VERGESSENE
SCHLÜSSEL
(MSR,
PG)
(Originaltitel:
Lost Keys)
von
LSprys
(
ac4320@wayne.edu )
aus dem Englischen
übersetzt von dana d. < hadyoubigtime@netcologne.de
>
*** überarbeitet 2017 ***
Bemerkung:
Ich habe dieses in Juni 1997 geschrieben (nach Scullys Tumor, aber bevor er
geheilt wurde).
"Komm
schon Scully, was willst du sonst in deinen Ferien machen? 'Frühstück
bei Tiffanys' lesen oder deine Medizin-Magazine alphabetisieren?"
"Ich
werde meine Ferien genießen und ja, vielleicht das Buch lesen, auf das du so intensievst hinweist—du hättest wohl gerne, dass ich mit
nach Quonochantaug komme und dir helfe, die Hütte aufzuräumen?"
"Yep, da triffst du den Nagel auf den Kopf."
"Wir
sehen uns doch hier oft genug, warum sollte ich auch noch meinen Urlaub mit dir
verbringen?"
"Weil
du weißt, dass ich dich schrecklich vermissen würde, und wenn du nicht in der
Nähe bist, halse ich mir wieder Unmengen von Problemen auf, und du musst her rennen und mir
heraushelfen."
"Traurig
aber wahr. Aber, was ist der wahre Grund, warum ich mitkommen soll?"
"Wenn
du genauso gut einen Pinsel schwingen kannst, wie du deine Pistole
schwingst...", sagte er, grinste sie an und rieb treudreinblickend seine
Schulter. "Die Arbeit geht schneller voran und
ich muss dich nicht mitten in der Nacht anrufen und dir mein Leid klagen. Komm
Scully, wir machen einen Ausflug in den Wald."
"Mulder,
soll ich dich daran erinnern, was das letzte Mal passiert ist, als du mir einen
'netten Ausflug in den Wald' versprochen hast?"
"Oh,
ja, tut mir leid deswegen."
"Mulder..."
"Ja?"
"Wann
fahren wir los?"
"Ernsthaft?"
"Warum
bist du dich auf einmal so enttäuscht?"
"Weil
ich den halben Tag damit verbracht habe, mir Gründe einfallen zu lassen, wie
ich dich dazu überreden kann und bis jetzt bin ich noch überhaupt nicht zu den
guten gekommen."
"Spar
sie dir für später auf. Du wirst sie vielleicht brauchen, um mich zu
überzeugen, dich nicht zu erschießen, wenn wir von Moskitos und sonstigem Kleinzeug
zerstochen werden."
"Ah,
Scully, sie werden von dir ablassen, wenn sie merken, dass du gar nicht so süß
bist wie man bisher angenommen hat."
Scully
drohte bereits, mit dem Briefbeschwerer zu werfen, doch dann griff sie nach
ihrer Tasche und ging in Richtung Tür.
"Ich hole dich morgen früh um sieben ab. Und danke noch mal, du
wirst es nicht bereuen."
"Nein,
aber du vielleicht. Ich schnarche öfters; ziemlich laut sogar, wenn ich mich
rächen will."
Während
sie das sagte, richtete sie Mulders Krawatte, warf ihm ein schelmisches Grinsen
zu und huschte aus dem Zimmer. Mulder stand da mit einer zurechtgemachten
Krawatte und offenem Mund und war völlig perplex darüber, dass ihn seine
Partnerin auch noch nach fünf Jahren überraschen konnte.
xXxXxXx
Mulder
holte sie kurz nach sieben ab. Er verstaute ihre Sachen im Auto und sie machten
sich auf die dreistündige Fahrt nach Quonochantaug.
"Ok,
Scully, wir sind da", verkündete Mulder später. "Und das, nachdem wir bloß fünfeinhalb
Stunden bis hierher gebraucht haben!"
"Woher
sollte ich wissen, dass da eine Baustelle ist? Wenigstens sind wir die schöne
Strecke gefahren."
"Mir
scheint es, als ob wir immer die landschaftliche Strecke fahren. Mit Kühen und
allem drum und dran."
"Wirklich,
Dr. Scully, nach allem, was wir gesehen haben, beklagst du dich wegen den
Kühen?"
"Mich
stören nicht die Kühe an sich, sondern die wohlriechenden Gase, die von ihnen
ausgehen."
"Ich
habe nichts ungewöhnliches gerochen", sagte Mulder und zwinkerte ihr zu.
"Alles
klar, Mulder, und ich bin gerade zur Direktorin des
FBI ernannt worden."
"Also
schön, Direktorin, wie gefällt dir das Haus?"
"Ich
war schon einmal hier, weißt du nicht mehr?"
"Ja,
aber jetzt herrscht Tageslicht und du musst mich nicht davon abhalten, mich
selbst über den Jordan zu schicken."
Nach
einem kurzen Moment, in dem sie an das letzte Mal dachte, als sie hier waren,
wandte sich Scully zu Mulder. "Weißt du, das Haus ist wirklich ganz schön.
Ich glaube, ich kann einige Tage hier aushalten. Vor allem, wenn ich irgendwelche belastenden
Beweise gegen dich finde - wie zum Beispiel das berühmte Bärenhaut-Foto."
"Tja,
wenn du so etwas finden willst, schlage ich vor, wir packen es an. Hier,
fang!"
Scully
fing die Schlüssel, die Mulder ihr zuwarf, ohne Umstände und machte sich daran,
um das Haus aufzuschließen, während Mulder ihre Sachen aus dem Auto holte.
Doch
sobald sie ins Haus trat, vergaß sie alle Bedenken darüber, ihren Urlaub hier
zu verbringen, denn das Haus war wirklich wundervoll. Zwar furchtbar staubig,
aber perfekt. Scully konnte sich Mulder gut als Kind vorstellen, wie er hier
mit Samantha die Räume unsicher gemacht, mit ihr Spiele gespielt und ihr
vorgelesen hatte.
Die
Stimme ihres Partners schreckte sie aus ihrer Tagträumerei. "Hast du vor, den ganzen Tag in der Tür
stehen zu bleiben, oder nur bis mir die Arme abfallen?"
Scully
grinste ihn an und sagte ohne sich umzudrehen, "Du hättest nicht alles auf
einmal tragen sollen. Viele Leute sind zwar vom Gegenteil überzeugt, aber du
bist nicht Supermann."
"Aber
ich könnte ihn im Fernsehen spielen", antwortete Mulder und ließ alles im
Flur fallen.
"Was
hältst du davon, Scully?" fragte er mit einem Lächeln. (Diese Frage hat er
ihr schon verdammt oft während der letzten Jahre gestellt.) Sie drehte sich zu
ihm um und legte ohne zu überlegen ihre Hand auf seine Brust. "Es ist
sogar schöner, als ich es mir vorgestellt hatte. Das letzte Mal, als ich hier
war, war ich viel zu erschrocken, um mich richtig umzusehen."
"Dafür
möchte ich mich bei dir entschuldigen," sagte er
in einem traurigen Tonfall. "Ich habe nicht vor, dir so etwas je wieder
anzutun - vertrau mir. OK, wie wär's,
wenn ich dir vor dem Mittagessen die Gegend zeige?"
"Mittagessen??
Du hast es also ernst gemeint, als du sagtest, dass du kochst? Ich dachte, du
hättest mich auf den Arm genommen und ich müsste am Ende die ganze Woche
kochen!"
Mulder
sah geschockt aus: "Wie, denkst du, überlebe ich zu Hause die ganze
Zeit?"
"Sonnenblumenkerne,
Eistee und was du auch immer noch von mir klaust", antwortete Scully in einem
genauso witzelnden Ton.
"Meine
Liebe, du wirst noch mächtig überrascht sein." Nach der Erkundungstour
durch das Haus, das unter anderem zwei bequeme Schlafzimmer, ein großes
Wohnzimmer, eine sogar noch größere Terrasse und eine kleine, aber effiziente
Küche hatte, zauberte Mulder ein recht ordentliches Truthahn-Sandwich aus den
Lebensmitteln, die sie mitgebracht hatten.
"Mulder...",
begann Scully und schaute ihn über ihr Sandwich hinweg an.
"Ja?"
fragte er mit einem großen Bissen Sandwich im Mund.
"Hast
du Skinner darüber informiert, dass ich hier oben mit dir bin?"
"Ja,
ich habe ihm gesagt, dass meine Mutter dich dazu verdonnert hätte, die
Dachrinnen zu säubern und die Wände neu zu streichen—" Scully brach in
Gelächter aus und fragte ihn nach Skinners Reaktion. "Eigentlich", begann Mulder,
"hat er mir nur gesagt, dass ich darauf achten soll, dass du nicht
entführt, gefressen, mit einer Waffe bedroht, von Enigma gejagt oder von einem
Riesenwurm gefangen gehalten wirst. Dann hat er gesagt, dass ich dir danken
soll, dass du mitgekommen bist, denn er will gar nicht wissen, in welche
Probleme ich mich ohne dich 'reinreiten kann." Für einen kurzen Moment
herrschte eine gewisse Spannung zwischen den beiden und sie blickten einander
in die Augen. Doch dann fing Mulders Magen an zu knurren und sie fingen beide
an zu lachen.
Als
sie nach dem Essen das Geschirr wegräumten, klingelte Mulders Handy. Seine Mutter war dran, die ihm mitteilte,
dass sie es nicht bis später in der Woche schaffen könnte, nach Quonochantaug
zu kommen. "Sie sagt, dass ihre
Freundin nach ihrer Hüftoperation ein paar Tage Pflege braucht und meine Mutter
ist die einzige, die Zeit hat." Scully hatte sich dies bereits mit Hilfe
des einseitigen Gespräches am Telefon zusammengereimt. Sie hatte versucht,
nicht hinzuhören, aber manchmal fiel es ihr schwer, seine Stimme einfach zu
ignorieren. "Was schlagen Sie also
vor, Dr. Scully?"
"Ich
schlage vor, Mr. Mulder, dass du dir den Senf von deinem Kinn wischst und wir
schauen nach, was alles so gemacht werden muss."
"Du
willst also trotzdem hierbleiben?"
"Klar.
Außerdem", fuhr sie fort und klemmte sich ihre roten Haare hinter die
Ohren, "weigere ich mich, mich wieder in dieses Auto zu setzen - mit
deiner Singerei in einem Ohr und Elvis' im anderen - Ich glaube, dann würde ich
noch vor der Grenze von New Hampshire verrückt werden."
Nachdem
sie einen Plan aufgestellt hatten, was alles erledigt werden musste, brach die
Nacht herein und beide Agenten fingen nach dem langen Tag an zu gähnen.
"Wo
sollen wir schlafen, Mulder?"
"Warum
fragst du, Scully?" antwortete Mulder mit einem Blick der Unschuld. "Ich bevorzuge zwar eher die linke Seite
vom Bett, aber ich lasse immer der Lady den Vortritt."
"Mulder",
warnte Scully, aber sie meinte es nicht so. "Wenn ich nicht so müde wäre,
würde ich dir irgendetwas an den Kopf werfen, aber du siehst ja, ich kann kaum
meine Augen offen halten. Ich würde bestimmt viel zu tief zielen und etwas viel
wichtigeres als deine Schulter treffen."
"Führ'
mich bloß nicht in Versuchung, Scully!"
"Wenn
du mir nicht gleich verrätst, welches der Schlafzimmer ich nehmen soll, schlafe
ich hier auf der Stelle ein, und du musst mich nach oben tragen. Denk daran,
dass der menschliche Körper im Schlaf fast zweimal so viel wiegt."
"Ich
warne dich noch einmal, führe mich nicht in Versuchung mit solchen
Versprechungen. Heute Nacht müssen wir hier unten schlafen, weil die Laken seit
etwa einem Jahr nicht gewechselt worden sind, und außerdem ist es viel zu
staubig da oben. Wir können morgen früh lüften."
"Ich
nehme also an, ich schlafe auf der Couch und du auf dem Boden. Es sei denn, ich
soll in der Wanne schlafen."
"Ahhh, Scully, du kennst mich so gut!"
Nachdem
sie genügend Decken gefunden und es sich zurecht gemacht hatten, sprang Mulder
plötzlich auf und schaltete das Licht am anderen Ende in der Halle ein.
"Warum
machst du das Licht an?"
"Weil
ich weiß, dass du es hasst, in völliger Dunkelheit zu schlafen."
Scully
schaute ihn in kompletter Verwunderung an.
"Hey,
Scully", sagte Mulder mit erhobenen Augenbrauen. "Ich bekomme auch
andere Dinge neben den X-Akten mit."
Mulder
legte sich auf seinen alten Schlafsack auf den Boden und rief Scully eine gute
Nacht zu, die immer noch völlig überrumpelt senkrecht auf der Couch saß.
xXxXxXx
Mulder
schreckte aus dem Schlaf, als etwas von oben auf ihn fiel. Er öffnete die Augen
und grinste, als er merkte, dass die Hand seiner Partnerin von der Couch
gerutscht und auf seiner Brust gelandet war. Er wollte ihre Hand schon wieder
zurück auf die Couch heben, als das Mondlicht, das durch das Fenster schien auf
eine kleine Narbe zwischen ihrem Daumen und ihrem Zeigefinger fiel. Er griff
nach ihrer Hand, um die Narbe zu berühren, und merkte, wie weich die Hand
seiner besten Freundin eigentlich ist. Die einzigen Male, an denen er ihre Hand
gehalten hatte, war, wenn er ihr aufhalf oder wenn er etwas entgegen nahm, was
sie ihm reichte. Er hatte nie die Möglichkeit gehabt, sich diese kleinen Hände
näher anzusehen, wie er es immer schon gewollt hatte. Nachdem er sanft an ihren
Fingern und an ihrem Handrücken entlang gestrichen hatte, drehte er ihre Hand
und streichelte ihre Handfläche und die Einkerbung auf ihrem Finger vom Abzug
ihrer Waffe. Wie oft schon hatte sie ihm das Leben gerettet, indem sie ihre
Waffe gezogen und den Feind erschossen hatte? Er wusste es nicht genau. Ohne es zu merken begann er, ihren Arm
entlang zu streichen, als ihn plötzlich eine wohlbekannte Stimme aus
seiner Zufriedenheit riss.
"Was
machst du da, Mulder? Für einen Moment habe ich gedacht, du seiest irgendeine
riesige, eklige Spinne", hörte er Scullys Stimme.
Mulder
stammelte wie ein Schuljunge: "Deine Hand fiel auf mich und ich bin
aufgewacht und ich habe die Narbe gesehen und dann wollte ich deine Hand wieder
neben dich legen und ich habe gemerkt... wusstest du, dass du sehr weiche Hände
hast... Tut mir leid..."
Er
sprudelte dies alles in einer solchen Eile aus, dass Scully sich auf die Lippe
beißen musste, um nicht laut loszulachen. Die Wahrheit war, dass sie bereits
aufgewacht war, als ihre Hand herunter gefallen war, doch sie wollte nicht,
dass er aufhört, weil sie seine intime Berührung angenehmer empfand, als sie
zugeben wollte.
"Das
ist in Ordnung, Mulder, wirklich."
Um
der unangenehmen Stille abzuhelfen, die plötzlich in der Luft lag, fügte sie
hinzu: "Da wir schon einmal wach sind, wie wäre es mit einem Snack? Ich
bin am verhungern."
Mulder
war dankbar für den Themawechsel. "Du bist wirklich eine Ess-Maschine,
nicht?!"
"Soll
das heißen, dass du nichts essen willst?"
"Gott,
nein, soll es nicht! Zeig mir den Weg in die Küche, Lady!" Nachdem sie
sich Sandwiches gemacht hatten, kehrten sie wieder zurück zur Couch. Scully
schaute auf ihre Hände und bemerkte. "Ich hätte nicht gedacht, dass man
die Narbe noch sehen kann."
"Wo
ist sie her? Ist doch nicht meine Schuld gewesen, oder?!" fragte Mulder
und die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Oh, nein. Ich habe sie seit ich
vierzehn war. Ich habe eine von Moms Zigaretten
geklaut und hatte Angst, dass mich jemand erwischt. Ich habe vergessen, dass
die Zigarette an war, und etwas Asche ist auf meine Hand gefallen. Tja,
Zigaretten und ich passen eben nicht zusammen."
"Dr.
Scully, die Rebellin. Ich nehme an deine roten Haare stehen für deine wilde
Seite, was?!"
"Du
glaubst, das ist wild? In meinem Abschlussjahr in der High School habe ich
beschlossen, mich dem Geist der Schule anzuschließen und mir die Haare für den
Abschlussball zu färben. In lila und gelb." Mulder grinste. "Das hört
sich nicht gerade an, als ob das eine so tolle Idee war."
"Das
kannst du laut sagen. Es war auch alles ok, bis ich versuchte, es wieder
auszuwaschen. Als ich aus der Dusche kam, waren meine Haare kotz-grün mit
kürbis-gelben Strähnen."
"Oh,
bitte sag mir, deine Mutter hat ein Foto gemacht, Scully!"
"Da
hast Du kein Glück, Schätzchen. Jedenfalls, mein Kleid war weinrot, also sah
ich am Ende aus wie ein entlaufenes Objekt von Dr. Seuss. Meine Verabredung
wollte, dass ich mich attraktiver fühle und versuchte mehr als nur einen Kuss.
Um es kurz zu machen, am Ende hatte er eine nette Narbe am Schienbein und eine
blutige Nase und ich musste den ganzen restlichen Abend auf der Tribüne
sitzen."
"Jetzt
verstehe ich, warum du nicht zu deinem Klassentreffen gegangen bist. Es tut mir
leid für dich. Du musst dich schrecklich gefühlt haben."
"Tja,
mit der Zeit sind schlimmere Dinge passiert, aber >das< steht immer noch
ganz oben auf der Liste. Und wenn du nicht bald dieses Grinsen sein lässt, will
ich nichts mehr mit dir zu tun haben"
"Sorry,
Scully, ich habe mir nur gerade vorgestellt, wie du dich für den Typen
zurechtmachst. Ich hätte dich sogar unterstützt." Plötzlich wurde er
ernst. "Ich hätte mit dir getanzt, trotz grüner Haare und allem, denn du
hättest immer noch sehr schön ausgesehen."
Zum
Glück war es dunkel genug, dass sie nicht sehen konnte, wie Mulder die Röte ins
Gesicht schoss, und er bemerkte das überraschte, aber glückliche Glänzen in
ihren Augen nicht.
Scully
schaute Mulder an und fragte plötzlich: "Bist du sicher, dass du nicht
Eddie Van Blundht in Mulders Gestalt bist?" Sie
mussten beide lachen und Mulder sagte verschmitzt, "Nee, aber ich bin nahe
dran, was?"
"Ja,
aber ich habe es gut getroffen, nicht?!" antwortete Mulder schelmisch,
drückte Scully zurück auf die Couch und ließ sich wieder auf den Boden fallen.
Nach
einiger Zeit legte Scully ihre Hand sanft auf Mulders Brust und schlief ein -
Mulder schlief auch ein mit seiner Hand auf der ihren.
xXxXxXx
Scully
wachte langsam auf. Sie brauchte einige Zeit, um sich klar zu werden, wo sie
sich befand (bedingt durch ihre Arbeit blieben sie nie lange an einem Ort). Als
sie wusste, wo sie war beschloss sie, Mulder mit einem Kissen im Gesicht zu
wecken. Sie schwang ihr Kissen mit voller Wucht neben die Couch und war
überrascht, dass sie nur den blanken Boden traf. Mulder war schon auf, aber es war eigentlich
viel zu still dafür, dass er sich im Haus befand. Scully stand auf und
schlurfte in die Küche, wo sie einen Zettel von Mulder vorfand. Er schrieb, er
sei Frühstück holen, weil er keinen Truthahn und Schinken mehr sehen konnte.
Scully nahm sich eine Banane, ein Stück Brot und ein Glas Wasser und ging
hinaus auf die Terrasse, um ihr Frühstück in der Sonne zu genießen. Sie nahm
auch "Moby Dick" mit hinaus, denn sie wusste, dass Mulder nie leise
genug sein konnte, damit sie es in Ruhe lesen konnte.
Nach
etwa einer halben Stunde kam Mulder wieder zum Haus und platzierte die
Lebensmittel auf den Küchentisch. Er bemerkte, dass die Hintertür offen stand
und ging heraus, um Scully wissen zu lassen, dass er wieder da war. Er lugte
durch den Türrahmen und erblickte Scully vertieft in ihrem Buch. Die
Sonnenstrahlen reflektierten warm auf ihrem Haar und sie hatte einen Blick
tiefster Zufriedenheit in ihren Augen. Mulder vergaß alles um ihn herum bei
ihrem Anblick.
Plötzlich
schaute sie auf und war überrascht, Mulder in der Türe stehen zu sehen, sie
anstarrend. Er zuckte zusammen, sie zuckte zusammen, er grinste und sie konnte
kaum ihr dummes Grinsen auf ihrem Gesicht verbergen.
"Guten
Morgen, Scully. Ich nehme an, du hast gut geschlafen, denn als ich heute Morgen
aufgestanden bin, hätte ich mit einem Bulldozer über dich drüberfahren können,
ohne dich aufzuwecken."
"Ich
kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so gut geschlafen habe."
"Ah,
Scully, ich habe neben dir geschlafen. Wie hättest du NICHT gut schlafen
können?"
"Ja,
Mulder, das muss es gewesen sein. Was hast du an Essen mitgebracht?"
"Sag nicht, dass du schon wieder Hunger hast. Bei diesem Tempo müsstest du
in vier Jahren mehr als fett sein."
"Mulder,
wenn ich mir nicht gerade um die X-Akten, meine Arbeit, die Welt im Allgemeinen
oder dich Sorgen machen muss, habe ich eigentlich einen gesunden Appetit und
ich liebe essen."
"Ok,
also werde ich wohl alles unterlassen müssen, was dir großartig Sorgen
macht."
"Mulder,
wenn ich mir nicht um dich Sorgen machen müsste, wäre mein Leben geradezu
sinnlos. Außerdem finde ich es gar nicht so schlimm."
"Dann
werde ich eben weiter gute Arbeit leisten. Ich habe uns Salat, Tomaten und
grünen Pfeffer mitgebracht. Gefrorene Pizza, noch einige Sonnenblumenkerne,
Eistee und ein paar Ho-Ho's, die ich mit dir teilen
werde, wenn du nett zu mir bist. Und ich habe noch ein bisschen Fleisch
mitgebracht, für unsere carnivorischen Seiten."
"Du
hast schon wieder einen Weg gefunden, mich zu schocken, weißt du das? Bis jetzt
habe ich gedacht, du hättest keinen blassen Schimmer, was ein Supermarkt
eigentlich ist oder welche Lebensmittel man darin kaufen kann." Scully
kramte in den Einkaufstaschen und holte eine Flasche Wein hervor. Sie warf ihm einen fragenden Blick zu und hob
eine Augenbraue. "Was haben Sie mit dieser hier vor, Mr. Mulder? Mich mit Ho-Ho's und Sonnenblumenkernen verführen?"
Mulder
wurde roter als ihm lieb war. "Ich habe mir gedacht, dass er ganz gut
schmeckt und du magst doch roten Wein. Wir sind immerhin im Urlaub." (Als
ob die Verführungs-Idee ihm nicht schon vorher eingefallen wäre.)
"Hm,
danke. Du hast einen recht guten ausgesucht." Mulder konnte wieder atmen.
"Habe ich mir auch gedacht. Du hast denselben zu Hause in deinem
Kühlschrank stehen." Ohne auch nur eine Reaktion von ihr abzuwarten fragte
er: "Hast du gemerkt, dass du immer noch deinen Schlafanzug an hast?"
"Du
hast mich doch schon in weniger gesehen und hast dich nie beschwert. Also habe ich mir gedacht, ich lese so viel
wie möglich, denn wenn du erst einmal zurück bist, gibst du sowieso keine
Ruhe."
"Yep, das stimmt."
Während
sich Scully umzog, verstaute Mulder die Sachen im Kühlschrank und versteckte
die zweite Flasche Wein dahinter.
"Wo
sollen wir deiner Meinung nach anfangen?" Mulder hörte sie zuerst, bevor
er sie sah. Sie trat in die Küche und band sich gerade einen Pferdeschwanz. Er
musste lachen. Sie hatte ein paar verschlissene Jeans und ein FBI Academy Shirt
an. Das Grün ihrer Socken war mehr als verblichen und die alten Tennisschuhe
standen auch kurz vor dem Auseinanderfallen. Definitiv keine Büro-Anzüge in
ihren Ferien.
"Ich
würde aufhören zu lachen, wenn ich du wäre. Hast du heute morgen schon in den
Spiegel geguckt, oh Partner mein Partner?"
"Ja,
und mir gefiel wie gewöhnlich was ich sah. Du hast endlich mal richtige
Klamotten an. Ich hätte nicht gedacht, dass die in deiner Welt überhaupt
existieren."
"Man
muss halt tief im Kleiderschrank graben, aber man findet sie letztendlich. Sie
warten nur darauf, völlig ramponiert zu werden, indem ich dir mit der Arbeit
helfe", gab Scully zu.
"Wenn
du jetzt noch deine grünen Haare hättest, wäre es ein Bild für die
Götter."
Sie
ging auf ihn los und er wäre beinahe aus der Tür gefallen, bevor sie ihn kreuz
und quer durch den Wald jagte. Mulder hielt urplötzlich an und sie prallte
prompt gegen seinen Rücken. Sie schaute über seine Schulter und sah, warum er
stehen geblieben war. Vor ihr war eine kleine Lichtung und auf einem der
größeren Bäume erblickte sie ein Baumhaus mit einer Leiter. "Das ist deins, oder?" fragte
Scully leise, um nicht den Zauber des Momentes zu zerstören.
"Meines
und Samanthas", antwortete Mulder genauso leise. Plötzlich verspürte Scully ein Verlangen, ihm
nahe sein zu müssen. Sie griff nach seiner Hand und hielt sie fest umschlossen.
Er war überrascht, doch als sie seine Hand hielt, spürte er die Wärme, die
seinen Arm hinaufkroch und wollte sie nicht loslassen. Also tat er es
nicht. "Wir haben immer unsere
Sandwiches hier hoch gebracht und sie hier gegessen. Wir wetteiferten immer,
wer als erster bei der Leiter war, und wer als letztes ankam, musste abends
aufräumen. Wir haben Stratego und Kartenspiele
gespielt. Poker hat sie allerdings nie ganz kapiert."
"Du
wolltest einer Siebenjährigen Poker beibringen?" fragte Scully mit großen
Augen.
"Klar!
Willst du's lernen?" fragte Mulder heiter. "Haben es dir deine Brüder
nie gezeigt?"
"Eigentlich
habe ich es ihnen beigebracht. Aber ich habe es schon lange nicht mehr gespielt."
"Hmmm, eine Herausforderung. Ich glaube, wir haben eine
Beschäftigung für heute Abend gefunden."
Mulder
drehte sie um und führte sie zurück durch die Bäume. Er hielt immer noch ihre
Hand. Als Scully seinen kräftigen Griff spürte, ertappte sie sich dabei, wie
sie an eine ganz andere Art von Abendunterhaltung dachte, doch das wollte sie
lieber für sich behalten - zumindest fürs erste. Sie lächelte. Es war ihr
peinlich, und im Moment war es einfach nur schön, seine Hand zu halten.
Sie
kamen aus dem Wald und schauten zum Haus hinunter. "Wo sollen wir
anfangen, Scully? Wir können von innen nach außen oder von außen nach innen
gehen. Was wäre dir lieber?"
"Wir
sollten uns vielleicht als erstes um unsere Schlafzimmer kümmern, damit wir
einen Platz zum Schlafen haben heute Nacht. Dann können wir gerne draußen
anfangen, das Wetter ist wunderbar heute."
"Was
hast du gegen die Couch von letzter Nacht?"
"Abgesehen
davon, dass dein Gesicht immer noch Teppichabdrücke aufweist, gar nichts."
"Ich
weiß schon. Du hattest die ganze Zeit Angst, so nahe neben mir zu liegen, weil
du was-weiß-ich-nicht-alles mit mir anstellen könntest mitten in der Nacht.
Herzklopfen, Schmetterlinge im Bauch und Schwindelanfälle. Alles nur, weil ich
nur einige Zentimeter von dir weg geschlafen habe. Ich verstehe
vollkommen." Irgendwie schaffte er es, all dies mit einem todernsten
Gesichtsausdruck herauszubringen, aber dann sah er sich nach Scully um und
musste lachen, als er ihren perplexen Gesichtsausdruck sah. Er nahm an, dass
sie so auf seinen Kommentar reagierte, doch Scully wusste es besser. Ohne es zu
merken kam er der so nahe Wahrheit, dass sie selber lachen musste. Sie sprachen
beide kein Wort mehr, als sie zurück ins Haus und in ihre Schlafzimmer gingen.
Als
es oben soweit zurecht gemacht war, dass sie später in den Zimmern schlafen
konnten, fingen Mulder und Scully mit der Arbeit draußen an. Mulder säuberte die Dachrinne und die
Schornsteine, während Scully sich um den Vorgarten kümmerte. Sie arbeiteten in
kameradschaftlicher Stille. Es war eine schöne, angenehme Ruhe. Etwas, das sie
nie teilen konnten, wenn sie im Büro waren oder einem Fall nachgingen. Der Tag
ging dahin und um sieben Uhr meldete sich Scullys Magen und protestierte.
Mulder warf sein Werkzeug herunter und ließ sich daneben fallen. Scully setzte
sich neben ihn. "Gut, Meister, ich würde sagen, wir haben einiges
geschafft heute. Was hältst du davon, wenn wir alles zusammenräumen und die
Pizza in den Ofen schmeißen?"
Sie
stand auf und reichte Mulder ihre Hand. Sie wuchtete ihn hoch und sie räumten
zusammen auf.
Sobald
die Pizza im Ofen war, rief Scully zu Mulder hinüber: "Hey, Mulder, willst
du zuerst duschen?"
"Nee,
geh ruhig zuerst. Ich liege viel zu bequem, um bloß an Bewegung zu denken,
geschweige denn, mich wirklich zu bewegen." Mulder lag quer über der Couch
ausgestreckt und seine Beine baumelten über die Armlehne. Und außerdem mochte
er den Gedanken, dass Scully in der Dusche war. Er entschied sich jedoch
schnell dazu, nicht weiter daran zu denken, denn wenn er es täte, könnte er
leicht verrückt werden. Er entschied sich für ein kurzes Nickerchen, und sei es
nur, um nicht mehr an Scully denken zu müssen.
Nach
etwa 20 Minuten erschien Scully wieder in der Küche. Sie ging hinüber ins
Wohnzimmer, um Mulder zu sagen, dass die Dusche nun frei sei und fand ihn
ausgestreckt auf der Couch vor mit einem mysteriösen Grinsen auf dem Gesicht.
Als sie näher trat, merkte Scully, dass er eingeschlafen war. Er sah
zufriedener aus als sie ihn je gesehen hatte, und sie brachte es nicht übers
Herz, ihn zu wecken. Sie ging stattdessen wieder in die Küche zurück, machte
einen Salat und kramte einige Pappteller und Besteck hervor. Der Timer für die
Pizza klingelte, und nachdem Scully die Pizza aus dem Ofen geholt hatte, machte
sie sich auf, um Mulder zu wecken. Sie lehnte sich über sein Gesicht und
berührte sanft seine Nasenspitze. Nach einem Moment öffnete er die Augen und
sah Scullys Gesicht über sich auf dem Kopf stehend. Als sie ihm ihre Zunge
herausstreckte, ergriff er ihren Kopf mit beiden Händen.
"Ich
weiß nicht, ob ich dich jetzt küssen oder lieber schreien soll."
"Ich
würde an deiner Stelle die richtige Entscheidung treffen, denn immerhin mache
ich die Pizza und egal wofür du dich entscheidest, es könnte furchtbare Konsequenzen
für dich haben."
Scully
befreite sich aus seinem Griff und warf ihm ein Kissen an den Kopf, bevor sie
wieder zurück in die Küche ging. Mulder folgte ihr dicht auf den Fersen. Er war
sich völlig sicher, welche Wahl er getroffen hätte.
xXxXxXx
Die
Pizza und der Salat verschwanden verhältnismäßig schnell. Als Scully ihren
letzten Bissen nahm, musste Mulder lachen beim Anblick von Pizza Soße über
ihrem ganzen Gesicht. Doch dann erkannte er, dass es gar nicht die Pizza Soße,
sonder Blut war.
Zuerst
konnte Scully gar nicht verstehen, warum Mulder so urplötzlich leichenblass
wurde, doch als sie ihren Mund mit einer Serviette abwischte, sah sie die
Ursache von Mulders Schrecken. Sie konnte das Blut aus ihrer Nase über ihre
Lippen sickern fühlen.
Sie
drückte die Serviette rasch zurück auf ihre Nase und lief nach oben ins
Badezimmer.
Nach
ein paar Minuten hörte die Blutung auf und Scully wollte schon wieder hinunter
gehen, als sie Mulder im Spiegel hinter sich sah. Sie drehte sich zu ihm um und
konnte Angst in seinen Augen sehen.
"Mulder, der Arzt hat gesagt, dass das leicht passieren kann, wenn
ich hart arbeite. Ich war den ganzen Tag über vornübergebeugt und so muss wohl
der Druck entstanden sein."
"Ich
dachte, die Operation hätte geholfen." fragte Mulder mit einem Tonfall,
der fast Scullys Herz brach. Sie trat zu ihm und legte ihre Hand auf seinen
Arm. "Sie hat geholfen. Wenn du nicht einen Arzt gefunden hättest, der
bereit war es zu versuchen, wäre ich heute nicht hier. Die Operation war ein Experiment
und niemand war sich sicher, welche Nebenwirkungen auftreten könnten. Aber das
Wichtigste ist doch, dass sie den Tumor herausbekommen haben, bevor er sich
weiter ausbreiten konnte. Ein wenig Nasenbluten hin und wieder ist gar nichts
im Vergleich zu dem davor." Sie schaute ihn an und lächelte sanft.
"Du hast geholfen, mir mein Leben wiederzugeben, Mulder. Ich habe nicht
vor, dieses Geschenk zu verschwenden."
"Scully,
ich möchte, dass du weißt, dass ich es jederzeit wieder tun würde."
"Ich
weiß, Mulder. Lass uns das jetzt aber vergessen und lieber die Küche in Ordnung
bringen, denn ich habe definitiv keine Lust, das morgen noch machen zu
müssen."
xXxXxXx
Um
etwa halb zehn gähnte Scully dermaßen, dass Mulder Angst hatte, dass es ihr das
Gesicht auseinanderreißen würde.
"Du
kannst nicht schon müde sein, Scully. Du hast schon seit anderthalb Stunden
nichts mehr gegessen. Wir sollten eigentlich längst wieder essen. Hm, vielleicht ist meine Uhr stehen
geblieben."
"Süß,
Mulder."
"Ich
gebe mir die größte Mühe. Warum gehst du nicht schon schlafen und ich mache die
Bude hier unten zu."
"Warum
so zuvorkommend? Ist der Böse Mann oben im Schlafzimmer?"
"Möglich.
Zumindest war er es, als Sam klein war. Ich muss jedenfalls noch duschen."
"Da
sage ich nicht nein zu dem Angebot. Bis morgen, Mulder." Er sah zu, wie
sie die Treppen hinaufging. Sie muss seinen Blick im Rücken gefühlt haben, denn
sie drehte sich um und fragte: "Bist du sicher, dass alles in Ordnung
ist?"
"Ja,
jetzt geh schon, weil ich beim besten Willen heute keine Kraft mehr habe, dich
nach oben zu tragen, wenn du eingeschlafen bist." Scully wünschte ihm eine
gute Nacht und verschwand nach oben. Sie ahnte, dass irgendetwas ihrem Partner
Sorgen machte, aber sie wollte ihn lieber nicht drängen.
Mulder
schloss inzwischen alle Türen und nahm eine Dusche. Nachdem er gute zehn
Minuten unter dem fast brennenden Wasserstrahl gestanden war, trocknete er sich
ab und kroch ins Bett.
xXxXxXx
Er
wachte auf um etwa halb eins in der Nacht und konnte nach dem Traum von Scully
und dem Kettenraucher nicht mehr einschlafen. Die perfekten Voraussetzungen für
einen Alptraum, dachte er bitter. Wenn bloß der Kettenraucher nicht darin
gewesen wäre, wäre es ein sehr schöner Traum gewesen. Nachdem er sich gute
zwanzig Minuten hin und her gewälzt hatte, stand er auf, zog sich ein
FBI-Akademie T-Shirt über und machte sich auf den Weg zu der Hängematte, die er
und Scully diesen Morgen entdeckt und aufgehängt hatten. Er versuchte leise zu
sein, aber er wusste, dass seine Partnerin ihn hören und herunterkommen würde.
Das war nämlich genau, was er beabsichtigte.
Scully
hörte ihn hinausgehen und schaute aus dem Fenster. Sie sah ihn in der
Hängematte sitzen und wartete ein paar Minuten, um ihn mit seinen Gedanken
alleine zu lassen. Dann griff sie nach einer Decke und schlenderte hinaus in
die Nacht.
Mulder
hörte wie sie die Küchentür schloss und einige Momente später ihre wohlbekannte
Stimme: "Ist der Platz hier frei?" Er schaute auf und nickte. Sie
setzte sich neben ihn und beide waren still für eine Weile. "Wie hast du
gewusst, dass du hier herauskommen solltest? Woher weißt du immer, wann ich
dich brauche?"
"Du
machst eben immer genug Lärm, um mich zu wecken - absichtlich oder
unabsichtlich. Außerdem scheinen wir beide uns besser zu kennen, als
irgendjemand anderes. Ich fühle es einfach und finde dich, egal wo du
bist."
"Scully,
ich brauche dich jetzt wirklich." sagte Mulder leise.
"Warum..."
fragte Scully und legte ihre Hand genau neben seine. "Scully, als ich dich heute mit all dem
Blut sah, hatte ich mehr Angst als je zuvor. Ich dachte, es fängt alles wieder
an. Ich könnte es nie ertragen, wenn du alles wieder durchmachen müsstest. Es
würde mich umbringen zu wissen, dass du noch einmal all die Schmerzen erleiden
müsstest, und dass ich nichts tun kann als daneben stehen und zugucken."
Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest als ob sein Leben dranhing.
"Als ich dich heute so sehen musste, brach die ganze Welt für einen Moment
zusammen. Die drei Minuten, in denen du oben warst, waren die Hölle. Ich will
nie wieder denken müssen, dass ich dich jeden Moment verlieren könnte."
Seine Stimme brach während seiner letzten Worte.
Mulder
wagte einen Blick in ihr Gesicht und war überrascht, dass er Tränen in ihren
Augen sah. Er streckte seine Hand aus, um einige zu trocknen, die gefallen
waren und Scully ließ auf diese sanfte Geste hin ihren Tränen freien Lauf. Sie
sank auf Mulders Brust zusammen und weinte. Mulder spürte, wie seine eigenen
Tränen fielen. Er hielt sie fest in seinen Armen und wartete, bis sie sich
beruhigt hatte.
Sie
schaute auf zu ihm mit tränenüberströmten Gesicht und schenkte ihm ein 'Mulder,
du bist absolut wundervoll'- Lächeln. Er lächelte zurück und zitterte, als eine
kalte Brise ihn erfasste. Scully merkte es und breitete die Decke über sie aus.
Sie drückte ihn sanft herunter und legte sich neben ihn, ihr Kopf an seiner
Brust. Mulder schlang seinen Arm um sie und legte seinen Kopf zurück.
"Weißt
du, Scully, ich habe Ewigkeiten damit zugebracht, nach Dingen in den Sternen zu
suchen, dass ich überhaupt nicht mehr aufhören kann, die Sterne zu beobachten.'
"Sterne
sind eins der wenigen Dinge, die noch wirklich und wahrhaftig schön sind. Egal,
wieviel man über sie weiß, sie bleiben immer noch geheimnisvoll - das macht sie
wunderschön, sogar für die pragmatischste aller Studien."
"Sterne
sind nicht das einzige für mich, das wirklich und wahrhaftig schön ist",
flüsterte er in Scullys Haar hinein.
"Mulder..."
"Ja?"
"Ich
werde dich nie wieder alleine lassen. Ich verspreche es."
"Und
ich werde dich nie wieder gehen lassen." Sie sprachen diese letzten Worte
so leise, dass sie sie kaum mit ihren Ohren hören konnten. Aber sie konnten sie
ganz deutlich in ihren Herzen hören.
xXxXxXx
Um
ca. vier Uhr morgens erwachte Mulder. Er blickte herunter und sah Scullys Kopf
neben seiner Brust, ihre roten Haare auf seinem Arm. Er hielt Scully fest an
sich gepresst, ihr Arm hielt ihn eng umschlungen. Er könnte sich mit dem
Gedanken anfreunden, morgens so aufzuwachen. Er kicherte leise, als er daran
denken musste, wie Skinner wohl dreinblicken würde, wenn er sie in diese
Situation finden würde. Mulder wollte dieses Gefühl der Sicherheit und der
Zufriedenheit so lange wie möglich genießen. Er küsste Scullys Stirn sanft und
schlief wieder ein. Scully spürte den Kuss und entschied, nicht gegen das
Gefühl der Wärme und Geborgenheit anzukämpfen, das sich über sie ergoss. Sie
ließ ihr Gesicht neben Mulders Brust, lauschte seinem sanften und rhythmischen
Herzschlag und entspannte sich in seiner Umarmung. Schlaf überkam auch sie nach
nicht allzu lange Zeit.
xXxXxXx
Mulder
wachte um halb acht langsam auf und fühlte, wie sich auch Scully regte.
"Scully?"
fragte er leise. "Bist du wach?"
"Nicht,
wenn ich nicht etwas sagen soll", kam die schlaftrunkene Antwort.
"Ich
habe noch nicht vor, mich zu bewegen."
"Ich
hasse es, es ihnen sagen zu müssen, Doktor, aber meine Blase explodiert gleich
und ich wollte dich nicht ohne Vorwarnung auf den Rasen fallen lassen."
Scully
lachte und rollte von ihm weg. Er rannte förmlich ins Haus und Scully folgt
langsamer mit der Decke im Arm. Ein paar Minuten später kam Mulder die Treppen
herunter und fand Scully zusammengerollt im Halbschlaf auf der Couch. Er legte
sich mit dem Kopf auf ihre Schulter und fing an, extra laut zu schnarchen. Sie
grinste schief und trommelte spielerisch auf seiner Nase.
"Also,
was machst du mir zum Frühstück, Mulder?"
"Was
möchten du und dein nimmersatter Magen denn haben?"
"Irgend
etwas, das bis 11 Uhr reicht."
"Wir
haben nie im Leben genug Essen dafür in diesem Haus. Aber wären fürs erste
Obst, Toast, Tee und vielleicht Cornflakes genehm?" Scully streckte sich
und sah ihn mit blitzenden blauen Augen an. "Ich denke, ich werde
überleben."
Mulder
zwickte ihre Nase, um sich zu rächen. "Kann ich mir bei dir einen Stein
ins Brett hauen, indem ich dir das Essen ans Bett bringen, so dass du dich
nicht einen einzigen Zentimeter bewegen musst?"
"Ich
denke schon, obwohl ich fürchte, dass ich dann allen Respekt für dich verliere
und dich für den Rest des Tages als Butler betrachten würde."
"Damit
kann ich leben."
Er
kam zurück mit dem Frühstück auf einem Tablett. Er hatte sogar eine Schürze um
und ein Handtuch über seinem Arm.
"Für
Sie, Madam Scully." sagte Mulder in dem härtesten französischen Akzent,
den er zustande brachte.
Scully
hielt es nicht länger aus. Sie prustete los vor lachen. Mulder ließ fast das
Tablett fallen. Er platzierte es vor sie auf den Tisch und wandte sich zum
Gehen.
"Isst
du nicht mit?" fragte Scully, die sich ein wenig beruhigt hatte. "Mit dem Personal zusammen essen, Madam
Scully, ist das nicht gegen die Regeln?"
"Seit
wann halten wir uns an die Regeln, hm?"
"Auch
wahr." Mulder setzte sich neben sie und sie frühstückten zusammen. Keiner von beiden erwähnte die vergangene
Nacht, aber sie fühlten sich näher zueinander als je zuvor. Sie brauchten keine
Worte.
xXxXxXx
Nachdem
sie das Geschirr weggeräumt und sich angezogen hatten, fand Scully Mulder auf
der Veranda sitzen. "Was soll heute gemacht werden, Hausmann?" Mulder
grinste sie an. "Wir sollten heute vielleicht drinnen weitermachen, denn
es wäre unklug, noch mehr Sonne auf unsere Haut zu lassen. Besonders du. Du
bekommst eher einen Sonnenbrand als meiner Mutter Fleischhaxen und diese gehen
so in Flammen auf." (Er schnippte mit den Fingern) "Du solltest
lieber aufpassen, was du sagst oder du behältst diesen Spitznamen - auch im
Büro. Außerdem hast du recht. Zeig mir den Weg zu einer Drahtbürste, ich bin
bereit, an meinem Appetit zu arbeiten." Mulder sah Scully an, stand auf
und seufzte: "Warum überrascht mich das nicht?"
Irgendwie
schafften sie es, mittags durchzuarbeiten und um fünf herum erinnerte Scullys
Magen sie an diesen Fehler. Sie war gerade damit fertig, den Badezimmerboden zu
schrubben, als sie um das Haus herum ging und nach Mulder rief. Sie fand ihn im
Wandschrank in der Vorhalle, dessen Wände er gerade schrubbte. Er machte die
Wand fertig, glitt aus der Tür und fand Scully hinter sich stehen.
"Netter
Anblick", grinste sie.
"Ich
bin froh, dass ich dir Freude bereiten kann." Er ging um sie herum.
"Du siehst auch nicht schlecht aus", nickte er zustimmend. Er gab ihr
einen Klaps mit dem Handtuch und glitt aus der Tür, bevor sie reagieren konnte.
Scully
ging in die Küche und fand Mulder, wie er Steaks aus dem Kühlschrank und eine
Dose Bohnen aus dem Schrank holte.
"Gib mir 45 Minuten, Scully, und du bekommst eine Mahlzeit, die
deinen Magen für lange Zeit beruhigen wird."
Scully
ging und räumte ihre Sachen auf. Dann kümmerte sie sich auch um Mulders Zeug,
denn das war das Mindeste, was sie tun konnte, hinsichtlich der Tatsache, dass
sie schon lange nicht mehr so gut gegessen hatte. Sie hatte sogar Zeit für eine
Dusche.
Eine
halbe Stunde später betrat sie wieder die Küche und fand einen gedeckten Tisch,
das Essen kochend und eine Flasche Wein auf dem Tisch vor. Sogar Mulders Ho-Ho's lagen auf der Küchentheke zum Nachtisch. Mulder rauschte an ihr vorbei und sagte, er
gehe duschen. "Wehe, du fasst irgendetwas an, bevor ich zurück bin!"
drohte er im Spaß. Sie setzte sich an den Tisch und nach bereits zehn Minuten
war er wieder zurück. Er stellte das Essen auf den Tisch und holte die Steaks
aus der Pfanne. Scully war im Begriff, die Weinflasche zu öffnen, doch Mulder
nahm sie ihr aus der Hand.
"Nicht
heute. Ich bin der Hausmann, weißt du noch?" Er schenkte ihnen beiden ein
Glas Wein ein und setzte sich ihr gegenüber.
"Es
sieht alles fabelhaft aus, Mulder. Bitte erinnere mich daran, dass ich nie
wieder an deinen Kochkünsten zweifele."
Sie
fingen an zu essen und Mulder füllte schon bald auf Scullys Bitte hin ihre
Weingläser nach. Dies erschreckte Mulder, denn normalerweise hatte sie nur ein
Glas bei einem Essen. Als sie zu Ende gegessen hatten, war auch die Weinflasche
leer. Sie wuschen ab und Scully nahm die Kiste Ho-Ho's
mit hinaus auf die Veranda. Mulder zögerte einen Moment, doch holte dann die
zweite Flasche Wein hervor, die er morgens in den Kühlschrank gestellt hatte.
Er griff nach den beiden Gläsern und brachte sie ebenfalls hinaus auf die
Veranda.
"Ich
hoffe, es macht dir nichts aus, aber ich habe uns noch eine Flasche
mitgebracht", sagte Mulder mit einem unschuldigen Blick.
"Ich
habe mir schon gedacht, dass du irgendwo eine versteckt hast, aber ich habe sie
nicht gefunden", antwortete sie mit einem Lächeln und einer erhobenen
Augenbraue.
"Ich
habe sie hinter dem Kühlschrank versteckt und gehofft, dass du sie nicht
findest, weil ich wusste, dass du mir sowieso die Leviten lesen würdest."
"Nein,
der Wein schmeckt viel zu gut, um sauer auf dich zu sein", sagte sie und
schenkte sich nach.
Er
öffnete die Ho-Ho's und sie verzehrten sie und den
Wein. Scully stand eine Weile später auf
und trat an das Geländer. "Es kommt ein Sturm auf", sagte sie und sah
die Blitze in der Ferne, obwohl sie zu weit weg waren, um den Donner zu hören.
Mulder
stellte sich hinter sie und legte seine Hände auf ihren Rücken. Ohne es zu
merken begann er, ihr Genick und ihre Schultern zu massieren. Er konnte die
Knoten in ihren Muskeln fühlen von all der Schrubberei den ganzen Tag und
massierte weiter.
Scully
fühlte, wie sie sich durch den Wein und vor allem durch Mulders sanfte Massage
entspannte. Sie ließ ihren Kopf nach vorne fallen und seufzte zufrieden. Nach
einer Weile drehte sie sich um und begann, seine Schultern zu massieren. Bald
wurden sie beide durch den Wein und durch die sanften Berührungen müde und
gingen wortlos wieder zurück ins Haus. Sie schalteten die Lichter aus, gingen
nach oben in ihre Zimmer und flüsterten sich eine gute Nacht zu, bevor sie ihre
Türen schlossen.
xXxXxXx
Ein
krachendes Donnern weckte Scully und für einen Moment wusste sie nicht, wo sie
war. 'Richtig, das Haus!' Sie richtete sich schweißgebadet auf. Seit der
stürmischen Nacht, in der Duane Barry sie entführt hat, fürchtete sich Scully
in Sturmnächten, obwohl sie es nie zugeben würde. Sie schalt sich selbst dafür,
mitten in der Nacht so kindisch zu sein, und weil sie noch unter dem Einfluss
des Alkohols war, durchschossen sie alle möglichen Visionen. Zuerst klatschte
ein Ast gegen ihr Fenster, dann meinte sie, einen Schatten in der Ecke ihres
Zimmers zu sehen. Das nächste, woran sie sich später erinnerte war, dass sie
neben Mulders Bett stand.
"Scully,
was ist los? Bist du ok?" In Mulders Augen und seiner Stimme stand die
Sorge.
"Bitte
lach mich nicht aus, aber seit Duane Barry hasse ich solche Sturmnächte und
mein Hund ist nicht hier, um mir Gesellschaft zu leisten und ein Ast schlägt
ständig gegen mein Fenster und ich sehe Schatten in meinem Zimmer." Sie
sprudelte das alles in einem Satz hervor und wurde rot trotz ihrer Angst, der
sie beutelte.
Ohne
ein Wort zu sagen hob Mulder seine Bettdecke und bot ihr den Platz neben sich
an. Sie schlüpfte dankbar hinein, als der Sturm mit voller Wucht auf den
Fensterläden knallte. Scully machte sich ganz klein und vergrub ihr Gesicht in
seiner Brust. Mulder hielt sie fest, streichelte sie und murmelte ihr zu, dass
er es nicht zulassen wird, dass ihr jemand etwas tut.
Einige
Minuten später gab der Sturm nach und Mulder flüsterte ihr zu:
"Wenigstens
brauchen wir morgen nicht die Fenster putzen." Daraufhin entspannte sie
sich ein wenig. Sie hob ihren Kopf und sah ihm in die Augen. Sie blickte ihn
lange an und lehnte dann nach vorne und presste ihre Lippen an sein Kinn. Sie
kuschelte sich wieder zurück an seinen Körper, als der Sturm wieder anhob. Sie
fühlte, wie er sie auf den Kopf küsste und dann auf ihre Nasenspitze. Er
schlang seine Arme um sie und sie drifteten entspannt in den Schlaf.
xXxXxXx
Um
etwa halb sechs wachte Scully auf und fühlte etwas auf ihr liegen. Sie öffnete
ihre Augen und sah, dass Mulder fest schlafend mit dem Kopf auf ihrem Bauch
lag. Sie bemerkte sein Kissen unter ihrem Kopf und nahm an, dass Mulder sich
während der Nacht nach unten gearbeitet hatte und jetzt ihren Bauch als
Kopfkissen benutzte. Sein linker Arm lag zudem quer über ihrem linken Bein.
Wenn er nicht so ruhig schlafen würde, würde ich ihn ja wecken und ihm sein
Kissen wiedergeben, dachte sie. Als sie auf sein Gesicht blickte, fiel ihr ein,
dass sie die ganze Zeit, in der sie hier waren, nicht ein einziges Mal über
ihre Arbeit gesprochen haben. Das war ziemlich ungewöhnlich, weil dies ja das
Hauptthema zwischen den beiden Agenten war.
Ihr war nie aufgefallen, wie viel sie beide doch gemeinsam hatten. Sie
strich Mulder eine Strähne aus den Augen und er regte sich im Schlaf. Sie hielt
inne und wartete, hoffend, dass er nicht aufwachte. Scully genoss die seltene
Gelegenheit, ihn richtig betrachten zu können, ohne ein schlechtes Gewissen zu
bekommen. Er legte seine rechte Hand auf ihrem Arm und schlief ruhig weiter.
Scully seufzte vor Erleichterung und beobachtete ihn weiter. Sie genoss den Anblick seiner wohlbekannten
Gesichtszüge. Ihre Hand wanderte sanft auf die Narbe auf seiner Stirn und
strich dann über sein Haar. Sie fuhr langsam über seine Lippen, sein Kinn und
ruhte dann an seinem rechten Ohr. Plötzlich öffnete Mulder die Augen und Scully
ließ zu ihrer Überraschung ihre Hand auf seiner Wange liegen. Mulder schaute sie verwundert an. "Warum
liege ich auf deinem Bauch?"
"Weil
ich wohl dein Kissen geklaut habe", sagte sie, zog ihre aber Hand immer
noch nicht zurück.
"Oh."
Mulder hob seinen Kopf und stützte sein Kinn auf seine rechte Hand.
"Ich
glaube, ich muss gedacht haben, dass du das nächstbeste Kissen bist."
Scullys Hand glitt seine Wange herunter, doch ihre Fingerspitzen blieben auf
seinem Kinn. "Ich weiß jetzt nicht, ob ich mich geehrt oder beleidigt
fühlen soll."
"Geehrt,
denn ich bin ziemlich wählerisch, wo ich meinen Kopf hinlege."
"Hmm. Ich wollte dich nicht gar nicht wecken. Ist dir
aufgefallen, dass wir uns während wir hier sind nicht ein einziges Mal auf die
Nerven gegangen sind? Wir stellen bald einen Weltrekord auf."
"Entweder
das oder es ist etwas im Trinkwasser." Er hob seine Hand und berührte das
Kreuz, das an ihrer Halskette hing, die nun flach auf ihrer Brust lag. Er hielt
es zwischen zwei Fingern und sagte: "Während der letzten vier Tage sind
wir einander näher gekommen, als in den letzten fünf Jahren. Vielleicht liegt
es am Haus oder daran, dass wir uns nicht um irgendeinen Fall kümmern müssen
oder weil wir hier oben unsere Fassaden eher herunter lassen, als sonst. Wir
konnten uns gegenseitig so sehen, wie wir wirklich sind, ohne die Arbeit
zwischen uns. Ich will fast überhaupt nicht mehr zurück in unsere alte Welt.
Wir werden uns sowieso wieder da unten in dem Kellerbüro zu Tode
arbeiten."
Sie
legte ihre Hand wieder auf seinen Kopf. "Wir müssen gar nicht wieder wie
vorher werden. Obwohl ich es immer schon gemocht habe, mich mit dir zu
streiten."
"Logisch,
du hast ja auch viel öfter recht als ich." Mulder sah Scully nun endlich
an. "Mir gefällt, wie wir jetzt sind. Es wird schwer werden, mich wieder
zu Hause an meine Couch zu gewöhnen. Ich fühle mich hier viel sicherer, wie ich
mich in einer Ewigkeit nicht mehr gefühlt habe. Ich habe nicht einen einzigen
Alptraum gehabt, seit wir hier sind. Hier gibt es keinen Skinner, der uns über
die Schultern schaut, keine Monster, die hinter irgendwelchen Ecken lauern,
mein Handy hat nicht ein einziges Mal geklingelt—weißt du eigentlich, was für
ein Luxus das ist? Ich möchte wieder zurück nach DC, verstehe mich nicht
falsch. Ich liebe unsere Arbeit. Aber in
diesen vier Tagen hatte ich ein Leben. Ich glaube nicht, dass ich vorher je
eines hatte. Ich werde das hier vermissen - UNS vermissen, wie wir Freunde sein
können, ohne ständig umeinander fürchten zu müssen." Mulder ließ das Kreuz
los, aber ließ seine Hand blieb wo sie war.
"Mulder,
alles hat sich verändert, merkst du das nicht? Wir müssen keines dieser beiden
Dinge aufgeben. Ich denke, dass alles besser wird, weil wir diese Zeit hier
zusammen hatten. Den chaotischen Alltag werden wir nicht los, aber wir beide
haben uns verändert, du und ich. Veränderungen können sehr gut sein, glaube
mir. Wir werden auf jeden Fall wieder zurück in diese chaotische Welt gehen,
aber ich werde diesen Ort hier nie vergessen. Ich könnte mich an solche Ferien
sogar gewöhnen. Wenn man bedenkt, dass ich zuerst überhaupt nicht hier her
wollte."
Mulder
lächelte. "Das wäre auch noch schöner! Ich würde diese Zeit für nichts in
der Welt tauschen wollen. Frau Doktor macht immer alles wieder gut,
stimmt's?" sagte er, schloss die Augen und legte seinen Kopf wieder zurück
auf ihren Bauch. Scully streichelte seine Wange. Ohne seine Augen zu öffnen oder seinen Kopf
zu heben flüsterte er mit verschlafener Stimme: "Scully, ich würde dich
gern behalten." Er sah nicht die freudige Überraschung, die ihr Gesicht
erhellte, doch er merkte, wie sie sich unter ihm entspannte und dass sie
lächelte. Und dies reichte ihm vollkommen - fürs erste zumindest. Er schlief
ein mit seinem Kopf geborgen auf dem Körper seiner besten Freundin.
Mulder
erwachte mit dem Duft von Rührei und Schinken in der Nase. Er stand auf, folgte
dem Duft in die Küche und fand Scully am Herd. Er ging zu ihr hin und stützte
sein Kinn auf ihre Schulter. "Was machst du da Feines?" fragte er und
warf einen Blick in die Pfanne.
"Ich
habe mir gedacht, dass ich dir wenigstens eine Mahlzeit dafür schulde, dass du
in den letzten vier Tagen ständig meinen nie zufriedenen Magen gefüttert
hast." antwortete sie und rieb sich dabei ihren Bauch. "Meine
Kocherei hat dich noch nicht umgebracht, also hör auf, solche schrecklichen Grimassen
zu ziehen."
Mulder
machte wieder ein normales Gesicht und sagte unschuldig: "Ich würde es nie
wagen, mich über dein Essen zu beschweren. Wer füttert mich denn die ganze
Zeit? Wenn ich bei dir auf der Türschwelle auftauche, hast du immer etwas da. Ich
versuche das Ganze nur, damit du nicht denkst ich gebe leicht nach."
"Mulder,
was du auch immer bist, du bist ganz sicher nicht jemand, der leicht
nachgibt."
"Danke."
Er setzte sich an den Tisch und griff nach der Gabel. "Jetzt füttere mich
oder ich werde feindselig"
"Bloß
nicht." Scully füllte seinen Teller und dann ihren. Sie setzte sich ihm
gegenüber und sie fingen an zu essen. Nach einer Weile ließ Scully ihre Gabel
sinken und tippte Mulder auf die Hand, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen.
"Danke
für letzte Nacht", sagte sie, als er aufschaute.
"Für
was?" fragte Mulder.
"Dafür,
dass du bei mir warst und mich nicht wie einen Idioten stehengelassen hast,
weil ich vor etwas so irrationalem Angst hatte."
"Erstens
glaube ich, dass das Ansichtssache ist und ich persönlich glaube nicht, dass du
irgendeine ungerechtfertigte Furcht dein Leben kontrollieren lässt. Wenn du
sagst, du hast vor etwas Angst, dann glaube ich dir. Ich würde dich nie
auslachen, das weißt du. Ich bin froh, wenn ich etwas tun kann, dass dir hilft
hat, dich besser zu fühlen. Vergiss das nicht, ok? Außerdem bin ich noch nie
jemand gewesen, der immer an allem zweifelt. Das solltest du eigentlich schon
gemerkt haben", lächelte er sie an.
Auf einmal stand Scully auf und umarmte ihn. "Weißt du was?"
flüsterte sie ihm ins Ohr.
"Was?"
flüsterte er zurück.
"Ich
würde dich gern behalten."
Sie
ließ ihn los und stellte das Geschirr in die Spüle. Mulder stand da mit einem
dummen Grinsen auf den Lippen und starrte auf die feurige Rothaarige an der Küchentheke.
Seine feurige Rothaarige, dachte er bei sich. Er verließ die Küche und pfiff
die Melodie von Star Trek. Scully hörte ihn und
lächelte, denn sie wusste, dass er so etwas nur tat, wenn er in richtig guter
Laune war.
xXxXxXx
Als
sie endlich hinausgingen, war es fast zehn und die Mittagshitze hatte bereits
eingesetzt. Mulder und Scully machten sich daran, den Schuppen zu säubern. Um
fünf Uhr hatte sich einen beträchtlicher Berg Müll angesammelt, und als sie
alles weg zum Bordstein getragen hatten, waren sie beide über und über mit
Schmutz bedeckt. Scully schaute Mulder an und prustete los vor Lachen.
"Was
ist so witzig?"
"Du."
"Du
siehst auch ganz nett aus, weißt du das?"
"Es
ist nur, dass ich dich noch nie zuvor so dreckig gesehen habe. Wenn uns die
anderen Agenten jetzt sehen könnten, würden sie bestimmt aus den Latschen
kippen. Die beiden Stubenhocker sind doch tatsächlich herausgegangen und haben
Schwerstarbeit geleistet. Die haben uns bestimmt schon lange
abgeschrieben."
"Hmm, ich denke nicht, dass wir sie hierher einladen werden,
oder? Wir könnten nie unseren Ruf beibehalten, wenn wir auffliegen lassen, dass
wir ganz normale Menschen sind."
"Da
hast du recht", stimmte sie zu und hob den Wasserschlauch auf, der
unaufgeräumt auf dem Boden lag. Sie drehte das Wasser auf und zielte auf ihn.
Ein kalter Wasserstrahl erwischte ihn, bevor er sich irgendwohin retten konnte.
"Ich
werde dich wohl ein wenig waschen müssen, bevor wir wieder reingehen."
Er
griff nach dem Schlauch und drehte den Strahl auf Scully. Eine Wasserschlacht
wie eh und je brach aus und nicht lange und sie waren nass bis auf die Haut.
Scully wirbelte herum, um ihn eine letzte Wasserladung auf ihn loszuwerden,
doch sie verlor den Halt und rutschte auf dem nassen Schlamm aus, der während
der Schlacht entstanden war. Sie prallte gegen Mulder und sie landeten beide
übereinander im nassen Schlamm. Als Mulder so auf ihr lag, merkten beide, wie
nahe sie sich eigentlich waren. Ohne nachzudenken senkte Mulder seinen Kopf, um
sie zu küssen, und sie hob ihren, um ihm entgegenzukommen.
In
diesem Moment klingelte das Telefon. Mulder schlug seine geballte Faust in den
Schlamm und fluchte. "Warum muss dieses verdammte Ding immer in den
ungünstigsten Momenten los gehen?"
Er
rollte von Scully herunter und hielt ihr das Telefon hin. "Ich will nicht rangehen, Mulder. Es ist
ja sowieso Skinner. Bitte rede du mit ihm."
"Ich
will nicht mit ihm reden. Sollen wir es nicht einfach klingeln lassen?"
"Also
schön, gib es mir. Du bist mir was schuldig, mein Freund."
"Scully,
du bist ein Engel."
Scully
streckte ihm die Zunge heraus und ging ans Telefon. Nach etwa einer Minute
ernsthafter Unterhaltung, verabschiedete sie sich und legte auf. "Rate!"
"Unser
wunderbarer Chef möchte uns noch eine zusätzliche Woche Urlaub geben?"
fragte Mulder und glaubte seinen eigenen Worten nicht. "Träum weiter. Er will, dass wir so bald
wie möglich zurück kommen. Er will uns irgendetwas zeigen."
"Ein
neuer Fall?"
"Nehme
ich an. Er wollte es nicht näher am Telefon besprechen." Scully schaute
ihn unglaublich enttäuscht an.
"Ich
denke, wir machen uns besser auf den Weg. Wir können entweder heute Abend
fahren und ausschlafen, wenn wir ankommen, oder wir können hierbleiben und
morgen früh um circa vier fahren. Was wäre besser?"
"Keines
von beiden, aber es ist praktischer, wenn wir heute fahren. Wir haben noch
einiges zu tun, bevor wir fahren. Warum gehst du nicht zu erst duschen?"
schlug sie vor. "Immerhin hast du weitaus mehr Dreck an dir als ich. Ich
räume den Kram hier draußen weg."
Scully
stand da und sah ihn an. "Zum ersten Mal in meinem Leben bereue ich es,
einen Job zu haben."
Mulder
trat näher und schaute sie an. "Wir können jederzeit wieder hierher
zurückkommen."
"Ich
weiß, aber ich möchte hier bleiben", sagte sie und traute sich nicht, ihm
in die Augen zu sehen. "Mit dir."
Sie
drehte sich rasch um und ging ins Haus. Mulder wartete einen Moment und folgte
ihr dann, nicht darauf achtend, dass der ganze Schlamm auf den Boden tropfte.
Er ging nach oben und betrat ohne anzuklopfen das Badezimmer. Scully stand
neben einem Haufen schmutziger Kleidung, ein Handtuch um ihren Körper.
"Egal,
was passiert", sagte Mulder und versuchte, das kleine Handtuch, das sie an
ihren Körper gepresst hielt, zu ignorieren. "Versprich mir, dass du bald
wieder mit mir hier her zurück kommst. Es wäre nicht dasselbe ohne dich. Egal,
wie viel wir zu tun haben, wir nehmen uns die Zeit und kommen hierher zurück.
Versprochen?"
Sie
sah das Flehen in seinen Augen, und obwohl sie nur das Handtuch anhatte, trat
sie zu ihm und umarmte ihn. "Ich verspreche egal, was passiert, ich komme
wieder hierher. Nichts könnte mich davon abbringen."
"Ehrlich?"
"Ehrlich.
Und jetzt verschwinde, bevor mein Handtuch verrutscht."
"Weißt
du, vielleicht sollte ich lieber hierbleiben. Vielleicht brauchst du jemanden,
der dir die Seife reicht oder dir die Füße schrubbt. Ich bin Experte
darin", sagte Mulder mit einem frechen Grinsen. Scully schubste ihn aus der Tür: "Ich
schreie, wenn ich etwas brauche. Und jetzt RAUS!!!" lachte sie und
versuchte das Handtuch nicht zu verlieren.
Mulder grinste, trat in den Flur und schloss die Tür hinter sich.
Um
sechs Uhr hatten sie soweit alles gepackt und im Auto verstaut und überprüften
noch einmal, ob alle Türen und Fenster verschlossen waren. Mulder schloss die Eingangstür und ging neben
Scully zum Auto. "Willst du
fahren?" fragte er und wusste, dass sie ablehnen würde, weil sie lange
nicht so gerne Nachtfahrten mochte wie er. "Nein danke. Bei meinem Glück
landen wir in Kanada."
"Denk
daran, dass ich mich normalerweise immer verfahre. Beschwer dich nicht, wenn
wir bei den Niagara Fällen oder so landen."
"Ich
lasse es darauf ankommen." Sie kletterte auf den Beifahrersitz. Vor ihnen
lag eine Drei-Stunden-Fahrt. Mulder setzte sich hinters Steuer und fuhr langsam
die Einfahrt hinunter. Beide wünschten sich sehnlichst, dass sie wieder zurück
zu dem Moment könnten, bevor das Telefon geklingelt hat.
Während
der Fahrt merkten beide die Spannung, die sich im Wagen aufgebaut hatte. Mulder
verfluchte innerlich das Telefon und Scully wusste, dass er wütend war. Nach
etwa zwanzig Minuten hielt sie es nicht mehr aus. "Mulder."
"Ja,
Scully?"
"Wenn
plötzlich ein Baum im Wald umfallen würde und niemand wäre in der Nähe, um es
zu hören, würdest du darauf bestehen, der Sache nachzugehen, oder würdest du es
einfach sein lassen?" fragte Scully ernst. "Du kannst deinen süßen
Hintern darauf verwetten, dass ich dem nachgehen würde, und ich würde dich
mitschleppen", antwortete er in einem genauso ernsten Tonfall. "Warum
fragst du?"
Scully
lachte. "Ich wollte einfach irgendetwas sagen, um dieser Spannung
abzuhelfen, die sich hier aufgebaut hat. Wie's aussieht, hat's geholfen."
Das Eis war gebrochen und die Unterhaltung fiel ihnen jetzt leichter. Mulder erzählte ihr von dem Spaß, den er und
Samantha in dem Haus gehabt hatten. Sie rollte in ihrem Sitz zusammen, schloss
die Augen und genoss den Klang seiner Stimme. Scully fühlte, wie sie immer
schläfriger wurde und gab sich nach dem langen Tag, den sie und Mulder gehabt
hatten, völlig dem Schlaf hin.
Mulder
hatte alles und jeden verflucht, als Scully ihm die Frage mit den Bäumen
gestellt hatte. Er wusste, dass sie nur versucht hatte, ihn aus seiner
schlechten Laune herauszubringen, und nachdem er sie lachen gehört hatte,
fühlte er sich tatsächlich viel besser. Trotzdem wünschte er, dass sie das
Telefon klingeln gelassen hätten. Nach etwa einer Viertelstunde hörte Scully
auf, ihm zu antworten. Er schaute zu ihr herüber und sah, dass sie
eingeschlafen war, ihr Haar über ihrem Gesicht. Er lächelte und hob den Mantel
auf, der von ihrem Schoß gerutscht war. Still fuhr er weiter.
Etwa
eine Stunde später, "Mulder.."
"Was
ist los, Scully?" Er erhielt keine Antwort, deshalb fragte er nochmal.
"Was
ist?"
Mulder
blickte herüber und merkte, dass sie im Schlaf redete. Er legte seine Hand auf
ihrem Arm und sagte leise: "Schlaf weiter, Scully."
"Nein.
Was wäre passiert, wenn das Telefon nicht geklingelt hätte?" murmelte
Scully, immer noch fest schlafend.
"Ich
glaube, ich hätte dich vielleicht geküsst", flüsterte er und konnte nicht
glauben, dass er das eben zu ihr gesagt hatte, ob sie schlief oder nicht.
"Es
hätte mir gefallen. Vielleicht werden wir irgendwann wieder mal so im Schlamm
liegen."
"Davon
kann ich nur träumen", antwortete er und fragte sich, ob sie sich an alles
erinnern würde, wenn sie aufwachte.
"Ich
mag dich wirklich sehr, Mulder. Meine Mutter hat recht, du bist ein
wundervoller Mann", murmelte Scully, regte sich in ihrem Sitz und schlief
ruhig weiter.
Mulder
legte seine Hand auf ihr Knie und drückte es sanft. "Ich mag dich auch
sehr."
Scully
erwachte nicht etwas später und sie konnte sich an kein Wort ihrer Unterhaltung
erinnern, soweit Mulder es beurteilen konnte. Er hielt es auch für besser so,
denn er hatte keine Ahnung, wie er reagieren sollte, wenn es anders wäre. Sie
fuhren zu einer Tankstelle, um Kaffee zu holen und Scully bot an, den Rest des
Weges zu fahren.
"Keine
Chance! Wir haben uns nicht ein einziges Mal verfahren. Ich muss außerdem die
ganze Strecke fahren, damit ich etwas habe, worauf ich zurückgreifen kann, wenn
du mich wieder in der Luft zerreißen willst."
"Ich?
Mich über dich lustig machen? Nie im Leben. Woher willst du das wissen?"
"Von
dir selbst."
"Oh.
Tja, lebe und lerne." Scully sprang zurück ins Auto und sie fuhren weiter.
Einige
Zeit später fuhr Mulder in Scullys Einfahrt. "Hier sind wir. Geh schon mal
die Tür aufschließen und ich hole deine Sachen aus dem Kofferraum."
"Was
für ein Gentleman", sagte sie und fing an, in ihrer Tasche nach den
Schlüsseln zu suchen, während sie zu ihrer Haustür ging. Auf halbem Weg hielt
sie plötzlich inne.
Mulder
holte sie ein. "Du weißt, dass du die Tür nicht von hier aufschließen
kannst, oder?"
"Wenn
ich an der Tür stehen würde, würde es auch keinen Unterschied machen. Ich habe
keinen Schlüssel."
"Was
soll das heißen?"
"Ich
kann mich erinnern, dass ich meinen Schlüssel auf den Küchentisch geworfen
habe, als wir angekommen sind. Der dürfte da jetzt noch liegen. Ich habe ganz
vergessen, ihn wieder mitzunehmen, als wir gefahren sind", sagte sie
entschuldigend.
"Und
ich dachte schon, ich würde nie den Tag erleben, an dem du etwas vergisst.
Irgendwie bin ich stolz. Jetzt gehörst du auch auf dieselbe dunkle Seite mit
all den anderen von uns. Wenigstens habe ich meine Schlüssel. Ich lasse dich
rein und du kannst dich bei mir bedanken mit was immer du auch angemessen
findest", grinste er sie an.
"Nein,
das geht auch nicht. Ich habe doch die Schlösser auswechseln lassen, weißt du
nicht mehr? Ich habe dir einen Schlüssel machen lassen und ihn drinnen
liegenlassen, um ihn dir zu geben, wenn du mich abholst. Du hast ihn dir nicht
genommen, oder?"
"Da
kann ich nur nein sagen. Was ist mit deinen Nachbarn oder deiner Mutter?"
"Keiner
von meinen Nachbarn hat einen Schlüssel. Ich habe Mom den neuen gegeben, aber
sie ist meinen Bruder besuchen und kommt nicht vor morgen zurück."
Mulder
drehte sich um und ging zum Auto. "Tja, dann glaube ich, dass du mich noch
eine Nacht auf dem Hals haben wirst. Komm, ich bin am Verhungern. Wir können
unterwegs etwas zu essen holen, bis wir zu meiner Wohnung kommen." Mulder
grinste innerlich. Jemand da oben muss es wirklich gut mit ihm meinen, denn
jetzt hatte er Scully noch für eine Nacht länger.
Scully
hatte inzwischen ein schlechtes Gewissen, weil sie es gar nicht so übel fand,
dass sie ihre Schlüssel vergessen hatte. Sie stiegen wieder ins Auto und
machten sich auf den Weg zu Mulders Wohnung. Im Stillen freuten
sich darüber, wie die Dinge ihren Lauf nahmen.
Nachdem
sie sich etwas zu essen geholt hatten, kamen sie an seiner Wohnung an. Scully
nahm das Essen, während Mulder sich um das Gepäck kümmerte. Er grinste breit,
als er seine Schlüssel hervorholte und ihr sie klimpernd vor die Nase hielt.
"So fühlt sich Macht also an. Daran könnte ich mich gewöhnen."
"Mach
einfach die Tür auf, Hausmann", sagte Scully hinter den Taschen, die sie
in den Armen hielt.
"Mit
Vergnügen, Madam."
Sie
gingen hinein und fielen sofort über das Essen her. Innerhalb von Minuten
hatten sie das meiste davon verschlungen, und Mulder stellte den Rest in den
Kühlschrank.
"So,
mein Herr, wer bekommt die Couch?" fragte Scully und beäugte das Objekt,
das Mulder Bett nannte.
"Die
Gäste bekommen die Couch, ganz einfach. Ich hole dir eine Decke." Mulder verschwand
im Nebenzimmer, bevor sie etwas sagen konnte. Er kam zurück mit einer Decke und
einem Kopfkissen. "Ich habe es für besondere Anlässe aufbewahrt. Hier,
bitte", sagte er und warf ihr das Kissen an den Kopf.
"Uhhh, jetzt bin ich also ein besonderer Anlass. Andere
würden mir sagen, dass ich es mir lieber auf dem Boden bequem machen sollte.
Ich komme schon zurecht." Scully fing an, in ihrer Tasche zu graben und
holte ihren Schlafanzug hervor, der aus Shorts und einem New York Knicks
T-Shirt bestand, das Mulder ihr einmal als Gag zu ihrem Geburtstag geschenkt
hatte.
"Ich
habe dir doch gesagt, dass ich es tragen werde", sagte Scully und musste
daran denken, dass sie selten in etwas anderem schlief. Sie zog sich um, während Mulder sich sein
'Bett' neben der Couch herrichtete. Sie legte sich hin und Mulder schaltete das
Licht aus. Er machte es sich bequem und wünschte ihr eine gute Nacht. Nach ein
paar Sekunden hob Scully ihren Kopf über das Couchende. "Ich habe gerade
ein starkes Déjà-vu - Du auch?"
Mulder
griff im Dunkeln nach ihrer Hand, legte sie auf seine Brust und hielt sie fest
umschlossen. "Jetzt ja."
Er
schloss die Augen und schlief ein. Er wusste, dass er diese Nacht keine
Alpträume haben würde. Scully brauchte ein wenig länger, um einzuschlafen, aber
letztendlich tat sie es doch mit dem Gedanken, dass Mulder neben ihr lag und
sie nah bei sich haben wollte.
Mulder
erwachte am nächsten Morgen und konnte gerade noch hören, wie das Duschwasser
abgedreht wurde. Einen Moment später erschien Scully im Türrahmen. Zu Mulders
großer Überraschung hatte sie seinen Bademantel an. Sie blickte ihn an und grinste. "Ich
hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich ihn mir ausgeliehen habe."
Mulder
nickte bloß, denn er hatte Angst, dass wenn er seinen Mund aufmachen würde, er
das sagen würde, was ihm durch den Kopf schoss. Nämlich, dass er Scully nie
schöner gesehen hatte, als jetzt, wo sie in der Badezimmertür stand und das
Wasser aus ihrem Haar auf seinen Fußboden tropfte. Er merkte, dass Scully
wieder etwas gesagt hatte. Verwirrt fragte er sie, es noch einmal zu
wiederholen. Scully konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Ich würde zu gerne wissen, was Skinner
sagen würde, wenn ich so im Büro auftauchen würde."
"Warum
das?" fragte er, immer noch durcheinander.
"Weil
ich überhaupt keine Sachen hier habe. Das ist hier ist ja nicht meine Wohnung.
Ich kann ja schlecht abgeschnittene Shorts und ein zerfetztes T-Shirt anziehen,
oder?"
"Ich
wette, seine Reaktion wäre köstlich anzusehen. Es würde definitiv das Feuer in
der Gerüchteküche schüren, dass wir 'nicht mehr ganz richtig' sind. Ich glaube
echt, du solltest in dem Bademantel gehen—"
"Mulder,
du bist echt verrückt, was?"
"Ich
gebe mir die größte Mühe. OK, du könntest mich jetzt fragen, ob ich etwas habe,
das du anziehen kannst."
"Was?
Warum solltest du irgendetwas von mir hier haben? Hast du wieder in meinem
Kleiderschrank gestöbert?"
Mulder
musste lachen. "Nein, aber ich werde schon irgend etwas finden", rief
er ihr zu, bevor er in seinem Kleiderschrank verschwand und eine von Scullys
Jacken und ein paar ihrer Hosen zum Vorschein brachte. "Wo hast du die denn her?" fragte
sie ungläubig.
"Aus
dem Trockner. Woher sonst?"
"Also
gut, fahren wir also die harte Tour. Warum hast du Klamotten von mir aus dem
Trockner?"
"Ich
liebe es, dich an der Nase herumzuführen. Du hast mich gebeten, sie abzuholen,
bevor du ins Krankenhaus gegangen bist."
"Mulder,
das ist über einen Monat her! Du hattest sie so lange und hast sie mir nicht
zurückgegeben?"
Mulder
zuckte die Schultern, schenkte ihr seinen besten 'Tut mir leid, kannst du mir
noch einmal verzeihen?' Blick und stülpte seine Unterlippe vor. Scully konnte
ihm nicht böse sein und beide wussten das. Sie stöhnte und nahm ihre Sachen mit
ins Badezimmer. Bevor sie die Tür schloss, drehte sie sich noch einmal um:
"Warum kann ich dir nie lange böse sein?" Ohne auch nur einen Moment
abzuwarten, rief er ihr zu: "Weil ich so niedlich bin."
Er
ließ sie im Türrahmen stehen und ging pfeifend in die Küche. Nachdem sie die Reste vom Vorabend gefrühstückt
hatten, rief Scully ihre Mutter an und hinterließ ihr eine Nachricht, dass sie
am Nachmittag vorbeischauen und den Schlüssel abholen würden. Sie ging schon
zum Auto, während Mulder versuchte, seine Frisur zu bändigen. Sie unterdrückte
ihr Lachen, als er ohne Erfolg gehabt zu haben herauskam. "Sag es bloß nicht!"
"Was
soll ich nicht sagen?" fragte Scully unschuldig.
"Warum
wir schon wieder zusammen hängen."
"Weil
ich so niedlich bin", antwortete sie mit denselben Worten, die er vorher
gebraucht hat.
"Und
schon wieder scheinst du Recht zu haben."
Sie
stiegen ins Auto und fuhren in Richtung Stadt.
Nachdem Mulder den Wagen geparkt hatte, gingen sie geradewegs zu
Skinners Büro. Die Türe stand offen, also traten sie einen Schritt hinein.
"Guten
Morgen. Ich hätte Sie gar nicht so früh zurück erwartet." Scully ergriff
das Wort. "Wir sind gestern Abend zurückgekommen. Es war praktischer, als
heute Morgen um drei loszufahren."
"Wie
auch immer, es tut mir leid, dass Sie ihren Urlaub unterbrechen mussten."
"Das
ist schon in Ordnung", sagte Mulder, zog einen Stuhl für Scully heran und
nahm neben ihr Platz.
"Behalten
Sie diese Einstellung noch für ein paar Minuten, denn die Polizei hat den Kerl
gefasst, der eigentlich Ihr nächster Fall gewesen wäre." Mulder lehnte
seinen Kopf zurück auf die Lehne. "Das heißt also, dass wir umsonst
unseren Urlaub unterbrochen haben."
"Ich
habe es auch erst vor einer Stunde erfahren, Mulder. Ich habe versucht, bei Ihrer
Mutter anzurufen, aber es ist niemand ans Telefon gegangen. Es tut mir
leid."
Scully
warf Mulder einen 'Sag kein Wort!' Blick und sagte: "Das ist schon in
Ordnung. Wir müssen sowieso noch einiges aufarbeiten." Sie stand auf und
legte eine Hand auf Mulders Schulter. "OK, waten wir also durch dein
Büro. Jetzt hast du keine Ausrede, mit
der du dich vorm Aufräumen drücken kannst."
Mulder
stand auf und nickte Skinner zu, bevor sie aus dem Büro traten und nach unten
in den Keller gingen.
Mulder
öffnete die Tür und Scully schaltete das Licht an. Der übliche Krempel und ein
sechs Tage alter Donut auf Mulders Schreibtisch begrüßte die beiden Agenten.
Scully grinste und er lachte. "Ups, das ist wohl
meiner."
Scully
nahm den Donut in die Hand und klopfte damit auf seinen Tisch.
"Hier,
du hast sowieso einen neuen Briefbeschwerer gebraucht." Dann fingen sie
an, die beiden beträchtlichen Postberge durchzuschauen, die sich während ihrer
Abwesenheit angesammelt hatten. Eine
Stunde später stand Mulder auf, um Kaffee zu holen. Er kam zurück mit einem
mehr als verwirrten Ausdruck im Gesicht.
"Was ist los?" fragte Scully verwundert.
"Ich
bin gerade Skinner über den Weg gelaufen. Er sagte, da wir ja früher zurück
gekommen sind, können wir unseren Urlaub jederzeit zu Ende führen. Wir bekommen sogar zwei Tage extra."
"Ich
hätte gedacht, dass du mich wieder mal reinlegst, aber du meinst das ernst,
oder?"
"Oh
ja. Wann fahren wir?"
"Wir?"
Mulder
wurde rot und stammelte: "Ich habe angenommen, dass wir wieder zurück zum
Haus fahren. Ich hätte wohl vorher fragen sollen, was?"
"In
diesem Fall, ja. Aber ich denke, wir sollten trotzdem noch eine Weile hier
bleiben. Ich will nämlich meinen vollen Urlaub und den möchte ich mir auch
erarbeiten."
"Eine
Frau der Tat, das gefällt mir. Das passt zu dir." Mulder lehnte sich
zurück in seinem Stuhl und sie arbeiteten weiter an den Dingen, die noch
ausstanden.
Das
Telefon klingelte einige Zeit später und Scully wurde im Labor verlangt. Mulder
wollte sie mit einem wenigstens halb aufgeräumten Büro überraschen und machte
sich an die Arbeit, sobald sie aus der Tür war. Sie kam um etwa drei Uhr wieder
und fand Mulder vor, wie er am Tisch saß und las. Das Büro war aufgeräumter als
je zuvor in den letzten fünf Jahren. Sie blieb sichtlich erschrocken in der Tür
stehen und er stand auf und bot ihr seinen Arm an.
"Schau
dich ruhig um, Scully, es wird schnell nicht mehr so aussehen."
"Ich
war nur gerade völlig sprachlos. Ich habe gar nicht gewusst, dass dein
Schreibtisch eine Schreiboberfläche hat. Ich bin beeindruckt." Auf einmal
drehte sie sich um. "Du willst doch hier raus, oder? Meine Mutter müsste
jetzt eigentlich schon zu Hause sein."
"Das
ist eine sehr gute Idee. Wenn ich noch eine Minute länger hier aushalten muss,
schreie ich." Er griff nach seinem Schlüssel, führte Scully hinaus und
machte das Licht aus.
Als
sie im Auto auf dem Weg zu ihrer Mutter waren, rief Scully sie noch einmal an.
Ihre Mutter nahm ab und Scully teilt ihr mit, dass sie auf ihrem Weg zu ihr
seien. Sobald sie aufgelegt hatte, schaute Mulder sie an. "Warum hast du
ihr nicht gesagt, was passiert ist? Sie wundert sich bestimmt."
"Es
ist einfacher, ihr alles zu erklären, wenn wir da sind. Das Ganze ist viel zu
verrückt, um es am Telefon zu erklären. Außerdem kenne ich meine Mutter. Sie behält uns zum Abendessen da und quetscht die ganze
Geschichte aus uns heraus."
"Abendessen.
Da fällt mich doch glatt ein, dass ich fast am Verhungern bin. Was glaubst du,
was es geben wird?"
"Mulder,
du bist unverbesserlich. Bieg hier ab."
"Dein
Bruder wird nicht da sein, oder?" fragte er, als er in die Straße bog.
Scully
sah ihn überrascht an. "Nein, warum?"
"Weil
ich den Eindruck habe, dass mich keiner von deinen Brüdern leiden kann."
"Die
haben noch nie einen meiner männlichen Freunde gemocht", sagte sie mit
einem Lächeln. "Es ist halt ihr Beschützerinstinkt. Du würdest auch keinen
von Sams Freunden mögen."
"Hast
du gemerkt, dass du sie gerade Sam anstatt Samantha genannt hast?" fragte
er leise.
"Tut
mir leid. Ich glaube dadurch, dass wir in dem Haus waren, ist sie wirklicher
als je zuvor. Ich wollte dir nicht auf die Füße treten."
"Nein,
das hast du nicht", sagte Mulder nun lauter. "Ich finde es gut, dass
du sie so nennst. Wenn du es sagst, hält deine Stimme nicht diese Spur von
Geringschätzung wie bei anderen."
Scully
legte ihre Hand auf seinen Oberschenkel. "Eines Tages möchte ich deine
Schwester gerne kennenlernen und ihr sagen was für einen wundervollen Bruder
sie hat."
Mulder
fühlte den sanften Druck ihrer Hand. "Und ich muss ihr sagen was für eine
wundervolle Partnerin ich habe."
Sie
fuhren still weiter und Scully ließ ihre Hand auf seinem Bein.
Nach
etwa zwanzig Minuten fuhren sie vor Mrs. Scullys Haus vor und Mulder stellte
den Wagen ab. Scullys Mom hatte bereits die Türe geöffnet und stand winkend im
Türrahmen. Scully öffnete die Tür und umarmte und küsste ihre Mutter. Dann
wandte sie sich Mulder zu, der sie aus einem Reflex heraus ebenfalls umarmte.
Sie
war überrascht darüber und sagte mit einem Lächeln: "Danke, Fox. Ich habe
es nicht erwartet, aber ich werde es von jetzt an."
"Mom,
nenn ihn nicht Fox."
"Das
ist schon ok, Scully. Deine Mutter ist eine der wenigen, die mich so nennen
darf."
"Also
gut, Fox, Dana, meine erste Frage - warum brauchst du meinen Schlüssel? und die
zweite Frage - habt ihr Hunger?" Mulder sah Scully mit einem 'Was habe ich
dir gesagt' Grinsen an.
"Es
ist eine lange Geschichte und wir sind am Verhungern - zumindest ich."
"Dann
mache ich uns am besten etwas zu essen." Mulder und Scully folgten ihr in
die Küche, und Mulder zupfte an Scullys Haaren, als sie durch den Flur gingen
und Mrs. Scully es nicht sehen konnte. Sie machten es sich in der Küche bequem
und erzählten ihr die ganze Geschichte, wobei sie sich gegenseitig ständig
unterbrachen. Sie erzählten auch noch während des Essens und begaben sich
danach ins Wohnzimmer. Dort setzte sich Mulder neben Scully auf die Couch und
sie beendeten ihre Story. Mrs. Scully
lächelte sie an. "Danke, Fox, dass Sie Dana aus dem Büro herausgeholt
haben. Ich finde, dass sie viel zu früh wieder angefangen hat zu arbeiten, aber
Sie kennen sie ja, sie hört auf
niemanden."
"Kein
Problem. Sie hatte außerdem gar keine andere Wahl, denn ich habe ihr gedroht,
dass mein Geist sie die ganze Zeit verfolgen und nerven würde, wenn sie nicht
mitkommen würde."
Scully
boxte Mulder ins Knie. "Mom, ich hätte es ihm auch nicht verübelt",
sagte sie mit einem Lachen. "Er würde mich ständig mitten in der Nacht um
drei anrufen und mir vorheulen, dass er sich mit dem Hammer auf den Daumen
gehauen hat, oder dass die Grillen so laut seien oder das Gras einen so schönen
Grünton hat. Ich muss allerdings zugeben, dass ich noch nie schönere Ferien
gehabt habe."
Sie
blickte ihn an. "Danke."
Sie
erzählten weiter bis in die späten Abendstunden, und als Mulder ohne Vorwarnung
und leise schnarchend seinen Kopf auf Scullys Schultern fallen ließ, schlossen
sich auch Scullys Augenlider. Mrs. Scully stand auf, schaltete das Licht aus
und verließ leise das Zimmer.
xXxXxXx
Als
Scully und Mulder um etwa halb neun aufwachten, waren sie beide sichtlich
verwirrt, denn sie hatten nicht gemerkt, dass sie eingeschlafen waren. Sie
gingen in die Küche und fanden dort Mrs. Scully, ein Buch im Schoß.
"Warum
hast du uns schlafen lassen?" verlangte Scully zu wissen.
"Weil
ich nicht möchte, dass ihr mitten auf dem Highway einschlaft. Ich habe schon
eine Tochter verloren und ich sehe keinen Grund, eine weitere oder ihren
gutaussehenden Partner zu verlieren."
Scully
war verlegen. "Ja, danke." Sie sah Mulder an. "Ich glaube, wir
machen uns besser auf den Weg."
"Auf
geht's."
Sie
gingen alle zur Tür und Mulder umarmte Mrs. Scully und gab ihr einen großen
Schmatzer auf die Wange. Scully lachte: "Willst du mich ausbooten,
Partner?"
"Jep!" Er ging zum Wagen und startete den Motor. Dana
und Mrs. Scully standen immer noch lachend auf der Veranda. Scully umarmte ihre
Mutter. "Ich gebe dir den Schlüssel
bald wieder. Danke für das Essen." Mrs. Scully hielt ihre Tochter noch
einen Moment fest. "Komm bald wieder vorbei und vergiss nicht, diesen
netten jungen Mann mitzubringen. Ich habe ihn sehr gern in meiner
Gesellschaft."
"Ich
auch, Mom. Er kommt wieder und sei es nur für ein Essen umsonst oder die
Umarmung." Scully ging herunter zum Auto, wo Mulder geduldig auf sie wartete
und ihr die Türe aufhielt. Sie stiegen ein und fuhren winkend davon.
"Den
halt dir mal lieber warm, Dana", dachte Mrs. Scully mit einem Lächeln zu
sich und ging zurück ins Haus.
Mulder
ließ Scully an ihrer Wohnung heraus. Er kam noch mit, um seinen Schlüssel
abzuholen und entschied sich für einen schnellen Abgang, bevor er etwas tun
würde, was sie beide bereuen würden. Er sagte schnell Auf Wiedersehen und
rannte förmlich zurück zum Auto. Scully stand da und sah ihm verwirrt nach. Sie
zuckte mit den Schultern und bereitete sich fürs Bett vor. Es war schade, dass
er nicht einmal angeboten hatte länger zu bleiben.
Mulder
saß inzwischen alleine im Auto um die Ecke und verfluchte sich dafür, dass er
so ein Idiot war. Er überlegte, ob er nicht wieder umdrehen und zurück gehen
sollte, doch Scully würde bestimmt sauer sein und das würde ihn umbringen.
Langsam fuhr er davon, wissend, dass er allein sein würde.
xXxXxXx
Scully
konnte überhaupt nicht schlafen und wurde um etwa halb eins durch das Hämmern an
ihrer Tür nicht geweckt. Es ärgerte sie eigentlich ein wenig, weil sie noch
etwas länger mit sich und ihrem Selbstmitleid allein sein wollte. Doch dann sah
sie auf die Uhr und bemerkte, wie spät es eigentlich war. Sie stand auf, griff
nach ihrer Waffe und schaute durch den Spion. Mulder stand da mit den Händen in
seinen Taschen. Sie überlegte, ob sie ihn überhaupt hereinlassen sollte, doch
entschied sich dann dafür. Mulder war
mit einem Schritt in der Wohnung, ergriff sie und umarmte sie fest.
"Mulder,
was machst du hier? Warum bist du nicht zu Hause?" Er ließ ein wenig los
und blickte sie an. "Ich wollte nach Hause gehen, aber dann habe ich
gemerkt, dass etwas fehlt. Du warst nicht da. Ich habe dich plötzlich
schrecklich vermisst und musste unbedingt herkommen." Scully war
geschockt. Wenn Mulder normalerweise solche Sachen sagte, fing er immer an zu
stottern, es war ihm peinlich und er vermied Augenkontakt. Doch heute schien er
völlig zuversichtlich und sah ihr direkt in die Augen.
"Warum
musstest du herkommen?" fragte sie und hatte Angst davor, was passieren
könnte, obwohl sie hoffte, dass es passiert.
"Weil
ich das schon seit fünf Jahren tun will und nie die passende Gelegenheit dazu
hatte." Bevor Scully antworten konnte, presste er seine Lippen auf ihre.
Mit diesem einen Kuss durchströmten sie auf einmal all die Gefühle, die sie
tief in sich verborgen hatte, und sie hielt Mulder fest, als ob ihr Leben davon
abhinge.
Sie
ließen sich auf die Couch fallen. "Das ist es übrigens, was ich in diesem
Schlammbad gemacht hätte, wenn nicht..." Sie zog ihn näher an sich heran
und fing an, sein T-Shirt auszuziehen. "Und das ist, was ich gemacht
hätte."
Plötzlich,
wie ein gemeiner Wink des Schicksals, klingelte das Telefon.
Mulder
ließ seinen Kopf auf Scullys Brust fallen. "Bitte geh nicht ran."
Scully gab ihm einen Kuss, griff nach dem Hörer hinter sich und hoffte, dass es
nicht Skinner war. "Hallo...Mom??...Was ist los, es ist schon spät...Ja,
ich bin gerade beschäftigt."
Mulder
entschloss sich dazu, seine Anwesenheit mitzuteilen. "Hallo, Mrs. Scully!
Wie geht's?" rief er in den Hörer und begann, Scully ebenfalls von ihrem
Shirt zu befreien.
"Ja,
Mom, das ist es, womit ich gerade beschäftigt bin... Ruf mich morgen Abend
an", säuselte Scully zufrieden ins Telefon, legte auf und wandte sich
wieder dem zu, was sie angefangen hatte.
Mulder
schaute auf von seiner Erkundung von Scullys Bauch. "Ich habe gerade etwas
Wichtiges festgestellt. Ich bin völlig hilflos, hoffnungslos und wahnsinnig
verliebt in dich."
Ohne
auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, hob Mulder Scully in seine Arme und
trug sie in ihr Schlafzimmer. Sie waren sich darin einig, dass sie ab diesem
Moment den Rest ihrer Ferien in Scullys Bett verbringen würden.
~~ ende ~~