(Originaltitel: Forever Morning)
von TexxasRose
aka. Laura Castellano
( laurita_castellano@yahoo.com )
aus dem Englischen
übersetzt von dana d. < hadyoubigtime@netcologne.de
>
*** überarbeitet 2017 ***
WARNUNG! In dieser Story stirbt
jemand (und ich habe mir eigentlich geschworen, so etwas nie zu schreiben),
aber es ist immer noch MSR und es hat ein Happy End. Vertraut mir. Wirklich.
Klassifikation:
Mulder/Scully verheiratet.
Disclaimer: Wenn Fox
Mulder mir gehören würde, würde ich ihn mit anderen Dingen beschäftigen als mit
dem Lösen von Fällen. Wenn Dana Scully mir gehören würde, würde ich immer mit
ihr Shopping gehen. Skinner gehört mir ebenfalls nicht. Sie gehören alle Chris
Carter, 1013, Fox Broadcasting und all den anderen
glücklichen Gestalten. Emmie ist
allerdings meine Erfindung.
Spoiler: Nein, dieses Mal
nicht.
Autorenbemerkung: Dies ist
eine Fortsetzung zu meinem Roman "Ahead Of Twilight" und "Fade To Midnight".
Es wird vermutlich Sinn machen, wenn Ihr diese beiden nicht gelesen habt, aber
wenn ihr sie vorher lest, macht es wohl noch mehr Sinn. Ahead
Of Twilight und Fade To Midnight
könnt ihr hier finden:
Englisch: www.8op.com/laurita
oder: www.annex-files.com
Deutsch: www.danadshome.de
Das Begräbnis war gestern
Morgen. Es war natürlich wunderschön, aber egal wie oft und wie gut ich mir
einzureden versuche, dass Fox es nicht gewollt hätte, wenn ich um ihn weine,
konnte ich dennoch nicht aufhören. Ich habe sie beide in so kurzer Zeit
verloren. Ich bin nicht allein auf dieser Welt—ich habe meinen Mann, meinen
Sohn, Großmutter Maggie, Großvater Morrow, Jess und
Walter. Allen diesen Leuten kann ich vertrauen und trotzdem, ohne Mom und Fox,
fühle ich mich verlassen.
Sie hat vor einem Monat
den Kampfs gegen eine schwere Lungenentzündung nach wochenlanger Krankheit
verloren. Fox war die ganze Zeit bei ihr gewesen, und an ihrem letzten Tag war
er in ihr Bett gekrochen und hatte sie einfach nur gehalten. Wir wussten alle,
dass Mom nicht mehr lange Zeit blieb - sie war so schwach - Fox hatte seine
Arme um sie geschlungen und sein Gesicht in ihrem Haar vergraben, so dass sie
seine Tränen nicht sehen konnte. Er hatte den Großteil seines Lebens Acht auf
sie gegeben, wie sie auf ihn, aber letztendlich hatte er sie nicht vor dem
Unvermeidlichen bewahren können. Um etwa 17:30 Uhr eines Nachmittags ist Mom
einfach in den Schaf geglitten, ein zufriedener Ausdruck auf ihrem Gesicht und
immer noch geborgen in seinen Armen. Sie hatte mir oft erzählt, dass wenn sie
schon nicht gemeinsam Abschied nehmen könnten, sie in seinen Armen sterben wollte.
Ihr Wunsch wurde ihr erfüllt.
Ich wusste, dass Fox
anders empfand. Er würde es ohne Mom nicht aushalten; das wussten wir alle. Als
er letztendlich von dem Bett aufgestanden war und die Ärzte an die Verstorbene
gelassen hatte, war sein Gesicht wie tot gewesen. Er hatte mich wortlos umarmt
und ich habe ihm in einem schwachen Versuch des Trostes über den Rücken
gestreichelt.
"Jetzt sind nur noch
du und ich übrig, Fox", schluckte ich. "Wir müssen
weitermachen."
Er nickte grimmig, aber in
meinem Herzen war ich mir absolut sicher, dass ich Fox nicht mehr lange haben
würde. Er war noch nie imstande gewesen, länger als ein paar Tage von Mom
getrennt zu sein. Ich fasste den Entschluss, ihn während der nächsten Zeit
genau zu beobachten, falls er etwas Dummes anstellen wollte (Mom hat mich immer
gewarnt, dass Fox leicht etwas Unüberlegtes tut, wenn er in Panik gerät). Aber
das hat er nicht getan. Er hatte sich einfach treiben lassen und war mehr und
mehr verblasst, und nichts, was ich tat oder sagte, machte es auch nur ein
wenig besser.
Ich wollte, dass er bei
Andrew und mir einzieht, wo Daniel, sein Enkel, den er beschützte wie seinen
Augapfel, ihm vielleicht einen Grund geben konnte zu leben. Aber Fox lehnte ab.
Er sagte, dass er nicht das Haus verlassen wollte, in dem er und Mom so viele
glückliche Jahre verbracht hatten. Oftmals, wenn ich nach ihm sah, fand ich ihn
wahllos umherwandernd vor, ziellos von Raum zu Raum, wie er einige von Moms Sachen aufhob, sie besah und sie behutsam wieder
zurücklegte. Er ließ mich ihre Sachen nicht sortieren, er bestand darauf, es
selbst zu tun, aber er hatte sich nie dazu bringen können, diese Aufgabe in
Angriff zu nehmen. Wenn ich irgendwann den Nerv dafür habe, werde ich mich um
die Sachen von beiden, seine und Moms, kümmern. Ich sollte
eigentlich sauer auf ihn sein, weil er mich mit der doppelten Ladung sitzen
ließ, aber dazu kann ich mich natürlich nicht hinreißen—Fox hat in seinem Leben
so viel Schmerz und Leid ertragen müssen, und ich glaube, dass diese letzte
Anstrengung einfach zu viel für ihn war. Ich bin jung und stark und ich habe
den Rückhalt von so vielen Leuten. Ich kann damit umgehen.
Ich habe vor ein paar
Tagen sein Tagebuch gefunden, das bis zu seiner Kindheit zurück reicht.
Offensichtlich hatte er damals ein Tagebuch angefangen, kurz nachdem seine
Schwester verschwunden war - als Teil der Psychotherapie, die seine Mutter für
ihn durchgesetzt hatte. Er hatte diese Gewohnheit sein ganzes Leben lang
fortgeführt. Es gab Spiralblöcke mit Eintragungen, später waren es gebundene
Tagebücher, und noch später Dateien auf dem Computer. Ich habe sie nach Datum
sortiert und angefangen sie zu lesen. Erst Stunden später habe ich von den
Wörtern, die Fox zu Papier gebracht hatte, eine Pause eingelegt. Er hatte ein
faszinierendes, erstaunliches und wahnsinnig unglaubliches Leben gehabt. Ich
wünschte nur, dass Mom ihr Tagebuch auch behalten hätte, ich hätte sie mit Fox'
vergleichen können. So lange ich sie kenne waren sie nie einer Meinung gewesen,
aber sie haben sich so sehr respektiert, dass die Streitereien nie etwas
ausgemacht hatten. Es wäre bestimmt interessant, ihre Aufzeichnungen
abzugleichen.
Ein paar von den Sachen,
die ich in den Tagebüchern gelesen habe, waren einfach zu seltsam, um sie zu
glauben, und trotzdem.... ich bin mir absolut sicher,
dass zumindest Fox sie bis ins kleinste Detail geglaubt hatte. In diesen
Dateien sind Dinge über Legenden geschrieben—Vampire, Werwölfe, Aliens, Monster.... und so
grausame Sachen, von denen ich nie geglaubt habe, dass sie so durch und durch
böse sein könnten. Mom und Fox haben diese Dinge offensichtlich Seite an Seite
bekämpft—oder etwas, das Fox als diese Dinge interpretiert hatte. Die
Tagebücher erzählen von seiner Liebe zu ihr, schon Jahre bevor er es
auszudrücken vermochte, von der Verzweiflung, die er empfunden hatte, als er
für ein Verbrechen im Gefängnis gewesen war, das er nicht begangen hatte, von
den Qualen, die er ertragen musste, als er freigelassen worden war und sie mit
meinem Vater verheiratet war.... es geht weiter und weiter und weiter.
Gibt es also solche
Monster wirklich? Ich weiß es nicht, und so lange ich nicht auf die
FBI-Akademie gehe und den X-Akten zugeteilt werde (die laut Walter zu meiner
Überraschung noch existieren), glaube ich nicht, dass ich es je wissen werde.
Vielleicht sollten einige Dinge besser unentdeckt bleiben. Über eines bin ich
mir allerdings ganz sicher - über das dunkle und tiefgründig Böse, das es in
einigen Menschen wahrhaftig gibt. Zum Beispiel in den Menschen, die Fox ins
Gefängnis verbannt hatten, und bei dem Mann, der Ellery
und Fox gekidnappt hat. Und in so vielen, vielen anderen Leuten auch, von denen
Fox in seinen Tagebüchern schreibt. Dieses Böse macht mir Angst, deswegen habe
ich mich entschieden, meinen Doktortitel in Kinderpsychologie anstatt
Kriminalpsychologie zu machen. Ich finde das kriminalistische Denken
faszinierend, aber mich tatsächlich Tag für Tag mit diesen Leuten auseinander
setzen zu müssen.... nun ja, das scheint mir mehr als ich wirklich will. Es ist
schon schwer genug, mit problematischen Halbstarken fertig zu werden.
Ich spiele mit dem
Gedanken, die Tagebücher zusammenzustellen, die sehr persönlichen Eintragungen
herauszueditieren und sie anschließend zu veröffentlichen. Ich werde Walter
bitten, mir zu helfen, weil er ja bei vielen der fantastischen Abenteuer dabei
war. Es gibt darin eine Menge Informationen über die Regierung, die besser
nicht publiziert werden sollten, aber vielleicht könnte ich aus dem Ganzen eine
fiktive Geschichte aus dem Leben der beiden machen. Vielleicht kann ich so
vermeiden, dass der ein oder andere, der möglicherweise eine Rolle in den
riesigen Verschwörungen gespielt hat, die Fox und Mom aufgedeckt haben, sich
durch irgendetwas in dem Tagebuch angegriffen fühlt. Walter versichert mir,
dass der Mann mit den Zigaretten schon lange tot ist, aber das Böse an ihm
scheint so fortwährend; ich konnte seine Anwesenheit spüren, während ich über
ihn gelesen habe. Er war da, als Fox verurteilt worden war - ich weiß nicht, ob
er allein dafür verantwortlich gewesen war, aber er war mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit der Drahtzieher hinter dem ganzen Komplott. Er
macht mir Angst. Über ihn zu lesen macht mir Angst.
Ich habe, nachdem ich die
Eintragungen gelesen habe, neuen Respekt vor ihnen gewonnen. Sie waren zwei der
mutigsten, ehrlichsten und reinsten Seelen, die es je auf diesem Planeten
gegeben hat. Sie waren vollkommen aufopfernd zueinander gewesen und hatten
beunruhigend oft ihr Leben füreinander riskiert. Fox ist einmal wortwörtlich
bis zum Ende der Welt gegangen, um Mom zu retten, und sie hatte ihre so hart
erkämpfte Karriere so oft aufs Spiel gesetzt, um an seiner Seite zu bleiben.
Und das allein in ihrem beruflichen Leben. Es kommt bei weitem nicht an die
Qualen heran, die sie ausstehen mussten, als Mom beinahe an Krebs gestorben
war. Oder als Fox von einem seltsamen Virus befallen worden war und Mom nicht
da war, um den Ärzten zu raten, was sie tun könnten. Dann gab es noch jemanden,
der durch und durch gegen ihre Beziehung war, und zwar Onkel Bill, und das Hin
und Her der Missverständnisse nach Fox' Entlassung aus dem Gefängnis. Es kann
einem schwindelig werden bei dem Gedanken daran, was die beiden alles
durchleben mussten.
Letztendlich war es nicht
eine Krankheit, das Böse oder die Kugel eines Kriminellen, die Fox das Fell
über die Ohren gezogen hat—es war ganz einfach tiefste Trauer. Er war
zweiundsiebzig, erfreute sich aber immer noch bester Gesundheit und hielt sich
körperlich fit. Fox hätte noch weitere zwanzig Jahre leben können, wenn nichts
Schwerwiegendes, wie ein Unfall oder eine schlimmer Krankheit, dazwischen käme.
Aber er war gestorben, als Mom gestorben war. Es hat einfach nur etwas länger
gedauert, bis sein Herz aufgehört hatte zu schlagen. Er wollte ohne sie nicht
weiterleben.
Gestern, beim Begräbnis
habe ich Moms Anwesenheit gespürt, und letzte Nacht
habe ich von ihnen geträumt. Ich träumte, dass Fox von seinem Bett aufgestanden
ist, seinen Körper liegen ließ und Mom auf ihn wartete, lächelnd und eine Hand
nach ihm ausstreckend. Fox hat sie umarmt und sein Kinn auf ihren Kopf gelegt,
wie er es sein Leben lang schon immer getan hatte. Dann sind sie zu weit fort
gegangen, sind im hellen Licht verschwunden. Ich bin mir sicher, dass der Traum
auf den Beschreibungen von Nahtoderfahrungen basiert,
die ich gelesen habe, aber es war dennoch beruhigend und zugleich tröstend. Wo
immer sie jetzt sind: ich spüre, dass sie zusammen sind. Und niemand kann ihnen
je wieder etwas anhaben.
Über Emmie lächelte Scully
Mulder an, als sie zusahen, wie die junge Frau die Datei abspeicherte und den
Computer ausschaltete.
"Siehst du?"
sagte sie. "Ich habe doch gesagt, dass Emmie es übersteht. Sie hat so
viele Menschen, die sich um sie kümmern."
Mulder seufzte. "Ich weiß,
aber ich vermisse sie so sehr. Und Daniel auch."
Sie lächelte wieder und
blickte auf das eingerahmte Bild neben Emmies Computer. Es war eines von Mulder
und Daniel, das letzten Frühling auf dem Hof hinter dem Haus aufgenommen worden
war. Mulder hatte gerade seinem vier Jahre alten Enkel gezeigt, wie man
Baseball spielt. Daniel war genauso alt wie seine Mutter gewesen, als Mulder
ihm beibrachte, wie man den Schläger schwingt. Scully war erheblich älter
gewesen, aber sie konnte sich immer noch an das Gefühl seiner Arme um sie
erinnern, sein großer, schlanker Körper an ihren Rücken gepresst.... sie zitterte.
"Weißt du, Mulder,
ein Vorteil am Totsein ist, dass das 'wirkliche
Leben' nicht mehr dem im Wege steht was du tun und lassen willst", sagte
sie ernsthaft und hielt ihre Hand aus. "Und mit dem, was ich jetzt gerade
gerne tun würde...."
Sie lachte, bis Tränen aus
ihren Augen quollen, und fuhr dann mit den Fingern durch sein Haar. "Der
Körper, Mulder. Fleisch, Knochen, Sexualorgane. Wir können alles tun, das wir
auch zu Lebzeiten getan haben - außer, das Lebendige zu berühren. Aber wir
können uns berühren, und ich persönlich denke, dass das eine sehr gute Idee
ist. Wir sind immerhin verheiratet."
Er blieb stehen und ließ
sich von ihr an der Hand weg führen, doch er drehte sich noch einmal um, um
Emmie anzusehen, die jetzt durch seine Tagebücher blätterte. Ihr hübsches
Gesicht blickte konzentriert, hin und wieder schrieb sie die
ein oder andere Notiz auf ein Blatt Papier.
"Wir können von Zeit
zu Zeit zurückkommen und nach ihnen sehen, oder?" fragte er wehmütig.
"Lass mich dir einen
Rat geben, Mulder. Ich schlage vor, nicht zu viel zu beobachten. Du hast immer
noch Gefühle."
Scully umfasste mit einem
Arm seine Hüften und begann, mit ihm zusammen den Pfad hinunter zu gehen.
"Jede einzelne Minute, Mulder", sagte sie melancholisch. "Aber
du musst verstehen - ich wusste, dass du schon bald wieder bei mir sein wirst.
Ich wollte hier sein und auf dich warten."
"Weil ich wusste,
dass du alles Menschenmögliche tun würdest, um zu verhindern, deine eigene
Wäsche wieder waschen zu müssen, Mulder."
Jetzt musste er lachen.
"Du kennst mich zu gut, Scully. Okay, du hast gewonnen - ich werde nicht
oft zusehen, aber ich möchte ab und zu nach Daniel sehen. Ich wünschte nur,
dass ich mit ihm reden könnte."
"Mulder - wenn
irgendjemand einen Weg dazu finden kann, bist du es", sagte sie
zuversichtlich und ging voraus. "Jetzt lass uns gehen. Ich habe deiner
Mutter versprochen, dass wir heute vorbeischauen."
"Yeah", willigte
er ein und trabte an, um zu ihr aufzuschließen. "Und Langly
will später mit mir etwas unternehmen."
"Doch, eines hat sich
geändert, Scully", erinnerte er sie ernsthaft daran. "Wir müssen nie
wieder Angst haben."
Sie blieb stehen, drehte
sich um und sah in sein Gesicht, das nun wieder jung und gut aussah wie an dem
Tag, an dem sie sich getroffen hatten.
"Du hast Recht,
Mulder", sagte sie sanft. "Nie wieder."
Dann zog er sie zu sich
heran und küsste sie mit einer Intensität, die über alle Ewigkeiten fortdauern
würde.
Endlich hatten sie den
Morgen ihres Lebens gefunden.
ENDE