr, während sie die Vitalfunktionen des Mannes
überprüfte. „Was scheint das Problem zu sein, Bennett?„
fragte sie beiläufig, als wenn er ein Patient in ihrer Praxis war.
Der
kleine, abgemagerte Mann, der aussah, als wäre er so um die Fünfzig, setzte
sich mit einiger Anstrengung auf, bevor er antwortete. „Da ist
ein Kribbeln und eine Taubheit in meinen Händen und Füßen, und ich habe Schwierigkeiten
beim Atmen. Und ich bin auch die ganze Zeit müde.„
„Wie
lange geht das schon so?„
„Ungefähr
eine Woche, denke ich. Aber ich bin schon seit langer Zeit müde. Mein Magen tut
auch sehr weh.„
Scully
nahm die Arme des Mannes und untersuchte sie genau. Die Haut hatte teilweise
einen eigenartigen bläulichen Farbton angenommen. „Haben Sie diese blaue
Pigmentierung auf Ihrer Haut schon vorher bemerkt?„
Der
Mann sah überrascht auf seine Arme. „Nein, ich habe es bis jetzt nicht bemerkt.„
Die
Symptome formten sich in Scullys Kopf zu einem Bild, aber sie verstand nicht,
wie das sein konnte... „Das ist sehr seltsam.„
„Was
ist los?„ fragte Mulder.
Sie
richtete ihre Antwort an ihren Patienten. „Nun, ausgehend von den Symptomen,
Bennett, würde ich sagen, Sie leiden an der Reisesserkrankheit. Ich hätte nicht
gedacht, dass daran heute noch jemand erkrankt.„
„Bennett
lebt seit Monaten hier unten,„ bemerkte Ari in
scharfem Tonfall.
„Ja,
aber...„
„Scully,
hier gibt es nicht unbedingt ein Staatsdiner zu futtern,„
meinte Mulder.
Richtig.
Scullys Blick verschwamm und ihr Atem stockte in ihrer Brust. Oh Gott, nicht
wieder... „Entschuldigt mich,„ murmelte sie und rannte
in den Versorgungsraum, in dem Mulder und sie sich aufgehalten hatten, die schockierten
Proteste ihrer Freunde hinter ihr ignorierend.
Scully
setzte sich auf das Bettgestell, senkte den Kopf zwischen ihre Beine und
spürte, wie das Blut in ihr Gehirn schoss. Atme, atme einfach. Tiefe, gleichmäßige
Atemzüge. Du hast keinen Anfall von Panik, du hast keinen Anfall von Panik...
Gott.
Was passierte mit ihnen allen?
Sie
sah nicht auf, als die Tür aufging. „Scully?„
„Mulder...
dieser Mann...„
Er
setzte sich neben sie und begann, sanft ihren Rücken zu reiben. „Was ist los?„
„Ich
habe nur... manchmal erwischt es mich, weißt du? Dieser Mann, dieser Mann, den
ich nicht einmal kenne, der sein Leben riskiert, genau wie der Rest von uns,
stirbt an Unterernährung, während ich seit Jahren eifrig bedient worden bin.„
„Stirbt
er wirklich?„
Sie
entspannte sich, machte noch ein paar tiefe Atemzüge, um sicherzustellen, dass
sie nicht anfing, zu hyperventilieren. So weit, so gut.
„Es könnte sein, wenn wir ihm nicht ein bisschen Thiamin
geben.„
„Mist.„
„Ich
bin mir sicher, dass er in Ordnung kommt. Ari ist wahrscheinlich bereits dabei.„
„Wahrscheinlich.„
Er legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie an sich. „Du solltest dich
nicht dafür verantwortlich machen, Scully. Es ist nicht deine Schuld, dass du
in dieses Leben gepresst worden bist, das du geführt hast. Und du hast es zu
eurem Vorteil genutzt. Du hast es genutzt, um Menschen zu helfen.„
Sie
gestattete sich ein kleines Lächeln. „Weißt du, ich erinnere mich nicht, dass
du emotional so einfühlsam gewesen bist, als wir Partner waren.„ Mulder stieß ein bitteres, selbstverachtendes Lachen aus.
„Ich glaube, das ist deswegen, weil ich in den letzten drei Jahren niemanden
hatte, der es wert war, mit ihm zu reden. Das hat mich empfänglicher für das
gemacht, was die Menschen, um die ich mich sorge, zu sagen haben.„
Also
war bei alledem doch etwas Gutes herausgekommen: er hörte ihr jetzt tatsächlich
zu. Diesem Zynismus folgte eine unerwartete, kraftvolle Woge von Gefühlen, und
das nächste, was sie wusste war, dass sie ihn wild küßte. Sie wollte ihn heftig, brauchte ihn, sie
brauchte ihn, um die bläulichen Zeichen auf den Armen dieses Mannes aus ihrem
Kopf zu verbannen. Sie zupfte am Hosenschlitz seiner Jeans.
„Scully,„ flüsterte er überrascht.
„Shh. Sag nichts. Ich will jetzt nicht reden,„ entgegnete sie und zog sich ihr Shirt über den Kopf.
Er
redete nicht.
Kurze
Zeit später kuschelten sie sich im Bett aneinander, die Gliedmaßen miteinander
verschlungen, Scullys Kopf auf Mulders Brust. „Scully?„
fragte Mulder mit einem Hauch von Nervosität.
„Mmm.„ Sie spreizte ihre Finger auf seinem Bauch und
beobachtete, wie sich seine Rippen hoben und senkten, für den Augenblick
zufrieden.
„Ich
möchte wissen, was du gemacht hast. Nachdem ich weg war. Was ist mit dir
passiert?„
Sie
schloss die Augen. Gott verdammt. Konnte er es nicht einfach sein lassen? „Ich
glaube nicht, dass du irgend etwas davon hören willst.„
„Warum
lässt mich das nicht beurteilen?„
Gut.
Sei vorsichtig bei dem, was du dir wünschst, Mulder. Sie räusperte sich und
versuchte, all das in Worte zu fassen; eine schwierige Aufgabe, weil sie nie zu
jemandem darüber gesprochen hatte.
„Als
du fortgingst, wusste ich, dass es gegen deinen
Willen gewesen sein musste. Ich wusste, sie mussten dich geholt haben, weil du
mich niemals freiwillig aufgegeben hättest. Ich wusste das, oder wenigstens
glaubte ich, dass ich es wusste.„
Seine
Lippen strichen über ihr Haar. „Ich höre irgendwie ein ‚Aber‘ darin.„
„Aber
gleichzeitig konnte ich nichts gegen das Gefühl tun, dass du mich im Stich
gelassen hast. Auch wenn du es nicht absichtlich getan hattest.
Ergibt
das irgendeinen Sinn?„
„Ergibt
irgend etwas in der Welt, in der wir jetzt leben, einen Sinn?„
entgegnete er.
Sie
zog eine Grimasse. „Richtig. Mulder, ich habe nach dem Sinn gesucht, unmittelbar
nachdem du fort warst, und fand keinen. Ich suchte nach einem Grund,
weiterzumachen und entdeckte nichts. Ich... ich ließ die Mutterschaft
mechanisch über mich ergehen, nachdem sie mich einmal eingesammelt hatten. Sie
waren höflich, auf eine Art sogar unterwürfig, aber sie hielten immer noch ihre
Laserpistolen auf mich gerichtet. Zuckerbrot und Peitsche und all das. Also
wurde ich still, ließ mich inmein neues ‚Heim‘
bringen, hörte zu, als sie mir erzählten, dass ich inihrer
neuen Gesellschaft verehrt werden würde, und dass ich nie mehr arbeiten müsste,
es sei denn, ich wollte es. Zu der Zeit verstand ich meine Mittäterschaft in
ihrer neuen Welt nur als eine feige Art, dem Unausweichlichen zuvorzukommen.
Aber dann, eines Nachts, ein paar Monate, nachdem du verschwunden warst,
erwischte ich mich selbst, wie ich im Badezimmer mit einem Rasiermesser an
meinem Handgelenk dastand.„
Mulders
Arme legten sich fester um sie, aber er unterbrach sie nicht. Auf eine Art
hasste sie es, ihm das anzutun, zu wissen, dass er darunter leiden musste, das
zu hören, aber gleichzeitig musste sie ihm die ganze Geschichte erzählen, wenn
er verstehen sollte, was in ihrem Kopf und in ihrem Herzen vorgegangen war.
Und
sie erkannte zu ihrer Überraschung, dass ihr sehr viel daran lag, dass er sie
verstand. Sie wollte, dass es jemand wusste, es irgendwie bestätigte.
Rasselnd
atmete sie ein und fuhr fort. „Ich war so nahe daran, Mulder. Ich begann
tatsächlich, diese dünne rote Linie über meine Venen zu ziehen. Aber dann
erinnerte ich mich an etwas. Etwas, das mich dazu brachte, aufzuhören. Etwas,
das du einmal zu mir gesagt hast, und dass ich dann zu dir sagte, nachdem du
mein Leben zum zigsten Mal gerettet hattest.„
„Wenn
ich jetzt aufgebe, gewinnen die.„
Ein
erstickter Laut kam aus Mulders Kehle. „Gott, Scully...„
Sie
streckte ihre Hand aus, ohne hinzusehen, und legte einen Finger auf seine
Lippen. Er nahm ihre Hand und küßte sie, dann hielt
er sie weiter an seiner Wange. Seine Bartstoppeln waren rau und seltsam
erregend unter ihrer Handfläche.
„Wie
es in der Vergangenheit so oft der Fall gewesen war, waren es deine Worte,
deine Suche, die mir die Energie zurückgaben, meine Entschlossenheit,
weiterzumachen. Ich wusste, wenn ich aufgeben würde - weil ich an diesem Punkt
davon überzeugt war, dass du tot warst – hätten sie uns geschlagen, ein für
allemal. Und ich konnte das nicht zulassen.
Nicht, nach dem, was sie dir angetan hatten. Was sie *uns* angetan
hatten. Ich wollte für dich
weitermachen, Mulder. Aber auf diesem Weg musste ich dich loslassen. Es war
einfach zu qualvoll. Ich musste dich zurücklassen. Da war kein Platz in meinem
Leben, um mich an die Erinnerungen an dich zu klammern, obwohl ich niemals in
der Lage war, mich vollkommen von ihnen zu lösen. Es gab viele Nächte mit den
Gedanken an diese letzte Nacht... diesen ersten Kuss..., in denen mich all das
vor dem Horror beschützte, der mich erwartete, wenn ich einschlief.„
„Ich
habe auch viel an diese Nacht gedacht,„ flüsterte
Mulder. „Wie weich deine Lippen waren...„
„Du
musst wissen, dass ich dich da schon geliebt habe,„
sagte sie, die Worte praktisch herauspressend. Die Sentimentalität fühlte sich
platt auf ihrer Zunge an.
„Ich
habe dich vom ersten Moment an, in dem wir uns getroffen haben, geliebt,„ erwiderte er. „Ich habe mich umgedreht und dich gesehen
und es war, als hätte ich zum ersten Mal begonnen, zu atmen. Obwohl du und das,
was du repräsentiert hast, mir große Angst gemacht haben.„
Scully
musste darüber kichern. „Ich war so jung und so naiv. Mächtig furchteinflößend.„
„Das
denkst du. Du warst ein Schrecken in vernünftigen Schuhen, Scully.„
„Oh,
sicher. Du warst der Einschüchternde, der über mir aufragte und seine Theorien
über das da draußen vor sich hin brummte.„
„Glaubst
du an die Existenz Außerirdischer?„ zitierte er sie.
Sie
schnaufte an seiner Brust. „Ich vermute, diese Auseinandersetzung hast du
gewonnen, hä?„
„Ich
wünschte, ich hätte es nicht.„
Sie
wurden beide ernst bei seinen Worten. „Ja, ich auch,„
flüsterte sie.
Es
folgte ein langer Augenblick des Schweigens. „Wie bist du in die Widerstandsbewegung
gekommen?„ hakte er schließlich nach.
Sie
seufzte und kehrte zu ihrer Erzählung zurück. „Ich begann, diskrete Fragen zu
stellen, anderen Müttern, meinen Patienten. Ich war sehr vorsichtig, um nicht
etwas Belastendes zu sagen, aber ich formulierte meine Fragen so, dass ich
wusste, die Menschen, die ich erreichen wollte, würden meine Absichten
verstehen. Aber es kam nicht wirklich etwas dabei heraus. Jeder schien zu ängstlich oder zu
selbstzufrieden zu sein. Es war sehr frustrierend.
Und
dann, eines Tages, tauchte Frohike aus dem Nichts auf. Ich hatte nicht einmal
gewusst, dass er noch da war. Er erzählte mir, dass er Teil einer informellen
Gruppe war, die sich zusammengeschlossen hatte, um zu versuchen, die Kolonisten
zu unterminieren, auf welch geringe Weise auch immer sie es tun konnten. Und
sie brauchten jemanden innerhalb der Kolonisten, sozusagen. Und jemanden, der
sie anführte. Aus irgendeinem Grunde hatte Frohike entschieden, dass ich für
diesen Job die passende Besetzung wäre,„ sagte sie
trocken.
„Er
kann ziemlich charmant sein, wenn es sein muss.„
„Wem
sagst du das,„ meinte Scully, in der Erinnerung daran
lächelnd. „Jedenfalls, so fing alles an. Ich begann, alle Informationen, zu
denen ich Zugang hatte, zu sammeln und sie ihnen zukommen zu lassen, und als
die Gruppe größer wurde, wurde ich immer mehr in Sachen wie die Planung von Überfällen,
das Einschleusen von Spionen in die Lager und so etwas einbezogen. Sie wollten
jemanden, zu dem sie aufschauen konnten, der ihnen den Weg wies... und sie
wollten, dass ich diese Person war. Also übernahm ich den Part.„
„Und
wann hast du herausgefunden, dass ich am Leben war?„
fragte er zögernd.
Oh,
sie wollte nicht darauf eingehen. Es war sehr eigenartig, reflektierte sie, dass
sie es, als sie Partner waren, sehr sorgfältig vermieden hatten, ihre Gefühle
oder Erlebnisse zu intensiv zu diskutieren. Und nun schien es alles zu sein,
was er tun wollte. „Ungefähr ein Jahr, nachdem... nachdem du gegangen warst.
Ich hörte zufällig, wie dieser rauchende Bastard über dich sprach. In diesen
Tagen war er oft in der Nähe, lag auf der Lauer, um sicherzustellen, dass ich
‚nichts Unbedachtes‘ tat, wie er es ausdrückte.
Also wartete ich, bis wir das nächste Mal allein waren, warf ihn zu Boden
und nahm seine Waffe an mich. Ich hätte ihn beinahe umgebracht, Mulder. Ich hielt
diese Waffe auf ihn gerichtet und forderte, dass er mir die Wahrheit über dich
erzählen sollte oder ich würde ihm das Gehirn auspusten.„
Sein rasches Einatmen zeigte ihr, dass er über die Vorstellung schockiert war.
„Es
war ganz offensichtlich für uns beide, dass ich keinen Spaß machte, also begann
er ziemlich schnell zu reden. Er erzählte mir, dass du in Denver warst, dass
sie dir einen Schreibtisch-Job verpasst hatten. Dass du ein so normales Leben
führen würdest, wie es unter diesen Umständen zu erwarten war. Dass... dass du
mich nicht sonderlich zu vermissen schienst.„
„Scully,
du musst wissen, dass ich...„
Sie
unterbrach ihn. „Ich wusste es bis zu einem gewissen Grad, Mulder, aber wie
konnte ich sicher sein? Du warst nicht da. Er gab mir den Beweis für alles, was
er mir erzählt hatte – einen Dienstausweis, deine Reisepapiere, die deinen
ständigen Wohnsitz auswiesen – die ganze Chose. Ich hatte keine andere Wahl,
als ihm zu glauben. *Du warst nicht da.* Und so, nach einem Jahr Trauer um
dich, musste ich wieder um dich trauern, musste ich den Verlust des Mannes, der
du einmal warst, betrauern, den Verlust von dir in meinem Leben. Den Verlust
von uns und unserer Freundschaft. Das war wirklich eine dunkle Zeit für mich.
Wenn Rico nicht gewesen wäre...„
„Erzähl
mir von ihm,„ sagte Mulder. Sie glaubte, einen Hauch
von Eifersucht in seiner Stimme zu erkennen, aber sie war sich nicht sicher.
„Rico
ist mein Fels in der Brandung,„ sagte sie mit einem
Lächeln. „Er war der erste, den ich mit dem Serum heilte, das ich entwickelt
habe. Es war nicht unbedingt ein sorgfältiger Auswahlprozess; er war eine
Drohne im Labor, der spät in dieser Nacht da war, als ich eine Versuchsperson brauchte.
Aber Gott war mit mir an diesem Tag, glaube ich. Rico war augenblicklich treu,
ehrgeizig und einfallsreich und ich sollte ihm jeden Tag meines Lebens dankbar
sein für alles, was er für mich getan hat.„
„Das
muss ja ein Typ sein.„ Oh, das war Eifersucht, dessen
war sie sich sicher.
„Das
ist er.„ Sie hob den Kopf, um ihn anzusehen. „Ja, er
hat dich ersetzt, Mulder, als mein bester Freund, mein Partner, mein
Vertrauter. Und ich möchte nicht, dass du es ihm verübelst.„
Mulder
konnte ihr nicht antworten, nur nicken statt dessen.
Scully vermutete, dass es funktionieren würde. Sie legte ihren Kopf wieder auf seine
Brust und lauschte seinem Herzschlag unter ihrem Ohr, als sie fortfuhr.
„Jedenfalls
half mir Rico durch eine schwere Zeit und Frohike...„ Sie hielt inne und dachte
über ihn nach. „ Es ist seltsam, wie sehr ich diesen Mann jetzt verehre. Er ist
nur noch ein Drittel von dem, der er einmal war, seit Byers und Langly fort sind, aber irgendwie war er immer da, wenn ich
ihn brauchte. Ich glaube, es war die Tatsache, dass wir beide ohne unsere Seelenverwandten
waren, die uns wirklich verband. Wir waren wandelnde Schatten. Aber wir haben
es durchgestanden.„
„Es
tut mir leid, dass ich nicht für dich da war, Scully,„
sagte Mulder und ergriff sie fest wie ein Schraubstock. „Ich hätte es sein
sollen. Ich wünschte, ich wäre es gewesen.„
„Ich
weiß das jetzt,„ sagte sie. „Wahrscheinlich wusste ich
es damals schon, obwohl ich mich so sehr bemühte, nicht einmal an dich zu
denken. Du bist nicht leicht zu vergessen, Fox Mulder.„
Sie machte eine Pause, wohl wissend, dass sie ihre nächsten Worte sorgfältig
wählen musste.
„Aber
worauf ich hinaus will... um was ich herumrede, was mich davon abgehalten hat,
mich dir jetzt vollkommen hinzugeben, ist die Tatsache, dass ich versucht habe,
dich zu hassen. Dafür, dass du mich verlassen hast, dafür, dass du dieses neue
Leben, das der rauchende Bastard und seine Spießgesellen für dich geschaffen
hatten, gelebt hast, dafür, dass du nicht versucht hast, mich zu finden. Ich
konnte nicht glauben, dass du nie versucht hast, mich zu finden, Mulder.„ Sie spürte, dass ihr die Tränen kamen und sie blinzelte
schnell, um sie zurückzudrängen. Sie wollte nicht weinen, nicht schon wieder.
„Und ich war beinahe verdammt erfolgreich mit dem Versuch, dich zu hassen. Und
es ist nicht leicht, loszulassen, ein für allemal. Nicht einmal, wenn du hier
bist und mich liebst und uns hilfst.
Und
ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich weiß nicht, was ich vielleicht tun
oder sagen könnte, um das zu ändern oder es besser zu machen. Es ist einfach so.„
Ein
langes Schweigen folgte ihrer Rede und sie fürchtete, dass sie das Falsche getan
hatte, dass sie seine Fähigkeit falsch eingeschätzt hatte, die Ereignisse der
letzten drei Jahre in Betracht zu ziehen und sie nicht für ihren
Selbsterhaltungstrieb zu verachten.
Als
er schließlich sprach, waren die Worte wie Dolche in ihrem Herz. „Wie kann ich
dir vorwerfen, mich zu hassen, wenn ich nichts anderes getan habe, als mich
selbst zu hassen?„
Scully
schloss ihre Augen und dachte darüber nach, dass sie nichts lieber täte, als in
den Schlaf abzudriften und zu vergessen, dass diese Unterhaltung je
stattgefunden hatte. „Wir haben beide getan, was wir tun mussten, Mulder. Dich
selbst zu hassen ist verschwendete Energie. Das hast du mir selbst gesagt. Du
willst hassen? Dann hasse ‚Sie‘. Sie sind die einzigen, die ich statt deiner in
all den Monaten hätte hassen sollen. Ich denke, ich weiß das jetzt.„
„Aber
ich...„
Er
beendete seinen Satz nicht, ein vorsichtiges Klopfen an der Tür erschreckte sie
beide. Sie zogen die raue Decke über ihre nackten Körper, bevor Scully rief,
„Alles in Ordnung, Ari.„
Die
Tür wurde einen Spalt geöffnet und Ari steckte ihren Kopf herein. „Entschuldigt
die Unterbrechung,„ sagte sie trocken mit Blick
darauf, dass sie unbekleidet waren, „aber es ist Zeit für euch, umzuziehen.„
„Jetzt?„ fragte Mulder überrascht.
„Das
Schiff nach Greenland legt morgen früh ab, also
müssen wir euch heute Nacht an Bord schmuggeln. Gerade kam die Nachricht von
Rico. Er hat euch auch ein paar Klamotten geschickt. Hier.„ Sie öffnete die Tür
ganz und warf zwei unglaublich große Seesäcke auf den Zementboden. „Außerdem
die zweifellos gefälschten Ausweise, Reisedokumente, Bargeld – wir haben Sachen,
Erste-Hilfe-Päckchen, unverderbliche Lebensmittel, sogar ein paar Laserpistolen
zusammengepackt. Ihr wisst, wie knapp diese Dinger sind, also nutzt sie mit
Bedacht. Ihr habt zehn Minuten, bevor wir zu unserem Rendezvous aufbrechen.„
Nachdem
sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, sahen sich die beiden ehemaligen
Partner schockiert an, versuchten die Tatsache aufzunehmen, dass sie ohne
Vorwarnung so schnell umziehen mussten und mit soviel immer noch Unausgesprochenem
zwischen ihnen. „Wir ziehen uns besser an,„ meinte
Scully leise, ohne ihm in die Augen zu sehen.
Aus
den Augenwinkeln heraus sah sie, dass er ihr einen seiner patentierten Mulderblicke
zuwarf: es begann mit seinem in Protest leicht geöffneten Mund und endete mit
widerwilliger Akzeptanz. „Denke ich auch.„
Scully
wühlte sich durch die Seesäcke und war überglücklich zu sehen, dass Rico daran
gedacht hatte, ihre Sachen von Zuhause einzupacken, passend für das Wetter in Greenland: bequeme Strickjacke und Kordsamthosen, Pullover und
langärmelige Shirts, dicke, warme Socken. In allen
Farben des Regenbogens. Sie schlüpfte dankbar in einen burgundfarbenen
Baumwollpullover und schwarze Leggings. Die Sachen rochen sauber, frisch gewaschen.
Himmel.
Rico
hatte auch für Mulder etwas zusammengestellt und sie konnte nicht anders als
sich zu fragen, ob er seine eigene Garderobe dafür geplündert hatte. Ihr
Liebhaber trug nun ein graues T-Shirt und Blue Jeans, die wie angegossen
passten... okay, Dana, lass die anzüglichen Gedanken und wende dich wieder den
wesentlichen Dingen zu.
Er
bemerkte, dass sie ihn ansah. „Habe ich die Inspektion bestanden?„
„Hast
du,„ erwiderte sie, verlegen darüber, beim Anstarren
erwischt worden zu sein, besonders, da er die Aufmerksamkeit sichtlich genoss.
Sie
wollte gerade hinausgehen, als ihr ein Gedanke kam, und sie schaute noch einmal
in die Seesäcke. Ja. Rico hatte ihre Erwartungen erfüllt. Sie zog eine kleine,
handgearbeitete Holzschachtel hervor und öffnete sie. Darin lagen ein paar persönliche
Dinge, ohne die sie nicht leben konnte: der Ehering ihrer Großmutter, die
Kameebrosche ihrer Mutter, eine Halskette von Melissa und ein kleines Foto von
Mulder und ihr, vor Jahren bei einem Fall aufgenommen. Und ihr Kreuz. Sie nahm
es heraus und hielt es in ihrer Handfläche, als ob sie es abschätzen würde.
„Ich
habe bemerkt, dass du es nicht trägst,„ sagte Mulder
zögernd. „Darf ich fragen, warum?„
Scully
zuckte mit den Schultern. „Es scheint nicht unbedingt einen Grund dafür zu
geben. Gott hat mich verlassen. Und die Tatsache, dass die Kolonisten
öffentlichen Gebeten nicht zu freundlich gegenüberstehen, war auch nicht gerade
hilfreich.„ Sie zeichnete die äußere Linie des
Anhängers mit dem Finger nach. „Ich weiß, dass ich nicht bereit bin, es wieder anzulegen.
Noch nicht.„
Mulder
streckte seine Hand aus und liebkoste ihre Wange in einer unendlich zärtlichen
Berührung. „Eins nach dem anderen, Scully.„
Scully
atmete tief ein. „Richtig.„ Sie legte die Kette zurück in die Schachtel und
diese zurück in den Seesack, dann zog sie den Sack zu.
„Fertig?„
„Lass
uns gehen, G-woman,„ sagte
er und sie konnte nicht anders als sein Grinsen zu erwidern.
Ari
wartete auf sie, als sie hinaus in den Tunnel traten, ihre Taschenlampe in der
Hand und ein Gewehr über ihre Schulter geworfen, zweifelsohne mit einer
frischen Ladung Kivotakugeln geladen. „Habt ihr eure
Waffen bereit? Gut. Wir wollen nichts riskieren,„
meinte sie lebhaft. „Frank und Jim werden mit uns kommen, als Rückendeckung.„ Mulder und Scully nickten den beiden stämmigen Männern
dankbar zu. „Lasst uns hinausgehen. Dana, ist es in Ordnung, wenn ich die
Führung übernehme?„
Scully
zog überrascht über die Zurückstellung die Augenbrauen hoch. Ihre Spezialität
war das Leben in einem prächtigen Haus, nicht die Navigation der
Schützengräben. Aber für Ari war das Protokoll alles. „Natürlich, Ari. Es gibt
niemanden, dem ich mehr vertrauen würde und du kennst dich hier viel besser aus
als ich.„
Aris
Finger zuckten, als würde sie einen Salut
unterdrücken. „Na, dann los. Bleibt
zusammen und seid leise.„ Frank und Jim gingen am
Ende, als sie sich auf den Weg aus dem Tunnel machten. Niemand im Lager war
wach, außer dem Wachposten, und die Stille war unheimlich, als sie in der
Dunkelheit dahinschlichen.
Die
Nachtluft war erstaunlich kühl nach den geschlossenen Quartieren im Untergrund
und Scully sog sie gierig auf, während ihre Augen sich an das Mondlicht
anpassten. Es war offensichtlich, dass Mulder über die frische Luft genauso
begeistert war, wie ein Junky, der eine neue Droge
entdeckte. Gleichmütig gegenüber ihrer
Reaktion führte Ari sie zu einem ungekennzeichneten schwarzen Van, der am Bordstein
wartete.
Rico
saß hinter dem Lenkrad.
Scully
wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, ihn umarmen oder ihm eins auf
die Nase geben. Vielleicht alle vier Dinge auf einmal? „Was zur Hölle tust du
hier?„ forderte sie in einem scharfen Flüsterton,
nachdem sie zum Fenster auf der Fahrerseite gelaufen war. „Du weißt, wie
gefährlich es für dich ist, hier zu sein.„
Er
schüttelte den Kopf und seine dunklen Augen bohrten sich in ihre. „Ich musste
sicherstellen, dass du sicher hier herauskommst, Dana. Das schulde ich dir.
Bitte schick mich nicht weg. Ich denke sowieso nicht, dass du es könntest.„ Sein Blick wanderte zu Mulder, den sie hinter sich spüren
konnte. „Ich habe bis jetzt auf dich aufgepasst, oder nicht?„
Die Herausforderung in seinen Worten war allzu offensichtlich. Sie hörte Mulder
leise einen Fluch ausstoßen.
Guter
Gott, sie war wieder in der Grundschule. „Ja, Rico, das hast du,„ sagte sie fest. „Und du weißt, wie sehr ich es begrüße.
Aber du schuldest mir gar nichts. Nicht mehr.„
„Ich
werde nicht gehen,„ blieb er hartnäckig.
„Ich
hasse es, das Wiedersehen zu unterbrechen, aber wir haben wirklich keine Zeit
zum Streiten,„ warf Ari ein. „Wir müssen los,
*jetzt*.„
„Sie
hat recht,„ sagte Rico.
Sie
sahen sich einen Moment länger in die Augen. „Fein,„
sagte Scully schließlich. „Lasst uns hier verschwinden.„
Und trotz ihres Ärgers konnte sie nicht anders als dankbar für zu sein, dass
sie ihn noch einmal sehen konnte.
Mulder
durchwühlte die Tasche, die Rico ihm gebracht hatte, während der Van in
Richtung Annapolis und des Schiffes, das sie nach Greenland bringen würde, rumpelte. „Wonach suchst du?„ fragte Scully leise von ihrem Platz auf der mittleren
Sitzbank aus.
„Ich
hoffe, hoffe, hoffe, ja! Gott sei dank.„ Erleichtert lächelnd hielt er eine
Packung Dramamine hoch.
Scully
grinste ihn an, aber ihre nächsten Worte galten ihrem Freund, nicht ihm. „Rico,
woher wusstest du, dass Mulder unter Seekrankheit leidet?„
„Frohike,„ erwiderte er vom Fahrersitz aus.
Frohike.
Gesegnet sei sein kleines Koboldherz. Nun, die Tabletten werden von gutem
Nutzen sein, dessen war er sich sicher. Verdammter schwacher Magen...
Mist.
Sein schwacher Magen war das geringste seiner
Probleme. Er hatte wichtigere Dinge im Kopf. Solche wie Dana Scully.
Und
die Tatsache, dass sie ihn hasste. Sie hatte es ihm einfach gesagt, direkt ins
Gesicht.
Sie
hasste ihn und dennoch schlief sie mit ihm, hielt ihn fest, flüsterte ihm die
verrücktesten Zärtlichkeiten ins Ohr, während er in der Dunkelheit zwischen ihren Beine schwelgte.
Was
für eine neue Hölle war das?
Mulder
konnte es ihr nicht übel nehmen, er hatte sie schließlich im Stich gelassen,
egal ob es gegen seinen Willen geschehen war oder nicht. Und er hasste sich
selbst dafür, jeden Tag, jedes Mal wenn er an sie dachte oder mit Strughold redete oder sich von Marita bumsen ließ. Er war
ein Experte in Selbstverachtung und Selbstbeschuldigung geworden.
Also
warum war er so verärgert darüber, dass sie denselben logischen Weg gegangen
war? Hatte er wirklich von ihr erwartet, dass sie an irgendeiner Art
romantischer Hingabe an ihn festhalten würde? Es ihm nicht übel nehmen würde,
dass er sie allein gelassen hatte in einem lebenden Alptraum?
Die
Vorstellung von ihr in einem feuchten Badezimmer, ein Rasiermesser an ihren
Handgelenken würde ihn für den Rest seiner Tage heimsuchen. Wenn er irgendwie
dafür verantwortlich war, dann ging er davon aus, dass er ein bestimmtes Maß an
Hass verdiente. Und er würde ihr das nicht missgönnen. Auch wenn es ihn umbrachte, Stück für Stück.
„Wir
sind da.„ Ricos Stimme unterbrach ihn in seiner
Träumerei. Scully und er packten ihre Sachen zusammen und warteten darauf, dass
Frank die hintere Tür öffnete, bevor sie ausstiegen.
Die
Docks lagen im Dunkeln, nur beleuchtet von verstreuten Straßenlampen, die wenig
Licht gaben. Ihr trüber Schein verursachte aufsteigende Schatten und eine
geisterhafte Lumineszenz, die das Drama ihrer Situation noch unterstrichen. In
der Entfernung zeichnete sich das Frachtschiff ab, ein wuchtiger Riese gegen
den Hintergrund die schimmernde Nacht. Mulder fühlte sich kurz wie ein
Darsteller aus einem Schwarz-Weiß-Film aus den vierziger Jahren und wünschte
sich, er hätte einen Trenchcoat, um ihn enger um sich zu ziehen, während er
gierig an einer Zigarette zog. Da gerade davon die Rede war...
Auf
der Suche nach seinen Zigaretten ab klopfte er seine Taschen ab, als sich eine
einsame Gestalt in der Dunkelheit abzeichnete, die wie ein Geist aufgetaucht
war. „Sind sie das?„ grollte eine leise Stimme.
Die
Gestalt trat näher ins Licht und Mulder
schätzte den Neuankömmling vorsichtig ab. Er war äußerst dünn, sein knochiges
Gesicht rau von seinem Fünf-Uhr-Bart, feines dünnes braunes Haar, das ihm in
die Stirn fiel. Seine dunklen Augen waren hart und unerbittlich. Mulder mochte
den Mann auf den ersten Blick nicht.
„Bishop.„ Rico trat nach vorn und schüttelte dem Mann die
Hand. „Das sind Ihre beiden Passagiere, Apollo und Daphne,„
sagte er, auf Mulder und Scully zeigend. „Das ist John Bishop,
euer Kontaktmann auf dem Schiff. Er ist dafür zuständig, euch ungesehen an Bord
und wieder herunter zu bringen.„
Bishop nickte
ausdruckslos. Mulder erwiderte die Geste.
„Es
ist mir ein Vergnügen,„ sagte Scully und hielt ihm die
Hand hin, die Bishop ohne Begeisterung schüttelte.
„Danke für Ihre Hilfe.„
Wieder
ein Nicken. Augenscheinlich würden sie die Überfahrt nicht in einer angeregten
Unterhaltung mit ihrem neugewonnenen Helfer verbringen. Vermutlich musste man nehmen, was man bekam,
wenn man jemanden finden wollte, der willens war, Widerstandsführer übers Meer
zu schmuggeln.
„Ihr
werdet in einem Frachtraum des Schiffes untergebracht,„
sagte Rico, sich an Scully wendend. „Also, es ist nicht das
Ritz. Aber es ist alles, was wir kriegen konnten.„
„Es
wird uns gut gehen,„ versicherte sie ihm. Sie berührte
kurz seinen Arm und Mulders Herz zuckte angesichts der Zuneigung, die in dieser
Geste lag.
Rico
lächelte Scully an, als wären sie die beiden einzigen Menschen hier. „Ich weiß,
dass es dir gut gehen wird. Okay, das war’s dann,„
sagte er, in die Hände klatschend. „Nun denkt dran...„
Das
Heulen eine Laserexplosion, das Zischen von Fleisch und Rico brach zusammen,
ein klaffendes schwarzes Loch in der Brust.
„RICO!„ schrie Scully und beugte sich über seinen am Boden
liegenden Körper.
„Runter!„ rief Mulder und zog seine Laserwaffe aus dem Gürtel
seiner Jeans. Ari hatte ihre Waffe
bereits im Anschlag und sich hinter den Van geduckt, sich hinter dem Vorderrad
vorbeugend, um das Feuer sporadisch zu erwidern. Frank und Jim nahmen die andere Seite des
Fahrzeugs und brachten ihre eigenen Waffen ins Spiel. Bishop
rannte hinter ihnen, unbewaffnet, und versuchte, aus der Schusslinie zu
bleiben.
In
die Dunkelheit spähend, während er selbst in den Schutz des Van rannte, konnte
Mulder kaum die Umrisse einer kleinen Einheit einer Alientruppe
ausmachen, die sich am Eingang zu den Docks versammelte. Waren sie auf Streife
oder hatten sie einen Tipp bekommen?
„Woher
zur Hölle wussten die das?„ schrie Mulder über das
Röhren von Aris Gewehr. Sie schüttelte den Kopf in Unwissenheit. Er sah hinüber
zu Scully, aber sie war sich seiner nicht bewusst, ihre Aufmerksamkeit war
vollkommen auf Rico konzentriert, während sie sein Hemd aufriss und vergeblich versuchte,
etwas für seine Wunde zu tun. Es war mehr als offensichtlich für Mulder, dass
Rico bereits tot war, aber Scully schien es nicht wahrzunehmen oder sie wollte
es nicht zugeben.
„Komm
weg da!„ rief er ihr zu. „Du kannst nichts mehr für
ihn tun.„
„Du
kannst mich mal!„ schrie sie zornig zurück. Sie zog
ihre eigene Waffe unter ihrem Shirt hervor und feuerte einmal in die Dunkelheit
und für eine halbe Sekunde dachte Mulder wirklich, dass sie auf ihn zielte. Er
folgte der Linie der Laserkugel mit den Augen und sah überrascht zu, wie einer
aus der Truppe umfiel. Verstehe. Scully hatte offensichtlich ihre Hand unter Kontrolle.
Prima.
Deine Freundin kann auf sich selbst aufpassen, wollte sie ihm das damit sagen?
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gefecht. Die übriggebliebene Alientruppe griff weiter an und näherte sich langsam den Rebellen.
Das Heulen von Laserwaffen hing laut in der Luft und Funken flogen, als
Energiekugeln über den Van splitterten, der ihnen als Barrikade diente. Das
Feuer von Aris, Franks und Jims Automatikwaffen hämmerte gegen seine
Trommelfelle, bis sie platzten. Er feuerte wie ein Wahnsinniger zurück, in den
Rauch schielend, während Ari einen gleichmäßigen Strom von Flüchen neben ihm
ausstieß in irgendeiner Art seltsamer selbstanregenden Kampfmethode.
Schließlich
erstarb das Laserfeuer nach einer, wie es schien, Ewigkeit, was aber
wahrscheinlich nicht mehr als ein paar Minuten waren. Mulder spähte in die
Nacht, sah aber keinen mehr von der Truppe.
„Haben
wir sie alle erwischt?„ fragte Mulder.
Ari
schüttelte grimmig den Kopf. „Weiß nicht.„
Verdammt.
Er blickte zu Scully hinüber, die wieder begonnen hatte, zu versuchen, Rico zu
verarzten, dann sah er zurück in die Dunkelheit. Er strengte seine Augen an auf
der Suche nach einer Bewegung, konnte aber nichts entdecken. Ari und er hatten
gerade ihre Waffen weggesteckt, als ein weiteres Laserheulen die Luft erfüllte
und Scully einen erschütterten Schrei ausstieß.
Mulder
drehte sich um und fand sie auf der Seite liegend und sich die Hüfte haltend.
Sofort war er an ihrer Seite, sich nur dunkel dessen bewusst, dass seine drei
Landsmänner noch einmal das Feuer erwiderten. „Scully, bist du in Ordnung?„
„Mir
geht es gut,„ keuchte sie.
„Christ,
Scully...„ Er hob ihr Shirt an und erblickte eine brutale, schwarze Brandwunde
über ihrer Hüfte. „Wir müssen dich zu einem Arzt bringen...„
„Ich
bin Ärztin,„ flüsterte sie. „Dummkopf.„ Sie machte
Späße zu einer Zeit wie dieser? Jesus, es war wieder wie in der Antarktis.
„Apollo,
du hast keine Zeit,„ sagte Ari hinter ihm. Das
Gewehrfeuer hatte aufgehört; sie mussten den letzten von der Truppe erwischt
haben. „Bishop muss euch beide jetzt an Bord bringen,
bevor die Crew aufwacht und kommt, um nachzusehen.„
„Aber
sie ist verwundet!„ protestierte Mulder.
„Ihr
habt Erste-Hilfe-Ausrüstungen in euren Taschen,„
meinte Ari, ihre Stimme scharf, aber gleichzeitig freundlich. „Es ist nur eine Laserverbrennung.
Die hatte ich selbst schon. Sie weiß, wie sie mit solchen Verletzungen umgehen
muss. Sie wird es überleben, wenn Sie einfach tun, was sie Ihnen sagt.„ Ari ging hinüber zu Dana und kniete sich neben ihrem Kopf
nieder. „Bist du in Ordnung, Boss?„
Scully
nickte. „Hilf mir, aufzustehen,„ krächzte sie schwach.
„Nein...„
begann Mulder, aber ein Blick von Ari brachte ihn zum Schweigen. Zusammen
halfen sie Scully auf die Beine, während Bishop
schweigend zusah. Scully gab ein qualvolles Zischen von sich, als sie gerade
stand.
„Kannst
du gehen, wenn dir jemand hilft?„ fragte Ari
überraschend sanft. Scully ächzte zustimmend und lehnte sich schwerer an
Mulder.
Er
beugte die Knie, damit sie ihren Arm um seine Schultern legen konnte. „Ich
halte dich,„ sagte er leise.
Sie
hob den Kopf und schenkte ihm ein schwaches Lächeln. „Ich weiß.„
„Okay,
Bishop, bring sie weg von hier,„
sagte Ari im Kommandoton.
„Rico...„
keuchte Scully. „Ihr müsst ihn... bergen...„
„Wir
werden uns für dich um ihn kümmern, Daphne,„ versprach
Ari ihr. „Nun geh. Er würde wollen, dass du gehst, bevor Verstärkung eintrifft.„
Scully
warf einen letzten langen Blick auf ihren gefallenen Freund, bevor sie ihn von
ihm losriss und sich wieder Ari zuwandte. „Danke.„
Ari
ergriff Scullys Arm, dann schlug sie Mulder auf den Rücken. „Passen Sie auf sie
und auf sich auf.„
„Das
werde ich. Da können Sie sicher sein,„ erwiderte
Mulder.
„Immer.„
Sie salutierte ihnen ernst, dann drehte sie sich um und half, Ricos Leiche in
den Van zu legen.
Mulder,
Scully und Bishop eilten auf das Schiff zu, das vor
ihnen in der Dunkelheit aufragte. Bishop machte keine
Anstalten, Scully zu helfen und das passte Mulder gerade gut. Er mochte den
verschlossenen Mann immer noch nicht, trotz Ricos Meinung.
„Alle
haben sich zur Ruhe gelegt, also sollten wir keine Probleme haben, Sie an Bord zu
schmuggeln, es sei denn, das Feuer hat sie aufgeweckt,„
sagte Bishop plötzlich.
Mulder
blinzelte angesichts des langen Satzes. „Gibt es eine Nachtwache?„
„Ich
bin die Nachtwache.„
Aha.
Keiner von ihnen sprach weiter, als sie die Landungsbrücke so leise wie möglich
hinaufkletterten, dann fanden sie ihren Weg durch die Korridore des unbekannten
Schiffs mit Bishop ein paar Meter vor ihnen als Anhaltspunkt.
Als sie eine Metalltreppe erreichten, zögerte Scully.
„Ich
bin mir nicht sicher, dass ich da hinunter komme,„
bemerkte sie unwillig.
„Wir
müssen da hinunter,„ sagte Bishop,
nicht hilfreich.
„Ich
werde dich tragen,„ sagte Mulder.
„Ich
muss nicht getragen werden. Ich muss einfach...„
„Was?„
Ihr
Kiefer arbeitete, während sie offensichtlich versuchte, über eine Alternative
nachzudenken. „Ich muss nur getragen werden,„
entgegnete sie nach einem müden, geschlagenen Blick auf den Boden.
Er
wusste, dass es falsch war, zu lächeln, aber er tat es trotzdem. Glücklicherweise erwischte sie ihn nicht
dabei. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und er hob sie behutsam hoch,
sorgfältig darauf bedacht, nicht mehr als notwendig an ihre Hüfte zu stoßen.
Trotzdem keuchte sie vor Schmerz.
„Entschuldige,„ flüsterte er.
„Ist
schon okay.„ Sie legte ihren Kopf an seine Brust.
Danach
kamen sie stetig voran, obwohl Mulders Muskeln nach den ersten paar Treppenabsätzen
nach Erlösung schrieen. Schließlich, nach fünf Treppenabsätzen
führte sie Bishop aus dem Treppenhaus heraus in einen
dunklen Korridor.
„Du
kannst mich jetzt herunterlassen,„ sagte Scully
schwach.
„Und
nehme mir selbst die Trainingsmöglichkeit? Keine Chance.„ Er hielt sie nur noch
fester.
Sie
seufzte und gab ihm halbherzig einen leichten Klaps auf die Brust, aber die
Tatsache, dass sie keinen weiteren Protest einlegte, unterstrich nur, wie
schwach und unter Schmerzen sie sein musste. Bitte, bitte, bitte, lass sie
wieder in Ordnung kommen...
Mulder
schluckte, als Bishop am Ende des Korridors vor einer
massiven Eisentür Halt machte. Das sah nicht gut aus. Als die Tür aufging, ließ
die stinkende Luft darin beinahe sein Essen wieder hochkommen. „Mmm, riecht wie zu Hause,„
scherzte er.
Scully
seufzte verärgert in einer Weise, die wie die guten alten Zeiten klang. Er trug
sie hinein, Bishop zeigte immer noch den Weg, dann
wartete er in der Dunkelheit, bis Bishop eine kleine
batteriebetriebene Lampe anknipste, die er gleich hinter der Tür gelassen
hatte.
„Das
ist Ihr Licht,„ sagte er.
„Das
ist es?„ protestierte Mulder. „Wir müssen endlose Tage
in der Dunkelheit sitzen? Sind Sie verrückt?"
„Nehmen
Sie sie oder lassen Sie es,„ erwiderte Bishop selbstlos.
„Wir
nehmen sie,„ sagte Scully über Mulders Protest. Er
schüttelte frustriert den Kopf, schwieg aber und stellte Scully sanft auf die
Beine, so dass sie beide einen Blick auf ihre Umgebung werfen konnten. Nicht
dass es unbedingt unter den Umständen eine gute Idee war, genauer hinzusehen. Als sie es taten, hörte er sie einen leisen
Fluch ausstoßen.
Sie
standen in einem großen Laderaum tief im Innern des Schiffes, ein großer Raum
umgeben von Stahlwänden, dazu bestimmt, Unmengen großer Holzkisten zu lagern,
die übereinander gestapelt waren. Mulder war sich nicht sicher, was sich in den
Kisten befand, aber die gestanzten Beschriftungen an deren Außenseiten, die
‚Verderbliche Waren‘ lauteten, waren kein gutes Zeichen.
„Du
hast recht, es riecht wie dein altes Apartment,„ sagte
Scully trocken. Er warf ihr einen bösen Blick zu.
Bishop ignorierte
ihre Reaktionen – natürlich – und griff hinter eine Verpackungskiste. Dort zog
er zwei Decken und ein Kisten hervor. „Hier.„
Mulder
nahm ihm die Sachen ab. „Sie braucht bessere Medikamente,„
sagte er. „Können Sie uns ein paar bringen?„
Bishops Augen
flatterten über Scully hinweg. „Ich werde sehen, was ich tun kann. Da ist eine
Toilette am Ende des Ganges, benutzen Sie sie nur, wenn es unbedingt nötig ist.
Die Leute kommen nicht oft hier herunter, aber man weiß nie. Nachts ist es
sicherer, wie ich schon sagte.„
Mulder
wollte eine schneidige Erwiderung geben, konnte sich aber nicht dazu durchringen
angesichts der längsten Rede, die er von dem Mann die ganze Nacht gehört hatte.
„Danke.„
Bishop nickte und
verließ den Lagerraum, die Stahltür schlug hinter ihm zu und ließ sie in der
Dunkelheit stehen, nur beleuchtet von dem gedämpften Licht der Batterielampe.
Mulder
blickte verlegen auf die Decken in seiner Hand, bis ein Stöhnen von Scully
seine Aufmerksamkeit erregte. „Mulder... ich glaube, ich muss mich... hinlegen.„
Er
breitete rasch die Decken auf dem kalten Boden aus, dann half er ihr, sich
darauf hinzulegen, voller Sympathie mit ihr mitwinselnd, als sie sich vor
Schmerz auf die Lippe biss. „Wie ist es?„ fragte er.
„Es
tut weh... sieh mal nach.„
Er
hob ihr Shirt an und verzog das Gesicht beim Anblick, den er vorfand.
Die
Verbrennung hatte eine schwarze, faulige Farbe angenommen, die ihm Angst ins
Herz jagte. „Es sieht schlimm aus, Scully.„
Sie
hob ihren Kopf, um sich die Wunde anzusehen und schloss kurz ihre Augen, als
sie sie sah. „Ja. Ich, äh, werde dich später um etwas bitten müssen, Mulder.
Aber im Moment kann ich es nicht. Wir werden uns dem nach ein paar Stunden
Schlaf widmen.„
„Was?„
Angst kroch seinen Rücken herab. „Was willst du mir nicht sagen?„
Scully
schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt. Ich kann nicht. Mach dir keine Sorgen, alles
wird gut.„ Sie versuchte, beruhigend zu lächeln, aber
es funktionierte nicht richtig.
„Wenn
du es sagst,„ meinte er zweifelnd. Er angelte nach
seinem Seesack und durchwühlte ihn auf
der Suche nach dem versprochenen Erste-Hilfe-Paket. Erleichtert atmete er aus,
als sich seine Hände um eine flache Plastikbox schlossen. „Lass mal sehen, was
wir hier haben,„ murmelte er. Er öffnete die Schachtel
und suchte nach etwas, irgend etwas, das helfen würde.
„Hier ist etwas Verbandsmull... und etwas Sulfadiazinsalbe,„ sagte er, die medizinischen Fachbegriffe herausfindend.
„Was ist das?„
„Das
macht man auf Laserverbrennungen,„ sagte sie. „Ist da
so etwas wie Aspirin?„
Gott,
er war ein Idiot. Schmerzmittel, Schmerzmittel... „Ja, wir haben... oh, wir
haben Kodein, Scully. Das ist dein Glückstag.„
„Ich
muss die harten Sachen lieben,„ meinte sie, ein müdes
Lächeln schaffend. „Gibt mir was. Nur eine fürs erste.„
Mulder
gab ihr die Tablette, dann holte er den Wassercontainer aus seinem Seesack und
gab ihn ihr ebenfalls. Sie schob sich in eine sitzende Position, um die Medizin
einzunehmen, dann legte sie sich wieder hin und gab ihm den Wasserbehälter
wieder.
„Sollte
ich ein bisschen Salbe drauftun?„
fragte Mulder.
Scully
schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Es macht noch keinen Sinn. Hilf mir einfach,
meine Hosen auszuziehen und dann verbinde die Verbrennung ein bisschen, okay?„
Er
tat, worum sie ihn gebeten hatte und versuchte, ihr nicht mehr weh zu tun als
nötig. Dann hockte er sich hin, sah sie an und fühlte sich unsäglich hilflos.
Gott, er wollte eine Zigarette. „Gibt es irgend etwas, was ich tun kann?„
Sie
griff nach seiner Hand. „Nein. Ich denke... ich brauche ein bisschen Schlaf.„
Ihm
wurde plötzlich bewusst, dass sie mitten in der Nacht geweckt worden waren,
bevor sie die Chance gehabt hatten, zu schlafen. Er schaute auf seine Uhr und
erblasste, als er sah, dass es vier Uhr früh war. Erschöpfung überfiel ihn wie
ein Mack-Truck. „Das ist keine schlechte Idee.
Irgendwie bezweifle ich, dass unser Freund heute nacht
noch einmal zurückkommt.„
„Wahrscheinlich
nicht,„ erwiderte sie schläfrig.
Mulder
schaltete die Lampe aus, dann legte er sich neben sie an ihre gesunde Seite und
stützte sich auf seinen Ellbogen, auf sie herabblickend, während er darauf
wartete, dass sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten.
„Willst
du nicht schlafen?„ fragte sie.
Er
streichelte ihr Haar so leicht, wie er konnte, in einem stetigen Rhythmus. „Ich
werde. Du fängst an.„
Gehorsam
schloss sie gehorsam die Augen. Er streichelte weiter ihr Haar, bis er
überzeugt war, dass sie eingeschlafen war. Dann legte er sich neben sie und
barg sein Gesicht in ihrer Halsbeuge, tat ihre Körper zusammen, so dass er in
der ganzen Länge an sie gedrückt da lag. Als die Wärme ihres schlanken Körpers
in seinen flutete, fiel er schnell in den Schlaf.
Scully
erwachte am Anfang eines Alptraums, der so schnell verschwand, wie er gekommen
war. Die plötzliche Bewegung erschütterte ihre Hüfte und sie stieß ein leises
Jaulen aus, bevor sie es verhindern konnte. Ihr Blick streifte Mulder, aber der
lag vollkommen weggetreten auf dem Rücken, die Lippen leicht geöffnet, eine
Hand ausgestreckt, um ihr Bein zu berühren, als fürchtete er, keine physische
Verbindung zu ihr zu haben, sogar im Schlaf.
Scully
brauchte einen Moment, um sich ihrer Situation und ihres Aufenthaltsortes
gewahr zu werden, und als es soweit war, musste sie das heftige Brennen ihrer
Tränen wegblinzeln.
Rico
war tot.
Rico
war wegen ihr tot. Weil er versucht hatte, ihr zu helfen. Sie hatte immer
befürchtet, dass seine Hingabe an sie ihn umbringen würde, und sie hatte recht
behalten.
Gott.
Sie
bedeckte ihre Augen mit der Hand und kämpfte die Tränen um den Mann zurück, der
so loyal ihr gegenüber gewesen war, der alles für sie geopfert hatte. Und was
hatte sie ihm dafür gegeben? Befreiung von dem Virus, sicherlich, aber was
sonst? Sie fragte sich, ob sie weit mehr genommen hatte, als sie bereit gewesen
war zu geben. Nicht dass Rico das jemals angedeutet hatte. Loyal bis ans Ende.
Immer.
Und
was war mit dem Mann, der neben ihr lag? Würden ihre Verpflichtungen ihn auch
umbringen? Sie würde nicht noch einmal um ihn trauern können. Nicht jetzt, nicht nach allem, was zwischen
ihnen geschehen war. Es würde einfach zuviel sein. Vielleicht hätte er in
Denver bleiben, sich ihr niemals anschließen sollen.
Nein.
Der Gedanke war nicht fair. Wenn er in Denver geblieben wäre, würde er immer
noch tot sein, emotional gesehen. Sie sah die Art, wie sein Zusammensein mit
ihr, mit der Gruppe, ihn wiederbelebt hatte, ihm einen Lebensfunken
zurückgegeben hatte, von dem er offensichtlich geglaubt hatte, er hätte ihn für
immer verloren. Sie hätte ihm sagen können, dass so eine starke Flamme niemals
verlöschen könnte, bloß eine Weile kleiner werden. Nicht dass er ihr geglaubt hätte. Die Männer
in ihrem Leben schienen ihr niemals zu glauben.
Und
sie hatte ihm erzählt, wie sie ihn gehasst hatte. Sie seufzte und wischte eine
einzelne Träne von ihrer Wange. Das war wahrscheinlich ein Fehler gewesen. Er
würde nicht in der Lage sein, zu verstehen, dass nicht er es gewesen war, den
sie so sehr gehasst hatte, sondern die Leere, die er in ihrem Leben
zurückgelassen hatte. Und konnte er die Tatsache begreifen, dass sie ihn trotz
ihrer selbst, trotz allem, immer noch liebte? Trotz der komplizierten Gefühle,
die in ihr kochten? Wie konnte sie ihn davon überzeugen?
Und
wie zur Hölle sollten sie beide das durchstehen, was ihnen heute noch bevorstand?
Ihre Hüfte pochte als Gedächtnisstütze dafür und ihr Magen flatterte vor Angst.
Bitte, Gott, wenn es dich gibt, dann hilf mir da durch. Hilf uns.
Mulder
rührte sich neben ihr und sie wischte sich hastig die immer noch fließenden
Tränen weg. Ein lautes Gähnen signalisierte sein Wachsein. „Hey,„ sagte er
leise.
„Hey.„
Sie atmete tief ein und konnte ihr Beben dabei hören.
„Bist
du in Ordnung?„ Er berührte ihre Wange mit seinem
Handrücken und spürte die Feuchtigkeit. „Scully...„
„Ich
habe an Rico gedacht,„ sagte sie.
„Oh.
Es tut mir leid, Scully. Ich weiß, dass er dir eine Menge bedeutet hat.„
„Er
ist für mich gestorben, Mulder. Wie soll ich das je wieder an ihm gut machen?„
Mulder
schob seinen Arm unter ihre Schultern und umarmte sie, die Finger seiner freien
Hand mit ihren verflechtend. Er drückte einen Kuss auf ihre Schläfe. „Indem du
gewinnst,„ flüsterte er in ihr Haar.
Sie
drückte seine Hand fest. „Das ist das mindeste, was ich tun kann,„ entgegnete sie bitter.
„Es
war nicht deine Schuld,„ behauptete Mulder. „Rico hat
die Entscheidung getroffen, dort zu sein. Du hast ihm gesagt, dass er gehen
soll, aber er hat sich entschieden zu bleiben. Er hat seine Wahl
getroffen."
„Das
sage ich mir auch, aber das macht es nicht einfacher.„
„Ich
weiß. Aber es ist wahr.„
„Die
Wahrheit war niemals ein Trost für mich so wie sie es für dich war, Mulder,„ schnappte sie, unnötig heftig.
Daraufhin
löste er sich von ihr, setzte sich auf und ließ die kalte Luft hinter sich, um
sie zuzudecken. „Sie hat auch für mich nicht mehr denselben Wert, wie sie einst
hatte.„ Sie konnte hören, wie er sich mit den Händen das
Gesicht rieb und den Schlaf davonjagte.
Verdammt.
Scully streckte die Hand aus und berührte in der Dunkelheit die Krümmung seines
Rückens und bemerkte, nicht zum ersten Mal, dass er magerer war, als sie ihn in
Erinnerung hatte. Sie bekam Gewissensbisse, brachte es aber nicht fertig, nett
zu sein. „Dann sind wir zur Abwechslung mal quitt, nicht wahr?„
„Ich
nehme es an.„ Er beugte sich vor, weg von ihrer
Berührung, und schaltete die Lampe an, badete sie in bleichem weißem Licht.
„Ich frage mich, wo zur Hölle Bishop bleibt.„
Wechsle
das Thema. Großartig. „Er wird kommen, sobald er kann,„
meinte sie geduldig.
„Vielleicht.
vielleicht auch nicht. Ich mag den Typen nicht.„
„Ich
würde auch nicht sagen, dass er meine bevorzugte Person ist, aber wir müssen
ihn nicht mögen. Wir müssen ihm nur vertrauen.„
Mulder
drehte sich um, um sie anzusehen, sein Gesicht entnervend gespenstisch in der
schwachen Beleuchtung. „Vertraust du ihm?„
„Ich
vertraue – vertraute – Rico.„
Für
einen langen Augenblick hielt er ihren Blick fest, dann nickte er. „Dann ist es
okay.„
Scully
ertappte sich dabei, dass sie unmäßig gerührt war von seinem immer noch treuen
Glauben in sie. Was hatte sie getan, um das heute zu verdienen? „Danke,„ flüsterte
sie.
Mulder
beugte sich näher zu ihr, langsam, beinahe als wäre es gegen seinen Willen.
„Wofür?„
„Für
dein Vertrauen.„
Er
schüttelte den Kopf, leichter Ärger erkennbar in seinem Gesichtsausdruck. „Ich
habe dir immer vertraut.„
Scully
lächelte ihn an und ihr Zorn von vorher schwand plötzlich dahin. Sie streckte
ihre Hand aus, um seine Wange zu berühren und er schmiegte sich in diese Geste,
seine Bartstoppeln an ihrer Handfläche reibend. Dann beugte er sich über sie
und küsste sie sanft, zögerlich, um sicherzugehen, dass zwischen ihnen wieder
alles in Ordnung war.
Ihre
Hand glitt um seinen Nacken und sie zog ihn zu sich herunter, erwiderte seinen
Kuss und nutzte ihn als Entschuldigung. Seine Zunge schnellte in ihren Mund, um
mit ihrer zu spielen und sie war überrascht von der Leidenschaft, die sie
durchschoss trotz der Schmerzen. Seine Hand schlüpfte auf ihrer unverletzten
Seite unter ihr Shirt und sie stöhnte leise, als er ihre Brust durch ihr Shirt
hindurch liebkoste.
„Ich
wünschte, ich könnte in diesem Augenblick mit dir schlafen,„
flüsterte er an ihren Lippen.
„Ich
auch.„ Es schien, als wäre es Tage her, seit sie das letzte Mal zusammen waren,
obwohl es wirklich nur eine Sache von Stunden war.
Mulder
hob den Kopf, um ihr in die Augen zu sehen und sie zog eine Augenbraue hoch,
als sich ein teuflisches Grinsen über sein Gesicht stahl.
„Was?„
„Nichts.
Entspann dich einfach.„ Wieder küsste er sie wieder
und knabberte an ihrer Unterlippe, dann kuschelte er sich an ihren Hals, zog
die Haut zwischen seine Zähne und saugte zärtlich daran. Als seine Hand unter
den Bund ihrer Hosen und dann tiefer glitt, atmete sie heftig ein.
„Entspann
dich,„ wiederholte er. Er schob seinen anderen Arm
unter ihre Schultern und zog sie enger an sich, dann ließ er vorsichtig einen
Finger in sie hineingleiten. „Halt einfach still,„
murmelte er in ihr Haar.
Scully
gehorchte, sich auf die Lippe beißend und die Augen schließend. Er bewegte
seinen Finger in einem sanften, köstlichen Rhythmus, dann glitt ein zweiter
Finger in sie und verdoppelte den Druck. Sie seufzte vor Vergnügen bei dem
Gefühl. Oh, was für eine kreative Seele dieser Mann war. Er beschleunigte das
Tempo, hinein und heraus, mit genau dem richtigen Maß an Kraft und
Geschwindigkeit. Als er begann, mit seinem Daumen ihr gieriges Zentrum zu
umkreisen, glaubte sie, sie müsse vergehen vor Lust. Mit einer köstlichen
massierenden Bewegung brachte er sie auf den Gipfel der Erregung und sie
kämpfte gegen das Verlangen an, ihre Hüften gegen seine Hand zu stoßen. Seine
Lippen tanzten über ihr Gesicht, ihren Hals, ihr Ohr, und sie spürte, wie sich
ihr Atem beschleunigte und hörte wie aus weiter Ferne ihr eigenes beinahe
unhörbares Stöhnen bei seiner Berührung. Er hielt sie fester, um ihren Körper
so bewegungslos wie möglich zu machen, als er seine Bewegungen in ihr beschleunigte.
Mulder
legte seinen Mund auf ihren, als sie kam, und nahm ihre
leisen Schrei in seinen Mund auf, ihr Körper bewegte sich kaum an seinem.
Als sie fertig war, entzog er ihr sanft seine Hand und seinen Mund, strich mit seinen
feuchten Fingern über ihre Lippen und dann küsste er sie wieder.
„Die
beste Medizin der Welt,„ flüsterte sie, als sich ihre
Lippen wieder voneinander lösten.
„Und
ich habe nicht einmal die Medizinschule besucht,„
entgegnete er mit einem Grinsen.
„Du
hättest mich glatt zum Narren halten können.„ Sie bog
seinen Kopf zu sich herab und küsste ihn auf die Stirn. „Danke.„
„Das
Vergnügen war... nun, nicht *ganz* meinerseits,„
meinte er verschmitzt.
„Das
ist mal sicher.„
Sie
war dabei, ihn wieder zu küssen, als es ein Geräusch an der Tür gab. Mulder rollte von ihr weg und griff nach
seiner Laserpistole und seiner Taschenlampe, schaltete sie ein und zielte mit
beiden Händen auf den Eingang. Er senkte seine Waffe, als Bishop
eintrat – allein. „Es war auch Zeit, dass Sie kommen,„
sagte Mulder.
„Ich
bin so schnell gekommen, wie ich konnte,„ erwiderte Bishop in seinem patentierten gelangweilten Ton. „Hören Sie
auf, mich zu blenden.„ Mulder schaltete die
Taschenlampe aus und Bishop trat näher. „Hier.„
Scully
hob den Kopf, um zu sehen, was ihnen der kurz angebundene Mann gebracht hatte.
Ein paar Flaschen Quellwasser, Brot und Käse, Verbandszeug und Klebeband, Tylenol und antibiotische Salbe.
„Danke,„ sagte sie dankbar.
„Bitte,„ knurrte er. Mulder sagte nichts. Bezaubernd. „Weiß nicht,
wie oft ich in der Lage sein werde, zu kommen.„
„Wielange wird die Reise dauern?„
fragte Scully.
„Wahrscheinlich
ungefähr fünf Tage. Plus minus ein Tag. Hängt von den Kontrollen der Kolonisten
ab.„
„Bloß
gut, dass uns Rico etwas zum Essen eingepackt hat,„
grollte Mulder.
Scully
schloss die Augen bei der Erwähnung ihres Freundes. „Er hatte immer das Talent,
an alles zu denken,„ sagte sie.
Bishop knurrte
wieder. „Muss gehen. Seien Sie vorsichtig.„ Er nickte
Scully ernst zu , dann zog er sich zurück und schloss
die Tür leise hinter sich.
Nachdem
er gegangen war, schafften sie einen kurzen Gang zur Toilette, danach aßen sie
ein wenig von dem Brot und dem Käse, was Bishop ihnen
gebracht hatte. Sie wollten ihre Vorräte nicht zu bald verbrauchen. Mulder schluckte
eine der Dramamine-Tabletten und schickte ein
Dankgebet an Frohike, dann legte sich Scully wieder auf die Decken.
„Ich
brauche wirklich dringend eine Zigarette,„ sagte
Mulder plötzlich.
Scully
runzelte verwirrt die Brauen. „Ich denke, es würde mir nichts ausmachen, wenn
du rauchst, obwohl es wahrscheinlich nicht die beste Idee ist, in einem Raum
ohne Fenster.„
„Das
ist es nicht. Ich hab keine mehr,„ entgegnete er, an
seiner Unterlippe kauend. „Ich habe die letzte geraucht und hatte keine Zeit
mehr, Ersatz zu organisieren.„
„Ich
bin mir sicher, Bishop wäre in der Lage, dir welche
an Bord zu besorgen,„ meinte Scully.
Mulder
schüttelte den Kopf. „Ich möchte ihn um nichts bitten, wenn ich nicht muss.
Nebenbei, vielleicht ist es gut so. Es ist sowieso eine widerliche Angewohnheit.„ Er sah beinahe so aus, als würde er es glauben.
„Mulder,
es besteht keine Notwendigkeit, dass du dich jetzt solchem Verlangen aussetzt.„
Mulders
Unterkiefer wurde hart „Ich will aber. Ich werde es überwinden. Es wird mir gut
gehen.„
Sie
musterte ihn zweifelnd. „Das berühmte letzte Wort.„
„Du
wirst sehen. Nun muss ich es tun, und wenn es nur dazu ist, dir zu beweisen,
dass ich es kann.„ Er grinste kurz, dann wurde er
wieder sachlich. „Ich wollte dich etwas fragen... ich weiß, es ist irgendwie
fehl am Platze, aber ich habe darüber nachgedacht und nun... ich würde gern wissen,
wie du mit Skinner zusammengekommen bist,„ meinte er
zögernd. „Du hast mir nie davon erzählt und ich würde es gern wissen. Wenn das
okay für dich ist.„
Scully
lächelte schwach. Wo zur Hölle kam das jetzt her? Sie mussten wirklich dringend
anfangen, ihre Wunde zu behandeln anstatt zu reden, aber sie dachte, sie müsste
ihm die Antworten geben, die er brauchte, bevor sie vor lauter Schmerzen nicht
mehr dazu in der Lage war. „Skinner. Er, äh, er war in eine Minenanlage in West
Virginia gebracht worden, nachdem er mit dem Virus infiziert worden war. Dort
war er fast anderthalb Jahre, bevor ich in der Lage war herauszufinden, wo er
sich befand und meine Leute hatte, um ihn dort herauszubekommen. Es stand...
nicht gut um ihn. Sie haben ihn hart angefasst, und sogar, nachdem der Virus
seinen Körper verlassen hatte, blieb sein Geist düster und schwach. Es war so
traurig, Mulder. Er war so stark gewesen, in mehr als einer Hinsicht...„ Sie verstummte
in der Erinnerung an den geschlagenen Körper ihres früheren Vorgesetzten und
das ängstliche Leuchten in seinen Augen, als er aus seiner Sklaverei erwachte.
Etwas in ihr war weich geworden bei diesem Anblick und sie hatte ihn bis weit
in die Nacht hinein gehalten und versucht, ihn davon zu überzeugen, dass alles
gut werden würde. Gelinde ausgedrückt war es die Erinnerung an eine der
surrealsten Nächte ihre Lebens.
„Aber
er erholte sich schnell genug,„ mutmaßte Mulder. „Nun,
schnell genug für dich, um ihm so zu vertrauen, dass du hier bleiben konntest.„
Sie
nickte. „Die Dinge in Greenland spitzten sich zu.
Mehr und mehr Menschen versammelten sich dort, organisierten sich, und ich
wusste, dass unser Team dort sein musste, um die Verantwortung zu übernehmen
und den Impfstoff zu verteilen. Wir hatten einen Weg ausgearbeitet, ungefähr zwanzig
Leute dorthin zu schicken, aber wir brauchten jemanden, der sie anführte. Ich
wollte, dass Ari geht, aber sie lehnte es ab, sie sagte, sie wollte in Amerika
bleiben, in Freud und Leid.„ Scully zuckte mit den Achseln.
„Ich erwog, ihr den Befehl zu erteilen zu gehen, aber ich wollte sie nicht auf
diese Art ausnutzen. Gott weiß, ich habe sie alle ein bisschen ausgenutzt, von
Anfang an.„ Sie atmete tief ein und erinnerte sich an
den Ausdruck von Verrat in Aris Augen, als Dana ihr gesagt hatte, dass sie
darüber nachgedacht hatte, aus der Bitte einen Befehl zu machen. Heftig schüttelte
sie den Kopf, um die Erinnerung zu verdrängen. „Ich wusste nicht, was ich tun
sollte. Und dann kam Skinner zu mir. Und ich wusste aus der Art, wie er mich
ansah, mit solcher Entschlossenheit und Stärke, von der ich glaubte, er hätte
sie verloren... ich wusste, er war bereit. Und so ging er.„
„Ihr
beide müsst euch sehr nahe gekommen sein,„ sagte
Mulder. Eine Frage, keine Feststellung und da war definitiv Nervosität in
seiner Stimme.
Seit
wann war Mulder der eifersüchtige Typ? Erst Rico, jetzt Skinner? Sie konnte
sich an kein einziges Mal von früher erinnern, dass er es war – gut, da war
dieser Sheriff in Pennsylvania, der Vampir oder was immer zur Hölle er auch
war. Und Ed Jerse. Zählte Ed Jerse?
Sie sah nicht, wie. „Das sind wir,„ antwortete sie
schließlich auf die unausgesprochene Frage. „Fragst du mich, ob ich mit ihm
geschlafen habe?„
Mulder
versteifte sich. „Das geht mich nichts an.„ Er sah sie
nicht an, studierte seine aufgerauten Hände.
„Nein,
das tut es nicht.„ Sie hielt inne, halb dazu
verleitet, ihn es sich einfach fragen zu lassen. „Nur einmal, Mulder. Ein
einziges Mal. Und es bedeutete gar nichts, für keinen von uns.„
Die
Farbe wich aus seinem Gesicht und er zog die Luft ein, als wenn er gerade einen
Schlag in den Magen bekommen hätte. „Ich verstehe.„
„Es
war...„ Warum hatte sie das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen? „Es war ein
Bedürfnis, Mulder. Bedürfnis und Einsamkeit und Verzweiflung. Nicht mehr. Nicht
weniger.„
Mulder
schluckte schwer. „Wie das erste Mal zwischen dir und mir vor ein paar Monaten?„
Sie
starrte ihn mit offenem Mund an. „Mulder...„
„Vergiss
es,„ meinte er abrupt. „Es zählt nicht. Und du
schuldest mir keine
Erklärungen.„
„Nein,
das tue ich nicht,„ sagte sie leise. „Komm her.„ Sie breitete ihre Arme aus und er kam. umfasste sie zart
mit seinen Armen und legte sich neben sie. Er war weich und warm und
beruhigend. „Du weißt, dass ich dich liebe,„ sagte
sie.
„Ich
weiß.„
„Gut.„
Sie kuschelte ihr Gesicht an seine Brust, atmete ihn tief ein. „Jetzt musst du
etwas für mich tun.„
Mulder
versteifte sich und sie konnte seine plötzliche Angst spüren. „Ist es das, was
du mir letzte Nacht nicht sagen wolltest?„
„Ja.„
Sie atmete tief ein und hoffte, zusammen mit dem Sauerstoff Mut aufzunehmen.
„Diese Verbrennung, Mulder. Das Schwarze, was du siehst – es ist totes Gewebe.
Wenn es nicht entfernt wird, wird es faulen und Wundbrand verursachen. Es muss
weg. Sofort. Wir hätten es letzte Nacht tun sollen, aber ich konnte es einfach
nicht ertragen, uns das gerade da durchmachen zu lassen.„
Einen
Moment herrschte Schweigen, während er die Information in sich aufnahm. Ein
erschreckter Ton kam aus seiner Kehle. „Scully, willst du mir damit sagen, dass
ich... deine Haut wegschneiden soll?„
„Totes
Gewebe,„ korrigierte sie ihn automatisch. „Und ja, ich
fürchte es. Hast du ein Messer bei dir?„
„Ja,
ich hatte eins in der Nacht, als wir hinunter in den Tunnel stiegen und seitdem
habe ich es nicht aus der Hand gegeben,„ entgegnete
er.
„Aber...
das kannst du nicht ernst meinen. Scully, ich bin kein Arzt. Ich kann nicht
einmal Blut sehen, das weißt du.„
„Ich
werde dir sagen, was du tun musst,„ erwiderte sie in
einer Ruhe, die sie nicht empfand. „Erhitze einfach dein Messer mit dem
Feuerzeug, um es steril zu machen, schneide alles Schwarze an der Wunde ab und
lege einen Verband an. Weiter nichts.„ Oh Gott, sie wurde krank, wenn sie nur
daran dachte.
„Ohne
Betäubung? Nein. Das werde ich nicht tun.„ Er löste
sich aus ihrer Umarmung und begann, vor ihr auf und ab zu gehen, sich
frustriert mit den Fingern durchs Haar fahrend. „Ich kann dir das nicht antun,
Scully. Verlang das nicht von mir.„
Sie
holte ihre beste Kommandostimme hervor. „Mulder, wenn du es nicht tust, wird es
zu Wundbrand führen und höchstwahrscheinlich werde ich an Bord dieses Schiffes
sterben. Würdest du dieses Szenario bevorzugen?„
Er
hielt mitten in der Bewegung inne und sah sie betroffen an. „Das sind nur zwei
Auswahlmöglichkeiten, Scully. Ich ziehe wirklich die ‚keine von beiden‘
Möglichkeit vor.„
„Tut
mir leid, Mulder, die zwei Möglichkeiten sind alles, was du hast. Wähle eine.„ Das ist es Dana, gelogenes Draufgängertum, weiter so.
Mulder
schloss kurz die Augen, sichtbar sich selbst stärkend, dann öffnete er sie
wieder. „Okay. Sag mir, was ich tun soll.„
Mulder
schluckte den Kloß in seinem Hals herunter und knipste sein Feuerzeug an. Die
kleine Flamme brauchte eine Weile, um die gesamte Länge des Blattes zu
erhitzen, aber schon bald glühte es und war bereit. Er legte das Feuerzeug
beiseite und sah auf Scully herab. Sie hatte ihre Hosen ausgezogen und ihr
T-Shirt bis knapp unter ihre Brüste hochgezogen. Sie schien ihren Blick nicht
von dem glühenden Stahl, das er in der Hand hielt, losreißen
zu können.
Vor
einer Weile hatte er ihr etwas von dem Kodein gegeben, aber er wusste nicht, ob
das sehr viel helfen würde. Verzweifelt wünschte er, wenigstens etwas Alkohol
zu haben, sowohl zur Sterilisation als auch um Scully betrunken zu machen,
damit sie keinen Schmerz fühlte. Statt dessen packte sie
seinen Ledergürtel in einer Hand, bereit darauf zu beißen, wenn der Schmerz zu
intensiv wurde. Er sollte sich ebenfalls rittlings auf ihre Beine setzen, um
sie davon abzuhalten, dass sie zu sehr um sich schlug während der ‚Operation‘.
Mulder konnte den Mut gar nicht fassen, den das hier von ihr forderte.
Und
unterschwellig wollte er nur eine verdammte Zigarette.
„Okay,„ sagte er und lenkte damit ihre Aufmerksamkeit von dem
Messer zurück auf ihn. „Bist du bereit?„
„Nein,„ sagte sie reflexartig. Dann versuchte sie, ihm ein
mutiges Lächeln zu schenken. „Ja. Ich bin bereit, wie ich es immer bin. Ich
werde... ich werde in Ordnung kommen, Mulder. Ich vertraue dir.„
„Ich
bin froh, dass es wenigstens einer von uns tut,„
murmelte er leise. Er zog die Batterielampe heran, so dass sie das betroffene
Gebiet direkt beleuchtete. „Was wenn...„ Er kämpfte die Galle nieder, die ihm
die Kehle hochzukommen drohte. „Was ist, wenn ich zuviel wegschneide? Wenn ich
zu tief schneide?„
„Das
wirst du nicht,„ entgegnete Scully fest. „Mach es
einfach so, wie ich es dir gezeigt habe.„ Sie schloss
die Augen und atmete ein paar Mal tief und gleichmäßig ein, sich vorbereitend.
Mulder
setzte sich auf ihre Beine, wie vorgesehen. Seine Hand lag auf ihrer Hüfte und
würde sich nicht bewegen.
„Mulder,
bitte.„ Ihre Stimme klang ruhig – zu ruhig. „Ich muss
das hinter mich bringen.„
Richtig.
Er biss sich auf die Lippen, drückte das Messerblatt in das schwarze Gewebe und
begann zu schneiden.
Ihre
Schreie schmerzten so in seinen Ohren, dass er erleichtert war, als sie
schließlich ohnmächtig wurde vor Schmerzen und er seine Arbeit in der Stille
beenden konnte.
Scully
war für den Rest des Tages ziemlich oft bewusstlos, während er besorgt an ihrer
Seite Wache hielt. Er tat die Salbe auf die Wunde und verband sie, genau wie
sie es ihm gesagt hatte, aber er wusste nicht, ob es genug sein würde. Hier
waren nicht gerade ideale sanitäre Bedingungen.
Wenigstens war er froh darüber, dass sie in der Lage war zu schlafen und
den Schmerzen zu entkommen, die sie erwarteten.
Gelangweilt
und vor Sorge von Sinnen wanderte er umher, kaute an den Nägeln, schlug gegen
Verpackungskisten und vor allem beschloss er, dass er beinahe alles für eine
Zigarette tun würde. Wenn er seine Augen schloss und fest genug daran dachte,
konnte er beinahe den Rauch spüren, der durch seine Lungen zog.
„Gott
verdammt,„ fluchte er, dann blickte er schuldbewusst
zu Scully, die immer noch ohne Bewusstsein war. Er würde glatt jemanden
ermorden für eine Zigarette.
Und
dann blieb er urplötzlich stehen bei diesem Gedanken. Wer war er, dass er mit
dem Wort ermorden so lässig um sich warf?
Mörder.
Das war es, was er geworden war. Da ließ sich nichts beschönigen. All diese
Leben, genommen von seiner Hand.
War
er wirklich besser als ‚Sie‘ es waren?
Er
fiel an Scullys Seite auf die Knie und verbarg sein Gesicht in seinen Händen,
schließlich dem Schluchzen nachgebend, weinend um sie, um sich, um alle.
Scully
driftete an diesem und dem folgenden Tag immer wieder in die Bewusstlosigkeit
und versuchte, so viel wie möglich zu schlafen, um dem Schmerz zu entgehen, der
mit jedem Atemzug durch ihren Körper schoss. Wenn sie wach war, versuchte sie
mit Mulder zu reden, aber er schien zu zögern, sie dazu zu bringen, die
Anstrengung auf sich zu nehmen. Er war so aufmerksam und besorgt, dass es ihr
geradezu unheimlich war.
„Bist
du... sicher, dass du keine Medizinische Schule besucht hast?„
schaffte sie es, ihn an einer Stelle zu fragen.
Er
schenkte ihr ein kleines Lächeln, das seine Augen nicht ganz erreichte. „Du
hast mich erwischt, Scully. Ich habe es vor dir geheim gehalten.„
„Besser...
du machst es wieder gut,„ sagte sie.
„Das
werde ich,„ sagte er mit unerwarteter Vehemenz und
nahm ihre Hand. „Ich verspreche es.„
Als
Mulder am dritten Morgen aufwachte, wusste er augenblicklich, dass etwas nicht
stimmte. Scullys Körper war alarmierend heiß neben seinem und sie stöhnte leise
im Schlaf.
Oh
Gott, dachte er. Oh Gott, Mist, nein. Er kämpfte damit, sie zu wecken; die Entscheidung
wurde ihm abgenommen, als sie ihre Augen aufschlug.
„Mulder...„
Sie leckte sich die Lippen und rieb sich die Augen. „Fühl... mich nicht so gut.„
Er
legte seinen Handrücken auf ihre Stirn. „Du hast Fieber, Scully. Lass mich
besser einen Blick auf deine Wunde werfen.„
Sie
nickte schwach und er hob die Decke an, dann entfernte er vorsichtig den
Verband. Und atmete heftig ein. Die Wunde war böse gerötet und grüner Eiter
sickerte an einer Seite hervor. „Mist, Scully, ich glaube, es ist entzündet.„
Behutsam
richtete sie sich auf ihren Ellbogen auf, um an sich herabzusehen. Nachdem sie
die Wunde einen Augenblick studiert hatte, ließ sie ein gar nicht scullymäßiges Wimmern hören. „Ja, es ist entzündet. Haben
wir noch... von der Sulfidsalbe?„
Mulder
griff nach der Erste-Hilfe-Box. „Ja, haben wir. Nicht viel, aber wir haben
welche. Ich gehe in den Waschraum, um mir die Hände zu waschen. Dann komme ich
wieder und mache etwas mehr darauf, okay?„ Er küsste
sie auf die Stirn und eilte in den Waschraum, dabei versuchte er, nicht an die Komplikationen
zu denken, die die Entzündung verursachen könnte. Scully krank mitten auf dem
Atlantischen Ozean und niemand, der ihnen half, außer Bishop...
und wenigstens noch zwei Tage auf ihrer Reise vor sich. Nun, wenn es einfach
wäre, würde es nicht mein Leben sein, dachte er grimmig.
Und
hinter all dem: rauchen, rauchen, rauchen. Ich brauche eine Zigarette. Er
schüttelte ungeduldig den Kopf. Diese Gedanken führten nur zum Wahnsinn.
Als
er zurückkehrte, versuchte er, die Salbe so sanft wie möglich aufzutragen, aber
dennoch schrie sie jedes Mal vor Schmerz auf, wenn seine Finger mit der
schmerzenden und faulenden Haut in Kontakt kamen.
„Mulder,
ich brauche... Antibiotika,„ sagte sie zu ihm.
„Penicillin wäre das wenigste, Ancef wäre besser.„
„Ich
könnte versuchen, mich hinauszuschleichen und Bishop
zu finden,„ schlug er vor, aber sie schüttelte den
Kopf.
„Nein.
Warte einfach, bis er kommt. Ich will nicht, dass du irgendein Risiko eingehst.
Bitte bleib hier.„
Er
wollte protestieren, wollte hinauslaufen, so dass er etwas, irgend
etwas produktives tun konnte, um ihr zu helfen. Aber er wusste, dass sie
recht hatte. „Okay,„ versprach er. „Ich werde hier bei
dir bleiben.„
„Danke.„ Sie schloss die Augen. „Ich werde jetzt ein bisschen
schlafen.„ Und das obwohl sie erst vor ein paar
Minuten aufgewacht war.
Mulder
streckte seine Hand aus und schob seine Finger in ihre. „Schlaf ruhig. Ich bin
da.„
Als
Bishop spät am Abend auftauchte – und Gott sei dank
gab es Armbanduhren, weil Mulder ansonsten schon vor langer Zeit jedes
Zeitgefühl in den dunklen Winkeln des Schiffes
verloren hätte – war er kaum eine Hilfe. Was nicht überraschend war.
„Ich
kann keine Schmerztabletten aus der Apotheke stehlen. Sie würden es merken.„
Mulder
stand nur Zentimeter von dem Mann entfernt, die zu Fäusten geballten Hände an
der Seite und versuchte, ihn nicht zu schlagen. „Es ist mir egal, wenn sie es
merken! Sie ist krank! Sie muss die Medizin haben oder Gott allein weiß, was
mit ihr passiert!„
Bishops Blick glitt
hinüber zu Scully, die trotz ihres Fiebers sittsam die Decke bis zu ihrer
Taille hochgezogen hatte. „Ich kann nicht.„
Gottverdammt,
der erste Mensch, den er fand ohne irgendeine irrationale Hingabe an Scully und
der erste, der ein wenig davon haben sollte. Er packte Bishop
an seinem T-Shirt, zog ihn näher heran, bis ihre Gesichter nur noch wenige
Zentimeter voneinander entfernt waren. „Sie bringen ihr die Medizin, die sie
braucht, oder ich bringe Sie um,„ sagte er. Monoton. Emotionslos. Der Ton professionell, gepeinigt
von Schuld, obwohl es nicht so ein sollte. Er konnte Scullys gemurmelten
Protest hinter sich hören, aber er ignorierte ihn. Bishop
und er mussten zu einer Einigung kommen, verdammt. Der Mann war verrückt, auch
nur daran zu denken, sich mit jemandem anzulegen, der gerade auf die kalte Tour
das Rauchen aufgegeben hatte.
Bishops Mund öffnete
und schloss sich ein paar Mal, bevor er ihn zu einem schmalen Strich
zusammenpresste. „Ich werde sehen, was ich tun kann,„
sagte er schließlich. „Aber Sie müssen warten, ich werde nicht gleich dorthin rennen.„
Mulder
ließ den Mann widerwillig los, spießte ihn aber weiterhin mit seinem Blick auf.
„Das hört sich schon ein bisschen besser ab. Aber ich warne Sie, Bishop. Machen Sie keinen Scheiß mit mir. Sie haben keine
Ahnung, mit wem Sie sich anlegen.„
Bishop starrte ihn
an, ging aber ohne ein weiteres Wort hinaus.
„Du
hättest ihn nicht verärgern sollen,„ meinte Scully
müde. „Alles was du erreichst ist, dass er dich hasst, und das wird uns wenig
helfen.„
Er
kniete sich neben sie, strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Sein Magen zog sich
zusammen bei ihrem Anblick. Ihre Haut war käseweiß und Schweiß lag auf ihrer
Stirn und ihrem Nasenrücken. „Mach dir darüber keine Sorgen. Ich kenne diesen
Typ. Dem muss man nur ein bisschen drohen, damit er seinen Hintern bewegt.„
„Ich
hoffe, du hast recht,„ flüsterte sie.
„Ich
wünschte, ich könnte mehr tun,„ entgegnete er hilflos.
„Das
kannst du,„ sagte sie einen Taktschlag später.
Mit
dem Handrücken berührte er ihre Wange und versuchte nicht daran zu denken, wie
klamm sich ihre Hand anfühlte. „Alles,„ schwor er.
Sie
sah ihn aus blauen Augen, die im Fieber leuchteten an. „Sprich mit mir,„ sagte sie. „Lenk... mich ab.„
„Äh...
wie wäre es mit diesen Yankees?„ fragte er und ihr
schwaches Lachen erwärmte sein Herz.
„Ich
erinnere mich, dass du das zu mir gesagt hast, als ich im Krankenhaus lag,„ sagte sie leise. Er nahm ihre Finger in seine und strich
mit seinem Daumen über ihren Handrücken, während sie sprach. „Du wolltest mich
damals auch von meiner Krankheit ablenken, aber ich wollte nicht, dass du es tust.„
Er
schluckte den Klos in seinem Hals herunter und erinnerte sich. „Ich sehe zurück
und kann mir nicht vorstellen, wie ich es geschafft habe, das zu überleben.„
Ein
schwaches Glucksen. „Mulder, ich weiß nicht, wie du solange überlebt hast. Wie
oft habe ich... deinen bedauernswerten Hintern gerettet?„
„Der Retrovirus...„
„Ellens Air Force Base...„
„Die
Moosmänner in Florida...„
„Die
Sache mit der Künstlichen Intelligenz, mit Esther Nairn...„
„Oh
Gott, die KI,„ sagte Mulder grinsend. „Ich habe dir
nie erzählt, wie das war, nicht wahr?„
„Erzähl
es mir jetzt,„ sagte sie einfach.
Und
also tat er es, schmückte die Geschichte mit Scherzen aus und malte ein lebhaftes
Bild seiner Armstümpfe, der pornografischen Krankenschwestern und der Prinzessin-Ninjitsu-Vorstellung der Phantasie-Scully,
während ihr gelegentliches Lachen ihn zu mehr Einzelheiten anspornte.
„Erzähl
mir mehr,„ bat sie, immer noch lächelnd, als er fertig
war.
„Mehr
wovon?„
„Mehr
von den alten Zeiten,„ sagte sie. „Du und ich. Fälle
lösend. Erzähl mir davon. Erinnere mich daran.„
„Was,
etwa wie wir diese Schafe gehütet haben, um die Peacock-Jungs
abzulenken?„ fragte er und drückte ihre Hand.
Sie
lag einen Moment lang still, sammelte Kraft, dann nickte sie. „Erzähl mir.„
Also
begab er sich auf einen humorvollen Bummel über die Strasse der Erinnerungen,
übertrieb wann immer es möglich war, obwohl sie nur zu gut wusste, dass er es
tat. Er erzählte bis weit in die Nacht hinein von vom Himmel regnenden Kröten
und galanten Vampiren und Abnormitäten der Sideshows
und formwandelnden Möchtegern Don Juans, bis er
heiser war, seine Finger mir ihren verschränkt. Scully schien damit zufrieden
zu sein, einfach zuzuhören, obwohl sie hin und wieder eine Augenbraue hochzog,
wann immer er eine unbewiesene Seltsamkeit in einem Fall als angenommene Tatsache
ausgab. Dass sie sich nicht die Mühe machte, tatsächlich mit ihm zu
debattieren, unterstrich ihre Schwäche irgendwie mehr, als alles andere und die
Angst wuchs in seinem Herzen mit lähmender Intensität.
Als
sie schließlich in den Schlaf fiel, saß er weiter da und betrachtete sie, ihr
Gesicht war geisterhaft im Licht der Batterielampe, die einzigen Geräusche
kamen von gelegentlich vorbeihuschenden Ratten und ihren tiefen, rasselnden
Atemzügen.
Scully
erwachte fiebergebadet.
Ihre
Haut war heiß, so heiß und sie trat nach der Decke, wollte sie von sich
weghaben. Warum war es so heiß?
Als
sie einen tiefen Atemzug versuchte, erinnerte sie der stechende Schmerz in
ihrer Hüfte. Die Infektion. Oh Gott. Wie sollte sie die überstehen? Selbst wenn Bishop
ihr ein paar Antibiotika brachte, brauchte sie ernsthaft medizinische
Behandlung, und zwar bald. Aber sie wagte es nicht, Mulder gegenüber zuzugeben,
wie grässlich die Situation war. Er war schon außer sich vor Sorge.
Scully
drehte den Kopf, um ihn neben sich schlafend zu betrachten. Letzte Nacht war er
so süß gewesen, hatte sinnloses Zeug geredet, sie von dem Schmerz in ihrem
Körper abgelenkt und der Hitze auf ihrer Stirn. Sie konnte sich nicht einmal an
die Hälfte von dem erinnern, was er erzählt hatte; nach einer Weile hatte sie
einfach ihre Augen geschlossen und dem Klang seiner Stimme gelauscht, sich von
ihr wie Balsam beruhigen lassen.
Gut,
fein. Er hatte eine Möglichkeit erhalten, ihr die letzten drei Jahre zurückzuzahlen.
Es würde wahrscheinlich heilsam für sie beide sein, in einer kranken und
verdrehten Art.
Oh
Gott, es war so heiß...
Mulder
bewegte sich und erwachte mit einem Ruck, reflexartig nach ihr greifend und seine
Hand zurückreißend, als er spürte, wie heiß und verschwitzt sie war. „Wie
fühlst du dich?„ murmelte er, stützte sich auf und gab
ihr einen zarten Kuss auf die Stirn.
„Heiß.
Es... tut weh, Mulder,„ schaffte sie zu keuchen. Sogar
das Reden war an diesem Punkt schmerzhaft.
„Ich
bin gleich zurück. Bleib ruhig.„
Ja,
als wenn sie irgendeine andere Wahl hätte. Sie sah ihm zu, wie er sich ein
T-Shirt griff und ging. Was tat er?
Sie
bekam ihre Antwort eine Minute später, als er mit dem tropfenden T-Shirt
zurückkam. Er setzte sich neben sie und legte ihr das kalte Shirt auf die Stirn
als behelfsmäßige Kompresse. „Fühlt sich großartig an,„
sagte sie. „Danke.„
„Wir
haben auch noch ein paar Kodein-Tabletten übrig. Halt durch.„
Er half ihr, eine der Tabletten und einen Schluck Wasser zu nehmen, dann legte
sie ihren Kopf wieder zurück und schloss ihre Augen.
„Immer
noch müde?„
Scully
schüttelte den Kopf. „Nein. Nur meine Augen ausruhen.„
Sie spürte, wie er ihre Hand nahm und mit seinem Daumen ihre Handfläche rieb.
Zärtlich und sanft, es fühlte sich so gut an...
Als
sie wieder erwachte, fand sie Mulder, der sie anstarrte und mit einem kleinen
Behälter in seinen Händen herumfuchtelte.
„Starrst
du mich immer an, wenn ich schlafe?„ fragte sie trocken.
Er
hatte den Anstand, verlegen dreinzuschauen. „Entschuldigung. Nein, das tue ich
nicht. Na ja, nicht immer.„ Ein Grinsen und er hielt den kleinen Behälter hoch.
„Bishop war hier, während du geschlafen hast. Hat uns
ein bisschen Penicillin gebracht. Sagte, es wäre alles, was sie haben. Ich wollte
dich nicht wecken deswegen.„
„Danke,„ Sie hielt ihre Hand auf für die weißen Tabletten und er
half ihr, sich aufzusetzen und sie mit etwas Wasser zu nehmen. „Das ist gut,
Mulder, das wird helfen,„ sagte sie und hoffte, ihn zu
beruhigen, etwas von der Sorge aus seinen Augen zu nehmen.
„Großartig,„ meinte er, aber sein Ton war zweifelnd und sein Gesichtsausdruck
noch mehr.
„Hat
Bishop gesagt, ob wir ihm Zeitplan liegen?„ fragte sie.
Mulder
setzte sich mit gekreuzten Beinen neben sie und sah angesichts des Themawechsels erleichtert aus. „Ein bisschen hinken wir
hinterher, aber wir sollten in drei Tagen dort sein. Ich hoffe, das ist bald
genug.„ Die Sorge erschien wieder in seinen Augen und
machte sie dunkel.
Scully
streckte ihre Hand aus und er nahm sie, drückte sie so fest, dass es wehtat.
„Ich werde wieder in Ordnung kommen, Mulder. Du musst mir darin vertrauen.
Okay?„
Als
wollte er protestieren, öffnete er den Mund, schloss ihn aber wieder und nickte
stattdessen. „Okay,„ meinte er mit schmalen Lippen.
Scully wusste, dass er ihr nicht glaubte, aber es gab nicht viel, was sie
dagegen tun konnte. Sie hatte nicht die Energie zu versuchen, ihn vom Gegenteil
zu überzeugen.
„Du
solltest etwas essen. Einer von uns muss bei Kräften bleiben.„
„Was
bringt dich dazu, zu denken, ich habe nicht...„ Er verstummte angesichts ihres
Gesichtsausdrucks. „Du kennst mich einfach zu gut,„
sagte er vorwurfsvoll.
„Das
ist ein Fluch.„
Sie
teilten ein kleines Lächeln. „Machen wir einen Deal,„
meinte Mulder. „Ich werde essen, wenn du es auch tust.„
Ihr
Magen zog sich bei dem Gedanken zusammen. „Ich glaube nicht, dass ich in der
Lage bin, etwas herunterzubringen,„ sagte sie.
„Versuch
es.„
Der
Versuch, ein bisschen von dem Konservenessen herunterzubringen, erwies sich als
Fehler und kurze Zeit später hielt er ihren Kopf, als sie sich in einen Eimer
übergab, den er aus dem Waschraum organisiert hatte. Er hält meinen Kopf,
während ich kotze, dachte Scully verschwommen. Das muss Liebe sein.
„Das
nächste Mal höre ich auf den Doktor,„ sagte Mulder,
als sie wieder zurücksank.
Sie
schüttelte schwach ihren Kopf. „Du hattest recht, mich dazu zu bringen, es zu
versuchen. Unglücklicherweise habe ich wahrscheinlich das Penicillin mit rausgebracht, das ich vorher genommen habe.„
„Mist.
Soll ich dir noch etwas geben?„
„Nein.
Für alle Fälle sollte ich ein paar Stunden warten, damit ich nicht zuviel nehme,„ erklärte sie. „Es wird in Ordnung sein. Lass mich nur
noch ein bisschen ausruhen...„ Und dann erinnerte sie sich an nichts mehr.
Mulder
durchwanderte den Laderaum, vor Sorge außer sich und frustriert angesichts
seiner Machtlosigkeit. Scully hatte am Tag zuvor noch zweimal versucht, das
Penicillin einzunehmen, und beide Male kam es sofort zurück. Sie brauchte intravenöse Medikation, je
schneller desto besser, und es gab Gott verdammt nichts, was Mulder dafür tun
konnte. Bishop war während seiner täglichen Kontrolle
unnachgiebig dabei geblieben, dass es Scully zum Verhängnis werden würde, sie
in die Krankenabteilung zu bringen und Mulder musste widerwillig zugeben, dass
er wahrscheinlich recht hatte. Blinde Passagiere waren unter normalen Umständen
schon nicht willkommen; ungewollte Passagiere unter dem herrschenden
Kolonistenregime waren undenkbar. Wenn man sich versteckte und seine Identität
verbarg, entzog man sich wahrscheinlich den Kolonisten; und wenn dem so war,
war man ein erlaubtes Jagdziel für irgendeinen sich selbst bedienenden
Söldnertypen, um einen zu verhaften und ein bisschen Sicherheit für sich selbst
in dem Geschäft zu erreichen. Mulder würde nicht erlauben, dass das Scully passierte,
nicht wenn ‚Sie’ nun höchstwahrscheinlich von Scullys Aktivitäten im Widerstand
wussten.
In
der Zwischenzeit blieb Mulder keine andere Wahl, als zuzusehen, wie sie mehr
und mehr krank wurde. Ihr Fieber war nicht gesunken und womöglich schien es mit
jeder Stunde, die verging, zu steigen. Sie warf sich laufend hin und her und
bewegte sich unregelmäßig unter der Decke, im Schlaf murmelnd. An diesem Tag
war sie noch nicht aufgewacht, obwohl es beinahe Mittag war nach seiner Uhr.
Leise fluchte er; er war sich nicht sicher, wieviel
er ertragen konnte: die Dunkelheit, die Platzangst, die Nikotinanfälle, der
sich bildende Gestank ihrer ungewaschenen Körper und ihre Krankheit. Er wusste,
dass es kleinlich von ihm war, von solchen Sachen genervt zu sein, aber es
drohte ihn trotzdem zu überwältigen.
Nichtsdestotrotz
tat es gut, ihr zu helfen. Jemandem zum Leben anzuhalten, war besser als sie
zum Sterben zu bringen.
„Mulder...„
stöhnte Scully in ihren Träumen.
Er
war sofort an ihrer Seite, nahm ihre Hand und strich ihre Stirn glatt. „Wach
auf, Scully. Komm schon, du hast einen Alptraum, wach auf...„
Langsam
kam sie wieder zu Bewusstsein, ihre Augenlider flatterten, ihre Pupillen
konzentrierten sich langsam. „Mulder?„
„Ja.
Du hast einen schlechten Traum gehabt. Wie fühlst du dich.„
„Heiß.
Was tust du hier„
Er
runzelte die Stirn. „Wo sollte ich sonst sein?„
Ihre
Augen waren glänzend und glasig über den dunklen Ringen, die darunter lagen.
„Musst du nicht bei dem Hearing sein?„
Das
Blut gefror in seinen Adern. „Welches Hearing?„
„Blevins,„ murmelte sie und warf
ihren Kopf auf die Seite. „Hast du... sag, dass ich es war... lass mich dich
retten.„
Jesus
Christ. Sie musste glauben, sie war wieder im Krankenhaus, an Krebs sterbend,
während das Büro ihn wegen Mordes anklagte. „Scully, das... das war vor langer
Zeit. Sieh mich an, Scully. Dana.„ Ihr Vorname von seinen Lippen erregte ihre Aufmerksamkeit
und sie drehte den Kopf zurück, um ihn anzusehen. „Welches Jahr haben wir, Dana?„
Sie
runzelte nachdenklich die Stirn. „1997,„ sagte sie
schließlich.
„Nein.
Nein, Scully, es ist 2003, erinnerst du dich?„ Er nahm
ihr Gesicht in seine Hände und liebkoste ihre Wangen mit seinen Daumen. Ihre
Haut glühte unter seinen Fingerspitzen.
Scully
leckte sich die Lippen und er nahm die Tasse Wasser, die er für sie bereitgestellt
hatte. Er hielt ihren Kopf, damit sie einen kleinen Schluck nehmen konnte, dann
legte er sie sanft zurück auf die Decke. „Mulder... ich will nicht sterben,„ flüsterte sie.
Sein
Kopf drehte sich. Meinte sie ihre Wunde oder ihren Krebs, von dem sie glaubte,
dass er in ihrem Körper wütete, oder einfach allgemein? „Du wirst nicht
sterben, Scully,„ sagte er, zusammenzuckend, als seine
Stimme bei ihrem Namen krachte.
„Verlass
mich nicht,„ flüsterte sie und griff nach seiner Hand.
Er
nahm sie, sanft aber fest. „Ich werde dich nicht verlassen.„
Gott, sie war so heiß. „Niemals.„
„Süßer
Mulder,„ murmelte sie und er hatte das unheimliche
Gefühl, dass sie nicht länger mit ihm sprach, sondern mit sich selbst. „So
loyal... aber warum kannst du mir nicht sagen, dass du mich liebst? Sogar wenn
ich sterbe, kannst du es nicht sagen...„
Er
konnte fühlen, wie ihm der Schweiß auf der Stirn ausbrach und wusste nicht, ob
es von der Angst kam, dem Gefühl, das ihre schmerzlichen Worte auslösten, oder
ob es eine Art Sympathiefieberphänomen war. Vielleicht war es von allen drei
Dingen etwas. „Aber ich liebe dich wirklich, Scully. Ich hatte nicht den Mut,
es dir zu sagen. Du kennst mich, ich gehe lieber mit formwandelnden
Kopfjägern um als mit meinen eigenen Gefühlen. Nebenbei, niemand jagt mir mehr
Angst ein als du.„ Er hatte auf irgendeine Art amüsierter
Reaktion von ihr darauf gehofft, aber ihr leerer Gesichtsausdruck grub die
Angst tiefer in sein Herz.
„Ich
hätte es dir sagen sollen, Scully,„ fuhr er fort,
dunkel wahrnehmend, dass er an diesem Punkt brabbelte. „Ich habe so viel Zeit
vergeudet. Wir beide haben es getan. Du weißt, Scully, es hätte dich nicht
umgebracht, wenn du es zuerst gesagt hättest.„ Er biss
sich auf die Lippe angesichts seiner gedankenlosen Wortwahl. Nicht dass sie ihn
überhaupt zu hören schien. „Du bist diejenige, die mir die Augen öffnen sollte,
richtig? Nur dieses eine Mal hast du deinen Job nicht erledigt. Dieses eine Mal
hast du mich nicht darauf hingewiesen, was genau vor meiner Nase lag und ausgerechnet
das musste so etwas wichtiges sein.„
„Mulder...„
Ihr leises Stöhnen unterbrach ihn. „Worüber... worüber brabbelst du?„
Er
lachte erleichtert und strich ihr die Haare aus der Stirn. „Willkommen zurück.„
„Zurück
von wo?„ fragte sie irritiert.
„Du
warst ungefähr eine Minute nicht klar – du dachtest, du wärst wieder im Krankenhaus,
Jahre zurück... als du Krebs hattest.„
„Oh
Gott,„ stöhnte Scully schwach. „Tut mir leid, wenn ich
dich erschreckt habe.„
„Das
ist in Ordnung. Jetzt bist du besser drauf.„ Wieder
drückte er sanft ihre Hand. „Ich hole dir eine neue Kompresse – bin gleich
zurück.„ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und dann
lief er zum Waschraum mit einem erleichterten Lächeln auf seinem Gesicht.
Er
war gerade damit fertig, das Shirt in kaltem Wasser nass zu machen, als sie
sich auf ihn stürzten.
Mulder
kämpfte mit all der Präzision und der Geschicklichkeit, die ihn die letzten
drei Jahre gelehrt hatten, ganz zu schweigen von seiner FBI-Ausbildung, aber
manchmal konnte man nur wenig tun gegen brutale Gewalt. Sie waren zu dritt und
er war allein, und jeder von ihnen wog sehr viel mehr als er.
Und
allzu schnell umgab ihn Dunkelheit.
Als
eine halbe Stunde vergangen war und Mulder immer noch nicht vom Waschraum
zurück war, schlug Scullys Angst in totale Panik um. Unglücklicherweise gab es wenig, was sie
dagegen tun konnte, wenn man bedachte, dass sie kaum atmen konnte, ohne vor
Schmerzen zu keuchen. Was konnte ihm passiert sein? Er würde nicht entscheiden,
auf eine improvisierte Erkundungstour zu gehen, ohne ihr vorher bescheid zu
geben. Und wenn er auf Bishop getroffen wäre, hätte er den Mann mit sich hierher zurückgebracht.
Mulder
musste in Schwierigkeiten stecken. Was, wenn er entdeckt worden war? Erwischt?
Den Kolonisten übergeben?
Und
was war mit ihr? Wenn Mulder gefasst worden war, würde Bishop
dann Angst bekommen haben und ihr nicht helfen, das Schiff zu verlassen? Sie würde
es wahrscheinlich nicht allein schaffen, hier herauszukommen. Scully versuchte,
sich auf die Ellbogen zu stützen, um ihre Kräfte einzuschätzen, aber sie war
nur in der Lage, für dreißig Sekunden in dieser Position zu verbleiben, bevor
sie zurück auf die Decke fiel, schwer atmend und schwitzend und vor Schmerz
wimmernd.
Scully
versuchte, sich selbst davon zu überzeugen, dass Bishop
nach ihr sehen musste. Musste er nicht? Konnte Rico einen seltenen Fehler
gemacht haben, als er diesen verschlossenen Mann für diese Mission aussuchte? Eigentlich hatte sie keine Möglichkeit
gehabt, selbst ein paar Informationen über Bishop
einzuholen, wie sie es routinemäßig mit neuen Rekruten oder Kontaktpersonen
tat. Vielleicht war Rico nicht der einzige, der diesmal einen Fehler gemacht
hatte.
Oh
Gott Mulder, dachte sie verzweifelt, bitte, bitte sei in Sicherheit. Ich weiß
nicht, ob ich das hier allein tun kann.
Mulder
wachte mit hämmernden Kopfschmerzen auf und einem überraschenden Sonnenstrahl,
der ihm in die Augen schien – und der seinem pochenden Schädel nicht half.
Langsam setzte er sich auf, bewegte seinen Kopf so wenig wie möglich und
versuchte, seine Umgebung aufzunehmen.
Die
Kabine war winzig, nur mit der Koje, auf der er saß, einer Toilette, einem Waschbecken
und einem hässlichen hölzernen Nachttisch mit einer Tasse Wasser darauf
ausgestattet. Das Bullauge über seinem Kopf hatte Eisenstäbe, die den Blick
einengten. Mit sich zusammenziehendem Magen erkannte er, dass er im Bunker war.
Okay,
Spooky, wie willst du hier herauskommen?
Eigentlich
ging es darum, wie er Scully hier herausbringen konnte. Sie war zu schwach und
krank, um allein irgendwo hinzugehen, und er vertraute Bishop
nur so weit, wie er ihn sehen konnte, ungeachtet Scullys Glauben in Rico.
Mulder war der einzige, der eine Chance hatte, Scully lebend nach Greenland zu bringen. Und er würde sie nicht im Stich
lassen. Nicht noch einmal.
Mulder
inspizierte jeden Zentimeter der kleinen Kabine, suchte vergeblich nach etwas,
das man als Waffe benutzen konnte oder womit man das Schloss knacken konnte,
aber er fand nichts. Als er neugierig aus dem Bullauge spähte, sah er nichts
als blaues Meer in alle Richtungen. Schließlich hämmerte er halbherzig gegen
die Tür, er wollte insbesondere keine Konfrontation mit wer auch immer ihn hier
festhielt, aber verzweifelt, dass etwas passierte. Keine Reaktion. Er stieß
einen leisen Fluch aus und setzte sich zurück auf die Koje, frustriert auf
seiner Unterlippe kauend. Wenn sie erst einmal Greenland
und den nächsten Außenposten der Kolonisten erreicht hatten, war er ein toter
Mann. Deswegen machte er sich nicht so viele Sorgen, aber er sollte verdammt
sein, wenn er Scully mit ins Verderben riss.
Mulder
hatte gerade zum fünften Mal die Länge und Breite des Bunkers durchkämmt, als
er das Geräusch eines Schlüssels hörte, der ins Schloss gesteckt wurde. Er
setzte sich zurück auf das Bett und versuchte, so unschuldig wie möglich
auszusehen.
Ein
hochgewachsener, stämmiger Mann unbestimmbarer Herkunft füllte den Türrahmen
aus, der hitzige Ausdruck auf seinem Gesicht wurde betont durch seinen
drahtigen, schwarzen Vollbart und seine buschigen Augenbrauen. „Wer sind Sie?„ fragte er ohne Einleitung mit grollender Stimme voll von
einer Art osteuropäischem Akzent.
„Greenpeace,„ antwortete er ohne nachzudenken, dann wappnete er sich,
als der Mann mit großen Schritten auf ihn zukam. Mom hat immer gesagt, dass mich
meine große Klappe in Schwierigkeiten bringen würde...
Sein
Eroberer studierte ihn einen Moment lang und Mulder zwang sich, dem größeren
Mann in seine dunklen Augen zu sehen, ohne zurückzuweichen. Dann, mit ruhiger,
beinahe zwangloser Miene schlug er Mulder mit seinem Handrücken ins Gesicht.
Mulder
fiel zurück aufs Bett, vor Schmerz taumelnd, und tastete mit der Hand nach
seinem Mund. Der kupferartige Geschmack von Blut badete seine Zunge; er hoffte,
dass er ihm nicht die Nase oder den Wangenknochen gebrochen hatte. Er lag
einfach da, versuchte seinen Atem ruhig zu halten und schluckte den Schwall von
Flüchen, der hervorzubrechen drohte, herunter.
„Sie
werden uns sagen, wer Sie sind und was Sie hier machen,„
sagte der Mann und seine Finger zuckten. „So oder so. Und wenn wir es nicht herausbekommen,
bis wir Nuuk erreichen, dann werden die Kolonisten
mehr als glücklich sein, es selbst herauszufinden.„
Mulder
starrte auf die grobe Decke herab und lehnte den Köder ab.
„Mit
wem treffen Sie sich in Greenland? Leute vom
Widerstand?„
Ein
verachtungsvolles Schnaufen war Mulders einzige Reaktion.
„Sehr
gut. Ich werde in Kürze zurück sein. Sie sollten bis dahin Ihren Standpunkt
überdenken, oder Sie werden die Konsequenzen vielleicht nicht mögen.„ Er verließ den Raum und schloss die Tür mit einem
widerhallenden Klang hinter sich.
Gut,
ich werde in die Mangel genommen, dachte Mulder. Er wusste aus eigenem Erleben,
dass er unter Folter nicht sehr lange durchhielt. Natürlich war er nie zuvor
gefoltert worden, wenn Scully in Gefahr war und er vermutete, dass ihm das in
seiner Motivation lange Zeit helfen würde. Er stand auf und stolperte zum
Waschbecken, spuckte Blut auf das weiße Porzellan, dann spülte er seinen Mund
mit dem Wasser aus dem Wasserhahn aus. Er betastete seine Nase und sein Gesicht
und war erleichtert herauszufinden, dass nichts gebrochen schien. Dann
untersuchte er seinen Mund mit der Zunge und entdeckte, dass ein Backenzahn
lose war. Wunderbar. Irgendwie glaubte er nicht, dass er so schnell zahnärztliche
Hilfe erhalten würde.
Nuuk. Der stämmige
Mann hatte gesagt Nuuk. Das war nicht ihr planmäßiger
Stop – Nuuk war die kleine
Insel vor der Küste, die als Basis der Kolonisten für ihre Aktionen dort
diente, dürftig wie sie war. Skinner und der Rest hatten ihr Lager irgendwo an
der Küste der Hauptinsel aufgeschlagen, hatte Scully gesagt. Wohin sie
weiterfahren würden nach dem kurzen Boxenstop, um ihn den Wölfen zum Fraß
vorzuwerfen, oder sie würden in Nuuk bleiben, bis
Scully mehr und mehr krank wurde und...
Nein.
Er lehnte es ab, auch nur daran zu denken.
Mulder
setzte sich zurück auf die Koje, vergrub sein Gesicht in seinen Händen und
wünschte flüchtig, dass er noch an einen Gott glauben würde.
Scully
tauchte in ein Meer von Feuer, ihr Kopf dehnte sich aus wie ein Heißluftballon
und die Wunde an ihrer Hüfte pochte in einem schmerzhaften Rhythmus. Sie griff
nach einem Glas Wasser und schaffte es nur, es über sich auszuschütten. Sie
wimmerte, als sie durch den Schleier ihres Fiebers erkannte, dass sie nicht in
der Lage sein würde, sich selbst neues Wasser zu besorgen, und verfluchte sich
für ihre Hilflosigkeit.
Rico.
Wo war Rico? Warum war er nicht hier?
Nein,
nicht Rico, erinnerte sie sich. Mulder. Mulder war hier irgendwo, nicht wahr?
Er war gegangen, um ihr kaltes Wasser zu holen, oh, sie wollte das kalte Wasser
so sehr, brauchte es, um ihre brennende Haut zu beruhigen.
Ein
Geräusch an der Tür fesselte ihre Aufmerksamkeit und sie versuchte, ihren Kopf
zu heben, um zu sehen, wer dort war, aber es nützte nichts. Sie war zu schwach.
Die Tür wurde geöffnet und sie hörte Schritte auf dem kalten, harten Boden, die
sich ihr näherten.
„Mulder...?„
Aus
irgendeinem Grund hatten Mulders Fänger beschlossen, ihn für den Rest der Reise
nicht weiter zu verhören. Augenscheinlich nahmen sie an, dass die Kolonisten
das besser selber konnten, oder sie wollten es nicht darauf ankommen lassen,
etwas zu zerstören, was womöglich eine wichtige Ladung war.
Er
würgte ein bitteres Lachen ab. Oh, wenn sie wirklich wüssten, welch kostbare
Ladung sie mit sich führten...
Mulder
verbrachte zwei Nächte in diesem kleinen Raum, die Monotonie des sich Sorgens
um Scully und des Wartens auf sein Schicksal nur unterbrochen durch periodische
Besuche eines anderen Osteuropäers, gebaut wie ein Schrank, der ihm
Konserventhunfisch zum Essen brachte. Mulder entschied, dass er nie wieder
Fisch essen würde, wenn er mit dem Leben davon käme.
Am
dritten Morgen seiner Gefangenschaft enthüllte ihm sein täglicher Blick aus dem
Bullauge eine felsige, imposante Insel, die sich vor ihnen abzeichnete. Nuuk. Ein mittelgroßes Raumschiff blockierte einen Teil der
Sonne, während es über dem Horizont hing, das Licht glitzerte auf der Metalllegierung
seines Rumpfes. Sein Herz rutschte irgendwo in die Knie, als ihm die Realität
der Situation mit aller Härte klar wurde. Hier würde er sterben. Und mehr noch,
Scully auch.
Vorwärts,
Mannschaft.
Als
sie kamen, um ihn einzusammeln, wehrte er sich, ging den ersten aus der Crew an
und versetzte dem zweiten ein paar deftige Schläge, aber der dritte hatte einen
Baseballschläger dabei. Er hatte keine Chance.
Der
letzte Gedanke, den er hatte, bevor er bewusstlos wurde, war, dass er Scully
letztlich doch wieder im Stich gelassen hatte. Und wahrscheinlich zum letzten
Mal.
Jemand
half Scully, einen Schluck Wasser zu trinken, aber sie konnte nicht herausfinden,
wer es war. Alles war verschwommen, als wenn sie die Welt durch Vaseline sehen
würde. Dankbar schluckte sie die lauwarme Flüssigkeit herunter und sank zurück
auf die Decke. Beneidenswert kalte Finger berührten die Innenseite ihres
Handgelenks. „Mulder...„
„Mulder
ist nicht hier,„ sagte die tiefe Stimme. „Schlaf jetzt.„
Scully
schloss die Augen und konnte nicht die Kraft aufbringen, nicht zu gehorchen.
Als
Mulder wieder zu sich kam, fand er heraus, dass er bereits ins Hauptquartier
der Kolonisten gebracht worden war. Er erkannte es augenblicklich an dem
organischen Charakter der Zelle, in der er festgehalten wurde; die Wände waren
porös und grün und schienen mit einer dünnen Schicht von Schleim bedeckt zu
sein, obwohl sie sich trocken anfühlten. Er lag auf einer dünnen Metallplatte,
die aus der Wand herausragte und das diffuse Oberlicht hatten
einen warmen gelben Ton. Aber der kälteste Teil war die vollkommene Stille.
Kein Summen künstlichen Lichts, keine Geräusche von draußen, nichts das auf die
tägliche Routine des Lebens hinwies. Es war, als wäre man in einem Grab
gefangen. Worin, wie er bitter dachte, dieser Raum wahrscheinlich enden würde.
Der
plötzliche Gedanke an Scully verschlug ihm den Atem. War sie in Sicherheit? War
sie überhaupt noch am Leben? Sie war so krank gewesen, als er sie das letzte
Mal sah, und ohne jemanden, der ihr die nötigen Antibiotika gab, würde es ihr
wahrscheinlich schnell schlechter gehen.
Natürlich, wenn die Kolonisten es schafften, ihren Aufenthaltsort aus
ihm herauszubekommen, würde es in jedem Fall sinnlos sein. Er hatte Geschichten
über die Verhörmethoden der Kolonisten gehört und die Erinnerung daran sandte
Kälteschauer über seinen Rücken und eine kalte Faust drückte seinen Magen
zusammen.
Er
musste gegen sie kämpfen. Scullys Leben hing davon ab – wenn sie nicht bereits
tot war.
Die
Tür glitt geräuschlos auf – er hatte nicht einmal bemerkt, dass dort ein Spalt
in der Wand war, bevor sie sich zur Seite bewegte – und zwei Kolonisten
betraten den Raum. Ihre eiförmigen, schwarzen Augen schauten ihn ausdruckslos
an, aber er konnte die Bosheit spüren, die ebenso von ihnen ausging. Der erste
streckte einen dürren Arm nach ihm aus, die gestreckten Finger griffen in die
Luft.
//Du
wirst mit uns kommen,// erklang die Stimme in seinem
Kopf und plötzlich wusste er von dem Schatten von Braun, den die Worte in
seinem Kopf erzeugten, dass das Geschöpf männlich war.
Mulder
ballte die Fäuste an seiner Seite. „Ich werde Ihnen nichts sagen,„ fühlte er das Bedürfnis, zu sagen. Ein kühner Akt im
Angesicht des Unausweichlichen.
//Du
wirst uns alles sagen,// entgegnete der erste Alien
leidenschaftslos, während der Kolonist hinter ihm seine Laserwaffe auf Mulder
richtete.
Der
Betäubungsblitz, der Mulder genau in die Brust traf, ließ ihn zuckend und
bewegungsunfähig zurück, während die Aliens ihn aus
der Zelle trugen und in das bereitstehende Verhörzimmer brachten.
Scully
spürte, dass sie getragen wurde, aber sie konnte nicht klären, ob es tatsächlich
Wirklichkeit war, was sie erlebte oder eine Art durchsichtiger Traumzustand.
Sie hatte gehofft, dass es Mulder war, der sie hielt, aber der männliche
Körper, der gegen sie gepresst war, war zu mager, die Brust nicht breit genug.
Sie wusste, dass sie draußen war, und dass es dunkel und still war.
Und
dann hörte sie eine Stimme, die irgendwie den Nebel, der ihr Gehirn einhüllte,
durchdrang, eine Stimme, die sie lange nicht gehört hatte.
„Jesus,
was ist mit ihr passiert?„
„Skinner...,„ murmelte sie und griff blind nach ihm. Sie spürte, wie
seine große, raue Hand ihre nahm.
„Wurde
verwundet. Infiziert. Krank,„ kam die lakonische
Erwiderung von irgendwo über ihrem Kopf.
„Wo
ist Mulder?„ fragte Skinner. Sie spürte, wie ihr
Körper von einer Umarmung in die andere genommen wurde, während Skinner sie an
sich zog. Sie bewegten sich nun schnell, Schwaden kalter Nachtluft wie eisige Stachel auf Scullys glühender Haut.
„Mulder...
kann ihn nicht zurücklassen... Mulder,„ stöhnte sie an
seiner Brust.
„Wurde
gefangen genommen,„ erwiderte der Mann, den sie
schließlich als Bishop erkannte. „Haben ihn zu den
Kolonisten auf Nuuk gebracht.„
Scullys
Augen flogen auf, als Bishops Worte durch den
Schleier von Schmerz drangen. „Was? Mulder! Nein! Wir müssen ihm helfen...„ Sie
krümmte sich in Skinners Armen, Terror legte sich um ihr Herz. „Skinner, nein,
bitte, wir müssen Mulder retten. Sie werden ihn umbringen...„
„Dana,
beruhige dich,„ befahl Skinner. „Wir werden Mulder
dort herausholen. Aber du musst dich jetzt ausruhen, okay?„
„Mulder...„
protestierte sie schwach, aber ihr Ausbruch hatte ihr all ihre Kraft geraubt,
und unwillkürlich glitt sie zurück in einen ungleichmäßigen Schlummer.
Mulder
kauerte in einer Ecke seiner Zelle und konzentrierte sich auf das Atmen, sog
die Luft tief in seine Lungen, dann atmete er lang und gleichmäßig aus. Lass
deinen Geist nicht wandern. Erinnere dich nicht an das, was sie dir angetan
haben. Denk nicht an Scully.
Sein
Gehirn fühlte sich wie eine Pfütze Schmiere an, die aus seinen Ohren lief und
sein Blick war an den Rändern immer noch nicht klar. Die Aliens
hatten seinen Geist genommen, ihn von innen nach außen gedreht und ihn dann nach
draußen zum Trocknen gehangen. Er grub seine Fingernägel in seine Handflächen,
dann biss er sich auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte und konzentrierte
sich auf den Schmerz als einen Anker der Realität. Seine Kehle war trocken und
rau vom Schreien und das Blutrinnsal auf seiner Zunge ließ ihn husten, bis er
würgte.
Die
Bilder, die sie in sein Gehirn injiziert hatten, flatterten sporadisch durch
sein Gedächtnis: alptraumhafte Gräuel, der Körper seiner Schwester zerstört und
verstümmelt, Scully lebendig gehäutet...
Mulder
schlug gegen die Wand mit all seiner Kraft und schrie auf, als er spürte, wie
ein Knochen in seiner Hand brach. Er brach auf dem Boden zusammen und rollte
sich in Fetusstellung zusammen, konzentrierte sich wieder auf seine Atmung und
klammerte sich an einen Gedanken.
Wenn
sie dich immer noch quälen, bedeutet das, dass sie Scully nicht gefunden haben.
Dieses Mantra war die einzige Sache, die ihn vor dem Wahnsinn
bewahrte.
Die
Zellentür glitt auf und drei Kolonisten traten schweigend ein und näherten sich
ihm mit ihren kleinen, gleichmäßigen Schritten. Es erschreckte ihn, ein Winseln
zu hören, das aus seinem Mund drang und er schluckte ein Schluchzen herunter.
„Nein...„ flüsterte er. „Nicht noch einmal...„ Er rollte sich noch mehr
zusammen und hielt sich die Arme vors Gesicht.
Sie
beugten sich herunter und packten ihn grob an den Ellbogen, dann begannen sie
ihn über den Boden zu schleifen, seinen Protest außer Acht lassend. „Nein,„ schrie er. „Nicht noch mehr, bitte, ich *kann* nicht...„
Als
sie schließlich wieder den Verhörraum erreichten, war sein Flehen zu sinnlosem
Schreien degeneriert.
„Du
siehst schon viel besser aus.„
Scully
schaffte es, Skinner ein schwaches Lächeln zu schenken. „Das sind die
Medikamente. Sie täuschen.„
Skinner
grinste, dann setzte er sich auf den Matratzenrand und blickte verstohlen auf
die piependen Monitore zu beiden Seiten des Bettes, während er das tat. Scully
musste zugeben, dass sie beeindruckt war von der medizinischen Ausrüstung, die
sie hier zusammengebaut hatten. Wenn sie es nicht besser wüsste, hätte sie
geschworen, dass sie Patientin in einem wirklichen Krankenhaus war und nicht
bei irgendeinem erschöpften Widerstandsführer in einer verlassenen Grundschule
in Narsaq, Greenland. Der Venentropf in ihrer Hand war allzu
authentisch und sogar der Arzt, der nach ihr sah, pflegte einen Hauch von
Professionalismus, der beinahe unter den gegebenen Umständen fehl am Platze
schien. Und es gab die erstaunliche Tatsache, dass der erwähnte Arzt es
geschafft hatte, ad hoc eine Hauttransplantation an Scullys Hüfte vorzunehmen.
Es schmerzte unerträglich, aber wenigstens würde es verdammt viel besser
aussehen, als wenn es man es vernarben hätte lassen.
„Ernsthaft,
wie fühlst du dich?„ bestand Skinner darauf, zu
erfahren.
„Mir
geht es gut. Im Moment mache ich mir viel mehr Sorgen um Mulder,„ erwiderte sie grimmig.
Er
nickte und sie sah etwas über sein Gesicht huschen, aber es war sofort wieder
weg. „Ich werde ein Team zusammenstellen, um ihn da rauszuholen. Aber es wird
eng werden. Wir haben niemals jemanden erfolgreich retten können von einem
Außenposten der Aliens.„
„Nun,
dann wird es das erste Mal sein, nicht wahr?„
Er
sah sie nicht an. „Das wird es.„
Sie
legte ihre Hände auf ihren Bauch, als wenn das irgendwie die Schmetterlinge
daran hindern könnte, darin herumzuflattern. Sie hatte Geschichten davon
gehört, was man Gefangenen der Kolonisten angetan hatte. Wenn auch nur die Hälfte davon wahr war...
Sie schloss ihre Augen, ihr war plötzlich schwindlig bei dem Gedanken an Mulder
in den Klauen der Aliens. Verletzt, vielleicht sogar
schon tot. Nein. „Wann macht ihr euch auf den Weg?„
Skinner
sah sie wieder an. „Morgen Nacht.„
„Morgen?„ fragte sie, ihre Stimme wurde laut. „Skinner, er ist dort
schon zwei Tage. Wir können von Glück reden, wenn er nicht... wenn er nicht...„
Sie brachte es nicht fertig, es zu sagen, verlegte sich stattdessen darauf, Skinner
den abscheulichsten Blick zuzuwerfen, den sie fertigbrachte.
Der
zuckte zusammen. „Wir müssen das sehr sorgfältig planen. Es ist nicht irgendein
Überfall wegen Konserven oder auch Waffen. Das geht genau ins Herz der Bestie.
Eine falsche Bewegung und wir sind alle tot. Das weißt du. Scheiße, das ist
Wissen aus dem ersten Jahr an der Akademie, Dana.„
Er
hatte recht. Natürlich hatte er recht. Und vor einem Monat hätte sie ihm sofort
zugestimmt. Aber nun war alles, was zählte, den Mann, den sie liebte in einem
Stück zurückzubekommen. Sie seufzte. Sie wurde definitiv weich. Zu blöd.
Aber
sie hatte immer noch die Verantwortung und Skinner tat gut daran, sich daran zu
erinnern. „Ich möchte, dass du die gesamte Aktion mit mir durchgehst, bevor du
irgendwohin gehst,„ sagte sie in ihrer besten Kommandostimme.
„Ich habe das letzte Wort, wie die Sache vonstatten geht und ja, das ist ein
Befehl. Alles klar?„
Sein
Kiefer arbeitete. „Ja, Ma’am.„
Scully
lehnte sich zurück in die Kissen, plötzlich unglaublich müde. „Gut. Dann geh
jetzt, bitte.„
Skinner
atmete heftig aus, protestierte aber nicht. Seine Schritte klangen schwer und
laut auf dem Linoleum, als er hinausging.
Scully
schloss die Augen und versuchte, nicht an eine Welt ohne Mulder zu denken. Die
hatte sie vorher gehabt. Und sie sollte verdammt sein, wenn sie die wieder
haben sollte.
Die
heulenden Sirenen brachten Mulder dazu, vor Schmerz zu schreien und sich die
Hände auf die Ohren zu pressen. Was war passiert? War das irgendeine neue Form
von Folter? Hatten sie von ihren ausgeklügelten Kopfsonden abgelassen und
wandten nun etwas einfacheres an? Ohne einen zusammenhängenden
Gedanken fand er sich unter der Metallplatte, die ihm als Bett diente,
zusammengerollt und versuchte, der Quelle des Geräuschs zu entkommen. Er rollte
sich in Fetusposition zusammen, die beinahe seine stetige Lage geworden war und
betete darum, dass einfach alles... vorbei wäre.
Als
die Tür aufglitt, füllten sich seine Augen mit
Tränen. Sie kamen wieder zu ihm. Und es gab keine Möglichkeit, dass er diesmal
in der Lage war, irgend etwas vor ihnen zu verbergen.
Seine Abwehr war schließlich vollkommen zerstört worden. Er hoffte nur, dass
wenn Scully wirklich tot war, es ihm erlaubt war, sich ihr bald zuzugesellen.
„Wo
zur Hölle ist er?„ erklang eine klare menschliche
Stimme. Ein Hauch von Hoffnung lief über Mulders Rücken.
„Da.
Unter der Koje.„ Ein anderer Mensch?
Mulder
drehte den Kopf und sah ein Paar Stiefel direkt vor seinem Gesicht. Aliens trugen
neuerdings Schuhe? Hä? „Bitte, lassen Sie mich allein,„
schaffte er zu krächzen.
Das
nächste, was er sah, war das letzte, was er erwartet hatte zu sehen: ein
vertrautes Gesicht, obwohl er es nicht einordnen zu können schien. In seinem
Kopf schwammen Bilder und namenlose Gräuel, während er nach der Antwort suchte.
Er gab auf, schloss seine Augen, rammte seinen Kopf sanft gegen den Boden und
konzentrierte sich stattdessen auf den Schmerz. Wenn es wehtut, bin ich immer
noch am Leben...
„Mulder,
ich bin es, Walter Skinner. Wir holen Sie hier raus. Können Sie hervorkommen?
Können Sie stehen?„
Er
hörte auf, sich selbst zu quälen und blickte den Mann wieder an. Skinner hatte
er gesagt. Er war... „Skinner?„ fragte er leise und
wagte nicht, es zu glauben.
Erleichterung
zeigte sich in den Augen des älteren Mannes. „Ja Mulder, Ihr alter Boss,
erinnern Sie sich? Nun befehle ich Ihnen, da unten vorzukommen. Wir haben nicht
viel Zeit. Oder wollen Sie, dass die Schleimlinge uns finden, bevor wir Sie
hier herausbringen können?„
Bei
dem Gedanken daran, wieder in den Klauen der Aliens
zu sein, zwang sich Mulder zum Handeln. Er biss die Zähne zusammen und kroch
auf Händen und Knien unter der Koje hervor. Skinner half ihm, aufzustehen, aber
er schwankte unbeständig hin und her.
„Jesus,
sehen Sie ihn an,„ meinte ein weiblicher Soldat.
„Halt
die Schnatter und dann los,„
schnappte Skinner. „In Ordnung Mulder, mal sehen, ob mein Gewichtheben sich
bezahlt macht.„ Er bückte sich und warf sich Mulder in
Feuerwehrmannsart über die Schulter. Mulder kämpfte eine Welle von Übelkeit
nieder, als der Boden ihm entgegenzukommen schien und sein Blick verschwamm.
„Deckt
mich, Leute,„ forderte Skinner.
Die
Flucht aus dem Hauptquartier der Aliens heraus lief
in einem lauten, unharmonischen und verschwommenen Bild vorbei von Mulders
vorteilhaftem Punkt aus. Das Zischen von Laserfeuer, das blutgerinnende
Geräusch der Schmerzensschreie von Menschen und Aliens,
der Gestank von verbranntem Fleisch – er war sich nicht sicher, ob das alles
überhaupt real war oder nur eine neue Taktik der Aliens,
um seinen verwundbaren Geist zu quälen.
„Bewegung
Leute, Bewegung, Bewegung!„ schrie Skinner und als
sich seine Schritte beschleunigten, glaubte Mulder wirklich, ihm würde schlecht
werden. Er kniff die Augen zusammen und versuchte, sich nicht zu übergeben.
Als
er seine Augen wieder öffnete, entdeckte er ein Lasergeschoss beinahe direkt
vor seinem Gesicht und zuckte zusammen angesichts der Hitze, die das Ding an
seiner Haut erzeugte. Das Bild von Scullys verbranntem Fleisch unter seinen
Händen drang in sein Gehirn und er kämpfte darum, es loszuwerden, ohne Erfolg.
„Herr
im Himmel,„ hörte er Skinner von irgendwo über ihm
murmeln. Sein alter Boss schoss herum – Mulder kam das Essen wieder hoch – und
feuerte eine Lasersalve ab. Aus den Augenwinkeln sah Mulder die graue Gestalt
zu einem zerfallenen Haufen zusammenfallen. Er erlaubte sich ein grimmiges Lächeln,
bevor er schließlich bewusstlos wurde.
Der
Tumult auf dem Flur vor ihrem Zimmer weckte Scully aus einem unruhigen Schlaf.
Sie blinzelte in der Dunkelheit und fand sich zurecht, als sie Skinners Stimme
vernahm, die einen Befehl brüllte. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Sie zerrte an
dem Venentropf an ihrer Hand, riss ihn heraus und warf in auf das Bett. Dann
schwang sie die Beine über die Bettkante und stellte sich langsam auf die
Beine. Zuerst schwankte sie, aber nachdem sie angehalten hatte, um ein paar
tiefe Atemzüge zu nehmen und sich zu festigen, fühlte sie sich gut genug, um
sich zu bewegen. Sie stolperte hinaus auf den Flur.
Eine
Gruppe von Frauen und Männern, die Skinner bei dem Überfall begleitet hatten,
hatten sich im Türrahmen des Zimmers neben ihrem versammelt. Ungeachtet ihres gemurmelten Protestes
drängte sie sich an ihnen vorbei.
Das
Zimmer war beinahe identisch mit dem, in dem sie lag: Monitore, Tropfständer,
ein Bett mit Seitengittern. Skinner und Dr. May beugten sich über die stille,
dunkle Gestalt auf dem Bett.
„Mulder?„
Skinner
und Dr. May drehten sich zu ihr um. „Sie sollten im Bett sein, Dana,„ sagte Dr. May vorwurfsvoll. Scully starrte die ältere
Frau nur an und fegte an ihr vorbei, ihre Gedanken waren auf die dunkle Gestalt
auf dem Bett konzentriert.
Es
war Mulder, dunkle Ringe unter seinen geschlossenen Augen, Kerben an seinen
Händen, fettige Haare, eine böse Schnittwunde an der Lippe. Sie spürte die
Tränen kommen, als sie ihm das Haar aus der Stirn strich und zärtlich seine
Wange liebkoste. „Was haben sie dir angetan?„
flüsterte sie und betrachtete sein Gesicht.
„Er
war völlig durcheinander, als wir ihn fanden,„ sagte
Skinner leise. „Zu einem Ball zusammengerollt unter seiner Koje, ohne
Reaktionen, desorientiert... sie haben einen Bombenjob an ihm geleistet.„
Scully
blickte Dr. May scharf an. „Wird er wieder in Ordnung kommen?„
Die
Ärztin steckte die Hände in die Taschen ihres Laborkittels und sah Scully
unbehaglich an. „Physisch ist er in Ordnung, nur unterernährt und ausgetrocknet.
Mental...„ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Dana. Nur die Zeit
wird es zeigen.„
Scully
lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Liebhaber, der sich zu bewegen
begann. „Mulder? Mulder, ich bin es. Du bist jetzt in Sicherheit, niemand wird
dir mehr wehtun...„
Seine
Augenlider flatterten, dann öffneten sie sich. Sein Blick war leer, bis er sich
mit Mühe auf ihr Gesicht zu konzentrieren schien. Sein Mund arbeitete und er
leckte sich die Lippen. „Sc... Scully?„
Scully
blinzelte heftig, die Tränen liefen über ihre Wangen. „Ja, ich bin es. Gott sei
Dank bist du in Ordnung...„ Sie beugte sich über ihn und legte ihren Kopf auf
seine Brust. Das Schlagen seines Herzens war die lieblichste Musik, die sie
jemals gehört hatte. Sie atmete ihn ein und flüsterte ein lange vergessenes
Gebet aus dem Katechismus. Einen Moment später spürte sie seine Hand, die sich
auf ihren Hinterkopf legte und ihr Haar fest griff.
Auch
nachdem Skinner und Dr. May das Zimmer verlassen hatten, verweilten sie so noch
lange, lange Zeit.
Mulder
wanderte durch die Korridore der alten Schule, machte sich mit dem Terrain
vertraut und versuchte vorzugeben, dass alles einfach in Ordnung war. Dr. May
hatte ihm gesagt, dass sie keinen Grund sah, ihn im Bett zu halten, da er
physisch in Ordnung war und da es keinen Psychiater auf dem Gelände gab, gab es
leider verdammt wenig, was sie tun konnte, außer ihm ein freundliches Ohr zu
schenken und ihm vielleicht ein paar Antidepressiva zu verabreichen, wenn er
glaubte, dass er sie braucht. Mulder versicherte ihr, dass im Grunde die am
meisten qualifizierte Person, um mit seinem Problem umzugehen in der Tat er
selbst war, und wenn er glaubte, er bräuchte ein paar Glückspillen, würde er es
sie wissen lassen. Und dann drehte er sich um und ging aus dem Zimmer, weil er
plötzlich davon überzeugt war, dass kleine Spinnen über ihr Gesicht liefen.
Die
Halluzinationen waren ärgerlicher als alles andere, er wusste, dass sie nur das
waren: gefälschte Visionen, aber es fiel ihm manchmal schwer, den mehr viszeralen Teil seiner Psyche davon zu überzeugen. Skinner
behauptete, er hätte gehört, dass die Halluzinationen mit der Zeit
verschwanden, aber er war sich nicht sicher, welche Art von Zeitrahmen man
erwarten musste. Scully hatte er nichts
davon erzählt, obwohl er das Gefühl hatte, dass Skinner sie über jeden seiner
Schritte unterrichtete.
Skinner.
Er war überrascht gewesen von seiner Reaktion auf den Mann; als er ihn das
erste Mal, nachdem er gerettet worden war, gesehen hatte, war Mulders erster
Gedanke nicht Dankbarkeit, sondern eher, dass Scully mit ihm schlief. Nein, um
genauer zu sein, mit ihm geschlafen hatte. Er hatte zuerst mit Scully
geschlafen. Ziemlich territorial von ihm und oh so reif.
Skinner
schien genauso misstrauisch zu sein und schätzte ihn mit offensichtlichem
Misstrauen ab und überwachte seine Reaktionen. Gut, verdammt. Entweder sie
würden in der Lage sein, zusammenzuarbeiten oder nicht. Scheiße.
Er
hielt in der Bewegung inne und erkannte, dass sein sinnloses Umherwandern ihn
von dort fernhielt, wo er wirklich sein wollte: Scullys Zimmer. Seit er
gerettet worden war, hatten sie so viel Zeit miteinander verbracht wie möglich,
wenigstens so viel, wie Dr. May jedem von ihnen erlaubte. Es war, als ob sie
die ständige Bestätigung brauchten, dass sie beide in Sicherheit und am Leben
und zusammen waren. Es war der Gedanke an Scully, der es ihm jeden Morgen
erlaubte, aufzustehen und seine Augen am Abend zu schließen, trotz der
Alpträume, die bestimmt kamen. Es musste ihm wieder besser gehen, und wenn es
nur dazu diente, für sie da zu sein, ihr bei ihrer Suche zu helfen, wie sie
einst ihm bei seiner geholfen hatte.
Er
seufzte müde und lief zu ihrem Zimmer.
„Also,
wann kommst du aus diesem Bett raus?„ fragte Mulder.
Scully
lächelte schwach angesichts Mulders Versuch, normal zu
sein. „Morgen, wurde mir versprochen, obwohl ich mich bereits gut fühle. Dr.
May ist ein richtiger Tyrann.„
„Das
habe ich bemerkt.„
Scully
betrachtete ihn kritisch, als er sich in den Sessel neben ihrem Bett warf. Er
sah immer noch verdammt schlecht aus, obwohl sie sich eher die Zunge abbeißen
würde, als es ihm zu sagen. Die dunklen Ringe unter seinen Augen waren immer
noch nicht verschwunden, nicht einmal jetzt, eine Woche später, und sie
fürchtete, dass die Zerstörung, die die Kolonisten an seiner Psyche begangen
hatten, nicht mehr zu reparieren war. Sie eilte beinahe jede Nacht an seine
Seite, wenn er im Schlaf schrie, und selbst die stärksten Medikamente, die Dr.
May ihm widerwillig in dem Versuch, seine Träume zu unterdrücken, verabreichte,
waren nicht sehr hilfreich.
Mulder
lehnte es ab, darüber zu sprechen, was ihm passiert war, er gab nur zu, dass
die Aliens sein Gehirn mit grausamen Bildern jenseits
der schlimmsten Vorstellungen von jedermann infiltriert hatten, in dem Versuch,
Informationen aus seinem Kopf zu bekommen. Er beschrieb es damit, in einem Bosch-Gemälde
zu stecken, aber mit dem vollen Wissen, dass man es alles auf sich selbst
bezog. Scully unterdrückte ein Zittern bei der Erinnerung an den glasigen
Ausdruck in seinen Augen, als er es ihr gegenüber zugab.
Sie
wusste aus den Geschichten anderer, die die Verhörmethoden der Kolonisten
erlebt hatten, dass es eine ‚Ihrer’ Spezialitäten war, den Geist zu verdrehen,
so dass man in dem ständigen Zustand war, nicht zwischen Alptraum und Realität
unterscheiden zu können. Mulder hatte nicht davon gesprochen und sie wollte ihn
nicht drängen. Seit seiner Ankunft in der Basis hatte es nur zwei Zwischenfälle
gegeben (von denen sie wusste), über die sie sich wunderte: er war eines Nachts
in der Kantine ausgeflippt und hatte sein Dessert durch den Raum geschleudert
(Skinner war Zeuge dieser beunruhigenden Vorstellung gewesen und hatte ihr in
einem sorgfältig neutralen, festen Ton davon berichtet); und das andere Mal,
als er sie besuchte, hörte er plötzlich mitten im Satz auf, versteifte sich und
sagte, „Scully, da ist eine Schlange...„ Dann begriff er, was er da gesagt
hatte und rannte aus dem Zimmer. Er war an diesem Tag nicht mehr
zurückgekommen.
Nun
saß er geduldig unter ihrem prüfenden Blick, an ihre kurze Untersuchung gewöhnt,
der sie ihn jedes Mal unterzog, wenn sie sich sahen. „Habe ich die Inspektion
heute morgen bestanden?„ fragte er leise, mit einem
Hauch von Zorn in seiner Stimme.
„Wie
hast du letzte Nacht geschlafen?„ entgegnete sie.
„Was
denkst du, wie ich geschlafen habe?„
Sie
hielt seinem Blick einen Moment stand, dann senkte sie ihren und betrachtete
stattdessen die armeegrüne Decke über ihrem Schoss. Sie wusste nur zu gut, dass
er nicht geschlafen hatte, er hatte sie ebenfalls fast die ganze Nacht wachgehalten. „Hast du heute Morgen etwas gegessen?„
„Ja,
Frau Doktor.„ Diesmal schaffte er es, Zorn und Zuneigung gleichzeitig in seiner
Stimme zu mixen.
„Gut.„
Sie seufzte und erkannte, wie sie sich anhörte. „Ich will keine Glucke sein,„ sagte sie, „aber du weißt, dass ich mir Sorgen um dich mache.„
„Ich
weiß.„ Er grinste. „Ich... muss zugeben, dass ich es
irgendwie mag.„
Scully
rollte mit den Augen. „Das hast du früher nie.„
„Ja
nun, die Dinge ändern sich.„ Sein Gesichtsausdruck war
einen Moment unlesbar, dann schien er heiterer zu werden. Er stand aus seinem
Sessel auf und kam zu ihr herüber, setzte sich neben sie aufs Bett und zog sie
in seine Umarmung, sorgfältig darauf bedacht, nicht an den Venentropf zu stoßen,
der immer noch in ihrer rechten Hand steckte oder an seinen eigenen kaputten
Finger, von dem er behauptete, er hätte ihn sich bei einem Unfall gebrochen.
Sie waren auch damit beschäftigt, einen Zahnarzt aufzutreiben, der seinen losen
Backenzahn behandelte. Gott, dieser Mann war das reinste Chaos. Sie lehnte sich
an ihn, als er seine Arme um sie schlang und seine Hände auf ihre legte. Er
roch nach der billigen Industrieseife, die sie in der Basis benutzten, aber es
kümmerte sie nicht. Was sie betraf, so roch er großartig. Er war ein Chaos,
aber er war ihr Chaos.
„Warst
du heute bei Dr. May?„ fragte sie.
Mit
den Lippen strich er über ihr Haar. „Ja. Sie versucht immer noch, mich mit
Tabletten zu versorgen.„
„Mulder,
wenn du glaubst, dass sie vielleicht helfen könnten...„
„Nein,„ sagte er fest. „Sie werden nicht. Ich komme in Ordnung,
Scully. Es dauert nur einfach seine Zeit, das ist alles.„
„Ich
hoffe es,„ murmelte sie.
„Ich
weiß es. Jetzt,„ sagte er, schob ihr Haar zur Seite
und senkte seinen Kopf, um seine Lippen auf ihren Hals zu drücken,„ habe ich im
Moment wichtigere Dinge in meinem ziemlich bedenklichen Kopf...„
Scully
schloss die Augen und lächelte. Seine Lippen waren warm und weich und fühlten
sich oh so gut an...
„Entschuldigung,
ich wollte nicht stören.„
Ihre
Augen flogen auf und sie sah Walter Skinner, der in der Tür stand und überaus
verlegen aussah. Mulders Lippen lösten sich von ihrem Hals und sie wischte die
kühle Feuchtigkeit fort, die sie auf ihrer Haut hinterlassen hatten. „Das ist
okay,„ erwiderte Scully und streckte sich in Mulders Umarmung.
Mulder ließ sie nicht los.
Skinners
Blick flog zu Mulder, dann zurück zu ihr. „Es gibt ein paar Dinge, die wir
besprechen müssen.„
„Ja?„
Skinner
sah wieder zu Mulder. „Unter vier Augen.„
Mulders
Hand legte sich so fest um ihr Handgelenk, dass sie
sich fragte, ob er sich dessen überhaupt bewusst war, dass er es tat. „Wenn es
sich um Widerstandsdinge handelt, die du besprechen musst, sehe ich keinen
Grund dafür, dass Mulder gehen sollte,„ antwortete sie
ruhig. Sie konnte spüren, wie Mulder sich verspannte und sie verfluchte Skinner
innerlich dafür, dass er den Stresslevel ihres Liebhabers erhöhte.
„Es
wäre mir angenehmer, wenn ich mit dir allein reden könnte,„
bestand Skinner darauf, aber sie konnte den Zweifel in seiner Stimme hören.
„Ich
bin kein Verräter,„ stieß Mulder hervor. Sein
Daumennagel presste sich in das zarte Fleisch auf der Unterseite ihres
Handgelenks und Scully unterdrückte ein schmerzvolles Stöhnen.
„Ich
habe nicht gesagt, dass Sie einer sind.„
„Blödsinn.„
Mulder ließ Scully mit überraschender Sanftheit aus seiner Umarmung gleiten und
ging hinüber zu Skinner. Er stellte sich ihm gegenüber in einer Pose, die, wie
Scully annahm, machohaft sein sollte, die Hände in die Seiten gestemmt. „Sie wollen
mir irgendetwas vorwerfen Skinner, dann los, sagen Sie es. Tanzen Sie nicht um
den heißen Brei herum. Ich habe es nicht getan. Ihnen etwas erzählt. Gar
nichts.„ Er atmete nun schwer, seine innere Wut nach außen sichtbar.
„Woher
wissen Sie das?„ entgegnete Skinner. „Wie können Sie
wissen, ob Sie ihnen etwas erzählt haben oder nicht? Als ich Sie fand, wussten
Sie nicht einmal, wo oben und unten war.„
„Das
reicht,„ sagte Scully scharf und beide Männer drehten
sich um und sahen sie an, als hätten sie vergessen, dass sie da war. „Wir haben
keine Zeit für diesen pubertären Mist. Mulder, Skinner hat eine Meinung. Aber,„ fuhr sie über seinem erstickten Protest fort. „Ich denke,
diese Meinung ist strittig, Skinner. Mulder wusste nicht, wo sich die Basis
befindet, also konnte er es ihnen nicht erzählen, selbst wenn er es gewollt
hätte. Abgesehen davon...„ Sie zuckte mit den Schultern. „Was gab es sonst noch
zu erzählen? Ich bin hier, oder? Wir sind so sicher, wie wir sein können, nicht
wahr? Mulder ist jetzt genauso ein Risiko, wie wir alle. Es macht keinen Sinn,
ihm irgendetwas vorzuenthalten, besonders wenn man berücksichtigt, was er
gerade unseretwegen durchgemacht hat.„
Skinners
Kiefer wurde starr, als er ihre Worte überdachte. „Gut,„
sagte er einen Herzschlag später. „Du willst, dass ich ihm vertraue, also tue
ich es.„
„Uh,
danke,„ meinte Mulder sarkastisch, aber Scully
bändigte ihn mit einem Blick. Es war seltsam genug, mit den beiden allein zu
sein, nachdem so viel zwischen ihr und jedem dieser Männer passiert war; sie
brauchte ihre Eifersucht nicht, um das Problem noch zu vergrößern.
„Also,
worüber möchtest du sprechen,„ forderte Scully Skinner
auf und versuchte, sie zurück zur Sache zu bringen. Mulder kehrte auf seinen
Platz auf ihrer Bettkante zurück. Sie griff nach seiner Hand und er nahm sie unwillig
und präsentierte Skinner Einigkeit. Scully drückte seine Hand aufmunternd und
war erfreut, als er den Druck erwiderte.
Skinner
strich sich mit einer Hand über seinen kahlen Schädel, bevor er antwortete.
„Ich wollte wissen, wie weit du mit deinen Bemühungen um die Entwicklung eines
biologischen Faktors bist. Ich wollte dich damit nicht früher behelligen, aber
es ist entscheidend für all unsere Zukunftspläne.
Ich
muss wissen, wann ich all die Lager auf der Insel zusammenführen kann.„
Scully
seufzte. „Ich weiß es nicht. Als ich wegging, hatte ich ein paar neue Versuche
gestartet, ebenso konnte ich eine Blutprobe von jemandem bekommen, der von
Natur aus immun gegen den Virus ist. Ich habe alle Informationen an einen
Wissenschaftler weitergegeben, den ich kürzlich befreit habe, ein gewisser
Harrison Fields. Ich hatte gehofft, dass mich ein paar Neuigkeiten von ihm
erwarten würden, als ich hier ankam.„ Sie hielt inne
und spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. „Rico hätte mir schon eine
Nachricht zukommen lassen.„ Die Trauer um Ricos Tod
begann, an diesen dunklen Platz in ihrem Herzen zurückzuweichen, wo bereits
ihre Mutter war, wo die Erinnerung an den Mulder, der sie den Wölfen überlassen
hatte immer noch vorhanden war. Sie würde sich darum kümmern, auf ihre eigene
Art, zu ihrer eigenen Zeit.
Mulder
liebkoste ihren Handrücken mit seinem Daumen. „Vielleicht wartet Fields mit
seinem Bericht, bis er ein paar gute Neuigkeiten hat.„
„Vielleicht.„
Skinner blickte skeptisch drein.
Scully
war dabei, darauf zu beharren, dass Fields den Durchbruch erzielen würde und wenn nicht, würde sie selbst wieder Laborversuche
vornehmen, als Skinners rechte Hand, Richard Yoo, in
den Raum platzte.
„Neuigkeiten,„ sagte er atemlos. „Wir haben gerade herausgefunden, dass
das Frachtschiff, das Sie beide hierher gebracht hat, am selben Tag, an dem wir
Mulder retteten, draußen auf dem Atlantik explodiert ist. Ein Mutterschiff der
Kolonisten zerstörte es.„
Scully
sah aus den Augenwinkeln, wie Mulder bleich wurde. „Dann bedeutet das...„
„...
dass ich denen erzählt habe, dass du auf dem Schiff bist,„
beendete Mulder den Satz. „Oh Gott.„ Er machte sich von ihr los und rannte aus
dem Zimmer, trotzdem Scully seinen Namen rief und ihn anflehte, zu bleiben.
Es
herrschte ein kurzes Schweigen. „Auch auf die Gefahr hin, dass ich es dir
gesagt habe...„
„Halt
die Klappe, Skinner. Das bedeutet immer noch nicht, dass man Mulder nicht
trauen kann.„
Skinners
Gesicht war ausdruckslos. „Wir werden sehen.„
Mulder
verbrachte die nächsten paar Tage hinter in einem Dunst aus Schuld und
Selbstmitleid, trotz Scullys Bemühungen sein Gewissen zu beruhigen. Natürlich war es nicht seine Schuld, dass die
Kolonisten Informationen aus seinem Kopf holten, egal wie hart er gegen sie
ankämpfte; aber die Tatsache blieb, dass alle auf dem Frachtschiff nun wegen
ihm tot waren. Um die von der Mannschaft, die ihn eingesperrt hatten, machte er
sich keine Sorgen, aber Bishop war am Ende doch für
Scully dagewesen, und in tausend Stücke zerfetzt worden zu sein, schien keine
angemessene Bezahlung dafür.
War
es nicht lächerlich für einen arbeitslosen Killer, dass ihn solche Gedanken
beschäftigten? Mulder war sich der Absurdität der Situation nur allzu bewusst.
Aber er hielt sich selbst nicht mehr länger für einen kaltblütigen Henker. Er
hatte sich verändert. Leben bedeutete ihm jetzt wieder etwas.
Und
so blieb er weiterhin auf Distanz, auch als Dr. May Scullys Bettruhe aufhob,
wollte er in seinem Kokon aus Selbstverachtung gehüllt bleiben, ohne gestört zu
werden. Und dann, eines Nachts, kam sie zu ihm, als er schlief und schlüpfte zu
ihm ins Bett.
Er
erwachte allmählich, weil ihre Zunge ohne Unterlass über sein Ohrläppchen
glitt, und es schockierte ihn, dass sein Körper beinahe sofort mit voller
Erregung reagierte. Obwohl das auch etwas mit der Tatsache zu tun gehabt haben
könnte, dass ihr schlanker nackter Körper an seinen gepresst war und sehr, sehr
warm war.
„Ich
habe keinen Zimmerservice bestellt,„ schaffte er zu
krächzen.
„Es
ist ein zusätzlicher Gabenteller,„ schlug sie zurück
und küsste ihn auf die Lippen.
Mulder
erwiderte den Kuss, insgeheim erfreut darüber, dass sie zu ihm gekommen war,
obwohl er so eine Nervensäge in der letzten Zeit gewesen war. Er war außerdem dadurch erregt, dass sie sich
schließlich so gut fühlte, um mit ihm so zusammenzusein,
und er glaubte, die Tatsache, dass es ihr gut ging, war alles, was am Ende
zählte.
„Du
solltest wissen, dass ich aus rein uneigennützigen Gründen hier bin,„ murmelte Scully in seinen Mund.
Er
zog sich ein wenig zurück und zog seine Augenbrauen hoch. „Oh?„
Sie
nickte und ihre blauen Augen waren dunkel und ernst in der Dämmerung des
Raumes. „Mulder, ich glaube, du warst so besessen davon, mich zu heilen und
sicherzustellen, dass ich in Ordnung bin, dass du dir nicht die Zeit genommen
hast, selbst zu heilen. Und ich war so in mein eigenes Melodrama verfangen,
dass ich mir nicht die Zeit genommen habe, dir dabei zu helfen. Und ich möchte,
dass das aufhört. Sofort. Es *muss* aufhören.„
„Scully,
du musst nicht...„
„Was?„ fragte sie, ihn unterbrechend. „Dir nicht helfen? Mich um
dich sorgen? Dich nicht brauchen oder dich lieben? Ist es das, was du sagst?„
Er
schüttelte mit großer Anstrengung den Kopf. „Du weißt, was ich meine, Scully.„
Sie
sah ihn mit solcher Traurigkeit an, dass er seine Worte sofort bereute. „Ich
weiß, was du meinst. Du meinst, du hast so wenig Liebe für dich selbst, dass du
dir nicht vorstellen kannst, dass da Raum ist für jemand anderen, dich zu
lieben. Du bist so versessen darauf, dich selbst zu bestrafen, dass du dir
nicht vorstellen kannst, dass da jemand ist, der dich heilen möchte. Du lehnst
mich genauso ab, wie du die Tabletten ablehnst, die dir Dr. May anbietet.„
„Das
ist nicht wahr...„ sagte er hilflos.
„Nun,
dann lass es uns herausfinden, oder?„ meinte sie, ihr
Ton plötzlich leicht. Sie setzte sich rittlings auf seine Hüften, dann beugte
sie sich über ihn und knabberte mit ihren Lippen an seinen. „Lass mich dich
lieben, Mulder. Lass mich dir zeigen, dass all der Hass fort ist. Lass mich dir
zeigen, wie sehr ich dich liebe, wie du mich fühlen lässt, wie du es verdienst,
zu fühlen. Du hast es für mich getan, öfter als ich zählen kann.
Es
ist mehr als an der Zeit, dass ich dir diesen Gefallen zurückgebe.„
„Ich
habe dir schon einmal gesagt, du schuldest mir gar nichts,„
stieß er hervor, gerade als Feuer seine Leistengegend bis zu dem Punkt
entflammte, an dem er kaum noch zusammenhängend denken konnte. Er unterdrückte
das Verlangen, sich ihr entgegenzubäumen, sich selbst sinnlos an diesem zierlichen
Körper zu reiben, der seinem so nahe war.
Sie
nahm sein Ohrläppchen in den Mund und saugte zärtlich daran und entlockte damit
seinen Lippen ein raues Keuchen. „Du begreifst es immer noch nicht, nicht war?„ flüsterte sie ihm ins Ohr, ihr warmer Atem kitzelnd und
erregend an der sensiblen Haut. „Es geht nicht darum, jemandem etwas zu schulden,
Mulder. Es geht um Gleichheit. Partnerschaft. Dich und mich. In allen Dingen.
Wie früher, nur mit Gewinn.„ Ihre Hand wanderte unter sein T-Shirt und begann,
seine Brust zu liebkosen. „Verstehst du?„
Hatte
sie an diesem Punkt eine klar erkennbare Antwort erwartet? Er entschied sich
für ein Nicken und sie lächelte. „Gut,„ schnurrte sie praktisch.
Sie küsste ihn wieder, langsam und tief. Ihre Hände setzten währenddessen ihr
Expedition fort, kitzelten über seinen Bauch zu seinem Rippenbogen, und als
sich ihre Finger um eine sensible Brustwarze schlossen, atmete er heftig in
ihren Mund aus. Sie rieb die harte Brustwarze zwischen Daumen und Zeigefinger,
während sie fortfuhr, ihn zu küssen; ihre Zunge war heiß an seiner, glitt über
seine Zähne und seine Lippen in demselben gemächlichen Rhythmus, den ihre Hand
an seiner nun extrem empfindlichen Brustwarze benutzte. Schließlich löste sie
ihren Mund von seinem, schob sein Shirt zu seinem Hals hoch und ersetzte ihre
Hand durch ihre Zunge und ihre Zähne.
„Gott,
Scully...„ flüsterte er, sich beinahe davor fürchtend, sie zu berühren oder
irgendetwas zu tun, das sie ablenken könnte oder den Zauber brechen. Er
entschied sich dafür, seine Hände behutsam auf ihre Schultern zu legen, während
er sie beobachtete, wie sie an ihm saugte. Seine Erektion schaffte es, sogar
noch mehr anzuschwellen und beinahe schmerzhaft gegen seine Boxershorts zu
drücken.
Scully
hob den Kopf und sah ihn mit einem räuberischen Schimmer in ihren Augen an. Sie
zog ihm grob das Shirt über den Kopf und warf es beiseite, bevor sich ihr Kopf
wieder senkte. Er stöhnte, als sie begann, ihn mit ihrer Zunge zu baden, ihren
Mund über seine Brustmuskeln, seine Brustwarzen, seine Rippen, seinen Nabel
wandern ließ. Es schien ihm, als würde nicht ein einziger Quadratzentimeter
seiner entflammten Haut ihrer sorgfältigen Aufmerksamkeit entgehen. Er krümmte
sich schamlos unter ihr, als sie die Haut an seinem Unterkörper zwischen ihre
Zähne nahm und sanft daran saugte. „Versuchst du... mir Knutschflecke zu
verpassen?„ schaffte er hervorzustoßen.
Ihr
Glucksen als Antwort führte nur dazu, ihn noch mehr zu erregen. „Zeichen der Achtung, Mulder,„ antwortete sie kehlig. „Zeichen der Achtung.„ Sie
knabberte wieder an ihm, genau über seinem Hüftknochen und er schrie beinahe
auf.
Ihre
Hände stahlen sich zum Bund seiner Boxershorts. „Sind im Weg,„
murmelte sie, mehr zu sich selbst als zu ihm. Und dann zogen ihre geschickten
Finger sie über seine Beine herab und das nächste, was er wusste, er war nackt
unter ihr. Sie schob seine Beine ein wenig auseinander und kniete sich
dazwischen, ihre Hände glitten an den Muskeln seiner Schenkel herauf und herab.
Als wenn sie beschlossen hatte, ihn zu quälen, beugte sie ihren Kopf herab und
küsste ihn überall, nur nicht dort, wo er es am meisten wollte und brauchte.
Ihre Zunge wanderte an seinem Hüftknochen entlang herab zu der empfindlichen
Mulde zwischen seinem Schenkel und seinem geschwollenen Penis. Ihr Atem
kitzelte in dem groben Haar dort und er zuckte unter ihr.
Ihr
Kopf hob sich bei seiner Bewegung. „Geduld...„ zischte sie leise. Und dann nahm
sie ihn gänzlich in den Mund.
„Jesus,„
flüsterte er, ihr unwillkürlich seine Hüften entgegenstoßend.
Er streckte seine Hände aus, um sie auf ihren Kopf zu legen und strich ihr übers
Haar, während sie sich auf und ab bewegte, ihn in einem ruhigen, einfachen
Rhythmus mit dem Mund verwöhnend. Ihr Mund war heiß und feucht und ihre Zunge
war so sanft und ihre Zähne streiften nur leicht über ihn, leicht genug, um zu
erregen und nicht wehzutun. Und oh Gott, es fühlte sich so gut an, dass er es
nicht ertragen konnte, wollte nur daliegen und sie sollte niemals aufhören
solange er lebte oh Gott Scully seine Scully...
„Kann
nicht...„ Er konnte die Worte nicht herausbringen, konnte nicht einmal
herausfinden, was er sagen wollte. „Kann nicht... Gott. Ich will... aber...„ Schließlich erkannte er, was er
wollte, er wollte, dass sie aufhörte, weil er in *ihr* und nicht in ihrem Mund
kommen wollte, aber oh Gott, er wollte auch in ihrem Mund kommen, weil es sich
einfach zu gut anfühlte und er nicht wollte, dass sie aufhörte... „Scully,„ krächzte er.
Scully
hielt inne, hob ihren Kopf und hielt seine Erektion mit ihrer nun klebrigen
Hand. „Sag mir, was du willst, Mulder. Was immer du willst.„
Ihre Stimme klang gespannt, rau vor Verlangen.
„Dich,„ stieß er hervor. „In dir sein, jetzt.„
Sie
ließ seine Erektion los und er schrie beinahe auf, weil er den Kontakt verlor.
Aber sie bewegte sich schnell und bevor er es mitbekam, saß sie wieder
rittlings über ihm und umschloss seine Schenkel mit ihren eigenen. Sie beugte sich herab, um ihn zu küssen, ihre
Finger glitten über seine Brust, dann ergriff sie wieder sein steifes Glied und
führte es in sich hinein, dabei lösten sich ihre Augen nie von seinen. Sie biss
sich auf die Lippe und seufzte, als er sie ausfüllte.
Perfektion.
Das war immer sein erster Gedanke, wenn Scully und er sich vereinten; er konnte
sich nichts vorstellen, was sich besser anfühlte, als dieser Moment der
Einheit. Er öffnete den Mund und versuchte, etwas zu sagen, irgendetwas, als
sie sich erhob und dann wieder auf ihm herabglitt, und
alles, was stattdessen von seinen Lippen kam, war ein ersticktes Stöhnen.
„Gut?„ hauchte sie.
„Oh
ja...„ Gut musste die Untertreibung des Jahrhunderts sein. Sie war so heiß und
feucht und Gott, wie machte sie das mit ihren Muskeln, und sie bewegte sich nun
stetig, auf und ab, baute das Feuer und die Reibung auf und hin und wieder
stieß er seine Hüften aufwärts, um sie mehr und mehr auszufüllen und jetzt ihre
Brüste, ja, er berührte ihre Brüste und nahm sie in die Hand, drückte ihre
Brustwarzen und Gott, wenn sie so stöhnte, war es beinahe genug gleich hier und
jetzt loszulassen...
„Mulder,„ sagte sie, ihre Stimme hoch und kratzig. „Oh Gott,
Mulder.„ Sie zog sich wieder um ihn herum zusammen – vielleicht hat es etwas
damit zu tun, dass sie Ärztin war, dachte er irrational, sie weiß einfach,
welche Muskeln sie beeinflussen muss – und er stöhnte laut, ihre
Unbarmherzigkeit dadurch ausgleichend, dass er ihr schneller entgegenkam und
wild in sie pumpte, während sie ihn heftig ritt und zwischen dem Wiederholen
seines Namens stetig stöhnte.
Es
war immer sein Name, der ihn gefangen nahm, die Art, wie sie ihn aussprach,
wenn sie im Bett waren, mit diesem heiseren, beinahe ehrfurchtsvollen Ton, der
ihn jedes Mal umhaute, wenn er ihn hörte. Dana Scully, die wegen ihm schrie,
nur wegen ihm... Gott, sie war so schön, ihre Wangen gerötet, ihr Mund
geöffnet, ihr Haar fiel ihr ins Gesicht, während sie fortfuhr, sich krampfhaft
auf ihm zu bewegen, ihre Augen immer noch auf seinem Gesicht. Er betrachtete
sie noch einen Moment, dann zog er sie zu sich herab, so dass er eine ihrer
unwiderstehlichen Brustwarzen in den Mund nehmen konnte und sie war nur zu
glücklich, ihm zu folgen.
„So
gut... du bringst mich dazu, mich so gut zu fühlen, Mulder,„
sagte sie, als er ihre Brustwarze in den Mund zog und hart daran saugte. „Weißt
du, wie gut ich mich fühle durch dich?„
Er
ließ ihre Brust los und zog ihren Kopf zu sich herab, küsste ihren Mund und
trank sie gierig. „Zeig es mir,„ stieß er hervor, als
sie sich voneinander lösten. „Komm für mich.„
Sie
nickte und setzte sich wieder auf, dann sah sie zu, wie er seine Hand ausstreckte
und ihre Klitoris im Rhythmus ihrer Körper mit dem Finger rieb. Er bearbeitete das heiße, klebrige kleine
Nervenbündel heftig und beinahe sofort konnte er die physischen Veränderungen
in ihr sehen, der sich beschleunigende Atem, den Schleier, der sich über ihre
Augen legte. Sie stieß wieder und wieder gegen ihn und dann kam sie für ihn,
herrlich, ihre Hände zu beiden Seiten ihres Kopfes in ihren Haaren vergraben,
Stöhnen über Stöhnen und sein Name – Gott, die Art, wie sie seinen Namen herausschrie
–der aus ihrem Mund kam und ihre Vagina, die sich um ihn herum zusammenzog und
an ihm zerrte, bis er ihr ins Nichts folgte. Er schrie ihren Namen, als er sich
in sie mit glühendheißer Intensität entleerte.
Als
seine Hüften nachließen, unwillkürlich zu zucken, klappte sie auf ihm zusammen
und ließ kleine Küsse über seine Brust regnen. Er nahm sie in die Arme und
atmete sie ein und versuchte, das heftige Schlagen seines Herzens zu beruhigen.
Jesus, er zitterte. „Ich liebe dich so sehr,„ flüsterte
er heftig. „Ich weiß nicht, warum ich so lange gebraucht habe, es dir zu sagen.„
„Das
macht nichts,„ sagte sie und legte ihre Wange auf
seine Brust. „Ich wusste es immer.„
Danach
schwiegen sie lange, nahmen den Augenblick in sich auf, genossen die Gegenwart
des anderen und die Wärme und die Sicherheit ihrer verbundenen Körper. Mulder
begann gerade, in den Schlaf zu driften, als Scully mit kleiner, leiser Stimme
sprach.
„Wir
werden wieder in Ordnung kommen, nicht wahr, Mulder?„
Er
umarmte sie fester und hatte das Gefühl, dass er sie nie fest genug halten
konnte. „Erinnerst du dich nicht daran, was ich dir schon vor langer Zeit
gesagt habe, Scully? Wenn wir zusammen sind, ist alles möglich.„ Sie gab ein leises, unglaublich erotisches Lachen von
sich. „Weißt du was, Mulder? Dieses Mal denke ich, dass ich es glaube.„
„Ich
auch,„ flüsterte er. Und zum erster
Mal seit langer, langer Zeit schlief er mit einem Lächeln auf dem Gesicht ein.
Zwei
Wochen später erhielt Scully eine verschlüsselte Nachricht von Harrison Fields,
der genaue Wortlaut dessen, was dazu bestimmt war, in die Geschichte
einzugehen.
„Biologischer
Faktor entwickelt,„ stand da, als sie entschlüsselt
worden war. „ Der Test verlief erfolgreich. Hochgiftig für die Schleimigen.
Erbitte
Rat.„
ENDE