WORLD WITHOUT END: ERSTER
BAND
Originaltitel: World Without End: Book One
Autor: Rachel Anton < RAnton1013@aol.com >
Übersetzung: Kristin (tini243@crosswinds.net )
Rating:
NC-17
Keywords:
Post-colonization, Angst, Scully/Krycek
Zusammenfassung: Wohin wendet man sich, wenn
alles was man kannte nicht mehr existiert?
Disclaimer: Die meisten der Charaktere
gehören nicht mir.
Spoiler: Ich nehme an der gesamte Myth Arc bis One Son.
Danksagung: Ein riesengroßes Dankeschön an
Laura, Cynthia, Alanna, Heather und Naina. Und danke an jeden, der auf meine verzweifelte Bitte
um russische Übersetzungen geantwortet hat, ganz besonders Anna und Dasha.
Bemerkung von Kristin: Ich danke an dieser
Stelle ganz besonders ClaudiaQueequeg für die
hervorragende Arbeit, die sie mit dem Betalesen der Übersetzung gemacht hat
(und noch macht). Und mein Dank geht auch an alle, die die ganze Zeit mit
meinem WWE Wahnsinn leben mussten. ;-)
WORLD WITHOUT
END
Erster Band
Die Tage hier sind sehr
lang. Ich erinnere mich an nichts von dem, was die anderen "das Leben
vorher" nennen, aber ich frage mich, ob meines immer schon so trübsinnig war.
Ich stehe im Morgengrauen mit den anderen auf. Wir essen zusammen Frühstück und
begeben uns dann zu unseren verschiedenen Pflichten. Ich bin die persönliche
Dienerin der Hausherrin. Bei einem solchen Titel könnte man erwarten, dass ich
tatsächlich etwas zu tun habe. Meistens halte ich ihre Zimmer sauber und höre
ihr zu. Sie redet viel. Ich würde ja auch mit ihr reden, wenn ich irgendetwas
zu sagen hätte. Es fällt mir meistens sehr schwer, Sätze zu bilden, deswegen
höre ich nur zu. Sie redet viel über ihren Mann. Ich habe den Eindruck, dass
ihr Mann irgendwie sehr wichtig ist in der "Welt draußen". Ich habe
auch keinerlei Kenntnisse über diese Welt.
Normalerweise vergesse ich die Dinge, die
sie erzählt in dem Moment, in dem ich einschlafe.
Meine Pflichten sind nicht kompliziert. Ich
kann die Tätigkeiten ohne nachzudenken oder ohne Anstrengung durchführen. Sogar
am ersten Tag wusste ich automatisch, was zu tun war. Ich weiß es immer noch.
Manchmal frage ich mich, wie es wäre, draußen zu arbeiten. Oder etwas zu bauen.
Die Männer müssen draußen arbeiten und Dinge bauen. Ich denke, dass ich das
auch gern tun würde, aber ich bin mir sicher, dass ich nicht wissen würde wie.
Dafür wurde ich nicht geschaffen.
Ich scheine die einzige zu sein, die sich
über andere Aufgaben Gedanken macht, über das Leben in der Welt da draußen. Die
anderen scheinen zufrieden zu sein. Wenn wir uns wieder zum Abendessen
versammeln, beschwert sich niemand über Langeweile oder Ruhelosigkeit. Niemand
beschwert sich über die Leere.
Die Tage sind lang, aber die Nächte sind
schlimmer. Nachtruhe ist um 21 Uhr. Nachtruhe war immer um 21:00 Uhr. Ich frage
mich, warum ich um 21 Uhr nie müde bin. Ich teile mir mein Schlafzimmer mit
drei anderen Frauen. Die gehen um 21 Uhr ins Bett und schlafen ohne ein
weiteres Wort ein. Ich liege sehr lange mit offenen Augen und starrem Körper im
Bett. Ich habe den Eindruck, dass ich im Leben vorher kaum vor Mitternacht ins
Bett gekommen bin.
Manchmal, während dieser langen Nächte
versuche ich, mich zu erinnern. Normalerweise bekomme ich nach einigen Stunden
Kopfschmerzen davon. Ich frage mich, ob ich vorher solche Kopfschmerzen kannte.
Einmal hatte ich einen kurzen Erinnerungsblitz - nicht mehr, als ein Bild, das
durch mein Unterbewusstsein rauschte. Es war ein sehr eigenartiges Bild; ein
Mann und ein kleines Mädchen, die auf dem Boden saßen. Der Mann machte ein
komisches Gesicht und das Mädchen lächelte. Das Bild schmerzte. Dann war es
verschwunden. Mir blieben schlimmere Kopfschmerzen, als ich sie je gehabt hatte
und ein so überwältigenden Gefühl von Verlust, dass ich es noch nicht einmal
ergründen konnte. Warum bin ich die einzige, die fühlt? Bin ich die einzige,
die versucht sich zu erinnern?
Ich denke, dass ich träume, wenn ich
schließlich schlafe. Ich kann mich nie an die Träume erinnern.
Dann beginnt wieder der Tag und der Ablauf
wiederholt sich. Es war schon immer so.
Heute ist es anders. Heute passiert irgend etwas. Ich sitze auf meinem Stuhl neben dem Sofa der
Hausherrin. Sie liegt dort auf ihren Samtkissen, immer noch in Nachtwäsche,
obwohl es schon Nachmittag ist. Sie redet über irgendwelchen Ärger, der auf
ihren Mann in der Welt draußen zukommt. Ich hoffe, dass es ihm gut geht. Ich
weiß nicht, was mit uns passieren würde, wenn er sich nicht mehr um uns kümmern
kann.
"Ich bin sehr beunruhigt", sagt
sie zu mir. "Es wird wieder von Krieg gesprochen. Warum können nicht alle
so lieb wie du sein, mein Schatz?"
Ich zucke mit den Schultern und sie
tätschelt sie mit ihrer faltigen Hand. Ich frage mich, was Krieg ist. Ein sehr
lautes Geräusch lässt uns beide zusammenzucken. Ihre Hand umfasst meine
Schulter fester.
"Oh mein Gott! Ich denke, das war ein
Schuss."
Ich frage mich, was ein Schuss ist. Es gibt
so vieles, das ich nicht weiß. Ich frage mich, ob ich es jemals gewusst habe.
Ein paar mehr von den lauten Geräuschen, von denen die Herrin überzeugt ist,
dass es Schüsse sind, dröhnen durch das Haus. Sie verriegelt und verschließt
die Tür zu ihrem Zimmer. Sie rennt wieder zu mir und sieht sehr unglücklich
aus. Ängstlich? Ist das Angst?
"Wir müssen hier raus. Oh mein Gott!
Wir müssen hier raus!"
Sie zieht die Vorhänge auf und schaut aus
dem großen Fenster. Ich nehme an, dass sie vorhat herauszuspringen. Diese
Schüsse müssen tatsächlich etwas ziemlich schlimmes sein. Aber aus irgendeinem
Grund bringt mich ihr Klang zum Lächeln. Es passiert etwas.
"Gott, sie sind auch da draußen."
Ich stehe auf und schaue aus dem Fenster.
Dort sind mehrere Männer, die große, eigenartige Dinger in ihren Händen halten.
Ich frage mich, ob die Schüsse aus diesen Dingern kommen. Ich frage mich, wie
sie durch die Tore gekommen sind. Wenn die reinkommen konnten, warum komme ich
dann nicht raus? Ich nehme an, dass ich es niemals wirklich versucht habe.
Die Herrin macht sonderbare Geräusche und es
kommt Wasser aus ihren Augen. Ich nehme an, dass das Weinen ist. Ich denke, sie
hatte das schon mal erwähnt.
Die lauten Geräusche kommen näher und dann
sind sie direkt vor der Tür. Die Herrin scheint im Moment extrem unglücklich zu
sein. Ich möchte ihr sagen, dass es okay ist, die Tür ist verschlossen und die
Geräusche können nicht herein, aber ich denke, dass ein Teil von mir will, dass
sie hereinkommen.
Ich höre mehrmalige hämmernde Geräusche von
draußen und dann ist die Tür plötzlich auf. Zwei Männer stehen dort, die ich
nie vorher gesehen habe. Männer sind im Zimmer der Herrin nicht gestattet. Ich
stehe auf, um ihnen das zu sagen, aber bevor ich irgend etwas
sagen kann, macht eines der Dinger, die sie in der Hand halten einen Schuss und
die Herrin fällt auf den Boden. Schwarze Flüssigkeit kommt aus ihrer Brust.
Blutet sie auf diese Weise?
Ich knie mich neben sie, ein Instinkt, mich
in die Linie des Schusses zu stellen verschlingt mich. Die Herrin ist tot. Ich
muss auch sterben.
Der Mann, der den Schuss abgefeuert hat,
kommt auf mich zu und zieht mich an meinem Arm in die Höhe.
"Hast du gemacht, dass sie
stirbt?" frage ich ihn. Er sieht mich eigenartig an. Er hat grüne Augen.
"Scully? Mein Gott, bist du das?"
Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß nicht,
ob ich ein Scully bin. Ich habe das Wort noch nie gehört.
"Oh mein Gott. Natürlich bist du es.
Der Chip. Ich hatte es fast vergessen."
Ich zucke wieder mit den Schultern. Ich weiß
nichts von dem Chip, von dem er spricht aber ich bin irgendwie glücklich, dass
er hier ist. Obwohl er die Herrin hat sterben lassen. Vielleicht hat er ja eine
interessantere Aufgabe für mich.
"Hast du auch gemacht, dass der Master
stirbt?" frage ich ihn, plötzlich sehr aufgeregt.
"Gott, das ist so verdammt seltsam. Ich
werde dich hier raus holen, Scully."
"Wer ist diese Frau?" fragt der
andere Mann. Er ist ein sehr großer Mann. Sie sind beide groß, aber dieser ist
größer als jeder andere Mann, den ich gesehen habe. Größer als der Master oder einer
der anderen Arbeiter. Der Mann mit den grünen Augen schüttelt seinen Kopf.
"Jemand den ich kannte. Sozusagen. Sie
war ... sie hat für das verdammte FBI gearbeitet, falls du dir das vorstellen
kannst."
Jemand, den er kannte. Jemand ... jemand aus
der Zeit vorher! Jemand, der sich an die Zeit vorher erinnert! Ich wusste
nicht, dass solche Menschen existieren.
"Komm Scully, ich bringe dich hier
raus."
Er nimmt wieder meinen Arm und ich folge ihm
durch das Haus. Viele tote Menschen liegen in den Räumen, durch die wir gehen.
Es sind dort auch viele lebende Leute, alle von draußen. Sie alle nehmen Sachen
und stopfen sie in Taschen.
Im Vorgarten sind noch mehr tote Menschen.
Ist das Krieg?
Der Mann mit den grünen Augen bringt mich zu
etwas, dass ich als Auto wiedererkenne, obwohl ich nie in einem gewesen bin.
Ich habe den Master darin wegfahren sehen, als ich mal aus dem Fenster geschaut
habe. Das Auto hat ihn zu der Welt draußen gebracht. Wir gehen also in die Welt
draußen.
Wir sitzen zusammen auf dem Rücksitz und der
große Mann setzt sich hinter das Rad. Ein anderer großer Mann setzt sich neben
ihn.
"Bring uns schnell hier raus",
sagt der Mann, der mich mal kannte zu ihm. Wir fangen an, uns zu bewegen. Sehr
schnell. So schnell, dass ich ein eigenartiges Gefühl in meinem Bauch spüre. Es
fühlt sich so an, wie die Vögel sich fühlen müssen. Fliegen. Es fühlt sich wie
fliegen an.
Als wir aus dem Tor heraus fahren, spüre ich
einen Schlag, fast wie Kopfschmerzen, aber stechender. Es schießt durch meinen
Kopf und meinen Nacken. Der Mann neben mir dreht sich zu mir um. Sein Gesicht
ist mit Bartstoppeln bedeckt. Nicht wie das der Arbeiter. Die rasieren sich
jeden Morgen.
Er starrt mich an und ich starre zurück. Wir
sprechen eine sehr lange Zeit gar nichts. Es ist schön, bei jemandem zu sein,
der nicht so viel redet wie die Herrin.
Wir fahren wortlos in die Nacht. Viele
Stunden vergehen und es wird mir klar, dass es wahrscheinlich schon nach 21 Uhr
ist. Die Welt draußen ist sehr leer. Während wir fahren sehe ich aus den
Fenstern des Autos und dort gibt es nichts als Schmutz. Wir fahren an Orten
vorbei, die so aussehen, als wenn dort einmal etwas gewesen wäre, aber sie sind
kaputt. Gebäude, die aussehen, als wären sie nicht ganz fertig gebaut. Oder
vielleicht waren sie fertig und jemand hat sie kaputtgeschlagen. Es sind keine
Menschen da. Die Welt draußen scheint sogar noch langweiliger zu sein, als das
Haus des Masters.
Irgendwann erreichen wir ein Gebiet, wo es
keinen richtigen Weg mehr gibt. Nur Bäume. Der große Fahrer bringt uns zu den
Bäumen. Es ist dort sehr dunkel, aber es scheint so, als wüsste er, wo er
hinfährt.
"Ich glaube nicht, dass wir verfolgt
werden", sagt er.
"Nein, aber die anderen ... ich fühle
mich noch nicht ganz wohl", sagt der mit den grünen Augen.
"Bring uns einfach zurück, Brian.
Hoffentlich haben alle soviel Glück wie wir gehabt."
Brian. So nennen sie den Großen. Diese Leute
geben sich sonderbare Namen.
"Mich nennt man Vierundzwanzig",
melde ich mich zu Wort und jeder im Auto dreht sich zu mir und runzelt die
Stirn. Okay, das ist kein besonderer Name. Aber immer noch besser als Scully.
Was *ist* überhaupt ein Scully?
"Mein Gott", murmelt der Mann
neben mir. Ich nehme an, dass ihm der andere Name besser gefällt.
Ich zucke mit den Schultern und stelle fest,
dass es besser war, still zu sein.
Wir fahren wieder eine lange Zeit durch die
Bäume und kommen irgendwann zu einer Lichtung. Dort gibt es einen Weg und wir
fahren darauf entlang zu einem Gebäude, das so groß ist, dass ich es aus der
Ferne erkennen kann. Es sieht sogar größer aus als das Haus des Masters.
"Ist das dein Haus?" frage ich den
Mann mit den grünen Augen, der wie ich glaube jetzt mein neuer Meister ist.
"Ich denke, das könnte man so
sagen."
Wir fahren durch ein Tor und der Fahrer
zeigt einem anderen Mann in einer Kabine so eine Art Karte. Der Kabinenmann
schaut zum Rücksitz und lächelt, als er den Master erkennt.
"Freut mich sie wiederzusehen,
Sir", sagt er und winkt uns durch.
Als wir näher an das Haus heranfahren,
erkenne ich, dass sich drumherum noch weitere Gebäude
befinden. Es sieht aus wie auf einem der Bilder, das ich in einem der alten,
verbotenen Magazine der Herrin gesehen habe. Sie hatte einen Stapel davon in
einer Kiste unter ihrem Bett eingeschlossen. Manchmal hat sie mir die Bilder
gezeigt. Trotzdem konnte ich die Schrift nicht lesen. Sie hatte mir ein Bild
von einem Ort wie diesem gezeigt und gesagt, "Das haben sie früher ein
Gefängnis genannt.. Früher hat man solche Orte
gebraucht." Der Ort hatte auch Zäune mit scharfen Spitzen und Wachleute,
die dort standen. Ist dieser Ort ein Gefängnis?
Wir fahren zu einem verborgenen Platz unter
dem Gebäude, wo noch andere Autos stehen und steigen aus. Die zwei großen
Männer gehen in eine Richtung und der Master nimmt mich am Arm und führt mich
in eine andere Richtung. Wir gehen einige Stufen hinauf und dann laufen wir
durch einen langen Korridor mit vielen Türen. Es ist hier nicht so hübsch wie
im Haus des anderen Masters. Die Wände sind grün und der Fußboden ist orange.
Es ist hässlich.
Wir gehen noch mal ein paar Treppen hinauf
und um einige Ecken, noch mal Treppen, einige verschlossene Türen, zu denen er
den Schlüssel hat und schließlich kommen wir dort an, wo wahrscheinlich sein
Quartier ist. Das ist eigenartig. Die Frauen durften in dem anderen Haus
niemals in das Quartier des Masters.
Das Zimmer meines neuen Masters ist nicht
sehr groß. Er hat einen kleinen Tisch, an dem er sicherlich isst, eine kleine
Küchenecke und eine Couch. Es gibt ein paar Tischchen und Lampen und ein paar
Sachen, die aussehen wie Magazine, aber sie sind größer und haben harte
Einbände. Könnten das Bücher sein? Die Herrin hat sich
früher immer beschwert, dass wir keine Bücher haben.
"Setz dich", sagt er zu mir und
ich setze mich auf den Stuhl neben der Couch. Ich öffne eines der Bücher von
dem Tisch neben mir und betrachte die Wörter, die dort auf den Seiten stehen.
Ich wünschte ich wüsste, was sie bedeuten.
Er wirft seine Jacke auf die Couch und geht
in die Küchenecke. Er legt seine Schussmaschine auf den Tisch und gießt sich
ein Glas Wasser ein.
"Möchtest du was trinken?" fragt
er mich und ich zucke mit den Schultern. Ich weiß nicht, was ich möchte.
Er seufzt, kommt zurück und setzt sich auf
die Couch.
"Scully, weißt du, wer ich bin?"
"Du bist mein neuer Master, von der
Welt draußen."
Ich denke, dass das eine gute Antwort war,
aber sie scheint ihm nicht zu gefallen.
Er rollt seine Augen und fährt sich mit den
Fingern durch sein dunkles Haar.
"Sie haben dich verdammt gut
hingekriegt, richtig?"
"Was bedeutet das?"
"Das bedeutet, dass du nicht die Frau
bist, an die ich mich erinnere. Scully, sieh mal, du hast die Wahl."
"Was ist eine Wahl?"
Er kneift seine Augen zu und macht ein
stöhnendes Geräusch.
"Scully, es ist etwas in dir, in deinem
Nacken. Das lässt dich ... das lässt dich nicht mehr du selbst sein. Es lässt
dich vergessen. Es lässt zu, dass sie in deinen Kopf gelangen und alles
kontrollieren, was du tust, alles, was du fühlst."
Ich verstehe nicht, was er sagt und trotzdem
macht es Sinn. Ich habe vergessen. Ich dachte, jeder hätte das, aber dieser
hier erinnert sich. Ich möchte wie dieser hier sein. Ich will nicht, dass sie
mich kontrollieren. Wer auch immer 'sie' sind.
"Kannst du es raus machen?" frage
ich und er nickt.
"Ich kann es raus machen, Scully, aber
... ich muss dir sagen, dass wenn ich es tue, dir etwas schlimmes zustoßen
könnte. Du könntest sehr krank werden. Du wirst wahrscheinlich irgendwann Krebs
bekommen und dann, es sei denn, wir finden eine Heilung, wirst du
sterben."
Er sieht sehr ernst aus. Ich habe keine
Angst vor dem Tod. Ich möchte mich erinnern. Ich möchte mich an diesen Fremden
mit den grünen Augen erinnern, der mich kennt. Ich möchte wissen, wer der Mann
und das kleine Mädchen sind. Ich möchte dieses Buch lesen können.
"Nimm es raus, bitte."
"Scully, bist du sicher? Es wird ... es
wird sehr eigenartig für dich sein. Du wirst dich an jede Menge Sachen auf
einmal erinnern und nicht alles davon wird schön sein. Ich meine, ich beneide
dich in gewisser Weise um deine Unfähigkeit, dich daran zu erinnern, wie es
früher war."
"Ich möchte mich erinnern. Bitte mach,
dass ich mich erinnern kann."
Er lächelt und ich denke, dass ich dieses
Mal meinen neuen Master glücklich gemacht habe.
"Komm her", sagt er und rückt auf
der Couch ein Stück zur Seite, so dass ich neben ihm sitzen kann.
"Warte eine Sekunde" Er steht auf
und verlässt das Zimmer. Als er wiederkommt, trägt er eine Flasche und ein
Zellstofftaschentuch. Und ein Messer, mit dem wir früher unser Essen
geschnitten haben. Obwohl es sehr viel schärfer aussieht. Er setzt sich wieder
neben mich.
"Dreh dich um."
Ich drehe ihm den Rücken zu. Er legt mein
Haar zur Seite über meine Schulter.
"Es ist so lang geworden", murmelt
er und ich zucke mit den Schultern.
"Das wird wehtun, Scully. Es tut mir
Leid. Ich bin kein Arzt wie du. Wir brauchen einen Arzt. Ich hoffe, dass du
dich entscheidest hier zu bleiben. Und Scully, ich möchte, dass du den Chip
behältst. Für den Fall, dass du deine Meinung änderst und ihn zurück haben
willst."
Bei diesen Worten fühle ich einen scharfen,
brennenden Schmerz in meinem Nacken. Es ist furchtbar. Schlimmer als jeder
Schmerz, den ich je gefühlt habe. Sein Schneiden und Ziehen scheint unendlich
lange zu dauern. Ich beiße auf meine Lippe und versuche, keinen Laut von mir zu
geben.
"Es tut mir so Leid", sagt er
wieder und dann spüre ich die kühle Flüssigkeit auf der Wunde und einen Verband
und ich halte einen kleinen, runden Chip in meiner Hand. "So Leid", sagt
er ein letztes Mal. Und dann ... und dann erinnere ich mich.
XXXXXXXXXXXXXX
Es dauerte jetzt schon einige Nächte. Genau
wie vorher. Wie das letzte Mal. Skyland Mountain. Das Ziehen, die Empfindungslosigkeit, die Gefühle
und das Fehlen der Gefühle, das sie nicht erklären konnte, aber an das sie sich
gut erinnerte. Sie ertappte sich an unzähligen Momenten dabei, mit derselben
Sehnsucht, ja fast mit Verlangen, aus dem Fenster zu sehen. Immer nachts. Sie
riefen sie. Sie wollten sie zurück. Sie wollte nachts gehen.
Als das Verlangen sie tagsüber befiel, ging
sie zu Mulder. Er würde ihr helfen dagegen anzukämpfen. Er würde es aufhören
lassen, sie beschützen. Sie würde es ihm sagen. Sie würde es ihm endlich sagen.
Sie fuhr schnell zu seinem Apartment. So schnell,
dass sie kaum die Menschen bemerkte, die auf den Straßen starben.
Sie klopfte und ließ sich schließlich selbst
ein, als niemand antwortete. Auf der Couch. Er war krank. So krank. Es war so
heiß. Juli, es war Juli und im Apartment war die Heizung an und er zitterte und
war in eine Wolldecke eingewickelt. Das Band, das sie hielt zerriss, verschwand
ins Nichts.
"Scully.. Hilfe", flehte er. Sie
wollte um das Gleiche bitten, aber konnte es nicht. Ihn in den Arm nehmen,
versuchen ihn warm zu halten, versuchen, ihn nicht zu verlassen. Das Ziehen war
fast überwältigend, aber ihr Bedürfnis, sich um ihn zu kümmern war immer noch
stärker.
Er schüttelte sich in ihren Armen und sie
dachte, dass sie ihn vielleicht küssen sollte. War es zu spät für all das?
"Mulder, du hast Fieber. Ich schau mal
nach, ob du Ibuprofen hier hast."
Sie stand auf und er wimmerte, streckte
seine Hand nach ihr aus. Sie hoffte, dass sie nicht aus dem Badfenster springen
würde. Zitternde Hände, Medizinschrank öffnen, Flasche fallenlassen, einmal,
zweimal. Sie schrak bei dem Geräusch zusammen, das die Flasche machte, als sie
ein drittes Mal zu Boden fiel.
"Geh nicht, geh nicht, geh nicht",
sagte sie ihrem Spiegelbild.
Schreie aus dem Nebenzimmer und Tränen, die
ihre Augen füllten.
"Geh nicht..."
Sie rennt zu ihm, aber es ist zu spät. Er
liegt auf der Couch, so, wie sie ihn verlassen hat. Kopf auf dem Kissen, Hände
schlaff an seiner Seite, aber jetzt ist ein klaffendes, blutiges Loch, wo
einmal sein Bauch gewesen ist.
Sein Gesicht, verzerrt zu einer
schmerzvollen Grimasse, einer Totenmaske. Sie berührt das Gesicht einmal und
weiß, dass sie jetzt gehen kann.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Ich denke nicht, dass das eine gute Idee
war.
Okay, enorme Untertreibung. Das war die
schlechteste Idee, die ich je hatte. Ich wusste, dass es schwer für sie werden
würde. Ich habe diesen Prozess schon gesehen. Eine Menge Leute hier sind
ehemalige Sklaven. Es ist immer schmerzlich. Alle deine Erinnerungen, all deine
Gefühle, totale Selbsterkenntnis auf einen allumfassenden Schlag, das kann
nicht einfach sein.
Mir war nicht klar, dass es so schlimm sein
würde. Ich habe nicht von ihr erwartet, hier zu sitzen und fast zwei Stunden
lang an die Wand zu starren, ohne sich zu bewegen, ohne zu sprechen. Ich weiß
nicht, ob meine Bewegungen sie erschrecken würden und sie veranlassen, wie ein
verschrecktes Tier nach mir zu schlagen, aber mein Hintern fängt an wehzutun
und ich will wirklich nur noch ins Bett kriechen und schlafen.
"Scully?"
Sie zuckt ein wenig und dreht sich zu mir.
Ihr Gesicht bleibt ungefähr zehn Sekunden lang ausdruckslos und dann scheint
ihr ein Licht aufzugehen. Sie kneift ihre Augen zusammen und ihr Mund sieht
schmal und ärgerlich aus.
"Du? Du ... Was hast du mir angetan? Oh
Gott.."
Ihre Stimme bricht und sie drückt sich in
die Ecke der Couch, so weit weg von mir wie möglich.
"Scully ... ich ..."
"Oh Gott", stöhnt sie und vergräbt
ihr Gesicht in ihren Händen.
"Was..."
"Ich habe ihn einfach dort gelassen.
Ich bin einfach ... gegangen. Oh Gott", jammert sie kaum hörbar in ihre
Hände.
"Wovon redest du?"
"Ich bin einfach gegangen", sagt
sie wieder. Und wieder. Und wieder. Sie muss sich an die Entführung erinnern.
Sie weiß nicht, was für ein Glück es für sie war wegzugehen. Ich habe die
Sklaven immer darum beneidet. Sie wurden geholt, bevor wirklich alles zur Hölle
ging. Sie scheint allerdings sehr verstört darüber zu sein, dass sie gegangen
ist. Sie fängt an, vor und zurück zu wippen und zu zittern.
"Scully, ich glaube nicht, dass du eine
Wahl hattest. Eine Menge Leute sind gegangen. Sie haben dich dazu gebracht zu
gehen."
"Ich...ich habe ihn verlassen und er
war ... er war ... oh Gott."
Ich nehme an, dass 'er' Mulder ist. Ich habe
mich eine Zeitlang gefragt, was wohl aus ihm geworden ist. Ich warte darauf,
dass er eines Tages zur Tür hereingeplatzt kommt und mir sagt, dass die kleine
Widerstandsbewegung, die ich hier am Laufen habe zwar ganz nett ist, aber er
könnte er es ganz ohne Zweifel so viel besser. Manchmal muss ich lächeln wenn
ich daran denke, dass dieser Tag kommen könnte.
Manchmal macht es mir tatsächlich etwas
Hoffnung. Frag nicht, warum.
"Er war was?" frage ich. Und
wieder weiß ich nicht warum.
"Er war ... er ..." Sie beugt sich
nach vorn und hält sich ihren Bauch.
"Scully?"
"Er war, es war nur ... Blut ... er war
... Gott..."
Verdammte Scheiße. Ich hätte wissen müssen,
dass er irgend sowas lahmes machen würde, wie einfach
zu sterben, bevor überhaupt alles richtig losgegangen ist. Und anstatt traurig
zu sein, oder glücklich oder mich wenigstens im Recht zu fühlen, macht mich
diese offensichtliche Nachricht von seinem Ableben wirklich stinksauer.
Scully ist immer noch zusammengekrümmt, ihre
Haare hängen in Strähnen über ihr Gesicht, ihr ganzer Körper zittert. Bei allen
Heiligen, Mulder. Was für ein Vermächtnis hast du mir da auf meiner Couch
hinterlassen.
"Wie konnte ich ihn verlassen? Was für ein .. was habe ich .. ich kann
nicht ... ich, ich kann nicht..."
"Scully, atme tief durch. Willst du ein
Glas Wasser?"
"Ich kann nicht ... ich kann nicht..", flüstert sie weiter. Ich habe keine Ahnung, wie ich
damit umgehen soll. Sollte ich sie alleine lassen? Was, wenn sie mein Zimmer
verwüstet? Ich habe gesehen, wie Leute einige ziemlich irre Sachen gemacht habe, nachdem ihnen der Chip entfernt wurde. Sollte ich
einfach hier sitzen bleiben und versuchen, weiter mit ihr zu reden? Sollte ich
versuchen, sie in ein eigenes Zimmer zu bringen, so dass sie Dinge auf eigene
Gefahr zerstört?
Aus irgendeinem Grund gewinnen meine
Instinkte gegen meine Logik und ich tue etwas sehr, sehr Dummes. Ich hebe meine
Hand und berühre ihren Rücken. Ich kann sogar durch den dünnen Stoff ihres
Kartoffelsackkleides spüren, wie kalt ihre Haut ist. Sie steht sicher unter
Schock. Einen Moment lang scheint sie nicht zu bemerken, dass ich sie berühre
und ich lasse meine Hand auf ihr ruhen in der Hoffnung, sie würde es weiterhin
nicht bemerken, aber es würde ein wenig helfen. Kein Glück.
Ihr Kopf schießt plötzlich hoch und ihre
Augen, rot und wässrig, verloren und wütend, heften sich auf mein Gesicht.
"Nimm sofort deine Hand weg",
knurrt sie durch zusammengebissene Zähne. Ich tue es. Schnell.
"Scully..."
"Was willst du? Warum bin ich hier? Was
hast du mit Mulder gemacht?"
Wie habe ich nur geahnt, dass ich
schließlich wieder für alles beschuldigt werden würde, was Mulder zugestoßen
ist?
"Ich habe nichts mit ihm gemacht."
"WARUM BIN ICH HIER?"
Meine Güte. Ich weiß noch nicht einmal, wo
ich anfangen soll. Ich weiß noch nicht einmal, was sie eigentlich meint. Und
sie wird immer wütender. Warum habe ich eigentlich erst angefangen, mit ihr zu
reden?
"Ich habe dich sozusagen ...
gefunden",, bringe ich schwach heraus. Das
stimmt, aber sie wird mir das wohl nicht glauben.
"Jaa? Weißt
du was. Jetzt, wo du mich 'gefunden' hast, wirst du mir helfen, Mulder zu
finden."
"äh..."
Redet sie von seiner Leiche? Oder von ihm?
Die Chancen für Ersteres sind minimal und danach zu urteilen, was sie vorher
sagte, scheinen die für das Zweitere nicht zu
existieren.
"Ist das klar?"
"Scully..."
"Verdammt Krycek,
IST DAS KLAR?"
Ich beschließe, dass jetzt nicht die
richtige Zeit ist, um mit ihr zu diskutieren.
"Ja, es ist klar."
Mir ist klar, dass dieser Frau eine wirklich
furchtbare Enttäuschung bevorsteht. Mir ist klar, dass ich zu dem Zeitpunkt, an
dem ihr die Realität bewusst wird, der einzige sein werde, der ihre Scherben
aufsammelt. Mir ist klar, dass dies das letzte ist, was sie jemals wollen
würde.
Ende Kapitel 1
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Kapitel 2
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Es war einmal ein Mädchen. Sie lebte in
einem Haus. Eines Tages brach das Haus zusammen.
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Mulder,
ich schreibe dies in der Hoffnung, dass es
dich eines Tages, wo immer du auch bist, erreichen wird
und du dich dazu entschließt, zu mir zu kommen.
Ich verstehe, dass du im Moment nicht bei
mir sein kannst. Ich habe in den vergangenen Monaten gelernt, das zu
akzeptieren, weil ich tief in meinem Herzen weiß, dass du etwas sehr wichtiges,
etwas sehr bedeutendes tust. Etwas, das diese Trennung notwendig gemacht hat.
Ich bin nicht wütend.
Nicht auf dich. Aber auf sie. Auf die Leute
hier bin ich sehr wütend. Die Lügen, die sie mir erzählen sind unverzeihlich.
Ich würde hier weggehen, wenn ich wüsste wohin. Aber die Welt hat sich
verändert und ich denke, dass ich nicht mehr weiß, wie man überlebt. Manchmal
bin ich tatsächlich überrascht, die Sonne jeden Tag auf- und untergehen zu
sehen. Wie kann sie das weiterhin tun? Und der Schnee. Es schneit weiterhin so
wie früher.
Ich frage mich, ob es dort schneit, wo du
jetzt bist.
Ich frage mich, ob du sicher bist, ob du es
warm hast. Wir waren so dumm, Mulder. So unvorbereitet. Wir haben es nicht
verstanden.
Als ich ein kleines Mädchen war, hatte mein
Bruder Charlie eine Ameisenfarm. Er hielt sie in einem Glaskasten auf seinem
Schrank. Er beobachtete sie, wie sie ihre Städte bauten und ihr Leben lebten,
jeden Tag, stundenlang. Eines Tages hat Bill beschlossen, dass er Charlie nicht
mehr leiden kann und hat seine Ameisenfarm gestohlen. Er brachte sie nach
draußen und kippte sie auf die Erde. Dann zertrat er einige von ihnen mit
seinen Turnschuhen. Andere schnappte er und riss ihnen die Beine aus. An
anderen testete er seine Lupe und versengte sie mit gebündelten Sonnenstrahlen.
Einige schafften es, seiner Tyrannei zu entkommen und ich nehme an, dass sie
hinten im Garten Ameisenhaufen gebaut haben. Ich dachte damals, dass das grob
und gemein Charlie gegenüber war. Aber nicht gegenüber den Ameisen.
Als ich auf der Highschool war, mussten wir
einen Frosch sezieren. Wir haben das alle ekelerregend gefunden, aber niemand
fragte, wo sie die Frösche herhatten. Wir haben ja gelernt.
Das College, auf das ich gegangen bin, war
auf einem ehemaligen Sumpfgelände gebaut worden. Sie mussten ihn trockenlegen
und alles umbringen, was dort gelebt hatte, um die Wohnheime zu bauen. Wir
wollten nur einen Ort zum Wohnen.
Im Medizinstudium haben wir mit Ratten
experimentiert. Wir wollten versuchen, Menschen zu helfen.
Wir scheinen immer mehr Rechtfertigungen zu
brauchen, je höher wir auf der Leiter der Evolution klettern, je mehr Qualen
wir verursachen, aber es hat uns nie aufgehalten. Wer hätte gedacht, dass es
noch etwas höheres geben könnte? Etwas, das auf uns
herabschaut und denkt, Ratten, Frösche, Ameisen? Etwas, das sich genauso sicher
ist, wie wir es immer waren, dass es zu einem höheren Zweck das Opfer wert ist?
Du hast das gedacht, nehme ich an. Es ist nicht wirklich so unglaublich. Selbst
ich als Wissenschaftlerin hätte es kommen sehen müssen.
Ich erinnere mich jetzt Mulder. Ich erinnere
mich an den Tag, an dem sie kamen. Sie haben mit uns gesprochen. Nicht so, wie
wir miteinander reden, sondern so, wie wir mit unseren Haustieren reden. Mit
Hunden. Wir sagen sitz, platz, dreh dich, aber wir sagen ihnen nie, warum. Wir
erklären ihnen nicht, warum wir uns dazu entschlossen haben, nach Florida zu
ziehen, oder warum der Tierarzt ihnen eine Spritze geben muss. Oder wenn wir es
tun, dann bitten wir sie sicher nicht um ihre Meinung. Sie haben uns nicht
gefragt. Und sie haben uns nichts gesagt. Und wir hätten sie wahrscheinlich
auch nicht verstanden, wenn sie es versucht hätten. Nach all dem Mulder, kennen
wir immer noch nicht die Wahrheit. Wir wissen immer noch nicht mehr über sie,
als unsere Hunde über uns wissen.
Ich erinnere mich daran, Sklavin gewesen zu
sein. Jede Nacht erlebe ich den Horror in meinen Träumen. Ich erinnere mich
daran, wie es ist, sich nicht zu erinnern. Keinen Willen zu haben, keine
Stärke, keine Wut. Ich erinnere mich aber nicht daran, was ich tun musste. Nur
an das, was ich nicht gefühlt habe.
Ich erinnere mich daran, dich zu sehen, das,
von dem ich dachte, dass du es wärst, sterbend, tot, blutend. Ich weiß, dass
das alles eine Illusion war, dass es jemand anderes war, aber zu der Zeit war
es die schrecklichste Sache, die ich je erlebt habe.
Gott sei Dank verstehe ich es jetzt. Ich
erkenne, dass es eine Lüge war, ein Trick, um mich auf die Seite der Entführer
zu ziehen, dich zu verlassen.
Krycek, er denkt, dass er mir Dokumente und Bilder zeigen
kann und ich dann einfach die Lüge akzeptieren werde und dich gehen lasse. Er
denkt, er kann mich wieder vergessen lassen.
Ich hasse ihn.
Ich hasse sie alle, Mulder. Ich hasse jeden
den ich sehe dafür, dass er hier bei mir ist, wenn du so weit weg bist. Aber
die Menschen hier kümmern sich um mich und ich bin sicher, dass sie das gleiche
auch für dich tun würden. Sie geben mir warme Sachen und ein eigenes Zimmer.
Ich lebe in einem Studentenzimmer, Mulder. Einem winzig kleinen
Studentenzimmer. Jede Nacht versuche ich mir vorzustellen, wie du in eines
dieser Miniatur Doppelstockbetten kriechst und deine riesigen Füße am Fußende
heraushängen. Manchmal muss ich darüber lächeln. Ich esse in einer Speisehalle.
Bei jeder Mahlzeit die ich esse, stanzt eine Frau ein Loch in die weiße Karte,
die ich bekommen habe. Zwei Mahlzeiten stehen uns am Tag zu. Meinen
anderweitigen Bedarf kann ich in einem großen Lagerhaus mit einer anderen Karte
decken. Ich habe gestern meine Regel bekommen und war ziemlich bestürzt,
feststellen zu müssen, dass uns nur zwei Tampons pro Monat zustehen. Für den
Rest der Zeit müssen wir Binden verwenden. Ich nehme an, dass wir dankbar sein
können, dass wir überhaupt welche bekommen.
Ich bin nicht ganz sicher, woher sie diese
Vorräte beziehen. Es scheint, als wenn die Situation schwierig, aber nicht völlig
verzweifelt ist. Es gibt hier eine Farm, auf der viele Leute täglich arbeiten.
Eine Menge von den Lebensmitteln, die wir hier essen, wurden
hier angebaut. Aber jetzt ist es Winter und sie können sich nicht mit allem
selbst versorgen. Sie haben Verbindungen. Verbindungen, die Alex Krycek schon vor langer Zeit geknüpft hat, während wir in
einem feuchten Kellerbüro unsere Spielchen gespielt haben. Verbindungen zu der
Rasse der Rebellen. Es ist eine dürftige Allianz, so wie alle von Kryceks Allianzen, aber sie ist für beide Seiten von
Vorteil.
Er hat ihre Arbeit gemacht, als er mich
gefunden hat, einen Krieg geführt gegen die Agenten der Kolonisten auf der
Erde. Mein 'Master' war einer von ihnen. Ein Verräter an seiner eigenen Rasse,
an seinem eigenen Planeten. Ein Mann, der lieber gewählt hat, zu einem Mutanten
gemacht zu werden, zu einem von ihnen zu werden, anstatt zu kämpfen. Das ist es
zumindestens, was Krycek
sagt.
Ich kann nicht anders als mich zu fragen, warum
es so sein muss. So wenige Menschen haben es geschafft, den Erstangriff zu
überstehen. Warum mussten die Glücklichen überleben, nur um deren Arbeit der
Zerstörung unserer Spezies fortzuführen, uns gegenseitig umzubringen aus
Gründen, die nichts mit uns zu tun haben, für Kreaturen, die im Himmel leben,
die über uns schweben und uns dabei zusehen, wie wir uns gegenseitig ihretwegen
zerstören, eine Gruppe von Söldnern.
Es erinnert mich an die Kriege, die vor so
langer Zeit um Amerika geführt wurden.
An die Spanier und Franzosen und Engländer,
die sich gegenseitig umgebracht haben für ein Stück Land, das keinem von ihnen
gehörte, an die Eingeborenen, die sich mit ihnen verbündet haben, immer auf die
Seite geschlagen haben, deren Macht ihrem Stamm die größte Chance auf das
Überleben zu versprechen schien, mehr Vorräte für das tägliche Leben, mehr von
dem, was dem Stamm am wertvollsten erschien. Krycek
scheint für seinen Stamm die Freiheit gewählt zu haben. Er kämpft für die
gesichtslosen Rebellen, setzt sein Leben aufs Spiel für ihren Krieg, so dass er
und seine Leute hier in relativer Sicherheit leben können.
Ich kann ihn für seine Entscheidung nicht
verurteilen. Ohne sie wären viele dieser Menschen sicher tot. Und ich wäre noch
immer Sklavin. Ich bin mir nicht sicher, wie lange diese Gruppe schon hier
lebt, wie lange ihnen schon gestattet wird, hier zu existieren. Ich weiß nicht,
wie sie es geschafft haben, sich am Anfang der Unterwerfung unter Das Gesetz zu
entziehen und ich weiß nicht, ob es noch andere wie sie gibt. Wir sind hier
verborgen in diesem kalten Niemandsland im Osten Kanadas, weit weg von den
Ansiedlungen. Vielleicht wissen sie nicht, wo wir sind. Oder vielleicht sind
sie völlig inkonsequent. Vielleicht sind wir wie diese Ameisen, die es geschafft
haben, meinem Bruder zu entkommen. Er hat sich nie die Mühe gemacht, sie zu
fangen.
Ich frage mich, wo Bill ist. Und Charlie.
Mom...
Ich versuche nicht an sie zu denken, Mulder,
aber manchmal kann ich es nicht verhindern. Manchmal erscheinen sie in meinen
Träumen und sagen mir, dass sie gegangen sind, dass ich ohne sie weitermachen
muss. Ich möchte ihnen nicht glauben. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich
denke, dass es dir hier mit mir gefallen würde, Mulder. Ich denke, das hier
könnte der beste Ort für uns sein. Wir könnten hier in Sicherheit sein.
Wenigstens wären wir frei.
Ich vermisse dich, Mulder. Ich bin so einsam
hier. Ich hoffe, dass du dich entschließt, zu mir zurückzukehren, wenn du das
hier erhältst.
Für immer die Deine
Scully
XXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Ich stecke den zusammengefalteten Brief in
die Tasche meines dicken, weißen Parkas, setzte meine Wollmütze auf und ziehe
meine Fäustlinge an und drücke die schwere Metalltür mit meiner Schulter auf.
Heute weht ein starker Wind und der stellt einen ziemliche
großen Widerstand dar. Ich muss mich mit meinem ganzen Gewicht gegen die
Tür werfen.
Als ich schließlich draußen bin wird mir
klar, dass die Kälte bis unter meine Haut dringt, obwohl ich so dick eingepackt
bin. Der Himmel ist grau und verhangen, aber bis jetzt hat es noch nicht
geschneit. Der Weg, der von dem Gebäude in dem ich wohne zur Bibliothek führt
ist einer der häufig benutzten Pfade, so dass der Schnee und das Eis dort nicht
ganz so hoch aufgetürmt sind, wie auf den anderen Wegen. Es ist kein
fürchterlich schwieriger Spaziergang. Das ist gut für mich, weil ich mir
ziemlich sicher bin, dass es in der Nähe der Bibliothek einen Briefkasten geben
wird.
Soweit ich es beurteilen kann, ist das
sechsstöckige Bibliotheksgebäude das größte hier. Abgesehen von der
Speisehalle, die zum Glück nur zwei Schritte von meiner Unterkunft entfernt
ist, befinden sich die meisten der öffentlichen Einrichtungen entweder in der
Bibliothek oder in den kleineren Gebäuden in deren Nähe.
Auf dem halben Weg zwischen meiner
Unterkunft und dem Gebäude, in dem die Bibliothek untergebracht ist, befindet
sich Patterson Hall und als ich dort ankomme seufze ich etwas erleichtert, weil
nun schon der halbe Weg hinter mir liegt. In diesem Gebäude wird all das
geplant und organisiert, was diese Gemeinschaft betrifft. Ich war noch nicht
wirklich dort drin, aber sicherlich sind dort die Büros der Vorstände der
verschiedenen Komitees, sowie Konferenzräume und ein großer Vorlesungssaal.
Als ich an dem Gebäude vorbeilaufe, sehe ich
einen Mann auf mich zukommen, der erste Mensch, den ich heute draußen sehe. Ich
kann nicht sagen wer es ist, weil eine schwarze Skimaske sein Gesicht bedeckt.
Ich wünschte, ich hätte meine angezogen. Meine Wangen sind fast taub.
Als er näher kommt sehe ich, dass seine
schwarzen Jeans ein Loch am Knie haben und er darunter lange weiße Unterhosen
trägt. Das wäre für mich eine ebenso gute Idee gewesen.
"Scully?" ruft er, den Wind
übertönend. Es fängt an leicht zu schneien.
Er erreicht den Haupteingang von Patterson Hall
und winkt mir zu, dass ich ihm folgen möge. Vielleicht ist dort ja der
Briefkasten. Er schließt die Tür auf und wir gehen gemeinsam hinein. Die
plötzliche Wärme schmerzt auf meinem Gesicht.
Er zieht sich seine Maske mit einer
vertrauten Grimasse aus.
"Scully, was machst du heute draußen?
Es sind mindestens 40 Grad unter Null."
"Wo ist der Briefkasten, Krycek?"
Er zieht seine Augenbrauen zusammen und
setzt sich auf eine kleine Holzbank. Es scheint in dieser Halle die einzige
Sitzmöglichkeit zu sein, also setze ich mich neben ihn.
"Der was?"
"Der Briefkasten. Ich habe einen Brief,
den ich wegschicken muss. Und ich brauche einen Umschlag. Ich konnte im
Lagerhaus keinen finden."
"Es gibt...es gibt keinen Briefkasten.
Es gibt keine Post mehr, Scully."
"Keine Post?"
Panik schießt in mir hoch und raubt mir den
Atem. Wie kann es keine Post geben? Wie soll ich meinen Brief wegschicken?
"Nicht zu dieser Jahreszeit. Die
Straßen sind unpassierbar. Nichts kommt hier heraus oder herein, es sei denn,
es kommt von..." er verstummt und zeigt himmelwärts.
"Gut, dann schicken wir es so."
"Scully, so funktioniert es nicht. Sie
werden nicht..."
Er seufzt schwer und schüttelt seinen Kopf,
offensichtlich zu ungeduldig, um mir alles vollständig zu erklären. Er macht
das oft.
"Was hast du eigentlich zu
verschicken?"
Ich überlege eine Weile hin und her, ob ich
es ihm zeigen soll. Es ist ein privater Brief, aber wenn er sieht wie wichtig
er ist, wird er mir vielleicht helfen, einen Weg zu finden, wie wir ihn an die
richtige Stelle bringen können. Ich greife in meine Tasche, ziehe das Blatt
heraus und gebe es ihm.
Während er liest, ist sein Gesicht
ausdruckslos. Als er fertig ist, schließt er sehr lange seine Augen. Als er sie
schließlich wieder öffnet, mag ich nicht, was ich darin sehen kann. Es sieht
wie Mitleid aus.
"Scully, du kannst nicht..."
Er atmet tief durch und fährt sich mit den
Fingern durch die Haare, schaut von mir weg aus dem Fenster.
"Du kannst das nicht wegschicken."
"Warum nicht?"
"Aus mehr Gründen, als ich überhaupt
aufzählen kann. Zuerst einmal, Scully ...Mulder....Mulder
ist tot."
Nein. Noch mehr Lügen. Ich hätte es besser
wissen müssen, als ihn um Hilfe zu bitten. Mein Gott Mulder, warum kannst du
nicht herkommen, und dafür sorgen, dass er aufhört, all diese Lügen über dich
zu erzählen?
Ich reiße das Papier aus seiner Hand und
stecke es in meine Tasche, während ich versuche, Tränen der Wut und der
Frustration zurückzuhalten. Ich stehe auf, weil ich weg muss von Alex Krycek und seinen dummen, erbärmlichen Lügen. Aber er lässt
mich nicht gehen. Er packt mich mit der Hand, an der er einen schwarzen
Lederhandschuh trägt, an meinem Ärmel.
"Scully, warte. Selbst wenn er noch
lebt, du kannst nicht einfach einen Brief los schicken, auf dessen Umschlag
'Mulder' steht und erwarten, dass er ihn bekommt. Und selbst wenn du das
könntest, du kannst nicht einfach solche Briefe los schicken! Das ist ... wenn
das die falschen Leute lesen, Scully, dann sind wir tot. Verstehst du das? Es
gibt bestimmte Dinge, die du nicht einfach in einem Brief ausplaudern kannst.
Du kannst nicht..."
"Geh zur Hölle", flüstere ich,
befreie meinen Arm aus seinem Griff und renne aus der Tür, zurück in die Kälte.
Ich werde es selbst hinbekommen. Ich werde dich finden, Mulder. Mit oder ohne
Hilfe.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Es ist jetzt fast neun Monate her, seit ich
Dana Scully gefunden habe, hirntot und ihrer Seele beraubt in der Villa eines
Verräters. Neun absolut schreckliche Monate.
Es sind drei Monate, seit ich sie fand, als
sie ziellos durch den Schnee wanderte, ein Stück Papier an sich gedrückt wie
ein kleines Mädchen mit einem Brief an den Weihnachtsmann. Es war mir bis dahin
nicht klar, wie schlimm es wirklich war. Meine Quellen hatten mir einige Wochen
vorher die Dokumente beschafft, die Beweise für Mulders Tod und ich habe wirklich geglaubt, dass sie denen Glauben schenken
würde. Sie hatte nicht viel gegessen oder geredet seit ich ihr die Papiere
gezeigt hatte, aber das war damals ebenso wenig ungewöhnlich für sie, wie
es das jetzt ist. Ich habe gedacht, dass sie still um ihn trauert.
An diesem Tag ist mir klar geworden, dass
sie noch gar nicht angefangen hatte, ihren Verlust zu betrauern. Sie hat sich
vollständig Illusionen hingegeben.
Ich nehme an, dass Leugnen das erste Stadium
eines schwierigen Prozesses ist, und Scullys Leugnen war lang und traurig. Ich
musste sie wie einen Sack Kartoffeln über meiner Schulter zurücktragen, nachdem
ich sie einige Stunden nach unserem Gespräch über den Brief halb bewusstlos
zusammengekauert unter einem Baum gefunden hatte. Sie hielt das Papier noch
immer in ihren blaugefrorenen Händen, suchte immer
noch nach dem sagenumwobenen Briefkasten. Es war der mitleiderregendste
Anblick, den ich je gesehen habe.
Die folgenden Wochen waren noch schlimmer,
als die vorher. Sie wurde täglich dünner und blasser und sie sprach weder mit
mir noch mit irgend jemand anderem. Es war schlimm.
Aber es war noch nie so schlimm, wie in den vergangenen zwei Wochen.
Vor zwei Wochen hat sie sich entschlossen
mir zu glauben, den Beweisen, den Dokumenten zu glauben, die ich gefunden
hatte. Vor zwei Wochen hat sie endlich angefangen, Mulder gehen zu lassen.
Ich habe gerade mein Mittag in der Cafeteria gegessen,
als ich sie sah. Sie stand in der Reihe, wartete auf ihr Essen, als ihr Gesicht
plötzlich geisterhaft weiß wurde, sie ihren Teller auf den Boden fallen ließ
und dieser in Millionen Scherben zersprang. Ich rannte zu ihr, hielt sie an den
Schultern und sah in ihre Augen - und ich wusste es sofort.
"Er ist gegangen. Ich kann ihn nicht
fühlen. Er ist gegangen", das hat sie gesagt. Ich brachte sie in ihr
Zimmer zurück und sie setzte sich auf ihr Bett und rollte sich zu einer Kugel
zusammen. Ich erwartete, dass sie weinen oder mich vielleicht rausschmeißen
würde. Aber sie hat gar nichts getan, hat bis jetzt nichts getan. Nicht das
geringste. Ich habe nicht ein einziges Mal gesehen, dass sie ihr Zimmer seit
diesem Tag verlassen hätte.
Ich habe ihr seitdem jeden Tag Essen
gebracht, da sie selbst ja nicht mehr in die Cafeteria geht. Ich lasse ihr
einen vollen Teller am Vormittag da und noch mal einen um 18:00 Uhr.
Normalerweise fehlen höchstens ein paar Bissen von den Mahlzeiten, wenn ich
komme, um die Teller wieder abzuholen.
Gestern habe ich ihre Haare gebürstet. Sie
sind schon bis zur Mitte ihres Rückens gewachsen und ich nehme an, dass sie
ziemlich schön sein könnten, wenn sie sich darum kümmern würde. In letzter Zeit
hängen sie über ihr Gesicht in fettigen, filzigen Strähnen. Ich sagte ihr, dass
sie bald Dread-Locks haben würde, wenn sie mich sie
nicht mal kämmen lassen würde. Sie hat darauf nicht reagiert, also habe ich es
gemacht.
Es macht mich krank. Zuzusehen, wie sie sich
in diese leere Hülle einer Frau verwandelt, dieses erbärmliche
Sylvia-Plath-Imitat, das ist nur zu symbolisch dafür, wie die ganze Welt
zugrunde gerichtet wurde. Und außerdem ist sie eine Belastung geworden, sie
nimmt uns Platz und Ressourcen weg und gibt nichts zurück. Wir können sie uns
nicht leisten. Ich kann sie mir nicht leisten. Ich kann nicht meine Tage damit
verbringen, Kindermädchen für eine verrückte Frau zu spielen, die sich noch
nicht einmal erholen *will*. Wenn es ihr nicht bald besser geht, werde ich sie
wegschicken müssen. Ich möchte nicht, dass das passiert.
Ich kann nicht fassen, dass es März ist. Es
war ein langer, tödlicher Winter. Endlos. Kälter als normal und sogar mehr
Schnee. Das Gefühl des Eingesperrtseins ist
überwältigend. Nur allein der Weg von der Cafeteria zu Scullys Zimmer ist eine
Qual, wegen des Windes, des bitteren, schmerzhaften Windes und des Eises auf
dem Boden.
Ich frage mich, wie die anderen das ertragen
können. Ich laufe an Gruppen von ihnen vorbei, die sich zusammengefunden haben,
mit ihren gebrauchten Wollmützen und Fausthandschuhen, die trotz der
Unannehmlichkeiten lachen und sich freuen. So lange, bis sie mich sehen. Als
sie mich sehen, setzen sie ernste Gesichter auf, nicken und zerstreuen sich in
verschiedene Richtungen. Sie haben Angst. Vor mir.
Es überrascht mich immer noch. Manchmal
amüsiert es mich. Eine ganze Gemeinschaft, zur Zeit
fast vierhundert Leute, und sie haben alle Angst vor mir. Sie respektieren
mich. Sie sehen zu mir auf. Ich bin hier der Chef, das erste Mal in meinem
Leben. Obwohl ich nie erwartet hätte, dass es genau auf diese Weise passiert,
ist es genau das, was ich immer gesucht habe, wonach ich mich gesehnt habe und
dem ich immer hinterher gejagt bin. Das ist es, wofür ich alle Anzeichen für
ein normales Leben geopfert habe. Ich sollte glücklich sein wie ein Schwein im
Schlamm. Und manchmal bin ich es. Manchmal. Trotzdem wünschte ich manchmal,
dass es nicht die Vernichtung der ganzen Welt gebraucht hätte, damit ich das
Kommando habe.
Als ich an ihrer Tür ankomme, öffne ich
diese ohne überhaupt darüber nachzudenken, vorher zu klopfen. Ich habe vor einigen
Tagen endlich eingesehen, dass sie nie geantwortet hat, wenn ich angeklopft
habe, also bin ich seitdem einfach immer gleich reingegangen. Es ist ja nicht
so, dass sie jemals irgendwas privates machen würde.
Sie tut niemals auch nur irgend etwas.
Es ist die selbe
Tragödie wie immer, sie hat ihre Knie an ihren Oberkörper gezogen, die Haare
sind zerzaust, sie wippt vor und zurück wie eine Geisteskranke in einem
schlechten Film und schaut auf ihren Arm hinunter. Ich folge ihrem Blick zu
ihrer linken Hand, die sie zu einer Faust geballt hat, der Arm ruht auf ihrem
angewinkelten Oberschenkel und ihre rechte Hand schneidet präzise und gekonnt
in ihr Fleisch. Eine Spur von Rot färbt das Porzellan ihres Handgelenks und ein
Moment lang sind wir beide so erschüttert, dass wir nur zusehen können. Sie mit
unbeteiligter Neugier, ich mit erschrockenem Verständnis.
Ich schaue auf ihre Arme, auf das Messer,
auf das Tablett auf dem Tisch, ein unberührtes Stück Fleisch auf einem Teller
und eine unbenutzte Gabel daneben. Kein Messer.
Die Sekunden scheinen zur Ewigkeit zu
werden, wir zwei starren auf die Spur von Blut, die breiter wird und anfängt zu
tropfen, bis sie schließlich zu mir hoch und direkt in meine Augen schaut.
Damit bricht sie meine Starre und bringt wieder Leben in meinen Körper. Das
Tablett, dass ich auf meiner Armprothese balanciert
habe, klirrt zu Boden und das Geräusch zerbrechenden Glases erfüllt den Raum.
"Scully...SCULLY!"
Ich knie mich vor sie hin und halte meine
Hand auf.
"Gib mir das Messer."
Sie zwinkerte und ich kann kaum einen Funken
des Wiedererkennens in ihren Augen sehen.
"GIB MIR DAS MESSER!"
Keine Reaktion. Ich greife nach dem
verdammten Ding, bemerke abwesend, dass ich es an der Klinge angefasst habe und
das auch noch mit meiner richtigen Hand und dass ich vermutlich selbst
verbluten werde, und entwinde es aus ihrem schwachen Griff. Ich lasse es mit
einem weiteren Klirren auf den Boden fallen und mein Verstand scheint durch die
Macht meiner Panik fast zu implodieren. Ich weiß absolut nicht, was ich tun
soll. Ich fasse sie an den Schultern und schüttle sie.
"WAS ZUM TEUFEL TUST DU DA?"
Sie starrt mich immer noch an und sie blutet
immer noch. Ich schaue mich verzweifelt nach etwas um, womit ich die Blutung
stoppen könnte. Socken. Sie hat Socken an. Ich nehme ihren Fuß in meine Hand,
ziehe sie aus und mache daraus einen Notverband. Es ist nicht unbedingt die
Medizin des Jahrtausends, aber es wird reichen.
"Verdammt Scully, ich weiß, du bist da
drin. Sag etwas. Irgendwas."
Mein grauen Zellen fangen schließlich wieder an zu
arbeiten und mir fällt ein, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, sie auf die
Krankenstation zu bringen. Die Socke wird schon rot. Ich versuche aufzustehen
und sie über eine Schulter zu werfen, aber sie ist so schlapp und leblos, dass
es beinahe unmöglich ist, sie zu fassen zu bekommen. Sie gleitet durch meine
Finger und sinkt wieder nach unten.
"Scully, du musst zu einem Arzt. Du
musst aufstehen. Komm schon."
Ich greife wieder nach ihr und sie zuckt ein
wenig zurück.
"Lass mich einfach sterben", sagt
sie, so leise, dass ich es kaum verstehe und rollt sich wieder auf ihrem Bett
zusammen. Es ist das erste, was sie seit zwei Wochen gesagt hat.
Lass mich einfach sterben, hat sie gesagt.
Was zur Hölle denkt sie sich? Das es heutzutage ein Recht auf Leben gibt? Das
es ein Geschenk ist? Hat sie denn keine Ahnung, was für ein verdammtes Glück
sie hat? Es gibt ein paar Sachen, für die ich absolut keine Geduld habe und
diese Sorte abstoßendes Selbstmitleid ist eine davon.
"Verdammt Scully, was ist dein Problem?
Weißt du nicht, was du für ein Glück hast, am Leben zu sein? Wie kannst du das
wegwerfen?"
Sie starrt durch mich hindurch, ihr Kopf
sinkt auf die Matratze und ihre Arme hängen jetzt kraftlos an ihrer Seite.
"Ich muss gehen...Ich muss zu ihm
gehen. Er wird nach mir suchen. Er braucht mich an seiner Seite dort."
"Er ist tot, Scully. TOT. Er sucht
nicht nach dir. Er tut gar nichts. Er ist GEGANGEN. Das heißt nicht, dass du
auch gehen musst. Er würde das nicht wollen, Scully. Er würde nicht wollen,
dass du das tust."
Ich knie vor ihr, diese verdammte Panik
kocht wieder in meiner Brust und ich drücke ihre Oberarme und schüttle sie.
"Du musst das nicht tun! TU DAS NICHT.
Verdammt, sieh mich an! SIEH MICH AN!"
Ihr Blick trifft meinen und diesmal gibt es
dort eine Reaktion, eine Änderung. Vom völligen Fehlen des Erkennens zu
plötzlicher, finsterer Wut. Ihre Augenbrauen, sind zusammengekniffen und ihre
Pupillen geweitet und sie spuckt mir ins Gesicht.
"Nimm deine Hände von mir",
flüstert sie mit leicht spürbarer Emotion. Mehr, als ich seit Ewigkeiten von
ihr gesehen habe.
"Wir müssen zum Arzt gehen Scully.
Du..."
"Nein. Du solltest tot sein. WARUM BIST
DU NICHT TOT?"
Plötzlich ist sie auf dem Boden und angelt
wieder nach ihrem Messer. Ich sehe, wie sich ihre rechte Hand fast um den Griff
schließt und setzte meinen Fuß fest auf ihr Handgelenk.
"Ich denke nicht daran, Scully."
Ich greife nach unten, hebe das verdammte Ding
auf und stecke es in meine Jackentasche, wobei ich mir eine geistige Notiz
mache, Scully nie wieder Essen zu bringen, das man schneiden muss.
"Du...du solltest tot sein. DU! WARUM
NICHT DU?"
Warum, das ist eine gute Frage. Es ist sogar
so, dass ich mich das selbst schon ein paar Mal gefragt habe. Wohl aus dem
gleichen Grund, aus dem all die andern noch lebenden Menschen es geschafft
haben zu überleben. Ich war willens zu tun, was nötig war, um den Impfstoff in
meine Hände zu bekommen. Das Überleben des Stärksten. Obwohl das nicht das ist,
was sie mich gefragt hat. Sie will wissen, wie das Schicksal so grausam sein
konnte, einen ekelhaften Speichellecker wie mich überleben zu lassen und dafür
ihren geliebten Engel Mulder zur Strecke zu bringen. Warum ich und nicht er.
Warum er und nicht ich.
"Steh vom Boden auf und komm mit mir
zum Arzt, Scully. Das hier wird ihn nicht zurückbringen."
"Lass mich gehen. Lass mich einfach zu
ihm gehen..."
"HÖR AUF! WACH AUF! Du wirst nicht zu
ihm gehen, wenn du dich umbringst. Du wirst nirgendwohin gehen. Du wirst
einfach sterben. Das ist alles, was passieren wird, Scully. Du siehst keinen
weißen Tunnel mit Mulder am Ende. Du läufst nicht mir ihm gemeinsam in den
Sonnenuntergang des Lebens nach dem Tod. DU STIRBST! Du stirbst und verrottest
in der Erde und das ist alles."
"SEI RUHIG! Hör auf! Hör auf!"
Sie kommt auf ihre Füße und bevor ich
überhaupt mitbekomme, was zum Teufel eigentlich vorgeht, prügeln ihre Fäuste
auf meine Brust ein. Ihr plötzlicher Anfall von Stärke überrascht mich so sehr,
dass ich buchstäblich fast umfalle.
"Du bist ein verlogenes Stück DRECK!
Das passiert nicht...nicht...nicht ihm...nicht Mulder...Mulder...Mu..."
Ich schaffe es schließlich, ihre fliegenden
Hände festzuhalten und sie sinkt gegen mich.
"Mulder", flüstert sie und eine
einsame Träne rollt ihre Wange hinab. Ich habe das Gefühl, es ist die erste von
vielen.
Ende Kapitel 2
XXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Kapitel 3
Heute habe ich die Sonne gesehen.
Der Winter hier ist lang. Er beginnt im
Oktober und nach allem, was ich so gehört habe, dauert er oft bis Mitte April.
Der Himmel ist jeden Tag grau. Der Schnee türmt sich höher auf, als manche
Gebäude hoch sind. Die Kälte...die Kälte ist überall. Die Sonne steht nur für
einige Stunden am Tag am Himmel und dann ist sie immer wolkenverhangen.
Heute ist der erste April. Heute habe ich
die Sonne gesehen.
Ich bin an diesem Nachmittag spazieren
gegangen. Es war warm genug, dass man einige Stunden draußen sein konnte, ohne
sich um Erfrierungen Gedanken machen zu müssen, aber nicht so warm, dass der
Schnee schmelzen würde.
Ich habe ihn dreißig Meter hinter dem
Forschungszentrum gefunden, dort, wo der Wald beginnt, auf der anderen Seite
des Zaunes. Ich sah seine Mutter dort, Eiszapfen hingen an ihrer Schnauze, die
Augen waren geöffnet. Ich bat den Wachposten, das Tor für mich zu öffnen und
mich zu ihr gehen zu lassen. Ich bin mir nicht sicher, warum.
Ich kniete mich neben sie und berührte sie,
obwohl ich wusste, dass sie schon tot war, aber ich konnte nicht anders. Sie
schien so friedlich und ich wollte das auch fühlen.
Ich fuhr mit den Fingern über ihre Nase. Sie
war kalt und nass.
Dann hörte ich das Winseln. Ich hob ihren
Körper so vorsichtig wie möglich an und legte ihn neben ihren Sohn, einen
zappelnden, schnüffelnden, sehr lebendigen Rottweiler Welpen. Er war vielleicht
vier Wochen alt. Er war kalt und unglücklich, wahrscheinlich hungrig, aber er
war am Leben. Sie hatte sein Leben gerettet, hatte ihn unter ihrem Körper
geschützt und trocken gehalten.
Ich habe den Hund im Schnee vergraben, weil
ich die Erde mit den bloßen Händen nicht erreichen konnte und habe ihr Baby in
meine Arme genommen. Er hat glücklich mit dem Schwanz gewedelt und meine Wange
abgeleckt.
Ich hätte weinen können.
Und dann habe ich die Sonne gesehen.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Scully wurde vor einigen Tagen aus der
Krankenstation entlassen. Als ich sie nach ihrem Selbstmordversuch dorthin
gebracht hatte, hatten sie entschieden, sie eine Weile dort zu behalten. Sie
war gefährlich untergewichtig und musste intravenös ernährt werden. Sie hat die
Kanüle ständig herausgezogen bis ich Brian befohlen habe, 24 Stunden am Tag
neben ihr zu sitzen.
In manchen Nächten bin ich sie besuchen
gegangen. Sie schien ständig Alpträume zu erleiden, sie stöhnte schmerzvoll und
rief Mulders Namen im Schlaf.
Das ließ mich froh darüber sein, dass ich
mich niemals verliebt hatte. Natürlich habe ich es gewusst. Als ich dreizehn
war, hat mein Vater mir erzählt, was zu meinen Lebzeiten passieren würde, was ich
tun müsste, um zu überleben und ich habe an diesem Tag entschieden, dass ich
niemals jemanden so nahe an mich heranlassen würde, dass es mir etwas ausmacht,
wenn er stirbt. Das hat in meinem Fall ziemlich gut funktioniert. Ich habe
niemals gefühlt, was Scully fühlt.
Wie auch immer, die Ärzte haben entschieden,
dass es Scully gut genug geht, um entlassen zu werden, so lange wie sie etwas
isst. Ich wollte wissen, ob sie irgend etwas tun
können, um sicherzugehen, dass sie das auch wirklich tut, aber sie sind
natürlich Ärzte, keine Zauberer. Zum Teufel, sie sind noch nicht einmal
richtige Ärzte. Scully ist eine richtige Ärztin, ausgebildet und erfahren auf
anderen Gebieten als dieser Hackfleischmedizin, die wir hier anbieten. Wir
brauchen sie. Es ist wichtig für uns, dass sie gesund ist.
Ich werde sie heute zum Mittagessen treffen.
Ich will sichergehen, dass sie etwas isst. Sie geht wieder in die Cafeteria,
aber ich habe noch nicht mit eigenen Augen gesehen, dass sie tatsächlich Essen
in ihren Mund steckt. Ich kann aber trotzdem sagen, dass sie etwas zugenommen
hat. Und sie kümmert sich um ihr Aussehen, Gott sei Dank. Ich hatte recht. Ihre
Haare sind wirklich hübsch, wenn sie sauber und gekämmt sind. Ich denke, dass
sie bald wieder gesund genug sein wird, so dass ich ihr ein paar leichte
Aufgaben zuteilen kann.
Die Sonne steht immer noch am Himmel, als
ich den Vorplatz der Cafeteria erreiche. Die Leute sitzen an Picknicktischen,
essen und unterhalten sich, nutzen soviel vom Tageslicht, wie sie können. Ich
sehe sie auf einer Bank unter einem Baum sitzen, mit einem Teller auf ihrem
Schoß, wie sie kleine Stückchen ihres Essens auf den Boden wirft. Einen Moment
lang mache ich mir Sorgen, dass sie eine Rückfall hat,
aber als ich auf ihre Füße sehe, erkenne ich, was dort vor sich geht. Sie
füttert einen Hund. Sie verfüttert ihr Mittagessen an einen verdammten Hund.
"Was zum Teufel machst du da?"
Sie sieht mich mit einem eigenartigen
Lächeln an und ich bin genervt. Ich weiß nicht, ob ich sie jemals lächeln
gesehen habe.
"Was meinst du?"
"Scully, warum gibst du dein Essen
einem Hund?"
"Ist er nicht bezaubernd?"
flüstert sie lächelnd und wirft einen weiteren Bissen Fleisch von ihrem
Sandwich in das Mauls dieses Dings. Dann, wahrscheinlich um mich zu
besänftigen, nimmt sie selbst auch einen Bissen. Der Hund kläfft aufgeregt und
rennt im Kreis um ihre Beine.
"Warum gibst du dein Essen einem
Hund?" frage ich wieder verärgert. Was zur Hölle denkt sie sich?
"Er hat Hunger. Nicht wahr, du hast
Hunger? Bist du nicht ein hungriges kleines Hündchen? Ja, Mammi hat dich
gern", plappert sie zusammenhanglos. Sie stellt ihren Teller weg und hebt
den widerlichen Köter hoch, um ihn auf ihren Schoß zu setzen.
"Scully, ich will nicht, dass du auf
diese Weise Essen verschwendest."
"Es ist doch mein Essen, oder? Ich esse
etwas davon. Ich will nur ein wenig davon teilen."
Es folgt Schanzwedeln und Gesichtablecken
und ich werde mit jeder weiteren Sekunde immer wütender.
"Scully, woher kommt dieses Ding?"
"Ding? Es ist ein Welpe, Krycek, kein Ding. Er ist eine Waise. Ich habe ihn gefunden
und jetzt gehört er mir."
Sie sagt all das, während sie meistens den
Hund statt mich ansieht.
"Du wirst ihn nicht behalten."
"Doch das werde ich."
Sie sieht mich wieder an und wir starren uns
ein oder zwei Minuten in einer Art stillem Zweikampf an.
"Du kannst ihn nicht behalten."
"Ich behalte den Hund. Das ist keine
Frage."
"Scully, was...was willst du ihm zu
fressen geben? Du kannst nicht weiterhin dein Essen mit einem Tier
teilen."
"Ich habe mit einem der Köche gesprochen.
Er wird mir Essensreste geben, Zeug, das sie sowieso wegschmeißen würden."
"Wo wird er leben?"
"In meinem Zimmer."
"In deinem Zimmer?"
Sie nickt und küsst die Schnauze des Hundes
mit einem eigenartigen Schmatzen.
"Scully, er wird riesig werden. Er ist
jetzt klein, aber..."
"Es gibt genug Platz. Und die anderen
Leute auf meinem Flur haben nichts dagegen, wenn er sich manchmal in der
Vorhalle aufhält."
"Aber was...was wird er *tun*?"
"Tun?"
"Wir brauchen keine Hunde für die Farm.
Und wir können ihn nicht essen."
"Nein, das können wir ganz sicher
nicht! Er wird nichts *tun*. Er wird mein Haustier sein."
"Du kannst ihn nicht behalten. Er ist
unpraktisch."
Sie steht plötzlich auf und drückt mit einem
finsteren Blick den Hund an meine Brust.
"Okay, alles klar, Mr. Spock. Nimm ihn.
Nimm ihn und bring ihn um."
Sie lässt ihn aus ihrer Hand in meinem Arm
fallen und er kläfft wieder und fährt mit seiner glitschigen Zunge über mein
Gesicht.
"Scully..."
"Na los. Bring ihn um, Krycek. Er kann dir nichts geben, also werde ihn besser
los."
Sie verschränkt ihre Arme und nickt kurz.
Sie denkt, dass ich es nicht machen werde, dass ich es nicht kann. dass allein
die Tatsache, dass ich dieses dumme Ding halte und ihn mein Gesicht ablecken
lasse, mich zu einem nutzlosen, welpenliebenden
Weichei machen würde.
"Gut. Ich werde es tun."
"Gut."
Er winselnd, zappelt in meiner Hand herum
und schnuppert an meinen Fingern. Er fühlt sich so klein an, dünn und krank.
"Erbärmliches kleines Ding",
murmle ich und sie sieht mich an und dann wieder auf den Boden.
"Sagst du das auch über mich?"
Oh Mann.
Ich schiebe das Ding seufzend wieder in ihre
Arme.
"Also gut. Behalte ihn. Aber du sorgst
besser dafür, dass er so schnell wie möglich stubenrein wird. Und du musst
ständig mit ihm rausgehen. Auch bei Schnee. Du wirst ihm nicht beibringen, auf
einen Lappen zu pinkeln oder irgend so ein Mist."
"Ja Sir", salutiert sie
gekünstelt. Sie setzt sich wieder auf die Bank und spielt weiter mit ihrem
neuen Haustier und obwohl dieses Ding eine Verschwendung von Platz und Nahrung
ist, scheint es sie glücklich zu machen. Mir fällt nichts anderes ein, das das
geschafft hätte. Ich nehme an, so lange wie er sie davon abhält sich einen
Kopfschuss zu verpassen, weil sie etwas hat, um das sie sich kümmern kann, dann
ist er nicht völlig nutzlos.
"Und wie wirst du ihn nennen?"
frage ich, während ich mich hinknie, um ihn nach Flöhen und andern Parasiten
abzusuchen.
"Retikulaner.
Ret abgekürzt."
Ich zucke mit den
Schulter, weil ich nicht sicher bin, ob das ein guter Name für einen Hund ist,
aber ich habe keine Lust, wegen so etwas idiotischem mit ihr zu streiten. Ich
bin mir ziemlich sicher, dass es irgendeine sentimentale Bedeutung für sie hat.
"Sieh mal, Krycek,
du musst dir keine Gedanken darüber machen, dass er eine Belastung sein wird.
Wir werden wahrscheinlich sowieso weggehen, sobald der Schnee geschmolzen
ist."
"Was?"
Das ist das erste Mal, dass sie so etwas
erwähnt. Weggehen? Wo um alles in der Welt will sie denn hingehen?
"Ich möchte gehen....ich
möchte sehen, was da draußen ist, Krycek. Ich muss
gehen."
"Nichts ist dort draußen. Es ist nicht
sicher."
"Ich muss das selbst sehen."
"Nein."
"Nein?"
Sie sieht geschockt aus und ein kleines
bisschen amüsiert darüber, dass ich es wage, ihr zu sagen, was sie zu tun hat.
Ich sehe einen Schimmer der Dana Scully, die ich mal gekannt habe. Das
verstärkt nur meinen Wunsch danach, dass sie bleibt.
"Wir brauchen dich, Scully. Du könntest
eine große Hilfe sein."
"Ich...ich denke noch darüber nach. Wir
werden sehen."
Warum krampft sich mein Brustkorb zusammen
bei dem Gedanken daran, dass sie weggehen könnte?
"Lass uns essen gehen, Krycek. Wir reden später darüber."
Sie steht auf und geht in Richtung der
Cafeteria. Ich nicke, aber kann ihr eine Minute lang nicht folgen. Aus
irgendeinem Grund kann ich nur hier stehen und auf ihren Hinterkopf starren,
als sie weg läuft.
XXXXXXXXXXXXXXXXX
Der Schnee fängt an zu schmelzen, Mulder.
Bald ist es Zeit für mich zu gehen.
Krycek will nicht, dass ich gehe. Er denkt, dass ich
umgebracht werde, wenn ich weggehe. Aber er hat mir angeboten, mir Ausrüstung
und ein paar Waffen zu Verfügung zu stellen, wenn ich gehe. Wenn man bedenkt,
wie viel ihm diese Dinge wert sind, ist das ein ziemlich großzügiges Angebot.
Ich kann es kaum glauben, dass ich schon
fast ein Jahr hier bin. Und das es schon fast zwei Jahre sind, seit ich dich
das letzte Mal gesehen habe. Ich frage mich, wie viele Jahre es wohl noch
dauernd wird, bis ich nicht mehr mitten in der Nacht aufwache und sterben will,
damit ich endlich bei dir sein kann, zusammen bis in alle Ewigkeit. Wärst du
enttäuscht von mir, dass ich so schwach bin? Vielleicht würdest du mir nach dem
ersten Jahrhundert verzeihen und wir könnten gemeinsam glücklich sein.
Krycek hat mich überredet, heute an meinem ersten Meeting
mit der Gruppe teilzunehmen. Es scheint ein bisschen albern zu sein, wenn man
bedenkt, dass ich bald nicht mehr hier sein werde, aber ich bin ehrlich gesagt
ein wenig neugierig, was in diesen Meetings so vor sich geht. Sie finden alle
sechs Monate im großen Vorlesungssaal von Patterson Hall statt. Als ich den
Raum betrete, bin ich ein bisschen geschockt, wie viele Menschen dort sind. Ich
habe bisher nur ein paar Mitglieder der Gruppe kennengelernt und obwohl Krycek mir gesagt hat, wie viele es sind, ist es immer noch
überraschend, vierhundert Leute in diesem Raum zu sehen. Manche von ihnen sind
Klone, einige ehemalige Sklaven, einige Formenwandler, einige Hybriden und
einige, die es wie Krycek irgendwie geschafft haben
Glück zu haben und zu überleben. Jeder hier ist mit dem Gegenmittel geimpft
worden, das du damals vor vielen Jahren in mein Blut injiziert hast. Hast du in
dem Moment gewusst, was du tust? War dir klar, dass meine Rettung den Tod so
vieler anderer bedeuten würde? Ich nehme nicht an, dass du wusstest, dass du
sie aufgescheucht hast. Ich nehme nicht an, dass dir klar war, dass deine
Handlung so eine schreckliche Kette von Vorfällen in Gang setzen würde. Aber
wenn du es gewusst hättest, bezweifle ich, dass du irgend
etwas anders gemacht hättest. Manchmal werde ich wütend, wenn ich daran
denke.
Ich setze mich in die erste Reihe neben
Roseanne. Sie ist Wissenschaftlerin und leitet das Labor hier. Sie ist ein
Klon. Wahrscheinlich sind alle anderen aus ihrer Gruppe tot. Sie ist eine der
wenigen Personen, mit denen ich gesprochen habe und ich finde ihr Gegenwart aus einem bestimmten Grund sehr beruhigend.
Vielleicht weil sie ein bisschen wie Samantha aussieht. Ihr Haare haben ein etwas
dunkleres Braun und sie ist ein bisschen kleiner, aber es gibt etwas vertrautes in ihren Augen.
Vorn im Raum steht ein Podium, von dem aus
sicher früher ein grauhaariger, zerstreuter Professor seinen Studenten etwas
über geheimnisvolle, akademische Weisheiten gelehrt hat. Heute steht Alex Krycek hinter diesem Podium und beginnt eine surreale Rede
über den Beginn einer neuen Anbauperiode und die Tatsache, dass der Winter
endlich vorbei ist und dass es wieder Zeit wird, in den Angriffsmodus
überzugehen.
Ich weiß, dass das hier die richtige Seite
ist, aber die Frontlinien verschwimmen in meinem Kopf. Wenn alle damit
beschäftigt sind, sich gegenseitig umzubringen, wie kann es da eine richtige
Seite geben? So ist der Krieg, nehme ich an.
Sollte ich hier bleiben, Mulder? Hättest du
gewollt, dass ich hier bleibe?
Es ist eigenartig, Krycek
so zu sehen. Ich muss zugeben, er scheint wirklich in seinem Element zu sein.
Er ist ein leidenschaftlicher und entschlossener Redner und, so wie ich annehme
ein starker Führer. Und diese Leute starren ihn ehrfürchtig und verängstigt an.
Es ist eigentlich fast lustig. Ich kann mich erinnern, wie du ihn früher
herumgeschubst hast, Mulder, die Art und Weise, wie er für dich mehr ein
Ärgernis als eine wirkliche Bedrohung war. Wer hätte gedacht, dass er mal so
dastehen würde? Wer hätte gedacht, dass ich hier bei ihm landen würde und jeder
andere, den ich je gekannt habe, ist spurlos verschwunden?
Er fährt damit fort, über die Arbeit der
verschiedenen Komitees zu sprechen und wie es um die Waffenentwicklung steht.
Er hält eine verletzende, nervtötende Predigt über die Wichtigkeit der
Entwicklung besserer, größerer und effizienterer Tötungsmaschinen, was hier
scheinbar jeden in Atem hält. Es dreht mir den Magen um. Ist das alles? Ist das
alles, worum es je ging?
Dann kommt schließlich der endgültige
Tiefschlag, er fängt an darüber zu reden, mehr Ressourcen für die Entwicklung
einer biologischen Waffe bereitzustellen, eine Art Gas, das gegen Formenwandler
wirkt, und diese Ressourcen von der medizinischen Forschung abzuziehen. Er
beginnt über die Leute, die im Labor arbeiten herzuziehen, und darüber, wie sie
viel zu viel Zeit mit diesem "medizinischen Mist" verplempern und
dass sie sich zusammenreißen und das blöde Gas verbessern sollen.
Und ich kann es einfach nicht mehr
aushalten. Ich weiß nicht, warum es mich kümmert. Ich will ganz sicher nicht
mich selbst retten. Wenn meine Zeit kommt, werde ich glücklich gehen. Man wird
mich nicht kämpfen sehen, Mulder. Aber all diese Leute hier, es ist einfach
nicht richtig.
Ich weiß, dass es nicht höflich ist, das zu
tun, aber ich habe das Bedürfnis, etwas zu sagen. Ich schaue rüber zu Roseanne,
die mit gerunzelter Stirn an ihrem Bleistift kaut. Sie sieht aus, als wenn sie
über die Richtung dieser ganzen Sache unglücklich wäre, aber ich denke nicht,
dass sie ihn jemals herausfordern würde. Ich denke nicht, dass ihn irgend jemand hier herausfordern würde. Es ist wirklich
ärgerlich. Wovor haben die so viel Angst? Es ist Alex Krycek,
um Himmels Willen.
Ich räuspere mich, stehe auf und kann fast
hören, wie du mich aus dem Hintergrund anfeuerst, Mulder.
"Krycek, kann
ich etwas sagen?"
Er starrt mich eine Sekunde lang
ausdruckslos an, offensichtlich verwirrt über die Unterbrechung seiner
Hetzrede.
"Scully?"
"Ja, ich ... ich würde gern etwas
sagen."
Ein leises Murmeln geht jetzt durch die
Menge. Es ist sicher das erste Mal, dass jemand Seine Heiligkeit unterbricht.
"Äh...ja, du kannst sprechen, denke
ich."
"Okay, es scheint mir so, dass es im Interesse
aller wäre, dass statt die Wichtigkeit der medizinischen Forschung zu
reduzieren, ihr eigentlich noch mehr Aufmerksamkeit und Konzentration gewidmet
werden sollte."
Der Raum wird völlig still und Krycek starrt mich noch intensiver an, Mund weit offen.
"Ich meine, ehrlich, ich habe euer
sogenanntes medizinisches Labor gesehen und ich weiß nicht genau was ihr tun
wollt, wenn alle ehemaligen Sklaven, die hier leben, in ein paar Jahren
anfangen wegzusterben wie die Fliegen. Wir stellen fast ein viertel deiner
Gruppe dar, Krycek."
Er scheint endlich wieder ein wenig seine
Fassung wiederzugewinnen, nachdem der Schock abgeklungen ist und brummt in sein
kleines Mikrophon, "Dafür ist später noch genug Zeit. Im Moment müssen wir
uns auf Verteidigung, Angriff und Rettung konzentrieren. Das ist unser
wichtigstes Ziel und wir sind erfolgreich."
"Was ist der Sinn einer Rettung, wenn
die Leute, die du rettest sterben werden?"
Ich sehe, wie einige ehemalige Sklaven
zustimmend nicken und je länger ich rede um so stärker
wird meine Überzeugung. Sie müssen eine Heilung für diese verdammte Krankheit
finden.
"Möchtest du nicht, dass diese Bewegung
weiter wächst, Krycek? Dass sie weitermacht?"
"Es ist ...es ist noch Zeit dafür. Wir
haben jede Menge Zeit. Es hat bis jetzt noch nicht mal jemand Krebs,
Scully."
"Großartig. Freut mich zu hören. Aber
weißt du was, du hast nicht jede Menge Zeit. Das ist etwas, was einem klar
wird, wenn eine tödliche Krankheit bei einem diagnostiziert wird. Ich kann das
bestätigen."
Er lehnt sich jetzt gegen das Podium,
klammert sich mit seiner rechten Hand an der Seite fest und schaut an die
Decke. Er öffnet seinen Mund um zu sprechen und hört wieder auf. Dann schaut er
mich wieder an und wenn Blicke töten könnten....
"Alles klar. Was sollten wir also Ihrer
Meinung nach tun, Doktor? Was ist Ihr brillanter Plan?" fragt er mich mit
einer Stimme, die vor Ärger und Sarkasmus trieft.
"Ich empfehle, dass du das nächste Mal,
wenn du in eine dieser Kolonien gehst und anfängst, Leute umzubringen, du bevor
du dort weggehst einen Blick auf deren Akten wirfst, in deren Computer und
nachschaust, ob es dort verwertbare Informationen gibt. Informationen über die
Krankheit. Informationen über eine Heilung. Und ich empfehle, dass du mehr Zeit
und Energie in die medizinischen Anlagen investierst und wenn du das selbst
nicht kannst, finde jemanden, der es kann."
"Oh wirklich? Ist es das, was Sie
empfehlen?"
Er geht einen Schritt vom Podium herunter
und kommt auf meine Ebene, so dass er mir Auge in Auge gegenübersteht. Er sieht
aus der Nähe sogar noch wütender aus. Seine Wangen sind rot und seine Pupillen
geweitet.
"Und wen empfehlen Sie, der diese ganze
Arbeit tun soll, Dr. Scully?"
"Es gibt sicher eine Menge Leute, die
willens wären mitzuarbeiten. Vielleicht würdest du das ja rausfinden,
wenn du die Leute tatsächlich mal fragen würdest, was sie wollen, was ihnen
wichtig ist."
Er atmet tief durch und sieht so aus, als
wenn er mich jeden Moment in Stücke reißen wollte, hört dann aber auf, weil er
sich daran erinnert, dass wir Publikum haben.
"Okay, wer von euch ist willens an der
Sache, die Dr. Scully empfiehlt mitzuarbeiten?" fragt er in die Menge.
Ein paar zaghafte Hände heben sich,
einschließlich Roseannes, und ein paar mehr und ein paar mehr bis irgendwann
ungefähr dreißig Hände in der Luft sind. Auf jeden Fall genug für ein
arbeitsfähiges Komitee.
"Siehst du, da hast du es", sage
ich und setze mich hin mit dem Gefühl, meinen Standpunkt ausreichend
untermauert zu haben. Nicht nötig, die Debatte fortzuführen. Er nickt kurz in
meine Richtung und wendet sich wieder dem Publikum zu.
"Okay, wer gerne dieses kleine Projekt
leiten möchte, tritt bitte nach vorn."
Ohrenbetäubende Stille.
"Irgend jemand?"
Noch mehr Stille.
"Irgend jemand?"
"Krycek, man
braucht nicht unbedingt einen Leiter. Es reicht ein Komitee, eine Gruppe von
Leuten, die auf gleicher Ebene zusammenarbeiten. Nicht jede Gruppe braucht
unbedingt eine autoritäre Führungspersönlichkeit. Ist nicht persönlich
gemeint."
Ich grinse und ein paar Leute lachen
tatsächlich leise. Sie hören damit auf, als Krycek
sie ansieht.
Roseanne räuspert sich und sagt dann,
"Warum könnten Sie das nicht übernehmen, Doktor Scully?"
Ich schaue sie völlig entsetzt an und
schüttle meinen Kopf. Wie kann sie so was nur vorschlagen?
"Also...ich...ich bin, ich weiß noch
nicht einmal, ob ich hier bleibe. Ich meine...es würde..." Ich sehe Krycek hilfesuchend an, aber jetzt ist er derjenige, der
grinst.
"Ihr Wissen, Ihre Erfahrung, Ihre
Einsichten sind umfassend, Doktor Scully. Ich denke ich spreche für jeden hier,
wenn ich sage, dass wir Sie brauchen. Wir brauchen Ihre Hilfe."
Mein Gott, Roseanne, ich dachte, du wärst
meine Freundin.
"Sicher gibt es hier jemanden mit
medizinischer Praxiserfahrung, jemanden der willens
ist..."
"Wir haben ein paar Wissenschaftler,
aber keine richtigen Ärzte. Niemanden mit Ihrer Erfahrung. Sie wären für uns
von unschätzbarem Wert. Und Sie wären eine hervorragende Leiterin."
Oh mein Gott. Lass es aufhören. Ich beginne
mich zu fragen, warum ich überhaupt meinen Mund aufgemacht habe.
"Sollen wir darüber abstimmen, Doktor
Scully?" fragt mich Krycek, plötzlich übers
ganze Gesicht strahlend.
"Kann ich kurz mit dir reden?"
brumme ich ihn an und er hört nicht auf zu grinsen.
"Wir sind gleich zurück, Leute. Doktor
Scully möchte mir ein Geheimnis verraten."
Alle lachen und ich habe das Bedürfnis, ihn
zu schlagen. Ich gehe mit ihm in die Vorhalle und frage ihn, was zur Hölle er
sich dabei denkt.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
"Was zur Hölle denkst du dir
dabei?"
"Ich? Du bist diejenige, die
durchgedreht ist. Ich habe nur versucht, ein nettes Routinemeeting
durchzuführen."
"Warum lässt du sie...warum kannst du
nicht..."
Sie gestikuliert frustriert mit den Händen,
ich nehme an deswegen, weil sie keine richtigen Grund dafür hat, auf mich
wütend zu sein.
"Ich bin es nicht, der dich diesmal
bittet, Scully. Sie wollen dich. Sie brauchen dich. Es ist nicht so, dass ich
Roseanne gesagt habe, sie soll diese Dinge sagen."
Nicht dass ich es nicht gemacht hätte, wenn
es mir eingefallen wäre. Glücklicherweise musste ich das nicht tun.
Glücklicherweise bin ich nicht der einzige, der denkt, dass sie hierher gehört.
Sie hat so lebendig dort drin ausgesehen, so anders als der Zombie, der sie
war, seit wir Mulder gefunden haben. Ich denke, dass der einzige Spaß, den sie
im Moment hat die Tatsache ist, mir Fehler nachzuweisen. Es macht mir noch
nicht mal mehr etwas aus, dass sie mich wie einen Idioten dastehen lassen hat.
Vielleicht ist es okay, manchmal wie ein Idiot dazustehen.
"Krycek, ich
weiß...ich meine, ich fühle...ich möchte helfen. Ehrlich."
"Dann tu es, Scully. Du bist perfekt
für diesen Job. Du würdest eine großartige Chefin abgeben."
"Ich möchte keine Chefin sein, Krycek. Ich kann nicht...ich weiß nicht, ob ich es kann.
Ich meine, es fällt mir schon schwer genug, jeden Morgen aus dem Bett zu
steigen. Wie soll ich da irgend sowas wie eine Chefin
sein?"
"Scully, vielleicht ist es das, was du
brauchst. Vielleicht gibt dir das den Grund dafür, morgens aufzustehen. Sieh
mal, Scully, so sehr es mich schmerzt es zuzugeben, aber du hattest vorhin
recht. Alles was du sagtest war absolut richtig und ... und wenn du nicht da
wärst, hätte ich noch nicht einmal daran gedacht. Ich meine, tun dir alle diese
Leute nicht Leid, dass sie mich als einzige Autoritätsperson haben?"
Sie nickt und lächelt und ich wünschte, sie
hätte mir nicht so verdammt schnell zugestimmt.
"Und außerdem, ich weiß das ist billig,
aber was würde Mulder denken? Würde er nicht wollen, dass du das tust, dass du
weitermachst? Würde er nicht wollen, dass du die Welt rettest, Scully?"
Das scheint einen Nerv getroffen zu haben,
weil sie eine Grimasse zieht und mich anstarrt.
"Das ist billig. Du bist ein manipulativer Bastard."
"Und trotzdem ziemlich sexy,
nicht?"
"Arrogant. Aber du hast recht."
"Was das sexy betrifft?"
Sie rollt ihre Augen, aber sie versucht
weder mich noch sich selbst umzubringen und deswegen würde ich sagen, dass wir
Fortschritte machen.
"In Ordnung. Schön. Du hast gewonnen. Ich
bleibe. Ich werde dieses Projekt leiten, aber ich habe eine Bedingung."
"Alles, Scully. Ich bin dir auf Gedeih
und Verderb ausgeliefert."
Oh Gott, wann zum Teufel ist das eigentlich
passiert?
"Ich will Autonomie, Krycek. Ich will, dass das mein Projekt ist. Das heißt, du
mischt dich nicht in meine Arbeit ein, du sagst mir nicht, was und wie ich
etwas zu tun habe, du wirst mich nicht übergehen und den Leuten, die für mich
arbeiten, sagen, was sie zu tun haben. Genaugenommen will ich dich noch nicht
mal im Labor sehen, es sei denn, ich habe dich extra darum gebeten... worüber
lachst du?"
"Upryamaja djewotschka..."
"Was hast du gesagt?"
"Nichts weiter, Scully?"
"Worüber lachst du?"
"Es ist nur...du bist so..."
"So was?"
Ich nehme an, dass sie mich schlagen wird,
wenn ich auch nur eines der Worte sage, die mir gerade im Kopf herum schwirren,
deswegen sage ich gar nichts.
"Sieh mal, Krycek.
Das sind meine Bedingungen. Wenn du damit nicht leben kannst, geh los und suche
dir jemand anderen."
"Nein, Scully, das ist in Ordnung.
Richtig perfekt. Der Job gehört dir."
Der Lärm von Gesprächen und Spekulationen
aus dem Nachbarraum wird lauter und lauter. Wir sollten wieder rein gehen,
bevor sie sich entscheiden, mich zu ermorden und Scully zu ihrem neuen
Oberbefehlshaber zu machen.
"Warum überbringst du nicht die guten
Neuigkeiten, Doktor Scully?"
Ich halte ihr die Tür auf und als sie den
Gang hinunter zum Podium läuft, fangen alle an zu applaudieren und sie
anzufeuern. Sie werden immer enthusiastischer und zu dem Zeitpunkt, als sie
hinter dem Mikrophon steht, hört es sich wie ein verdammtes Michael Jackson
Konzert von 1986 an. Sie sieht klein und überwältigt aus. Sie muss das
Mikrophon auf ihre Größe einstellen und als sie sich räuspert, ist der Lärm
fast ohrenbetäubend.
Ich gehe selbst den Gang entlang, bei
völliger Stille, danke der Nachfrage, und setze mich auf ihren früheren Platz
neben Roseanne.
"Was hast du ihr gesagt?" fragt
sie mich.
"Ich habe sie gebeten, mich zu
heiraten."
"Und sie ist immer noch hier?"
"Sei ruhig, sie spricht."
Und das tut sie. Aber selbst wenn es um mein
Leben ginge, könnte ich mich nicht darauf konzentrieren, was sie sagt. Alles,
was ich bemerke ist das Licht, die Energie in ihren Augen. Sie ist lebendig,
selbstbewusst, konzentriert. Ich weiß, dass sie nie wieder die Frau sein wird,
die sie einmal war. Sie wird Mulders Verlust niemals verwinden. Aber sie kann
eine andere Frau werden. Eine noch viel stärkere Frau, härter durch ihr Leid,
aber nicht weniger entschlossen. Eine wütende Frau. Eine Frau, die an meiner
Seite zu haben, ein Segen für mich sein wird.
Ende Kapitel 3
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Kapitel 4
"Verdammt, weshalb brauchen die so
lange?"
Brian sieht von seinem eselsohrigen,
alten Buch auf, das er gerade liest, erschrocken von meinem Ausbruch, und zuckt
mit den Schultern. Ich habe das Gefühl, ich müsste ihm für diese Geste eine
runterhauen. Brian ist ein wundervoller Mensch, aber wenn man jede wache Minute
mit jemandem verbringt, kann einen schon ein Schulterzucken auf Mordgedanken
bringen. Ganz besonders, wenn dieser jemand so mit den Nerven fertig ist, wie
ich.
Brian ist jetzt mein Bodyguard. Ich bin die
einzige, die einen hat. Ich habe um keinen gebeten. Er hat nicht darum gebeten,
einer zu sein. Und trotzdem, hier sind wir. Krycek
hat entschieden, ihn mir zu "geben", als er mich zu seiner
Stellvertreterin gemacht hat. Er schient zu denken, dass mich diese Position
ständiger Gefahr aussetzen würde, aber bis jetzt habe ich dafür keine Anzeichen
gesehen. Ich habe ihn gefragt, warum er keinen hat, wenn die ganze Sache so
gefährlich ist und er hat bloß gelacht. Er ist dem Tod schon so oft von der
Schippe gesprungen, dass ich annehme, dass er denkt er ist verdammt viel zu
unsterblich für einen Bodyguard. Ich hoffe, er hat recht.
Er ist jetzt schon fast eine Woche weg.
Verdammt, viel zu lange. Es hat höchstens zwei Tage gedauert, zu dem Standort
zu fahren, zwei Tage zurück, plus / minus einen Tag für eventuelle Schwierigkeiten.
Fünf Tage. Allerhöchstens sechs. Es sind schon sieben Tage.
Er hat nur eine kleine Gruppe mitgenommen,
ungefähr fünfzehn Männer, weil es nur geplant war, eine Person zu töten. Ein
Wissenschaftler, wenn man ihn so nennen kann, einer der Gentechniker, einer der
Schlächter. Es war meine Idee. Er schien ein strategisch wichtiges Ziel zu
sein, jemand mit Zugriff auf massenweise Informationen und wirklich durch und
durch ein Schweinehund.
Meine blöde Idee. Wenn irgend
etwas schiefgelaufen sein sollte, weiß ich
nicht, was ich tun werde.
Ich habe jeden Tag seit dem sie gegangen
sind im Labor verbracht, habe versucht, mich von der Gefahr abzulenken, in die
ich sie vielleicht gebracht habe und wirklich verdammt ernsthaft versucht, mich
nicht zu fragen, warum zur Hölle ich mir seit dem Augenblick, in dem er aus der
Tür gegangen ist, Sorgen um Krycek mache.
Ich vermisse dich, Mulder. Ich vermisse dich
jeden Tag. Aber diese Arbeit hier hilft mir. Sie gibt mir einen Grund zum
Leben. Ich stelle mir gern vor, dass du stolz auf mich wärst. Ich stelle mir
gern vor, dass du hier bei mir wärst, mir dabei hilfst, die Rätsel dieses
Lebens hier zu lösen. Ich kann dich immer noch hier spüren. Ich denke nicht,
dass sich das je ändern wird.
Es ist eigenartig zu entdecken, dass ich mir
um jemand anderen Sorgen mache. Nicht auf die Art, auf
die ich mich um dich gesorgt habe, Mulder. Nichts auf dieser Welt wird sich je
mit dem vergleichen lassen, was wir beide miteinander hatten. Und der Gedanke
daran, dass ich so mit jemandem verbunden sein könnte, wie ich mit dir
verbunden war, oder sogar mit meiner Familie, ängstigt mich zutiefst. Ich habe
mir vor langer Zeit geschworen, dass ich mich niemals wieder auf eine solche
Weise verletzen lassen würde. Ich habe meine Lektion gelernt. Aber Krycek hat mir viel gegeben. Und ich denke, dass er ein
guter Mensch ist. Ich kann dich fast darüber lachen hören, Mulder. Aber es ist
trotzdem wahr. Er kann hart sein und kalt und unerträglich eigennützig, aber er
hat mich gerettet. Er hat mich so oft gerettet und auf so viele verschiedene
Arten, dass ich an dieser Stelle den Überblick verloren habe. Ich habe einen
Schimmer, vorübergehende Einblicke in das Gute, das in ihm ist, gesehen. Ich
sehe Güte in ihm und eine seltsame Art von Liebenswürdigkeit.
Ich schau zum zwanzigsten Mal in dieser
Stunde auf die Uhr und dann wieder in das Mikroskop. Alles darunter fängt an,
irgendwie gleich auszusehen. Ich fange an darüber nachzudenken, dass ich für
heute fertig bin. Ich will aber nicht gehen. Wenn ich gehe würde das heißen,
dass ein weiterer Tag vorbei ist und sie immer noch nicht wieder zurück sind.
"Brian, ich denke, dass du jetzt gehen
kannst. Ich werde in ein paar Minuten auf mein Zimmer gehen."
"Sind Sie sicher, Doc? Der Boss wird
sauer sein, wenn ..."
"Brian, bitte. Ich möchte eine Weile
allein sein. Es ist in Ordnung."
Er nickt verständnisvoll und geht eilig aus
der Tür. Es ist selten, dass ich ihm sage, er soll mich gefälligst allein
lassen, aber wenn ich es tue, hört er normalerweise auf mich. Ich bin mir
sicher, dass er trotzdem nicht weit weg ist, sicher nicht außer Hörweite. Und Ret sitzt still in einer Ecke. Er ist der sanfteste und
gehorsamste Hund geworden, den ich je gesehen habe. Außerdem ist er ein
feuriger Beschützer und somit ein sehr effektiver Wachhund für mich.
Ich beginne damit, alles ein wenig
aufzuräumen, sauberzumachen und auf den Geräten ein wenig Staub zu wischen.
Jetzt, wo ich wirklich allein bin, gehen meine Gedanken an Orte zurück, die ich
bisher vermieden habe.
Ich habe heute Nachmittag mit Roseanne
gesprochen. Sie hat mir ein paar eigenartige Dinge erzählt. Dinge über Krycek. Scheinbar war er früher ein bisschen, naja, schamlos ist vielleicht das beste Wort dafür. Sie
sagt, dass er bevor ich hier herkam, mit jeder Frau hier auf dem Campus
geschlafen hat wie ein betrunkener Erstsemester-Student und dass er dabei
ziemlich viele Herzen gebrochen hat. Sie hat mir auch gesagt, dass er in den
zwei Jahren seit denen ich hier bin, mit niemandem zusammen war. Ich weiß
nicht, warum sie mir das erzählt hat. Ich denke nicht, dass ich das wirklich
wissen wollte. Ich habe sie fast gefragt, ob sie auch eine seiner Eroberungen
war, aber ich habe mich vor der Antwort gefürchtet.
Ich habe sie den ganzen restlichen Tag
beobachtet, nach einem Zeichen von gebrochenem Herzen Ausschau gehalten, um zu
erfahren, warum sie glaubte, diese Information heute mit mir teilen zu müssen.
Vielleicht hat sie bemerkt, dass ich an ihn gedacht habe, dass ich Angst hatte.
Als sie ging, hat sie ihre Hand auf meine Schulter gelegt und gesagt, "Es
wird ihm gut gehen. Es geht ihm immer gut." Ich habe gelächelt und genickt
und versucht zu verbergen, dass ich mir dessen nicht so sicher war.
Okay, ich habe nun alles außer den Fenstern
geputzt. Ich nehme an, ich sollte jetzt gehen. Als ich anfange, meine Sachen
zusammenzusuchen, steht Ret auf und bellt wie
verrückt. Die Tür fliegt auf und einen Moment lang bin ich so glücklich, ihn zu
sehen, dass mir nicht auffällt, wie er aussieht.
"Scully! Scully!!"
Er rennt auf mich zu und meine Augen stellen
sich auf seinen Anblick ein. Er sieht furchtbar aus. Sein Gesicht ist dreckig
und verschwitzt und seine Jeans ist zerrissen und das Weiß seines T-Shirts, das
er unter der Lederjacke trägt, ist mit tiefdunklem Rot gefärbt. Ret ist zu ihm gerannt, schnuppert an ihm und winselt
besorgt.
"Krycek, oh
mein Gott, was ist mit dir passiert?"
"Was? Es geht mir gut. Scully, schau
dir das an!"
Er greift in seine Jackentasche und holt
zwei Computerdisketten hervor. Er hält sie mir mit dem breitesten Lächeln
entgegen, das ich je gesehen habe.
"Schau, schau was ich habe", sagt
er wieder und klingt dabei wie ein Zehnjähriger, der eine Eins für seine
Buchbeschreibung bekommen hat. Ich nehme ihm die Disketten ab, ohne sie
überhaupt eines Blickes zu würdigen und lege sie auf den Tisch.
"Krycek setzt
dich und lass dich untersuchen."
"Was? Scully, nein, du musst dir das
ansehen. Schalte den ...ahhhh...schalte den Computer
an."
"Ich werde sie mir später ansehen.
Gott, du bist voller Blut."
Ich gehe auf ihn zu und versuche, ihm seine
Jacke auszuziehen und ihm zum Sitzen zu bewegen, aber er hält nicht einen
Moment still. Ret bellt wieder und läuft im Kreis,
imitiert Kryceks hyperaktive Bewegungen.
"Es ist vielleicht gar nicht meines.
Schau mal, Scully, ich denke das ist es. Das ist es, nachdem wir gesucht haben.
Was du wolltest, Scully. Ich denke, du findest es ... auf den Disketten."
"Krycek, es
ist mir im Moment egal, was auf den Disketten ist. Wir haben überhaupt nichts
davon, wenn du... Mein Gott, wirst du dich jetzt endlich hinsetzen!"
"Scully, es geht mir..."
Er schwankt ein bißchen
und faßt schließlich auf der Suche nach dem Stuhl
hinter sich, auf den ich ihn schon die ganze Zeit setzen wollte. Er setzt sich
ächzend hin und wischt über seine Augenbrauen.
"Es geht mir gut. Es wird mir gut
gehen. Wir müssen...wir sollten...äh...schau was...ahhh",
stöhnt er unartikuliert, als ich seine Jacke ausziehe. Der rechte Ärmel seines Shirts ist völlig mit Blut getränkt.
"Ich werde dein Shirt ausziehen", sage
ich während ich mich nach einem Messer umsehe, mit dem ich es aufschneiden
kann. Ich finde eine Schere und laufe zu ihm zurück. Er lächelt mich wieder an.
"Erst du dann ich. Wie wär's damit,
Doktor?"
Ich schneide so vorsichtig wie ich kann
durch die Mitte des Shirts hindurch, und schlage die
rechte Seite zurück. Genau wie ich es erwartet hatte. Er hat eine verdammte Schußwunde in seiner rechten Schulter. Mein Gott, da ist so
viel Blut. Ich begreife noch nicht einmal, wie er überhaupt noch bei Bewusstsein
sein kann. Er muss aus purem Adrenalin bestehen.
"Krycek, du
bist angeschossen."
Er zuckt mit den Schultern und wimmert wegen
der Schmerzen, die diese Bewegung verursacht.
"Ist nur eine Schramme. Glatter Durchschuß. Scully wir..."
"Wir müssen dich auf die Krankenstation
bringen. Sofort."
Meine Stimme klingt schrill und ängstlich.
Oh Gott, ich bin der Panik nahe. Wie bin ich so geworden?
"Scully...wir haben Curtis
verloren."
Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren
soll. Ich kannte ihn kaum, habe aber gewusst, dass es einer von Kryceks besten Kämpfern war. Es ist wirklich schrecklich,
aber alles, an was ich momentan denken kann, ist die Tatsache, dass Krycek hier sitzt und wie verrückt blutet.
"Oh...oh Gott. Sonst noch jemand?"
"Nein, nur ein paar Verletzungen.
Leichte Verletzungen."
"So leicht wie deine? Mein Gott, Krycek, was machst du hier? Warum bist du nicht gleich auf
die Krankenstation gegangen? Warum haben sie dich nicht gleich..."
"Ich wollte dir das hier geben. Es wird
mir gut gehen. Schau einfach mal, was auf den ... auf den
.... Disketten ist."
"Das kann warten. Es kann...oh
Gott..."
Endlich fällt mir ein, um Hilfe zu rufen und
ich tue das auch aus vollen Leibeskräften. Ich nehme an, dass Brian immer noch
irgendwo in der Nähe ist. Irgend jemand muss in der
Nähe sein. Irgend jemand muss in der Lage sein, mir zu
helfen.
"Scully, meine Güte, hör auf zu
brüllen. Du wirst...du...oh...ich fühle mich plötzlich gar nicht mehr so
gut."
Seine Augen fallen zu und er sinkt auf dem
Stuhl zusammen. Ich knie mich neben ihn und wische den Schweiß von seiner
Stirn.
"Es ist gut. Es wird alles gut. Es wird
dir wieder gut gehen. Einfach gut..."
Brian kommt hereingestürmt und hält
plötzlich inne, als er Krycek sieht.
"Doktor Scu...oh
mein Gott."
"Brian, du musst in die Krankenstation
gehen und eine Trage holen. Und bring eine Schwester mit hierher. Sag ihnen,
dass Krycek angeschossen wurde und dass er sofort
eine Betäubung und eine Operationsvorbereitung braucht."
"Was ist passiert D..."
"Stell keine Fragen" Tu es einfach!"
"Ist..."
"Tu es SOFORT!"
Er rennt ziemlich verängstigt davon und ich
drehe mich wieder zu Krycek. Er scheint zwischen
Wachzustand und Bewusstlosigkeit hin- und her zu pendeln.
"Brauch keine Operation. Glatter ....
Durchschuss", murmelt er, ohne die Augen zu öffnen.
"Es könnten noch Splitter drin stecken.
Und wir müssen die Wunde säubern und dass würde scheußlich weh tun, wenn du
dabei bei Bewusstsein bist."
"Mmmm, ich
brauch nur 'n paar Stiche."
"Verdammt Krycek,
willst du einen Wundbrand kriegen und den anderen Arm auch noch verlieren? Halt
einfach die Klappe und lass das meine Sorge sein. Ich *bin* Ärztin, erinnerst
du dich?"
"Mmmm....Doktoorr", murmelt er und
tritt wieder weg. Mein Gott, wo zur Hölle ist diese Krankenschwester? Am
liebsten würde ich selbst in die Krankenstation rennen und alles holen, um die
Operation gleich hier durchführen zu können. Aber ich will ihn nicht verlassen.
Ich habe Angst, wenn ich ihn hier lasse, dass dann wenn ich wiederkomme... Mein
Gott, Krycek. Wage es ja nicht zu sterben. Nicht du
auch noch. Bitte, Gott, lass ihn nicht sterben.
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Als ich aufwache, schreie ich. Als wenn ich
aus einem beängstigenden Traum aufschrecken würde. Abgesehen davon, dass es
kein Traum ist. Das ist mein Leben. Ich brauche eine Weile, bis mir klar ist,
dass ich nicht mitten in einem Gefecht bin. Als ich bemerke, dass mich etwas
berührt, taste ich verzweifelt nach meiner Waffe. Bis ich meine Augen öffne.
"Du...ich, äh ... whoa..."
Mir wird plötzlich schwindlig von der
Anstrengung, vollkommen aufrecht zu sitzen und ich lehne mich gegen das leicht
aufgestellte Kopfende des Bettes.
"Geht es dir gut, Krycek?"
"Mir tut alles weh", wimmere ich,
ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. Blöder, blöder Idiot. Du
hättest wenigstens versuchen können, hier ein *bisschen* Haltung zu zeigen.
Aber dann fährt sie mit einem kühlen
Waschlappen über meine Stirn und lächelt mich mit einem tausend-Watt
Lächeln aufmunternd an und ich denke, dass es vielleicht seine Vorteile hat,
ein Jammerlappen zu sein.
"Was zur Hölle ist passiert,
Scully?"
Und weil wir gerade davon sprechen, wie zur
Hölle kommt es, dass ich nackt bin? Wer auch immer meine Sachen ausgezogen hat,
hat sich auch gleich die Freiheit genommen, meine Prothese zu entfernen und ich
fühle mich nun sogar noch jämmerlicher, hier so zu sitzen. Wenigstens sitzt sie
zu meiner Rechten.
"Du erinnerst dich nicht?"
Langsam kommen die Bilder zurück. Wir haben
die Disketten gefunden und...
"Ich erinnere mich an Curtis."
Sie nickt traurig.
"Ich war in diesem Raum, ein
riesengroßer Serverraum, Scully und dort waren Disketten, Datenbänder. Ich
griff mir, was ich kriegen konnte, aber dann kamen Soldaten durch die Tür und
Curtis, er ... Gott, er hatte keine Chance Scully. Sie haben mich allerdings
nicht gesehen."
"Aber du hast es immerhin geschafft,
angeschossen zu werden."
"Nein, nicht gleich. Ich bin weggerannt
und als sie mich gesehen haben, haben sie das Feuer eröffnet und ... Scully, hast
du dir die Disketten angesehen?"
"Ja, habe ich. Es sind sehr viele
wertvolle Informationen dort drauf."
Gott sei Dank.
"Curtis ist für diese Informationen
gestorben, Scully."
"Ich weiß. Ich...ich weiß nicht, ob das
überhaupt eine so gute Idee war."
"Was?"
Ich kann es kaum glauben, dass sie so etwas
sagt. Mein Gott, das ist es, wofür wir die ganze Zeit gearbeitet haben. Es ist
das, was sie wollte.
"Ich denke ich hatte Unrecht, Krycek. Ich denke... ich denke das Risiko ist zu
groß."
Das ist sicher wegen Curtis. Sie fühlt sich
sicher schuldig, weil er bei einem Auftrag gestorben ist, den sie ihm erteilt
hatte. Ich kenne dieses Gefühl selbst verdammt genau. Aber sie muss erfahren,
dass es immer ein Risiko ist.
"Scully, komm schon, er kannte die
Gefahr. Ich denke nicht, dass er es anders gewollt hätte..."
"Ich möchte nicht, dass du so etwas
noch mal machst", platzt es mit zitternder Stimme aus ihr heraus, es
klingt fast so, als sei sie den Tränen nahe.
"Ich?" Okay, vielleicht geht es hier
nicht nur um Curtis. Es könnte auch um mich gehen. Warum macht sie sich um mich
Sorgen?
"Aber Scully, was ist mit..."
"Tu es einfach nicht. Bitte, tu es
einfach nicht."
"Was ist mit der Beschaffung wertvoller
Informationen, Doktor Scully? Was ist mit deiner Arbeit? Mit unserer
Arbeit?"
"Es ist nicht...es ist es nicht wert, Krycek. Nicht wenn du..."
Ihre Hand fliegt nach oben, um ihren Mund zu
bedecken und sie schaut von mir weg. Ihre Augen füllen sich mit Tränen. Mein
Gott, Scully, ich wünschte...ich weiß nicht, was ich wünschte.
"Wenn ich...?"
Sie schließt ihre Augen und atmet ein paar
Mal tief durch, aber sie lässt diesen letzten Satz immer noch unvollendet im
Raum stehen.
"Scully?"
"Verdammt Krycek,
ich kann dich nicht sterben sehen. Nicht dich auch noch."
"Hey, Scully, ich werde nicht sterben.
Komm schon. Ich habe mindestens noch zwei oder drei von meinen neun Leben
übrig. Ich bin immer noch hier. Ich bin nicht..."
"Du hättest sterben können. Du hättest
genauso einfach sterben können wie Curtis."
"Scully, es ist immer so, dass ich
sterben könnte. Aber ich es ist nichts passiert. Und so sehr ich froh bin zu
wissen, dass du mich nicht sterben sehen willst, du weißt, ich kann dir das
nicht versprechen, nicht in meiner Position."
Ich wünschte ich könnte es. Das ist es, was
ich wünschte. Ich wünschte ich könnte ihr alles geben, was sie möchte,
inklusive meiner Sicherheit. Mein Gott, ich kann es kaum glauben, dass sie sich
überhaupt Sorgen macht.
Sie nickt kurz und wischt über ihre Augen
während sie es noch immer vermeidet, mich anzusehen.
"Ich weiß. Ich weiß das. Ich bin nur...
ich bin nur..."
"Nur was?"
"Ich habe Angst. Ich will...ich will
dich nicht verlieren. Ich habe sonst niemanden."
Dieser eine Satz lässt alle meine
körperlichen Schmerzen spurlos verschwinden. Ich bin es. Sie will *mich* nicht
verlieren. Es fühlt sich an, als würde sich mein Herz in sich zusammenziehen.
Es ist fast schmerzhaft, aber auf eine andere Art. Niemand hat jemals...ich
meine, ich weiß, dass die Leute hier durcheinander wären, wenn ich sterben
würde, durcheinander auf die selbe Art, in der ein Land durcheinander ist, wenn
der Präsident stirbt, aber sie würden weitermachen und einen anderen Anführer
finden. Ich weiß nicht, ob mich jemand persönlich vermissen würde. Ich weiß
nicht, ob es jemals jemanden gab, der mich persönlich vermisst hätte. Ich denke
nicht. Ich denke nicht, dass es irgend jemanden
irgendwann auch nur einen Scheißdreck interessiert hat, ob ich lebe oder tot
bin, soweit wie es nicht zu ihrem persönlichen Vorteil oder auch Schaden war.
Ich bin eine Weile so geschockt, dass ich
nichts sagen kann. Ich bin tatsächlich sprachlos. Ich kann mich nicht erinnern,
wann das das letzte Mal passiert wäre.
"Es tut mir Leid, Krycek.
Ich bin einfach egoistisch. Du hast etwas wundervolles
getan und es wird uns allen helfen. Ich sollte dir dafür gratulieren..."
"Du bist auch alles, was ich habe,
Scully."
Sie dreht sich um und sieht mir schließlich
ins Gesicht. Dann lächelt sie und nimmt meine Hand in ihre. Ich muss dem
Bedürfnis widerstehen, sie an ihrer Hand auf meinen Schoß zu ziehen. Ich möchte
einfach für immer hier liegen, sie in meinem Schoß halten und ihr Gesicht
küssen. Was zu Hölle passiert mit mir? Was um alles in der Welt hat mich das
sagen lassen? Es muss an den Medikamenten liegen, weil es scheinbar nicht
aufzuhalten ist.
"Das ist mehr...mehr, als ich je im
Leben gehabt habe, Scully. Was du mir gerade gesagt hast, ist..."
Mein Gott, wie fasse ich das in Worte, ohne
dass ich noch jämmerlicher und unmännlicher klinge? Gibt es überhaupt Worte für
das, was ich fühle? Es ist noch nicht einmal ein vollständig gutes Gefühl. Es
fühlt sich an, als hätte man ein zehn-Gänge-Menü
gegessen, nachdem man ein Jahr lang in der Wüste gehungert hat. Aufgedunsen und
schmerzhaft und wund.
"Was, Krycek?"
"Es ist nur...du bedeutest mir sehr
viel, Scully."
"Du bedeutest mir auch sehr viel.
Also...also versuche, dich nicht umbringen zu lassen, okay?"
"Äh...ich werde es versuchen, Scully.
Ich verspreche es."
Sie hält immer noch meine Hand. Ich verstehe
es immer noch nicht. Wir sitzen einfach hier und halten Händchen, sehen uns
eine Weile in dieser eigenartigen, unbehaglichen Stille an und ein Teil von mir
möchte, dass sie einfach weggeht und aufhört, mich so eigenartig fühlen zu
lassen. Ein Teil von mir will sicher gehen, dass sie niemals wieder geht. Sie
ist so schön. So wunderschön. Es ist nicht so, dass ich es noch nie bemerkt
hätte, aber gerade jetzt ... gerade hier, ist es fast überwältigend. Es ist
fast zu viel.
"Du solltest dich ausruhen", sagt
sie zu mir, bricht damit die Stille und steht auf.
"Warte, Scully nicht...geh noch nicht.
Kannst du nicht einfach..."
Ich ziehe an ihrer Hand und sie setzt sich
wieder.
"Möchtest du, dass ich so lange bei dir
bleibe, bis du eingeschlafen bist?" fragt sie mit der beruhigendsten,
honigsüßesten Stimme, die ich je von ihr gehört habe. Trotz meiner momentanen
Unfähigkeit, hat das einen Effekt auf meinen Körper, der einen total
unwillkommenen Schock darstellt. Oh Scully, bitte hör auf, mich das fühlen zu
lassen. Ich habe so sehr versucht, dich nicht zu wollen. Es hat bis jetzt
einigermaßen funktioniert. Ich sollte dir sagen, dass du gehen sollst. Ich
sollte dir sagen, dass du mich gefälligst allein lassen sollst und dass du
aufhören sollst, mein Gesicht zu berühren und mir beruhigend zuzuflüstern, dass
du nicht willst, dass ich sterbe. Ich sollte das wirklich, wirklich machen.
"Ja. Würdest du?"
Ende Kapitel 4
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Kapitel 5
Fühlt es sich so, betrunken zu sein? Es ist
so lange her, dass ich mich kaum erinnern kann, ob ich es richtig mache.
Roseanne kam vor einer Stunde mit einer Flasche Wodka vorbei. Richtiger, echter
Wodka. Ich habe keine Ahnung, wo sie ihn her hat, oder was sie dafür tun
musste, aber es ist mir eigentlich auch egal. Er ist in meinem Zimmer und das
ist alles, was zählt.
Wir hatten einen furchtbaren Arbeitstag. Der
Strom war unerwartet ausgefallen und wir haben fast die ganze Arbeit eines
Vormittags verloren. Typisch, aber deswegen nicht weniger ärgerlich in dieser
Regelmäßigkeit. Ich nehme an, dass sie annahm, dass wir beide etwas
Aufheiterung gebrauchen könnten.
"Ziehst du das tatsächlich an?"
"Häh?"
Roseanne steht vor meinem Schrank und hält
eine Art kurzes, rotes Satin Tank Top gegen ihren Oberkörper und drückt ihre
Brüste lächerlicherweise dagegen.
"Es war im Schrank, als ich hier
eingezogen bin."
Sie wirft es zu mir herüber und es fliegt
mir direkt ins Gesicht und das führt dazu, dass ich fast die wertvolle Flasche
auf meine Bettdecke fallen lasse.
"Probier es mal an. Ich wette, du
siehst großartig darin aus."
"Vielleicht das nächste mal, wenn wir bei einem Angriff dabei sind."
Sie lacht abfällig und lässt sich auf den
Boden fallen. Sie ist auf jeden Fall betrunken. Ich bin immerhin noch nüchtern
genug um zu wissen, dass es eine dumme Idee wäre, dieses Ding anzuziehen.
"Du solltest es für Alex tragen. Ich
bin mir sicher, dass er es lieben würde. Nicht dass er dich unbedingt in so
etwas sehen müsste, um verrückt nach dir zu sein..."
Nicht das schon wieder. Roseanne scheint
irgendeine Fixierung auf mein Sexleben entwickelt zu haben, oder besser das
Fehlen desselben. Ich scheint so, dass sie jedes Mal,
wenn ich in letzter Zeit mit ihr rede, eine kaum verdeckte Anspielung auf Kryceks sogenanntes Verlangen nach mir macht. Jetzt wo sie
betrunken ist wird sie wahrscheinlich auf die Einleitung verzichten und gleich
zur Sache kommen. Und ganz ehrlich, ich weiß nicht, wo zur Hölle sie das her
hat. Es ist lächerlich. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass sie sich
Illusionen macht und alle Dinge, die möglicherweise zwischen den beiden
ungeklärt sind, auf mich überträgt.
"Roseanne, du bist wirklich
abgefüllt." Abgefüllter als ich. Neidisch nehme ich einen großen Schluck
aus der Flasche.
"Nein Dana, komm schon. Du kannst mir
nicht erzählen, dass dir nicht auffällt, wie er dich bei den Meetings und dem
ganzen Zeug immer ansieht. Der Mann braucht ein verdammtes Lätzchen, so viel
wie er sabbert."
"Du bist verrückt."
"Du bist verrückt, wenn du das nicht
bemerkst."
"Vielleicht sabbert er ja nicht wegen
mir?"
"Jaaa,
wahrscheinlich wegen Brian."
"Halt die Klappe, du dumme Pute. Ich
rede von dir. Ich meine, hast du nicht..."
Mein Gott, ich muss wirklich ziemlich angeheitert
sein, dass ich es überhaupt in Erwägung gezogen habe, sie das zu fragen. Seit
fast einem Jahr habe ich mich das nun schon gefragt und ich hatte meine
Vermutungen, aber ich war nie dreist genug, sie einfach zu fragen und in ihren
Privatangelegenheiten herumzuschnüffeln. Aber andererseits, sie war heute Abend
auch nicht gerade taktvoll.
"Habe ich nicht was? Ihn
gevögelt?"
Okay, Takt ist heute absolut nicht angesagt.
"Äh, naja,
ja."
"Ja, ich habe s mit ihm getrieben. Also
was beweist das? Er will mich nicht mehr. Er hat mich nie wirklich
gewollt."
Sie klingt...amüsiert. Ich habe Bitterkeit
erwartet, wenn wir schließlich auf dieses Thema zu sprechen kommen würden, aber
sie scheint die ganze Sache für ziemlich komisch zu halten. Oder vielleicht ist
sie wie Mulder, dass sie darüber lacht, um den Schmerz zu verdecken. Ich kann
mir das trotzdem nicht vorstellen.
"Also äh... also was, ich meine
..."
Mein Gott, was ist mein Problem? Entweder du
fragst, oder du fragst nicht. Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt so
neugierig bin. Dieser ganze Abend degeneriert in rasender Geschwindigkeit zu
einen Teenager- Schlummerparty.
"Was möchtest du wissen, Dana? Ich
werde dir alles erzählen, aber es ist irrelevant für unser Thema."
Was möchte ich wissen? Jede Menge Dinge. Zu
viele Dinge.
"Willst du alle schändlichen
Einzelheiten wissen?"
"Wa ... NEIN! Mein Gott, Roseanne.
Natürlich nicht. Nur ... naja, was ist
passiert?"
Sie zuckt mit den Schultern und zieht ein
eigenartiges, angewidertes Gesicht.
"Keine Ahnung. Ich weiß nicht Dana. Wir
waren eine Weile ziemlich heiß und heftig. Eine helle Flamme, die schnell
abgebrannt ist. Ich denke, uns ist irgendwie der Brennstoff ausgegangen. Er hat
mich den einen Tag im Schrank gebumst und am anderen einfach...nicht. Ich denke,
er hat das Interesse verloren."
Im Schrank gebumst? Ich will es gar nicht
wissen. Das ist sowieso total verkehrt. Ich sollte sie nicht so aushorchen,
wenn sie betrunken ist.
"Einfach so?"
"Er hat einfach gesagt, wir sollten
aufhören."
"Er hat dir keinen Grund genannt?"
"Ich denke einfach, dass er Angst hat,
jemandem zu nahe zu kommen. Irgend jemandem. Wenn er
jemanden an sich heranlässt, ist er verwundbar und
Alex Krycek lässt sich nicht verwundbar machen. Aber
natürlich braucht er Sex und so ist er einfach ziellos von einer Geliebten zur
nächsten gegangen. Naja, wenigstens hat er das früher so gemacht. Jetzt holt er
sich wahrscheinlich nur einen runter..."
Er hat Angst, jemanden an sich
heranzulassen. Klingt beängstigend bekannt. Ich frage mich, ob ich jemals
aufhören werde, mich dafür zu hassen, dass ich Mulder nicht an mich
herangelassen habe, als ich die Gelegenheit hatte. Ich hatte ihn näher an mich
herangelassen, als irgend jemand auf der Welt mir
jemals nahe war oder jemals sein wird, aber es war nicht nah genug. Ich fühle
wie eine weinerliche Stimmung in meine alkoholgeladene Fröhlichkeit kriecht und
fahre mit der Hand über mein Gesicht, um sie zu verdrängen. Dann bemerke ich,
dass Roseanne immer noch redet.
"...war trotzdem keine Liebe. Ich habe
ihn nicht geliebt und er hat mich nicht geliebt. Wir waren wirklich Freunde.
Wir sind es immer noch. Ich denke nicht, dass ich jemals dumm genug war, um mir
einzureden, dass es mehr sein könnte. Bevor du gekommen bist, habe ich nicht
geglaubt, dass er überhaupt dazu fähig sein könnte, für einen anderen Menschen
tiefe Gefühle zu empfinden."
Über was redet sie jetzt? Tiefe Gefühle? Krycek hat keine tiefen Gefühle für mich. Mulder ... oh
Mulder. Selbst nach all dieser Zeit, fast drei Jahre mittlerweile, ist es so, als
wenn du immer noch hier wärst. In mir. Es ist so, als wenn unsere Gefühle
füreinander stark genug wären, um einen Teil von dir am Leben zu erhalten. Was
würdest *du* von all dem halten? Ich versuche deine Urteilsfähigkeit zusammen
mit meiner zu benutzen, aber es gibt ein paar Dinge, bei denen ich nicht
abschätzen kann, wie du reagieren würdest.
"Dana? An was denkst du?"
Gott, wie lange war ich wohl weggetreten? Es
passiert manchmal immer noch. Ich werde von die Decke
meiner Melancholie und meiner Vergangenheit eingehüllt und vergesse die Zeit.
"Ich...ich weiß nicht. Ich nehme an
daran, wie eigenartig das alles ist. Wie anders, als es früher war..."
"Als was früher war?"
"Wir waren früher Feinde. Ich wollte
ihn umbringen, Roseanne. Er wurde damit beauftragt, *mich* umzubringen und er
... und Mulder ... es ist alles einfach sehr eigenartig."
"In verzweifelten Situationen ändern
sich die Dinge."
War mein Leben nicht immer eine verzweifelte
Situation nach der anderen?
"Und er hat sich auch geändert, denkst du
nicht?"
"Oh, ich weiß nicht Roseanne. Ich habe
ihn früher nicht wirklich gekannt. Alles was ich von ihm wusste war, was er
getan hatte, die Dinge, die er mir angetan hat. Und Mulder ..."
"Dana, in diesem Leben, in dieser Zeit
denke ich, dass das alles einen Dreck zählt. Es ist eine neue, harte Welt da
draußen, wie du weißt. Und wir sitzen alle im selben verdammten Boot. Was du
dich fragen musst ist, was du von ihm hier hältst, jetzt, unabhängig von all
dem anderen."
War das eine Frage?
Ich nehme einen Schluck aus der Flasche und
versuche, in meinem Kopf eine Antwort zu formulieren.
"Naja, ich denke er ist ... er ist ein
sehr guter Anführer. Sehr entschlossen und rücksichtslos und das ist hier
notwendig. Ich denke, dass all die Dinge, die ihn zu einem guten Verbrecher
gemacht haben, ihm auch hier gute Dienste leisten..."
"DANA! Ich meine nicht als Anführer.
Ich meine als Mensch. Als Mann."
Oh.
"Ich...ich weiß nicht Roseanne. Er hat
viel für mich getan. Mehr als ich je erwartet hätte. Und ich schätze ... äh ...
er ist sehr mutig."
So mutig, dass er schon mehrmals fast
umgekommen wäre, öfters als ich es zählen möchte.
"Ja, und..."
"Und was, Roseanne?"
Sie rollt ihre Augen und sieht mich an, als
ob ich irgendwie geistesgestört wäre.
"Dana, denkst du nicht, dass er sexy
ist?"
Sexy? Gott, das hier geht aber ziemlich
schnell abwärts.
"Naja, er scheint das ganz sicher zu
denken."
"Ja gut, darüber haben wir uns auch nie
gestritten."
"Roseanne, du scheinst eine
intelligente, starke Frau zu sein. Wie konntest du dich verführen lassen von
diesem ... diesem..."
Schwein? Schürzenjäger? Egomanen?
"Er ist wirklich gut im Bett,
Dana."
Sie lacht als sie sieht, wie ich mich
verschlucke.
"Entschuldige, das war es nicht, was du
gefragt hast, oder? Ich hatte nur gedacht, es könnte von Interesse sein."
Warum um alles in der Welt sollte das von
Interesse für mich sein? Mein Gott, *was* denkt sie sich?
"Er will dich wirklich sehr, Dana. Ich
sage dir..."
"Wenn er das tut, dann wahrscheinlich
nur, weil keine andere mehr übrig ist. Ich bin die einzige Frau hier, mit der
er es noch nicht getrieben hat."
"Naja, er hat früher nichts gegen
Wiederholungen gehabt. Bevor du her kamst, hat er eine paar Lieblingsfrauen
gehabt, zwischen denen er sozusagen immer mal gewechselt hat und..."
"Gott, was für ein verdammtes
SCHWEIN!"
Ich weiß nicht, ob es am Alkohol liegt oder
was, aber das fängt wirklich an, mich wahnsinnig zu ärgern. Es ist nicht so,
dass ich es nicht schon gewusst hätte, aber das ist einfach ein bisschen zuviel
an Information.
"Ja, das war er. Aber Gott, Dana. Gott.
Er ist wirklich erstaunlich gut darin. Es ist als wenn...es ist so, als wenn es
nichts weiter auf der Welt geben würde, als du und er, die es miteinander
treiben. Er ist so leidenschaftlich, dass du davon einfach überwältigt wirst.
Als wenn man von einem Hurrikan mitgerissen wird oder so was. Ich nehme an,
weil es seine einzige Möglichkeit ist, Dampf abzulassen, sein einziges Ventil,
oder was auch immer. Vielleicht ist er deshalb so verdammt viel angespannter,
seit du hier bist. Er muss wirklich unbedingt mal wieder mit jemandem schlafen,
Dana."
Bitte hör jetzt auf zu reden. Das war eine
schreckliche Idee. Ich will nichts darüber wissen.
"Weißt du, dass wir es nie in seinem Bett
getan haben? Niemals. Nicht ein einziges Mal. Er sagt, dass er es hasst, im
Bett Sex zu haben. Was zum Teufel soll das bedeuten? Er hat kaum jemals seine
Sachen richtig ausgezogen! Aber, bei Gott, es war trotzdem gut. Weißt du, wenn
man ihn hinter dem Ohr leckt, dass er dann ....
knurrt?"
"Nein, das habe ich nicht gewusst. Und
es ist mir auch egal."
"Und wenn er kommt..."
"Roseanne! Mein Gott, es ist mir EGAL.
Er ist ein Schwein. Ein Schwein Schwein Schwein. Schweinisches Schwein. Blödes, eingebildetes,
herrisches...SCHWEIN!"
Großartig, jetzt lacht sie wirklich. So
sehr, dass ihr Gesicht rot wird und sie mit den Füßen aufstampft. Sie sieht so
aus, als wenn sie jeden Moment ohnmächtig wird. Als sie schließlich ihr Fassung wiedererlangt, zeigt sie vorwurfsvoll mit dem
Finger auf mich.
"Du bist wirklich ein hartes Stück
Arbeit, Dana. Denkst du..." sie kichert wieder und schnappt die Flasche
aus meinem Griff. Sie runzelt die Stirn als sie sieht, dass sie fast leer ist.
"Du denkst, du könntest ihm widerstehen? Ist es das, was du denkst?"
"Ich denke nicht, dass ich mir darum
Gedanken machen muss..."
"Zieh das Shirt an, Dana."
"Was?!"
"Zieh es an und geh zu ihm und sieh,
was er tut. Und sieh, was du tust. Ich wette eine Schachtel Zigaretten, dass
ihr es miteinander treiben werdet."
Zigaretten? Wo hat sie die her? Ich
wünschte, ich hätte ihre Beziehungen.
"Ich ziehe dieses blöde Ding nicht an.
Sieh es doch mal an. Das ist für achtzehnjährige mit ausgestopften
Büstenhaltern gemacht."
"Was hast du, Angst?"
"Warum zur Hölle sollte ich Angst
haben?"
"Weil du dich darin vielleicht wie eine
Frau fühlen könntest und du zugeben müsstest, dass du eine bist und dass du mit
jemandem schlafen willst."
"Gut. Na schön. Ich werde dieses blöde
Ding anziehen!"
Ich rupfe mir mein Sweatshirt und den BH vom
Leib, schmeiße die Sachen auf den Boden und ziehe das blöde Ding über meinen
Kopf, begleitet von Roseannes immer lauter werdendem Kichern.
"So. Bist du jetzt glücklich?"
"Richte deine linke Brust." Bringt
sie zwischen ihre Lachanfällen hervor. Ich schaue nach unten und bemerke, dass
sie aus dem Top heraushängt. Dieser Anblick reicht aus, meine schlechte Laune
zu vertreiben und ich lache auch. Könnte irgend etwas
noch lächerlicher sein?
Wir müssen wirklich völlig daneben sein,
wenn wir das auch nur ansatzweise komisch finden. Eine dürre Rothaarige in
einem nuttigen Shirt. Was für ein Brüller.
Aber aus irgendeinem Grund ist es das. Es ist mir jetzt auch egal, ob wir uns
wie Teenager verhalten. Es fühlt sich so schön an, nur mal zur Abwechslung.
Gott, es muss Jahrhunderte her sein, dass
ich das letzte Mal gelacht habe. Bestimmt einige Jahre. Und wie wir lachen.
Sehr lange. Bis wir ein lautes und hartnäckiges Klopfen an der Tür hören. Bevor
ich aus dem Bett komme, um die Tür aufzumachen, bricht sie auf und gibt den
Blick auf eine sehr wütend aussehende Person frei. Einen Augenblick lang habe
ich Angst. Dann stelle ich fest, dass es Krycek ist,
der einfach wie ein Idiot hier steht, keuchend und uns anstarrend und ich fange
wieder an zu lachen.
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Zu sagen, dass das nicht das ist, was ich
erwartet hätte, ist eine gigantische Untertreibung. Zuerst einmal hatte ich,
als ich auf der Suche nach Scully hierher kam um mit ihr über das morgige
Meeting zu sprechen, erwartet, dass Brian vor ihrer Tür sitzt, wie er es
normalerweise tut. Das tat er nicht. Ich hatte erwartet ... ich nehme an, ich
hatte erwartet nichts hinter Scullys Tür zu hören. Ich hörte etwas, was klang
wie ein paar schreiende Frauen. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, als ich
die Tür eintrat, aber es war ganz sicher *nicht* das hier.
Scully auf ihrem Bett ausgestreckt, ihren
Rücken gegen die Wand gelehnt, die Hände auf den Bauch gepresst und der Rest
ihres Körpers von einem albernen Lachanfall geschüttelt. Sie trägt eine
abgetragene, enge Jeans und ... ich weiß noch nicht einmal, wie man diese Art
Shirt bezeichnen soll. Alles was ich weiß ist, dass es verdammt eng ist und das
ihre Brüste darunter hervorquellen und wackeln, während sie lacht. Ich schwöre
bei Gott, wenn es nur einen Zentimeter weiter ausgeschnitten wäre, würden ihre
verdammten Brustwarzen rausschauen. Ihr Gesicht ist gerötet und ihre Haare sind
völlig durcheinander und habe ich schon erwähnt, dass sie *lacht*? Ich weiß
nicht, ob ich sie jemals so habe lachen sehen.
Ich sehe nach unten und bemerke Roseanne,
die irgendwo in der Nähe meiner Füße zusammengekrümmt hockt in ihrem eigenen
verrückten Anfall. Dann sehe ich die leere Flasche. Jesus Christus. Sie haben
sich betrunken?
Was zur Hölle geht hier vor?
Ich fange an, mich extrem unwohl zu fühlen.
Fast als hätte ich eine rauschende Liebesnacht unterbrochen oder so. Roseanne
ist fast genauso eine Schlampe wie ich und es würde mich nicht überraschen,
wenn sie versucht hätte, Scully zu verführen. Würde es klappen, frage ich mich?
Würden sie mich mitmachen lassen? Oder wenigstens zusehen?
Verdammt. Das ist kein Spaß. Sie sind
verdammt besoffen.
"Ihr beide seid verdammt
betrunken!"
"Nicht verdammt, Alex. Nur
betrunken." sagt Roseanne inmitten ihres Gelächters. (*Anmerkung am
Ende des Absatzes)
"Das ist nicht komisch. Wo zum Teufel
ist Brian?"
"Ich sagte ihm, er soll ins Bett
gehen", sagt Scully und wischt sich die Tränen aus den Augen.
"Du hast was gemacht? Was denkt ihr
euch dabei?"
Ich habe angefangen zu schreien und sie
scheinen sich langsam genug beruhigt zu haben, um mir zuzuhören.
"Wir haben nur versucht, ein wenig Spaß
zu haben, Alex. Mein Gott, geh und nimm deine Medizin oder sowas."
"Roseanne, hau ab."
"Bitte?"
Ich fasse nach unten und ziehe sie an ihrem
Arm nach oben und sie stolpert bei dem Versuch, sich von mir loszureißen.
"Ich sagte, hau ab. Geh weg.
Jetzt."
"Mann, Alex. Du musst wirklich mal
wieder mit jemandem ins Bett. Ich werde euch zwei dann mal alleine
lassen."
Sie stellt sich auf ihre Zehenspitzen und
gibt mir einen nervenden Kuss auf die Wange und fällt schließlich fast aus der
Tür.
"Pass auf, dass du auf dem Weg nach
draußen nicht auf deinen Arsch fällst!" schreie ich ihr hinterher und
knalle die leicht ramponierte Tür hinter ihr zu.
Ich drehe mich wieder zu Scully um, die
nicht mehr lacht.
"Was zum Teufel *ist* dein Problem, Krycek?"
"Mein Problem? Was ist *dein* Problem?
Mein Gott! Es ist mitten in der Nacht und du sitzt hier und lässt dich vollaufen
und es ist niemand da, der dir helfen könnte..."
"Roseanne war da."
"Roseanne war ja noch besoffener als
du! Und sie ist keine Hilfe, Scully! Was wenn...was wenn etwas passiert wäre?
Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht, Brian einfach wegzuschicken?"
"Okay. Das reicht."
Sie steht auf und schwankt ein bisschen. Ich
kann aber trotzdem sehen, dass sie genauso sauer ist wie ich. Sie zeigt mit
ihrem Finger in mein Gesicht und beginnt, mich anzuschreien.
"Punkt eins, du hast KEIN RECHT hierher
zu kommen und meiner Freundin zu sagen, was sie tun soll. Punkt zwei, Brian ist
MEIN Bodyguard und ich kann ihm sagen ins Bett zu gehen, wann ich das für
richtig halte. Ich kann nicht mit ihm auskommen, wenn er mir jede verdammte
Minute über die Schulter sieht. Punkt drei, ich kann auf mich selbst aufpassen.
Punkt vier, ich KANN hier NICHT wie eine Gefangene leben, Krycek!"
Ich weiß, dass sie Recht hat, aber wie soll
ich ihrer Tirade Aufmerksamkeit schenken, wenn ich
meine Augen nicht von ihrer Brust weg kriege?
"Scully, zieh um Himmels Willen ein
Sweatshirt an. Was zum Teufel trägst du da eigentlich?"
"Und Punkt fünf, wer bist du
eigentlich, dass DU MIR sagst, was ich anziehen soll?? Du bist nicht mein
verdammter Vater und ich bin nicht dein gottverdammtes kleines Mädchen!"
Sie hat recht. Natürlich hat sie recht. Aber
wie soll ich abends einschlafen können, wenn ich weiß, dass sie sich ganz
alleine vollaufen lässt und jeder einfach reinkommen und sie nehmen könnte, ihr
wehtun könnte?
"Das geht hier nicht um eine Machtdemonstration
von mir, Scully."
"Worum geht es dann?"
"Es geht um deine Sicherheit."
Sie lacht abfällig und verdreht ihre Augen.
"Es gibt keine Sicherheit, Krycek. Und was ist schon so toll an Sicherheit, wenn ich mein
Leben nicht genießen kann? Mann, du *musst* mal auf andere Gedanken kommen. Du
bist schlimmer als..."
Sie schließt ihre Augen und sieht plötzlich
sehr traurig aus. Schlimmer als Mulder. Der andere Mann, der sie mit einer an
Wahnsinn grenzenden Verzweiflung beschützt hat. Er hat einen ziemlich guten Job
gemacht. Sie ist immerhin noch hier. Nach allem, was passiert ist.
"Ich genieße das Leben manchmal,
Scully."
"Wann?" fragt sie und sieht mich
wieder vorwurfsvoll an.
Naja, wenn ich mit einer Frau geschlafen
habe zum Beispiel.
"Keine Ahnung, manchmal..."
"Krycek, ich
habe noch nie gesehen, dass du dein Leben genossen hat, IRGEND ETWAS genossen
hast. Du läufst mit diesem verdammten finsteren Gesichtsausdruck herum, als
wenn du Verstopfung hättest, du lachst nie, du redest über nichts anderes, als
darüber, diesen Ort hier zu leiten.."
"Scully, ich habe keine ZEIT für etwas
anderes. Diesen Ort hier zu leiten ist mein Leben."
Mein Gott, denkt sie wirklich so über mich?
Dass ich so eine Art Blindgänger bin? Was zur Hölle erwartet sie von mir?
"Ich weiß und du machst das sehr gut,
aber vermisst du es nicht, andere Sachen zu machen?"
"Natürlich vermisse ich das. Jeder
vermisst das. Ich denke das ist es, wofür wir kämpfen. Für die Freiheit zu tun,
was immer wir möchten."
"Aber möchtest du niemals etwas machen,
nur um es gemacht zu haben?"
Ich zucke nur mit den Schultern, weil ich
jetzt wirklich keine Ahnung mehr habe, wovon sie verdammt noch mal spricht. Sie
seufzt übertrieben, öffnet eine der Schubladen und beginnt, darin
herumzusuchen.
"Scully..."
"Geh los und zieh dir eine Badehose
an."
"Was?!"
"Geh los, zieh dir eine Badehose an und
triff mich in zehn Minuten am Pool."
Mann, sie ist *wirklich* völlig betrunken.
"Warum sollte ich das machen
wollen?"
"Keine Ahnung, Krycek.
Nur, um es gemacht zu haben?"
Sie dreht sich zu mir, Badeanzug in der Hand
und ich weiß nicht mehr, was ich ihr sagen soll.
"Scully ich denke wirklich
nicht..."
"Denke nicht. Tu es einfach."
Ich nehme an ich wäre ein Idiot, wenn ich
die Chance verschenken würde, sie in einem Badeanzug zu sehen.
Ende Kapitel 5
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
*Anmerkung des Übersetzers: An dieser Stelle
steht im Original ein unübersetzbarer Wortwitz, den ich euch nicht vorenthalten
will:
"You guys are fucking drunk!"
- "Not fucking, Alex. Just drunk",
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Kapitel 6
Ich denke nicht, dass ich tatsächlich schon
mal am Pool gewesen bin. Ich gehe zwar wenn ich Zeit habe zum Trainieren in die
Sporthalle, aber ich habe den Pool nur von oben gesehen. Es gibt eine
Laufstrecke, die sich über den die Sporthalle umgebenden Balkon erstreckt, wo
ich manchmal laufe. Das Wasser hat immer einladend ausgesehen.
Die ganze Sache war Scullys Idee. Als sie
hierher kam, war das ganze nur ein ausgetrocknetes, altes Loch im Beton. Aber
in einer der unglaublichsten Szenen, die ich je miterleben konnte, hat sie es
geschafft, den Botschafter aus dem Land der Gesichtslosen zu becircen und mit
ihm auszuhandeln, dass er bei der nächsten Versorgungsladung etwas Chlor
mitbringt und dann hat sie das in ein erstklassiges Schwimmbecken zurück
verwandelt.
Ich bin früher gerne geschwommen. Das ist
jetzt aus naheliegenden Gründen nicht mehr meine Sache. Es ist trotzdem ein
netter Pool. Ganz besonders jetzt in der Nacht, wenn das Wasser von dem Licht
am Ende erleuchtet ist.
Als ich dort ankomme, schwimmt Scully schon.
Sie bemerkt mich nicht, während sie in einem ruhigen Rhythmus ihre Bahnen
schwimmt und ich mache mich nicht bemerkbar.
Ich musste ziemlich tief graben, um eine
verdammte Badehose zu finden. Ich habe eine schwarze, knielange Shorts
gefunden, von der ich annahm, dass sie ausreichen würde und zog sie an,
zusammen mit einem langärmligen Hemd und ein Paar Turnschuhen und kam hier
herunter, nicht wissend, was mich erwarten würde. Hat sie wirklich gedacht, ich
würde in den Pool springen und mit ihr zusammen Bahnen schwimmen?
Ich ziehe meine Schuhe aus, setze mich an
den Rand des Pools und tauche meine Füße in das überraschend warme Wasser. Es
fühlt sich fast wie ein Bad an. Die gegenüberliegende Wand ist fast vollständig
aus Glas und ich kann die Zuschauerbänke erkennen, von denen aus die Leute
wahrscheinlich früher mal Footballspiele angesehen
haben. Scully ist sehr viel interessanter.
Sie schwimmt wirklich gut. Sie trägt einen
schwarzen Einteiler und ihre Haare fächern sich hinter ihr auf, während sie
sich im Wasser bewegt. Sie sieht aus wie eine Art Meerjungfrau oder so was.
Total schön.
Ich sitze einfach da und schaue ihr zu, wie
sie ungefähr fünf Mal hin und her schwimmt, bis sie schließlich in der Nähe der
Treppen aufhört und sich hinstellt. Sie zuckt zusammen, als sie mich dort
sitzen sieht.
"Hast du gedacht, ich würde mich nicht
blicken lassen?"
"Nein, ich habe nur...ich habe dich
nicht gehört."
"Es ist vielleicht nicht die beste Idee
zu schwimmen, wenn du betrunken bist. Nicht dass ich irgendwie herrisch sein
oder dir was vorschreiben will."
"Ich bin nicht betrunken. Ich war nur
ein bisschen beschwipst. Roseanne hat fast die ganze Flasche allein
getrunken."
Naja, das erklärt einiges.
Ihr Badeanzug ist ziemlich hochgeschlossen.
Es ist einer dieser sportlichen Dinger, mit Rennstreifen an der Seite und einem
Reißverschluss, der von der Mitte ihrer Brust bis zum Hals geht. Aus
irgendeinem Grund ist das erotischer, als ihre Brüste tatsächlich zu sehen, so
wie vorhin. Nur eine Handbewegung würde genügen....
"Also, willst du nur dasitzen oder
willst du mit schwimmen?"
"Mir geht es gut hier, Scully. Ich ...
ich schwimme nicht."
"Wie kommt das?"
Sie sieht mich eine Minute lang neugierig
an, dann geht ihr plötzlich ein Licht auf und sie sieht furchtbar schuldbewusst
aus.
"Oh Gott, natürlich. Ich bin so eine
Idiotin..."
Nein, Scully. Bitte fühle dich nicht
schuldig. Bitte fühle dich nicht meinetwegen schlecht. Bitte, bitte bereue es
nicht, mich gebeten zu haben, das zu tun.
"Manchmal vergesse ich das. Ich meine
es...du hast nur so viel mehr getan als ... oh Gott. Ich bin *so* ein Trottel.
Bitte sag mir, ich soll meine Klappe halten."
Sie setzt sich auf die Treppe, stützt ihre
Ellenbogen auf ihre Knie und vergräbt ihr Gesicht in ihren Händen.
"Nein, was wolltest du sagen?"
Sie lacht durch die Nase und schüttelt ihren
Kopf.
"Ich kann mich erinnern, dass Mulder
mal sagte, er wünschte, ein Holzbein zu haben. Oder einen Haken als Hand."
"Wie bitte?"
Das klingt wie etwas, was dieser Idiot
tatsächlich gesagt haben könnte.
"Er hat gesagt, dass die Leute
vielleicht nicht so viel von einem erwarten würden, wenn man diese Dinge hätte.
dass es schon ausreichend wäre, ja schon fast beeindruckend, nur zu
überleben."
Sie lacht wieder über die Erinnerung und ich
habe den Eindruck, dass es aus irgendeinem bizarren Grund ein wohlwollendes
Lachen ist.
"Er hat nur herumgealbert, aber es ist
nur, du hast so viel mehr getan, als zu überleben, Krycek.
Ich vergesse es einfach manchmal.."
Ich fühle, wie mein Kopf und mein Herz auf
das dreifache ihrer normalen Größe anschwellen, wie bei dieser Comicfigur in
dem blöden Film und ich lächle sie an. Ich nehme an, dass ich nach Mulders
verschobenen Standards ein verdammter Superheld bin. Natürlich hat sie Unrecht.
Ich habe nicht viel mehr getan, als zu Überleben. Diese ganze Sache ist nichts
weiter, als ein verzweifeltes Ringen ums Überleben.
"Naja, wie dem auch sei, du musst nicht
schwimmen, um in den Pool zu gehen, Krycek. Komm
einfach rein und werde nass."
"Ich kann wirklich nicht, Scully",
sage ich zu ihr, während ich die Prothese bekräftigend anhebe. "Dieses
Ding ist elektrisch und es ist keine gute Idee, es ins Wasser zu tauchen. Ganz
besonders da ich keine Ahnung habe, wie ich es in nächster Zeit würde ersetzen
können. Ich versuche es so gut wie möglich zu behandeln."
"Dann mach es ab", empfiehlt sie.
Als wenn das die einfachste Sache der Welt wäre.
"Äh ...Scully, ich kann wirklich
nicht..."
"Komm schon, wir sind alleine
hier."
Ja, und das ist genau das Problem du
verrücktes, kleines Mädchen. Uuups, 'tschuldigung. Nicht kleines Mädchen. Frau. Dame. Wie auch
immer sie genannt werden möchte. In jedem Fall ist Scully so ziemlich die
letzte Person auf dieser Welt, der gegenüber ich irgendeine Schwäche zeigen
möchte. Und das ist die größte Schwäche, die ich habe.
Abgesehen von der Tatsache, dass es einfach
nur völlig hässlich ist. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie mich in
irgendeiner Weise körperlich hässlich findet. Emotional, in Ordnung. Das bin
ich gewöhnt. Aber ich denke, dass ich einfach ziemlich eitel bin, wenn es um
meine äußere Erscheinung geht. Vielleicht werde ich eines Tages, sollte ich
lange genug leben, ein verrückter alter Mann sein, der mit seinem schrecklichen
Armstumpf kleinen Kindern das Fürchten beibringt, aber soweit bin ich einfach
jetzt noch nicht. Ganz besonders nicht, wenn es um sie geht. Ich möchte, dass
sie mich so schön findet, wie ich sie schön finde.
"Komm schon, Krycek.
Sei kein großes Baby. Nimm es einfach ab und komm hier rein. Es ist wirklich
wunderbar."
"Ein was? Ein Baby??"
Okay, sie weiß, welche Knöpfe sie drücken
muss. Mein Gott, allein die Tatsache, dass sie es geschafft hat, mich hierher
zu bringen, ist eine Leistung für sich. Ich nehme an, dass es noch viel blöder
aussieht, wenn ich hier sitze und ihr den ganzen Abend zusehe.
Sie zuckt mit den Schultern und grinst und
ich fange an, mein Hemd aufzuknöpfen.
"Du lachst jetzt. Das wird dir noch
leid tun. Das Ding ist nicht gerade hübsch", warne ich sie und versuche,
sie auf das schlimmste vorzubereiten. Sie fängt wieder an herum zu schwimmen
und es erleichtert mich ein wenig zu wissen, dass sie nicht einfach dastehen
und mir zusehen wird, während ich das tue.
"Kann nicht schlimmer sein, als dein
Gesicht", scherzt sie und bespritzt mich beim Vorbeischwimmen mit Wasser.
"Du bist ein riesen
Komiker."
Ich ziehe das Hemd auf und beginne mit dem
immer wieder nervenraubenden Prozess des Abschnallens
der Prothese. Wenigstens muss ich mich dann nicht mehr damit rumquälen, wenn
ich heute schlafen gehen will. Scully fängt wieder an, Bahnen zu schwimmen, was
ebenfalls gut ist.
Als ich endlich das dumme Ding abgemacht
habe, lasse ich mich ins Wasser gleiten und sie hat Recht. Es ist wirklich
wunderbar. Wie ein Vollbad. Sogar noch besser, weil Scully hier ist. Sie
schwimmt zu mir und stellt sich ein oder zwei Meter von mir entfernt hin. Das
Wasser geht ihr bis über die Brust, aber mir reicht es nur bis zum Bauch.
"Schön, oder?"
"Ja. Ja das ist es."
"Spürst du ihn manchmal?"
Ich sehe sie einige Sekunden lang an, bevor
mir klar wird, worüber sie redet.
"Äh, manchmal, denke ich. Nicht so oft,
wie damals, als es passiert ist, aber ja, gelegentlich fühlt es sich an, als
wenn er immer noch da ist."
Sie nickt und fährt mit ihrer Hand über das
Wasser, beobachtet die Spuren, die sie auf der Oberfläche zieht.
"Ich denke ich weiß, was du meinst.
Manchmal fühle ich ihn hier. Ich denke, das ist irgendwie ähnlich."
Mulder. Ich habe niemals so darüber gedacht.
Ich nehme an, dass er wie ein Arm für sie war. Etwas das ... das einfach da
war, ein wesentlicher Teil von dir und wenn er nicht mehr da ist, wirst du nie
wieder derselbe Mensch sein. Man hat immer das Gefühl, dass etwas ganz
wichtiges fehlt.
"Oh, warte mal. Ich werde dir was
zeigen."
Sie schwimmt zu den Treppen und einen
kurzen, bizarren Moment lang bin ich mir sicher, dass sie ihren Badeanzug
ausziehen wird. Jaa genau, zeig
mir deinen Stumpf und ich zeige dir meine Titten. Scheint nicht gerade ein
fairer Handel zu sein, aber was soll's.
Dann geht sie zur Wand und rückt auf einen
Schalter, der alle Lichter in der Halle löscht, bis auf das im Pool. So ist es
viel einfacher, aus dem Fenster zu sehen und es kommt einem fast vor, als wäre
man draußen. Aber das ist nun wirklich nicht besonders toll. Ich frage mich, ob
sie die Lichter ausgeschaltet hat, damit sie mich nicht so genau sehen muss.
Dann kommt sie wieder in den Pool und zeigt
nach oben. Ich schaue an die Decke und bemerke das erste Mal, dass diese auch
aus Glas ist. Ich muss es gewusst haben, aber ich habe niemals wirklich
hingesehen. So wie dieses Glasdach gestaltet ist, kann man nichts weiter als
die Sterne sehen. Es ist irgendwie atemberaubend. Wenn man was für Sterne übrig
hat.
Ich sehe sie wieder an und bin immer noch
überzeugt, dass sie der beeindruckendste Anblick an
diesem Ort ist. Sie sieht in den Himmel mit einem Ausdruck der Bewunderung, den
ich einfach nicht verstehe, obwohl er ihr gut steht.
"Hübsch. Schwer zu glauben, dass so
viel Böses von den Sternen kommen kann", sage ich ziemlich dümmlich. So
kann ich der Frau auch beweisen, dass sie recht hat. Vielleicht bin ich ja ein
Blödmann.
"Es ist nicht die Schuld der Sterne,
Alex", murmelt sie und ich muss heftig schlucken, als sie meinen Vornamen
benutzt. Sie nennt mich selten so. Normalerweise heißt es "Krycek", harte Silben in einer Art ausgesprochen, die
fast unausweichlich angewidert klingt, egal wer es sagt. Ich habe diesen blöden
Namen immer gehasst. Aber Alex ... Alex ist gar nicht so schlecht. Alex ist
nicht unbedingt ein Schweinehund.
"Ich weiß. Es ist nur schwer, im Moment
mit irgendeiner Art von Bewunderung oder Neugier da hinauf zu schauen. Alles
was ich fühle, ist Abscheu und eine krankmachende Angst davor, was als nächstes
kommt."
"Siehst du keine Hoffnung in
ihnen?" fragt sie und sieht mich wieder an. "Ich meine, das Universum
ist so groß. Sie sind nicht alles, was es gibt. Das ist in Wirklichkeit alles
so belanglos. Es gibt so viel mehr, was das draußen ist, so viel mehr
Potential..."
Und das von unserer früheren
Oberskeptikerin. Ich nehme an, jetzt ist es nicht mehr zu leugnen. Die Dinge
haben sich wirklich geändert.
"Ich sehe mehr Hoffnung in dem, was vor
mir steht. Die Tatsache, dass wir immer noch hier sind. Du und ich. Ich denke,
dass ist ein bisschen beeindruckender."
Sie lacht leise und schaut mich ungläubig
an.
"Du glaubst das wirklich, oder?"
"Das ist keine Ego Sache."
"Nein, ich weiß. Es ist nur, du bist
so...ich weiß nicht, erdgebunden. So...ich weiß nicht. Ich meine es gibt doch
noch mehr Dinge im Leben, die nicht so greifbar wie das sind. Ich meine, zum
Leben gehört mehr als nur essen, atmen, schlafen, überleben."
"Ja das tut es. Du hast das wichtigste
vergessen, Scully."
Sie verdreht ihre Augen. Frau Philosophin.
Ich nehme an, ich bin so eine Art Philister, weil ich nicht herumsitze und über
diesen Schwachsinn nachgrübele, wie es Mulder früher getan hat.
"Selbst dabei", sagt sie,
"gibt es ein Element, dass über dass körperliche,
das biologische hinausgeht."
"Oh wirklich? Was ist das?"
"Naja, im günstigsten Fall der
gegenseitige Respekt, die Liebe und Zuneigung, die du mit dem anderen Menschen
teilst."
"Mmm, im
günstigsten Fall. Wie oft ist das aber wirklich so?"
Und wie zur Hölle haben wir plötzlich
angefangen, über Sex zu reden?
"Naja, wahrscheinlich nicht oft genug.
Aber es ist immer mehr als nur körperlich. Egal wie. Neunzig Prozent vom Sex
finden im Kopf statt."
"Oh, neunzig Prozent, ja? Wo haben Sie
denn diese Tatsache her, Doktor?"
"Gott, du bist so ein Rindvieh. Siehst
du nicht die Wahrheit in dem, was ich sage? Kannst du nicht wenigstens etwas
davon nachvollziehen?"
"Keine Ahnung, Scully. Ich nehme an,
wir beide haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Ich meine du
warst...."
Warst was? Gott, ich weiß noch nicht mal, ob sie und
Mulder irgendwann wirklich miteinander geschlafen haben. Es tut aber eigentlich
nichts zur Sache. Sie haben sich geliebt. Da gibt es keinen Zweifel.
"Warst?"
"Naja, du warst verliebt, Scully. Du
hattest diesen ganzen 'gegenseitige Zuneigung' Mist."
"Mist?"
"Kram. Was auch immer."
"Mann, du bist wirklich eine harte
Nuss, Alex Krycek."
Ich? Ich bin nicht derjenige, der hier ganz trübsinnig
davon wird, in die blöden Sterne zu schauen.
"Alles was ich sage ist, dass ich
wahrscheinlich keine Ahnung von dem habe, worüber du redest."
"Du hast. Ich denke wirklich, dass du
eine Ahnung hast. Du willst nur nicht. Wovor hast du solche Angst, Alex?"
fragt sie und kommt mir ein bisschen näher. Oh Gott. Was passiert hier. Mein
Herz rast und ich fange tatsächlich an zu schwitzen, obwohl ich in lauwarmem
Wasser stehe.
"Angst? Ich habe keine Angst. Ich denke
nur, dass es so besser ist. Ich ... ich kann mir diese Art von Gefühlen nicht
leisten."
"Mein Gott, Alex, diese Gefühle sind
die *einzigen* für die es sich zu leben lohnt. Ich weiß, wie du fühlst, weil
ich selbst mal so war. Und ich habe die Chance meines Lebens weggeworfen. Es
ist es nicht wert. Man sollte die Chance immer ergreifen. Ergreife die Chance,
Alex."
Sie steht nun noch näher bei mir. Will sie,
dass ich sie küsse?? Ist es das, was sie mir gerade sagen will? Es scheint
wirklich einer dieser Momente zu sein, aber es ist nur...habe ich Angst? Ich
weiß es noch nicht einmal. Sie bringt mich total durcheinander.
"Ich habe niemals wirklich jemanden
getroffen, von dem ich gedacht habe, dass er es wert wäre, Dana."
"Naja, vielleicht ist die Liebe deines
Lebens gleich hier um die Ecke. Könnte jemand sein, bei dem du es nie vermuten
würdest. Hey, es könnte Brian sein."
"Das ist überhaupt nicht komisch."
"Oh, das ist sehr komisch. Das Bild ist
sogar so erheiternd, dass ich es kaum aushalten kann."
Sie fängt an zu kichern und mein fast
psychotischer Drang, sie zu küssen, ebbt etwas ab und so greife ich nach ihrem
Kopf und tauche sie statt dessen unter. Sie kommt
wieder hoch, hustend und spritzend, aber wundersamerweise,
immer noch lachend. Wir fangen ein kleines Wassergefecht an, Vollspritzen und
Untertauchen und lachen wie ein paar achtjährige und ich denke, dass ich
schließlich verstehe, was sie damit meint, etwas zu tun, nur um es getan zu
haben. Fühlt es sich so an, Spaß zu haben? Es ist so verdammt lange her.
Unglücklicherweise hat mich all dieses
Herumalbern mit einer halbnackten, nassen Dana in einen peinlich erregten
Zustand versetzt. Als wir uns schließlich beruhigen, sagt sie mir, dass sie
geht.
"Es ist noch nicht so spät, Dana."
"Wir haben morgen eine
Meeting um Punkt 6:30."
"Ja, stimmt. Die Idee von welchem
Idioten war das überhaupt?"
"Dein Befehl, Captain."
"Gut, das nächste Mal, wenn ich mit
einer blödsinnigen Bemerkung wie dieser da komme, kannst du mir eine hinter die
Ohren hauen."
"Wird gemacht."
Sie beginnt die Treppen hochzusteigen und
dreht sich wieder zu mir um.
"Brauchst du äh...brauchst du
irgendwelche Hilfe?"
Hilfe? Ja ich brauche Hilfe. Ich brauche
Hilfe dabei, mir heute Abend einen runterzuholen, Dana.
"Nein, mir geht es gut. Ich werde sogar
tatsächlich noch eine Weile hier bleiben."
"Oh, gut. Ich werde eine der Wachen
bitten, mich zurück zu bringen. Ich sehe dich morgen um sechs zum Kaffeetrinken
und wir können zusammen hingehen."
"Alles klar. Sei vorsichtig."
Sie trocknet sich ab und zieht ihre Sachen
wieder an und ich denke, ich sollte ihr wirklich danken, aber ich weiß noch
nicht einmal, wo ich anfangen soll.
"Äh, Dana..."
"Hmmm?"
"Danke. Für heute Abend. Das war...das
war wirklich schön."
Geschafft. War gar nicht so schwer. Und sie
lächelt wieder ganz zuckersüß.
"Ja das war es. Wir sollten das
wiederholen. Es könnte, hmm, unsere Sache
werden."
Unsere Sache? Wir haben eine Sache. Ich mag
das.
"Würde mich freuen."
"Okay, wir sehen uns morgen früh. Süße
Träume."
Oh Mann, sie ahnt nicht die Hälfte davon.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Als ich es in mein Zimmer zurückgeschafft
habe, bin ich immer noch verflucht hart. Es ist ein Wunder der modernen
Wissenschaft. Ich weiß nicht, was zur Hölle sie gerade mit mir gemacht hat oder
was die da in das Wasser mischen, aber ich war noch nie in meinem ganzen Leben
so geil.
Ich ziehe schnell meine Sachen aus und falle
im Dunkeln in mein großes, plötzlich sehr einsames Bett. Mir ist noch nicht mal
wirklich nach Selbstbefriedigung. Ich habe diese Sache so verdammt satt. Aber
es muss getan werden. Es ist, wie wenn man pinkeln muss. Wenn ich es nicht tue,
werde ich die ganze Nacht wach liegen, weil ich es tun muss und ich werde immer
müder und habe immer weniger Lust, es zu tun und um 5:30 werde ich mich
umdrehen und immer noch dasitzen, hart wie ein Stein und dann wahrscheinlich
zusätzlich auch noch pinkeln müssen.
Ich habe normalerweise keine Phantasien. Ich
nehme an, dass das irgendwie ungewöhnlich für einen Mann ist. Nach dem zu
urteilen, was ich so gehört habe, haben die meisten Männer eine Sammlung von
Szenarios, die sie im Kopf abspielen, wenn sie sich selbst anfassen. Vielleicht
habe ich nur keine Vorstellungskraft. Normalerweise denke ich an Dinge, die ich
tatsächlich getan habe. Manchmal denke ich noch nicht mal an etwas sexuelles. Manchmal plane ich Meetings, während ich es tue.
Manchmal denke ich daran, in einer Schlacht zu sein. Manchmal an einen Streit
mit Scully.
Manchmal denke ich an gar nichts außer
daran, wie sich mein Schwanz in meiner Hand anfühlt. Ich konzentriere mich
einfach auf die Empfindungen und nutze diesen Augenblick, um meinen Kopf völlig
frei zu kriegen. Phantasien erschienen mir immer wie Zeitverschwendung.
Heute Abend ist es anders. Heute Abend bin
ich völlig ohne Grund schwimmen gegangen, habe in die Sterne gesehen und über
Liebe geredet - einfach über alles, und das mit Dana Scully. Heute Abend
erlaube ich mir eine Phantasie.
Als ich mich selbst in die Hand nehme,
benutze ich das erste Bild, was mir in den Kopf schießt. Dana und Roseanne, auf
dem Boden des Labors, den Kopf zwischen den Beinen der jeweils anderen
vergraben. Vielleicht hätte es eine Einleitung oder so was geben sollen, aber so reicht es für mich völlig aus. Ich schließe
meine Augen und kann es fast vor mir sehen. Gott, wäre das ein herrlicher
Anblick.
Allerdings kann ich Danas Gesicht nicht
sehen und deswegen lege ich sie auf den Rücken mit Roseanne zwischen ihren
Beinen und Dana schaut mich nur an, mit weit geöffneten Augen und sich auf die
Lippe beißend, während sie sich dem Orgasmus immer mehr nähert.
Ihre Haare fallen über ihre Brust und auf
den Boden und ihre Hände vergraben sich in Roseannes lockigen braunen Haaren.
Jaaa, das funktioniert definitiv. Ich bin schon fast
soweit.
Aber als ich mich schließlich in dieser
Phantasie verliere, ändert sie mein Unterbewusstsein fast gegen meinen Willen.
Und plötzlich bin ich es, der zwischen Danas Beinen ist. Hier. In diesem Bett.
Ich hatte noch nie mit einer Frau in diesem
Bett Sex. Nicht ein Mal. Frauen sind wie Katzen. Lässt du sie einmal rein und
gibst ihnen Milch, wirst du sie nie wieder los. Ich wollte nie, dass eine Frau
hier bleibt und die Nacht mit mir verbringt. Aber ich bringe es auch nicht
übers Herz, sie danach raus in die Kälte zu schicken. Also vögle ich sie wo ich
nur kann und gehe, wenn es vorbei ist. Wenn es in ihrem Bett ist, ist es meine
Wahl. Normalerweise gehe ich trotzdem noch nicht mal das Risiko ein.
Aber heute Abend in meiner Phantasie bringe
ich Dana Scully in mein Bett und ich lecke sie, bis sie fast ohnmächtig wird
und sorge dafür, dass sie kommt. Sie schreit meinen Namen und dann schläft sie
ein. Sie schläft in meinem Bett ein, in meiner Umarmung.
Die Wucht und das pure Vergnügen meines
plötzlichen, unerwarteten Orgasmus bringt mich dazu,
in meine Hand zu stoßen und zu stöhnen. Ich stöhne nie, wenn ich masturbiere.
Und ich habe mir noch nicht mal ein Zellstofftaschentuch geholt und jetzt ist
mein Bauch mit meinem eigenen Sperma bedeckt. Und es ist mir völlig egal.
"Dana..." flüstere ich in die
Dunkelheit. Dass mir niemand antwortet, ist keine Überraschung.
Ende Kapitel 6
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Kapitel 7
Das erste Mal seit einer sehr langen Zeit
hatte sie um ihr Leben gefürchtet.
Sie hatte sich die meiste Zeit sicher
gefühlt. Beschützt.
Nichts hätte sie darauf vorbereiten können.
Gedankenfetzen aus ihrem früheren Leben fielen ihr ein: ihr FBI Training
("Feuern Sie keine tödlichen Schüsse ab, wenn Ihr Leben nicht in Gefahr
ist."), der militärische Background ihres Vaters ("Warum haben die
Soldaten diesen Mann umgebracht, Daddy?", "Manchmal, Starbuck, wenn Krieg ist, heißt es töten oder getötet
werden...")
Töten oder getötet werden.
Sicher musste man das in Erwägung ziehen.
Diese Menschen, diese ... diese Verräter, hätten sie umgebracht, ihr Heim zerstört,
ihr Leben, ihre Arbeit, wenn sie nicht zuerst zugeschlagen hätte.
(Alex ... "Ziele auf ihr Herz, Dana,
das ist die einzige Möglichkeit, sie zu töten.")
Schwarzes Blut fließt und erinnert sie
daran, dass das keine Menschen sind. Es waren ... es waren einmal Menschen, die
zu dem hier geworden sind. Die das hier gewählt haben. Du musst daran denken,
dass sie das gewählt haben.
Keine Sklaven. Er hatte ihr gesagt, dass es
dort keine Sklaven gibt. Kein rotes Blut und sie glaubt es, weil sie keines
sieht. Allerdings ist das auch nicht einfach in diesem Chaos.
Gleichzeitig rennen und schießen. Die kennen
so viele Methoden jemanden umzubringen. So viele.
Sie sucht nach ihm und sie gehen gemeinsam
gegen ihre Primärziele vor, nehmen sich, was sie brauchen. Er ist heiter und
entspannt, er lacht und macht es ihr so viel leichter. Bis sie an die Bombe
denkt.
Das ganze Gebäude wird in fünf Minuten
explodieren.
Vier ...
Sie muss ihn mit blutbefleckten Händen dort
wegschleppen.
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Wir haben heute Abend gesiegt. Ich denke, es
war ein großer Sieg.
Wir hatten vor einiger Zeit erfahren, dass
eine neue Dronenkolonie in der Nähe unseres
Territoriums entstanden ist. Sie hat sich sehr schnell vergrößert und es
bestand die Gefahr, dass sie schon bald in unser Land eindringen würde, wenn
wir nichts dagegen unternehmen. Wir wären völlig zerstört worden. Wenn man der
Ausbreitung im Wege steht, wird man wie ein Käfer zerquetscht.
Es gab zwei Möglichkeiten. Weiterer Rückzug
Richtung Norden, oder angreifen, bevor sie sich richtig festsetzen können. Ich
habe ungefähr fünf Minuten gebraucht, um diese Entscheidung zu treffen. Scully
sagte mir, dass ich es ihrer Meinung nach mehr genieße Cowboy und Indianer zu
spielen, als es mir gut tun würde. Ich habe ihr gesagt, dass die Indianer nur
deswegen verloren haben, weil sie sich zurückgezogen haben.
Ich kann es immer noch nicht fassen, dass
wir gewonnen haben. Dass wie diesen ganzen verdammten Ort in die ewigen
Jagdgründe befördert haben. Ich weiß nicht, ob das ohne sie möglich gewesen
wäre. Es hört nicht auf, mich zu erstaunen, wie viel Intelligenz, taktisches
Wissen und brutale Gewalt in diesem einen, kleinen Körper steckt.
Ich wollte nicht, dass sie mitkommt. Sie hat
darauf bestanden. Es war ihr erster Kampf und hoffentlich auch ihr letzter. Es
war einigermaßen schwierig für mich, mich in ihrer Gegenwart zu konzentrieren.
Es war erschütternd festzustellen, dass ich mich mehr um ihre, als um meine
eigene Sicherheit gesorgt habe. Und es war mehr als nur ein bisschen
beunruhigend zu erkennen, dass ich diesen ganzen Ort geopfert hätte, wenn es
bedeutet hätte, sie überleben zu lassen.
Trotzdem war da noch etwas anderes dabei,
sie so zu sehen.
Die Kombination von überschüssigem
Adrenalin, die Freude, dass wir gewonnen haben, das Wissen, dass ich wieder mal
dem Tod von der Schippe gesprungen bin und die Erinnerung an Dana, die einem
wirklich gefährlichen Feind in den Hintern tritt, hat mich in einen sehr
eigenartigen Zustand versetzt.
Als wir ins Camp zurückkommen, werden wir
mit einer Siegesfeier begrüßt. Alle sind ausgelassen und feiern in den
Gesellschaftsräumen und ich bin versucht, dort zu bleiben und an den
Festlichkeiten teilzunehmen, aber ich zittere so sehr, dass ich wahrscheinlich
im Moment allein besser dran bin. Ich denke nicht, dass ich heute Abend normal
mit jemanden reden oder umgehen kann. Ich denke nicht,
dass ich trinken und lachen und auf unseren Sieg anstoßen kann. Ich brauche
eine andere Art der Entspannung.
Als ich den menschenleeren Flur zu meiner
Unterkunft entlang gehe, höre ich sie in der Ferne singen. Singen. Mein Gott,
was für eine seltsame Welt.
Dann höre ich Schritte kleiner Füße hinter
mir. Oh Scully, nicht heute Abend. Ich denke nicht, dass ich das aushalten
kann.
Und trotzdem halte ich ihr die Tür auf, als
ich an dieser angekommen bin und lade sie gegen mein besseres Wissen dazu ein,
sich zu mir zu gesellen.
Wir treten ein und ich mache mir gar nicht
die Mühe, das Licht einzuschalten. Der Mond scheint hell durch die Fenster.
Ich habe das Gefühl, als wenn mein verdammte
Inneres gerade dabei ist, durch meine Haut zu platzen, aber ich bringe es
fertig, die normale Handlung auszuführen, den Kühlschrank zu öffnen und eine
alte, gestohlene Flasche Champagner herauszuholen, die ich all die Jahre für
eine solche Gelegenheit aufgehoben hatte.
Ich drehe mich das erste Mal wieder zu ihr
um, Flasche in der Hand und zweifellos ein wahnsinniges Grinsen auf meinem
Gesicht, um sie zu bitten, an meiner kleinen privaten Siegesfeier teilzunehmen
und bleibe wie angewurzelt stehen.
Sie lehnt am Küchentisch, leicht
zusammengekrümmt und zittert noch mehr als ich. Allerdings scheint es bei ihr
nicht wegen der Aufregung zu sein. Sie hat einen gequälten Gesichtsausdruck und
ihre Haare und Kleidung sind von Schmutz und Blut durchtränkt. Sie sieht aus,
als wenn sie einen Schock hätte. Es kommt mir das erste Mal in den Sinn, dass
sie vielleicht irgendwie verletzt worden sein könnte und ich stelle die Flasche
auf der Arbeitsplatte ab, gehe zu ihr und stelle mich vor sie hin.
"Geht es dir gut? Bist du verletzt,
Dana?"
Sie schüttelt ihren Kopf und murmelt, "
Habe niemals ... so viele ... umgebracht..."
Natürlich. Ich hätte es wissen müssen, dass
sie sich so fühlen würde. Sie hat immerhin noch so etwas wie ein Herz.
"Mein Gott, Alex, alle diese lebenden,
atmenden ... was wenn ich ... was wenn wir ... oh Gott."
Ich sehe, wie Tränen ihre Wangen herunter
rollen und ich möchte sie so gern berühren, sie in meine Arme nehmen und dafür sorgen,
dass es ihr besser geht, dass sie etwas anderes fühlt als das, was sie gerade
fühlt. Ich kann es trotzdem nicht, weil mein Herz in meinem Brustkorb hämmert
und mein Schwanz wegen ihr steinhart ist und ich nicht weiß, ob ich dieses Mal
in der Lage sein werde, bei einer tröstenden Berührung aufzuhören.
"Wir haben getan, was wir tun mussten.
Du hast nichts falsch gemacht. Und du warst sehr mutig."
Mein Gott, sogar meine Stimme zittert. Ich
habe das Gefühl, als ob ich jeden Moment in eine Million Stücke zerspringen
werde.
"Was wenn...was wenn wir Fehler gemacht
haben? Was wenn ich ... ich hätte in dieser Kolonie sein können, Alex. Ich
*war* in dieser Kolonie. Jedenfalls in einer wie dieser."
"Sie hatten dort keine Sklaven. Alle
Leute dort haben dieses Leben gewählt. Wir haben niemanden getötet, der es
nicht verdient hätte zu sterben."
Sie zuckt zusammen und ich nehme an, dass
ich wieder mal das falsche gesagt habe. Mein Gott, Dana, nach allem, was du
gesehen hast, wie kannst du da immer noch so verdammt viel Mitleid haben?
"Diese Leute haben für die Hurensöhne
gearbeitet, die dich zur Sklavin gemacht haben, Dana. Die selben Schweinehunde,
die Mulder umgebracht haben."
Sie seufzt und sieht schließlich in mein
Gesicht. Sie ist so schön, dass es fast schmerzt, sie anzusehen.
"Ich nehme an, dass es immer so sein
wird, richtig? Ich meine, ich nehme an, ich sollte mich daran gewöhnen. Auf die selbe Art, wie ich mich daran gewöhnt habe, als ich für
das FBI gearbeitet habe. Ich erinnere mich daran, wie ich mich damals gefühlt
habe, als ich das erste Mal einen Menschen im Dienst getötet habe. Es war
nicht...es war nicht wie das hier, aber es war schlimm."
"Ich weiß, es ist ... es ist ein
eigenartiges Gefühl..."
Ich bin mir nicht sicher, was ich dazu sagen
soll, weil ich das alles kaum noch nachempfinden kann. Ich habe eine schwache
Erinnerung an das Gefühl der Reue und Schuld, als ich das erste Mal ein
lebendes Wesen getötet habe, das erste Mal, als ich eine ganze Gruppe lebender
Wesen getötet habe, aber das ist jetzt alles so lange her, so weit entfernt.
"Aber das ist Krieg, Dana. Und du
stehst auf der richtigen Seite. Du musst wissen, dass du das Richtige
tust."
Bitte denke daran. Bitte geh nicht weg.
"Wir tun das nicht nur aus Rache, Dana,
sondern auch für die Zukunft. Du bist eine Heldin. Ich weiß nicht, ob dir das
klar ist."
Sie starrt mich wortlos an und ich bemerke
jetzt erst, wie schnell wir beide atmen. Ich zittere immer noch heftig, von
innen nach außen. Und in der aufgeladenen Stille zwischen uns kann ich die
draußen immer noch rufen und singen hören.
"Du warst auch sehr mutig, Alex. Ich
denke nicht, dass ich ... ich meine, ich wäre nicht fähig gewesen, all das dort
ohne dich zu tun."
"Übertreib's
nicht", lache ich kurz. "Ich wette, du hättest die ganze Bande mit
einer Hand ausschalten können."
"Nein, ich meine es ernst. Ich hätte
nichts von all dem tun können, von all der Arbeit oder ...mein Gott, ich wäre
immer noch Sklavin, wenn du nicht gewesen wärst. Und seitdem bin ich ... warst
du..."
Sie beißt sich nervös auf die Lippe, als sie
nach Worten sucht.
"Du bist so schön", platzt es
unvorsichtig aus mir heraus und es ist mir mittlerweile sogar egal, wie sie
reagieren könnte. Sie hätte es besser wissen müssen, als zu mir zu kommen, wenn
ich mich so fühle.
"Alex...bei dir fühle ich mich...mein
Gott, bei dir fühle ich mich..."
Sie beendet ihren Satz nicht, aber ich sehe
es in ihren Augen. Bei mir fühlt sie sich schön. Bei mir fühlt sie sich stark.
Bei mir fühlt sie sich, als wenn sie alles tun könnte.
Oder, ich mache mir vielleicht nur etwas
vor.
"Ich bin so stolz auf dich,
Dana..." murmle ich und höre wieder auf, weil mir sofort auffällt, wie
lächerlich das klingt. Als wenn ich ihr Vater oder ihr Mentor oder so was wäre.
Stolz ist nicht das richtige Wort. Erstaunt vielleicht. Ehrfürchtig. Und im
Moment, Jesus, weiß ich noch nicht mal, ob ich es in Worte fassen kann. Ich
bemerke plötzlich, dass ich ihr viel näher bin, als noch vor fünf Minuten, und
wenn sie nicht sofort hier verschwindet, werde ich ihr noch näher kommen. Ich
kann nicht aufhören. Ich habe keine Ahnung, ob sie will, dass ich aufhöre. Ich
habe so lange so sehr versucht, damit aufzuhören. Einfach nur damit aufzuhören.
Ich kann mir das nicht leisten. Und dennoch brauche ich es so verzweifelt. Es
ist so, als wenn sie etwas in mir aufgebrochen hätte, das so lange verschlossen
und versiegelt war, dass ich von seiner Existenz gar nichts mehr wusste.
"Dana, ich kann nicht ... ich denke,
ich denke du solltest jetzt vielleicht gehen", bringe ich heraus und flehe
sie im Stillen an, das nicht zu tun.
"Ich kann nicht", sagt sie einfach
und ich habe das Gefühl, dass diese Worte das Seil gekappt haben, das mich vier
Jahre lang zurückgehalten hat. Ich schließe den verbliebenen Abstand zwischen
uns und mein Körper ist so nah an ihrem, dass ich fast das Hämmern in ihrer
Brust und die Schauer, die durch sie hindurchgehen spüren kann.
"Ich möchte nicht ... gehen. Ich
brauche ... ich kann heute nacht
nicht alleine sein."
"Bist du sicher?" frage ich und
zeige ihr damit den letzten Ausweg, bevor ich jede Hoffnung auf Zurückhaltung
aufgebe. Ich versuche ihr durch meinen Gesichtsausdruck, meinen Körper und
meine Stimme mitzuteilen, auf was sie sich einlässt, wenn sie bleibt.
"Dana, wenn du bleibst..."
"Alex..."
Ihre Hand hebt die Hand, mit der sie den Küchentische umklammert hatte und bewegt sie in Richtung
meines Gesichtes. Eine wahnsinnig kleine Geste, aber im Moment reicht sie aus,
um mich über den Punkt ohne Umkehr hinaus zu schicken.
Bevor ihre Handfläche überhaupt meine Wange
erreicht, greife ich ihr Handgelenk und drücke meinen Körper völlig an ihren.
Ihre Augen weiten sich überrascht und sie schnappt leise nach Luft...
"Alex..." flüstert sie wieder und
dann stürzen wir uns aufeinander, küssen uns so sehr, dass ich nicht mal mehr
atmen kann.
Ich habe mich ziemlich gut daran gewöhnt,
nur eine voll funktionsfähige Hand zu haben, aber in Momenten wie diesem
vermisse ich die andere. Ich kann sie fast spüren, wie sie in dem Verlangen
zuckt, ihre Haut zu berühren, als ich unter ihr Shirt fasse und mit meinen
Fingern über die Zartheit ihres Bauches gleite. Sie stöhnt leise gegen meine
Lippen und ich schiebe meine Zunge in ihren Mund.
Sie ist verdammt weit weg da unten. Ich kann
das nicht ertragen. Ich schubse sie gegen den Tisch und sie setzt sich auf die
Tischplatte, mit erhobenem Kopf, so dass sie ein bisschen mehr auf meiner Höhe
ist. Ich fasse nach unten zwischen ihre Schenkel, drücke sie auseinander und
dränge mich in die warme Geborgenheit ihrer Beine. Zu viele Orte zu berühren,
zu viele Bedürfnisse, viel zu viel...
Sie passt sich mir schwerfällig an, drückt
ihre Hüften gegen meine, unbeabsichtigt wie ich annehme, und vergräbt ihre
Finger in meinen Haaren. Mir ist danach, ihre Finger zu nehmen und mit ihnen jeden
Zentimeter meines Körpers zu berühren.
Ich lasse meine Zunge an ihrem Kinn hinunter
gleiten, schmecke die eigenartige Mischung von salzigem Schweiß und dem Blut
anderer Leute, und dann wieder zurück zu der eingekerbten Narbe hinter ihrem
Ohr. Ihre Beine schlingen sich fest um meine Taille und diese Mal ist die
Reibung zwischen uns Absicht. Es sollte sich eigentlich gut anfühlen, aber im
Moment ist es Folter. Es tut weh.
Dann greift sie zwischen uns und fährt mit
ihrer Hand über die Beule in meiner Jeans und ich weiß, dass es genau an dieser
Stelle aufhören muss. Naja, nicht genau an dieser Stelle. Nicht so lange, wie
ich mich an sie heranschmeiße, wie ein geiles Hündchen an das Bein eines armen
Ahnungslosen.
"Dana..." stöhne ich ihr gequält
ins Ohr und schmeiße gleichzeitig das Buch und das Geschirr vom heutigen
Frühstück vom Tisch hinter ihr. Das Klirren zerbrechenden Glases auf dem Boden
mischt sich mit den Geräuschen der draußen immer noch stattfindenden Feier und
dem Takt meines schlagenden Herzens, das so laut hämmert, dass ich es hören
kann.
Ich schiebe sie weiter über die Oberfläche
des Tisches und ziehe frustriert an ihrem Shirt während ich ein geradezu
gemeines Gefühl des Eingeschränktseins empfinde.
Vergiss die eine Hand, die ich verloren habe, ich könnte im Moment noch zwölf
weitere gebrauchen. Eine um ihr das Shirt vom Leib zu reißen, eine um ihr
Gesicht zu berühren, eine um ihre Jeans auszuziehen, eine weitere um zwischen
ihre Beine zu fassen und noch ein paar weitere, um mich meiner eigenen Sachen
zu entledigen.
Sie zieht ihr Oberteil über ihren Kopf und
wirft es zur Seite. Oh ja. Sie hat auch Hände. Und ich habe immer noch einen
Mund, verdammt noch mal. Ich berühre mit diesem speziellen Körperteil ihre
Brustwarze durch den Stoff ihres BH's hindurch und
sie stöhnt und biegt sich mir entgegen.
"Alex...nimm...ich...oh..."
Jaa, sag mir, was ich tun soll, Dana. Es ist mir egal,
ob es zusammenhangslos ist. Rede einfach weiter mit mir, erinnere mich weiter
daran, dass du das hier wirklich willst.
Ich fahre mit meiner Zunge über ihren Bauch
und ihr Zittern steigert seine Intensität. Wir zittern beide immer noch so
sehr, dass es uns fast umwirft.
Mein Mund und meine rechte Hand arbeiten
zusammen, um ihre Jeans aufzubekommen und ich sinke vor ihr auf die Knie, ziehe
die Hosen bis ganz nach unten. Bis ganz nach unten zu ihren verdammten
Kampfstiefeln. Verfluchte Scheiße! Ich könnte heulen.
Aber ich tue es nicht. Und ich denke auch
erst gar nicht daran, mich hier geduldig hinzusetzen und diese Scheißdinger
aufzubinden. Ich greife wieder nach oben, zerre ihre Unterwäsche bis zu ihren
Knien hinunter und vergrabe mein Gesicht zwischen ihren Schenkeln.
Bei allen Heiligen. Sie schmeckt verdammt
wunderbar. Und der Geruch...gute Güte. Ich fange gar nicht erst mit irgendeiner
Art von Vorspiel an, kein reizen, gar nichts. Sie ist tropfnass und drückt sich
gegen mich und ich denke, dass diese Dinge sie im Moment nur total frustrieren
würden und so steuere ich direkt mein Primärziel an. Ich lasse meine Zunge schön
heftig über ihre Klitoris schnellen und sie greift nach meinem Hinterkopf und
schreit.
Ich tue es wieder, fester, und immer wieder,
so schnell ich nur irgendwie kann und sie beginnt sich zu winden und zu keuchen
und versucht, ihre Beine weiter zu spreizen. Ich mag das irgendwie. Als ich sie
ansehe, erkenne ich die Dringlichkeit in ihren Augen. Es ist die
selbe Verzweiflung, die ich spüre.
Ich stehe auf und knöpfe meine Hose auf,
ziehe sie bis zu meinen Knöcheln und bemerke, dass das gleiche Problem auch auf
meiner Seite des Zauns existiert. Keine verdammte Zeit. Wir werden das so tun
müssen, wie wir alles tun. Mit unseren Stiefeln an den Füßen.
"Dreh dich um", sage ich grob zu
ihr. Sie steht auf, dreht mir den Rücken zu und ich drücke sie nach unten, so dass
sie über den Tisch gebeugt ist. Ich führe meinen Schwanz mit meiner Hand und
dringe mit einem schnellen, kräftigen Stoß endlich, endlich in sie ein.
Es ist so verdammt eng hier drin, dass ich
einen verrückten, panischen Moment lang fürchte, dass ich vielleicht in meiner
Eile versehentlich das falsche Loch erwischt haben könnte. Aber nein, es ist
feucht und weich und, Gott, einfach wunderbar. Eigentlich zu wunderbar.
"Alex?"
Mein Gott, ich stehe einfach hier wie ein
verdammter Geisteskranker. Ich habe Angst davor, mich zu bewegen.
Okay, atme tief durch, nimm dich zusammen,
konzentrier dich, Augen an die Wand, das ist wahrscheinlich das einzige Mal,
dass du das jemals tun darfst.
Ich bringe es fertig, mich wieder so weit
unter Kontrolle zu bekommen, dass ich mit erstaunlicher Geduld fast vollständig
aus ihr heraus und wieder langsam in sie hinein gleiten kann. Jap, es ist so einfach. Ich habe das einfach schon oft
genug getan, um mich nicht vollständig zu blamieren.
Mit meiner Hand umfasse ich ihre Hüfte um
erfolgreich einen weiteren, ruhigen, gleichmäßigen Stoß zustande zu bringen und
ich denke, dass ich das vielleicht tun kann. Genau in diesem Moment beginnt
sie, dieses eigenartige, miauende Geräusch zu machen, ihren Rücken zu krümmen
und sich gegen mich zu pressen. Ich sehe nach unten und bemerke, dass ihre
kleinen Füße noch nicht einmal den Boden berühren. Ihre Beine baumeln einfach
so über der Tischkante in der Luft. Man vergisst so schnell, wie klein und
zierlich sie eigentlich ist. Dann sehe ich das Mal auf ihrem Rücken. Ein Tattoo? Sie hat ein Tattoo. Mein
Gott, wer ist diese Frau? Wer war sie?
"Mmm...mehr
Alex, fester", stöhnt sie und zieht ihre Scheidenmuskulatur um mich
zusammen, zieht mich tiefer in sich hinein und umschließt mich noch enger. Mein
Gott sie ist so verdammt eng. Verdammt. Okay, ich gebe auf.
"Gott, Alex...Gott", keucht sie,
als ich anfange, in sie hineinzustoßen, nachdem ich alle Versuche, Anstand und
Kontrolle zu behalten, völlig aufgegeben habe.
"Ja? Sag's mir. Sag's mir, Dana",
ächzte ich zwischen meinen kurzen Atemzügen, lege meinen Körper auf sie und
drücke meine Lippen an ihr Ohr.
"Ich...ich kann nicht..."
"Doch du kannst. Sag's mir, sag mir,
dass es gut ist. Sag mir, dass du es willst, Dana. Sag mir, dass du mich
willst."
"Ich wi...ich..."
Sie dreht ihren Kopf zur Seite, so dass ihre Lippen nahe an meinen sind und ich
kann ihre Augen sehen.
"Du verfluchter Ego...mane...Gott!"
Ich nehme an, dass sie sich fragt, ob ich
das alles nicht allein deswegen tue, um sie sagen zu hören, wie großartig ich
bin. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich solch einer Sache beschuldigt werden
würde.
Ich stoße diesmal absichtlich hart in sie
hinein, nehme ihre Haare in meine Faust, um ihr Gesicht weiter in meine Richtung
zu drehen und meine Zunge brutal zwischen ihre Lippen zu schieben. Sie saugt
daran, während sie gleichzeitig ihre Scheidenmuskulatur um meinen Schwanz
verengt und wir sehen uns gegenseitig vorwurfsvoll in die Augen. Dann spüre
ich, wie sich ihre Zähne in meine Zunge graben und ich ziehe mich mit einem
absolut unmännlichen Jaulen zurück. Sie lächelt schüchtern und reibt ihren
Hintern kreisförmig an meinem Bauch.
"Sag's mir", verlange ich wieder,
stoße mit steigender Heftigkeit und Geschwindigkeit in sie hinein, versuche
fast, ihr wehzutun, nur damit sie mir etwas sagt. Irgendetwas darüber, was sie
empfindet. Natürlich bringe ich mich selbst dabei dem Orgasmus immer näher und
es wird ziemlich bald für mich kein Zurück mehr geben.
"Warum...warum sagst du es mir nicht,
Alex?"
Das kann nicht ihr Ernst sein. Es ist
unmöglich, dass sie das nicht wissen kann.
"Sag *mir*, wie es ist."
Sie versteht mich nicht. Ich will nicht
wissen, wie sich mein Schwanz in ihr anfühlt. Ich meine, das auch, aber noch
mehr als das möchte ich wissen, ob sie das genauso gewollt hat, wie ich. Ich
möchte wissen, dass ich es bin, den sie will. Nur ich.
"Es ist wie...Jesus, Dana, es ist wie
sterben."
Verdammt. Das ergibt überhaupt keinen Sinn
und jetzt bin ich wirklich, wirklich nahe dran. Ich greife an die Stelle, wo
ihr Schritt gegen die scharfe Tischkante gepresst ist und mir wird klar, dass
ihr das wahrscheinlich weh tut. Ich schiebe meine Hand dazwischen und drücke
meine Finger gegen ihre Klitoris und nehme so den Schmerz auf meine Hand.
"Mmmjaaahh",
wimmert sie und ihre Hände tasten auf der Tischplatte herum und suchen nach
etwas zum festhalten.
"Jaa?
Gut?"
"Ich ka...ich
kann nicht...ich werde nicht..."
"SAG'S MIR!"
Mist. Mist. Mist.
Ich kann nicht aufhören. Verdammter Mist. Ich
kann verdammt noch mal nicht aufhören und ich kann es nicht besser machen und
das, weil ich keine Beherrschung mehr übrig habe und es in meinen Ohren
klingelt und ich nicht mehr geradeaus sehen kann und ich nicht aufhören kann,
wie ein Wahnsinniger in sie hineinzustoßen.
Ich klammere mich zwischen ihren Beine fest und schreie irgendein sinnloses Wort als
ich in ihr komme, in einer Zeitspanne, die mir wie eine Ewigkeit vorkommt. Als
ich schließlich den Punkt erreiche, an dem unmöglich noch ein Tropfen Sperma in
meinem Körper sein kann, hört es auf. Es hört auf und mir wird klar, dass die
Frau, die ich anbete, jetzt wahrscheinlich völlig angewidert von mir ist.
So kann man eine gute Sache total versauen.
Ende Kapitel 7
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXx
Kapitel 8
Ich habe früher an solche Sachen wie
Schicksal geglaubt. Ich hätte es nie zugegeben, aber es gab sicher eine Zeit,
in der ich geglaubt habe, dass es Mulder und mir "bestimmt" war
zusammen zu sein. Das er mein Schicksal war. Und das war er auch auf gewisse
Weise. Er muss es gewesen sein, weil ich, obwohl mich Alex gerade gevögelt hat,
Mulder immer noch in meinem Inneren spüren kann, wie er mein Leben zusammen mit
mir lebt. Ich und Mulder sind gerade von Alex Krycek
gevögelt worden. Das ist ganz ehrlich das, was ich jetzt fühle und ich weiß
nicht, was ich darüber denken soll.
Ich weiß nicht, ob ich immer noch an das
Schicksal glaube, weil keine Macht des Universums das hier geplant haben
könnte.
"Dana...Mist..." keucht er in mein
Ohr, auf mir liegend, immer noch fast vollständig bekleidet.
"Ich...ich möchte...ich möchte es besser machen. Komm mit mir ins
Bett."
Er will, dass ich komme. Er will dafür
sorgen, dass ich komme. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich weiß nicht, ob ich
das will. Ich habe das Gefühl, als ob jedes meiner Nervenenden
zittert und blank liegt. Es ist alles einfach zu viel.
Er geht von mir herunter und knöpft seine
Hose wieder zu, während ich mich zu ihm umdrehe und ihn ansehe. Jesus, er hat
immer noch seine verdammte Lederjacke an.
Aber irgendwie, trotz all der Kleidung,
sieht er nackt aus, wie er so da steht, sein Gesicht gerötet und verschwitzt,
mit leise flehenden Augen. Er hält mir die Hand hin und hilft mir beim
Aufstehen.
"Komm mit mir ins Bett."
Er möchte sich mit mir hinlegen, um mich in
die Arme zu nehmen, um mit mir Liebe zu machen, nach diesem rasenden Fick. Wir
beide zittern immer noch. Mein Gott, ich glaube, dass ich das will. Ich glaube,
dass ich das im Moment mehr als alles andere brauche. Und in Gottes Namen, es
ist das, was ich ihm empfohlen habe anzustreben. Nun tut er es. Er bittet mich,
ihn hereinzulassen. Er bittet mich um die Erlaubnis, mich einlassen zu dürfen.
Ich sollte ihm zu seinem Versuch gratulieren, eine reife, erwachsene Beziehung
aufzubauen. Eine aufmerksame, liebevolle Beziehung. Aber ich habe solche Angst.
Sex ist Sex aber das...das würde Vertrautheit sein. Ich war so lange so
vorsichtig. Mein Gott, Mulder, was sollen wir tun?
"Ich dachte, du tust es nicht gern in
Betten?"
Er zuckt zusammen und ich komme mir sofort
dämlich vor, dass ich das gesagt habe.
"Wer hat dir das gesagt?"
Ich antworte nicht, weil ich kein Geheimnis
verraten und auch nicht mehr darüber reden möchte. Es war falsch, das zu sagen.
"Roseanne? Hat sie dir das
gesagt?"
Er sieht ärgerlich aus. Mist. Was ist mit
mir nicht in Ordnung?
"Ist nicht wichtig, Alex. Ich..."
"Nein, nein es ist in Ordnung. Sie hat
recht. Das tue ich nicht. Nicht normalerweise. Ich würde es gerne mit dir tun,
Dana. Bitte."
Bitte? Ich glaube nicht, dass ich Alex
*jemals* vorher habe bitte sagen hören. Noch nicht einmal "Bitte
wegtreten". Niemals.
Meine Worte von diese
ersten Nacht im Pool fallen mir wieder ein. Wovor hast du solche Angst?
Ergreife die Chance.
"Bitte. Komm mit mir ins Bett."
Und das tue ich. Oh, Mulder, ich hoffe, das
ist das, was du gewollt hättest.
Als wir in seinem Schlafzimmer sind ziehen
wir uns in einer eigenartig scheuen und verschämten Zeremonie mit dem Rücken
zueinander aus. Ich krieche unter die Decken und sehe zu ihm, der immer noch da
steht. Das einzige Licht im Zimmer kommt vom Fenster. Heute ist Vollmond und es
liegt Schnee, deswegen ist es eigentlich ziemlich hell.
Er ist wirklich sehr schön. Ich weiß nicht,
ob mir jemals vorher aufgefallen ist, wie schön. Aber irgendetwas ist falsch,
etwas, das nicht zu ihm gehört.
"Nimm ihn ab", sage ich zu ihm,
als er zum Bett geht.
"Bist ... bist du sicher?" Er
sieht aus irgendeinem Grund ängstlich aus. Als wenn ich ihn noch nie vorher so
gesehen hätte.
"Ja. Ich möchte dich sehen, Alex. Nur
dich. So, wie im Pool."
Er lächelt nervös und beginnt, sich den
Plastikarm abzuschnallen, während ich zur Ablenkung aus dem Fenster sehe. Ich
weiß, dass er es nicht mag, wenn ich ihm dabei zusehe, obwohl ich nicht
wirklich verstehe warum. Als ich höre, wie er die
Prothese auf den Schrank legt, drehe ich mich wieder zu ihm und seufze. Sehr,
sehr viel besser.
Gott, er ist wirklich ein toller Mann. Sogar
ohne den Arm hat er einen Körper wie ein griechischer Gott. Breite Schultern,
muskulöser Brustkorb und Bauch mit genau der richtigen Behaarung, seine Haut
ist so hell, dass sie fast schimmert, kräftige, muskulöse Beine.
Mein Gott, gehört das alles mir?
Ich hatte mich auf die linke Seite des
Bettes gelegt, so dass er sich rechts neben mich legen muss. Wir liegen eine
Weile auf dem Rücken und starren an die Decke, während wir mit halben Ohr der Feier draußen lauschen. Es hört sich so an,
als würden die sich da draußen ziemlich besaufen. Ich kann ihn trotzdem, selbst
über den Lärm, neben mir atmen hören. Er atmet sehr laut, sehr schnell. Er
zittert immer noch.
Ich weiß gar nicht genau, was ich sagen oder
tun sollte. Ich war schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr in so einer
Situation.
"Woran denkst du, Alex?"
"Hmm? Äh,
eigentlich an nichts."
"Nichts?" Wir hatten gerade Sex
und er denkt an nichts? Ich kann das kaum glauben.
"Ich war nur...du weißt, es ist
komisch. Ich wollte nie wirklich Sex mit Leuten in meinem Bett haben, weil ich befürchtet
habe, dass sie dann bleiben würden und jetzt habe ich Angst, es mit dir hier zu
tun, weil ich befürchte, dass du dann gehen willst."
"Warum sollte ich gehen wollen?"
Er antwortet mir nicht und ich drehe mich
auf die Seite und stütze meinen Kopf auf meinen Ellenbogen, so dass ich ihn
ansehen kann. Ich fasse zu ihm hinüber und wische mit meinen Fingerspitzen ein
wenig Feuchtigkeit von seiner Augenbraue. Er schließt seine Augen und bebt ein
wenig.
"Alex? Warum? Warum denkst du
das?"
Er seufzt und als er seine Augen wieder
öffnet sieht er ärgerlich aus. Allerdings nicht auf mich. Vielleicht auf sich
selbst, weil er einen Anflug von Unsicherheit spürt.
"Dana, du bist...ich wie nicht, du bist
einfach so verdammt perfekt. Es ist fast ein bisschen beängstigend. Du
verdienst...ich meine du willst sicher...ich weiß nicht. Ich bin kein besonders
netter Mann, Dana."
Was ist los mit den Männern, dass sie nach
dem Sex von post-koitalen Gedächtnisschwund befallen
werden? Erinnert er sich nicht daran, dass ich ihn seit vier Jahren kenne? Hat
er vergessen, dass er mich nicht irgendwo in einer Bar aufgelesen hat? Ich
hätte gedacht, dass er mich nach all den Jahren gut genug kennen würde um zu
wissen, dass ich nicht einfach damit anfangen würde, ohne ganz genau zu wissen,
wer und was er ist.
"Nett wird überschätzt. Ich bevorzuge
Leidenschaft. Außerdem, nett bedeutet nicht immer auch gut. Du kannst sehr nett
sein und trotzdem kein guter Mensch und umgekehrt."
Er lacht rau, als wolle er sagen, dass er
weder das eine noch das andere ist, dann dreht er den Kopf etwas zur Seite und
sieht mich endlich an.
"Dana, ich bin nicht mal...ich meine
ich bin...ich bin nicht ganz. Kein ganzer Mann."
Er sieht dorthin, wo früher sein Arm war und
zieht eine Grimasse.
"Mein Gott, Dana. Was zur Hölle machst
du mit mir? Ich habe mich noch nie im Leben so verdammt unsicher gefühlt."
Großartig. Ich liebe es, genau diese Wirkung
auf Männer zu haben. Was ist mit mir los?
Ich sehe mir die Überreste seines Armes das
erste Mal wirklich sorgfältig an. Ich war ihm noch nie
vorher so nah. Er ist nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Ich
weiß immer noch nicht sehr viel darüber, wie es passiert ist. Nur das, was mir
Mulder erzählt hatte und er war ja noch nicht einmal
dabei. Ich kann alleine vom Anblick aus der Nähe sagen, dass es nicht gerade
ein sauberer Schnitt war. Es erinnert mich an die Bilder, die man uns während
des Studiums gezeigt hat, von Farmern und Fabrikarbeitern, deren Arme von einer
Heuerntemaschine abgerissen wurden. Die Haut ist dünn und glänzend. Ich wette,
es tut ihm immer noch sehr oft weh.
"Alex, die ganze Sache hat nichts damit
zu tun, ein bestimmtes Körperteil zu haben. Es hat damit zu tun, was für ein
Mensch du bist. Es sind nicht die Einzelteile, sondern
wie sie zusammenpassen. Und du...du bist schön und vollständig, Alex.
Überall."
Ich berühre mit meinen Fingern flüchtig die
Überreste seines Arms und er schaudert bei meiner Berührung.
"Ist es sehr empfindlich?"
Er nickt und sieht mich mit einem fast
panischen Gesichtsausdruck an. Ich setze einen federleichten Kuss auf den
Stumpf und er schnappt nach Luft und kneift seine Augen zu.
"Tut es dir immer noch weh?" frage
ich, während ich mit meinen Lippen über ihn gleite in einem Regen von Küssen.
"Nicht...nicht jetzt", bringt er
zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich beginne mit meiner Zunge über
die gespannte Haut zu fahren und bemerke, wie er unter der Decke in kürzester
Zeit wieder hart wird.
"Ist das gut, Alex?"
Er atmet ein paar mal
tief durch und stöhnt dann einfach. Ich nehme an, es ist gut. Ich lecke ihn
weiter dort und beginne mit meiner Hand über seine Brust zu streichen, die sich
hebt und senkt.
"Wirst du es mir erzählen?"
flüstere ich.
"Dir erzählen...?"
"Mir erzählen wie. Mir erzählen, was
dir zugestoßen ist."
Sein Körper spannt sich noch mehr an und ich
frage mich, ob das eine gute Idee war. Ich hatte einfach das Gefühl, ich müsste
das aus irgend einem Grund wissen.
"Hat Mulder es dir nicht erzählt?"
"Er hat mir erzählt, was er wusste. Er
war nicht dort, Alex. Ich möchte wissen, wie es für dich war." Ich
streichle seine Wange mit meinen Fingern und setzte einen weiteren Kuss mit
offenem Mund auf seinen Armstumpf und er windet sich tatsächlich. Er wimmert.
Und ich lege fest, dass ich dieses Geräusch noch sehr oft hören möchte.
"Bitte erzähl es mir." Ich küsse
mich über seine Schultern herauf zu seinem Hals. "Bitte." Meine
Lippen schließen sich über sein Ohrläppchen und ich sauge zart daran und fahre mit
meinen Fingernägeln über die Innenseite seines rechten Arms. "Bitte."
Schließlich lecke ich ihn hinter dem Ohr, so wie es Roseanne empfohlen hat. Er
knurrt nicht. Genaugenommen ist das kindliche Wimmern, was tief aus seiner
Kehle kommt, weiter von einem Knurren entfernt, als ich es mir vorstellen kann.
Aber es gefällt mir sogar noch viel besser. "Bitte."
Ich fühle, wie sich seine Finger in meinen
Haaren vergraben und plötzlich zieht er mein Gesicht von seinem Ohr weg und
dann küsst er mich tief und feucht. Seine Absicht ist klar. Es ist
offensichtlich, dass er es lieber noch mal mit mir treiben würde, als darüber
zu reden. Und obwohl er es sehr verlockend macht mit seinem heißen,
leidenschaftlichen Kuss, bin ich immer noch überwältigt von dem Verlangen, seine
Geschichte zu hören.
Ich entziehe mich seinem Kuss und er stöhnt
protestierend.
"Erst erzählen."
Er lacht und schüttelt den Kopf.
"Uprijamui."
Er hat mich so schon oft genug genannt, dass
ich mittlerweile weiß, was das bedeutet. Stur.
"Darauf kannst du wetten."
"Ich erinnere mich gar nicht mehr an so
viel, Dana. Es ist alles schon so lange her und ich war auch nicht ganz bei
mir, um es mal so zu sagen."
"Erzähl mir einfach, woran du dich
erinnerst."
Er atmet tief ein und beginnt, mit meinen
Haaren zu spielen, wickelt sie um seine Finger und kämmt sie über meine
Schultern.
"Ich erinnere mich daran, dass es sehr
kalt war. Ich war ziemlich fertig, als es passierte. Ich hatte schon seit Tagen
nicht mehr richtig gegessen oder geschlafen und so war ich körperlich nicht
mehr in der besten Verfassung. Und es waren so viele von denen also konnte ich
nicht...ich meine, ich habe versucht zu kämpfen aber..."
Er seufzt und seine Hände fassen meine Haare
fester. Und ich spüre den leichten Selbstvorwurf. Denkt er tatsächlich, dass
etwas mit ihm nicht stimmt, weil er nicht in der Lage war, es zu verhindern?
Aber wiederum, wäre es nicht genau das, was ich mich fragen würde, wenn ich es
wäre? Ist es nicht das, womit ich mich nun schon seit über vier Jahren selbst
quäle?
"Jedenfalls bin ich am Feuer
eingeschlafen. Ich war einfach so müde...Sie haben mich geweckt und ich war so
desorientiert...sie haben es fertig gebracht, mich am Boden festzuhalten. Mir
war nicht voll bewusst, was überhaupt vorging, bis ich gesehen habe, wie einer
von den Kerlen ein Messer ins Feuer hielt. Dann ist mir schließlich die
Bedeutung der Tatsache bewusst geworden, dass die alle keinen linken Arm mehr
hatten, was sie mit dem Messer vor hatten...ich denke die Erkenntnis war schon
fast genug, um mich tatsächlich ohnmächtig werden zu lassen. Komischerweise
wurde ich es aber nicht."
Ich erinnere mich, wie ich einmal an einen
Stuhl gefesselt war, als Gefangene eines Verrückten, auf die Nadel in seiner
Hand gesehen habe und wusste, dass er mich damit lobotomieren
wollte. Ich erinnere mich an den Moment der Erkenntnis und die furchtbare
Angst, die ich hatte. Abgesehen davon, dass ich davongekommen bin. Ich wurde
gerettet. Von Mulder. Alex hatte niemanden, der ihm zu Hilfe gekommen wäre.
Nicht dass ich damals gedacht hätte, er hätte es verdient gerettet zu werden.
Ich erinnere mich daran, dass ich als Mulder mir die Geschichte erzählte so
glücklich war, dass es ihn nicht getroffen hatte, dass ich gar nicht an Krycek gedacht habe. Es schien eine gute Strafe zu sein.
Aber niemand verdient es, so brutal behandelt zu werden. Niemand verdient es,
so voller Furcht allein in der Kälte zu sein.
"Alex", flüstere ich an seiner
Brust und er drückt mich an sich.
"Ich weiß nicht, wie lang es wirklich
gedauert hat. Ich denke, dass ich nach ungefähr fünfzehn Minuten weggetreten
bin. Irgend etwas muss sie vertrieben haben, denn als
ich aufwachte, waren sie weg. Und äh...auch mein Arm. Es war nacht und es war wahrscheinlich ungefähr minus vierzig
Grad. Wahrscheinlich eine gute Sache. Ich denke, dass die Kälte das Blut etwas
gefroren hat, sonst wäre ich wahrscheinlich verblutet. Ich konnte mich nicht
richtig bewegen, also habe ich einfach die ganze Nacht dort gelegen, bin immer
mal wieder bewusstlos geworden. Ich war mir sicher, dass ich es nicht bis zum
Sonnenaufgang schaffen würde. Ich denke, das war die längste Nacht meines
Lebens. Das nächste, woran ich mich erinnere ist, wie ich in diesem schäbigen
Krankenhausbett aufgewacht bin...Dana, warum weinst du?"
Mein Gott, tue ich das? Ich denke ja. Da
sind überall Tränen auf meinem Gesicht und seiner Brust.
"Ich habe nicht...ich bin nur...ich bin
froh, dass du hier bist", krächze ich, aber aus irgendeinem Grund macht es
das sprechen nur noch schlimmer. Das Brennen in meinem Hals wird schlimmer und
ich fange an zu zittern.
"Es tut mir leid, ich hätte dir das
nicht erzählen sollen. Es ist nicht gerade die angenehmste
Gute-Nacht-Geschichte der Welt."
Ich kann noch nicht mal sprechen. Alles was
ich tun kann ist schniefen und meinen Kopf schütteln.
"Weine nicht, Dana. Ich kann nicht...
ich kann das nicht ertragen."
Er zieht meine
Gesicht wieder an seines und küsst meine Wangen, wischt meine Tränen mit seiner
Zungenspitze weg.
"Schhh, weine
nicht. Es ist gut."
Er küsst wieder meine Lippen, diesmal weich
und zärtlich. Seine Hand fährt über die Seite meines Gesichtes, über meinen
Hals und lässt sich auf der Rundung meiner Hüfte nieder.
"Ich habe noch nie jemandem die ganze
Story erzählt, Dana", flüstert er in meinen Mund. "Ich weiß nicht, was
du an dir hast."
Seine Hand wandert weiter nach unten, weiter
über die Außenseite meines Oberschenkels und auf der Innenseite wieder zurück.
Er rollt sich auf seine Seite, so dass er mich völlig ansehen kann und so, dass
ich ihn an meinem Bauch gepresst fühlen kann, immer noch hart, obwohl er gerade
diese fürchterliche Erinnerung durchlebt hat. Seine zarten Küsse und das sanfte
Streicheln trösten mich und ich höre irgendwann auf zu weinen.
Und irgendwie, nach einer Weile, bin ich
nicht mehr nur getröstet, sondern bewege mich sehr schnell darauf zu, wieder
sehr erregt zu sein. Er scheint diesen Wandel in mir zu bemerken und passt
seine Aufmerksamkeiten entsprechend an, küsst etwas heftiger, berührt ich etwas
aggressiver. Trotzdem ist er überraschend zärtlich. Ich fühle, wie sich wieder
etwas in mir aufbaut, etwas, das scheinbar vor Stunden angefangen hatte und
nicht richtig zu Ende gebracht wurde.
Ich lege meine Bein
über seines und er drückt seinen Oberschenkel etwas nach vorn. Dieser
angedeutete Kontakt reicht aus, um mich stöhnen zu lassen und ihn zwischen
meine Beine zu ziehen. Ich reibe mich über seinen Schenkel und er lacht an
meinem Hals während er ihn küsst.
"Geht es dir besser?"
Ich nicke und spüre seinen
Hand auf meinem Hintern, die sich immer weiter nach unten bewegt nach vorn und,
oh Gott, sein Finger ist in mir. Ich stöhne wieder und klammere mich mit beiden
Händen an seinem Kopf fest, drücke seinen Mund fester an meinen Hals. Er
gleitet mit seinem Finger langsam aus mir heraus und wieder hinein, mit einer
entsetzlichen Langsamkeit, so zärtlich, so sanft, dass es mich fast wieder zum
Weinen bringt.
"Ich möchte, dass du dich gut fühlst,
Dana. Fühlt es sich gut an?"
"Jaa",
wimmere ich. Trotzdem nicht gut genug. Ich bin wieder da, wo ich ganz am Anfang
auf diesem Küchentisch war, bereit zu explodieren, aber ich habe nicht die
ausreichende Stimulation bekommen.
Ich rolle mich auf meinen Rücken und nehme
ihn mit mir, so dass er auf mir liegt. So dass er zwischen meinen Beinen liegt.
Ich biege mich nach oben, fühle, wie er gegen mich drückt und es ist so gut,
dass ich denke, ich könnte sterben.
"Dana...mein Gott, Dana. Was willst du?
Sag mir, was ich tun soll."
Ich weiß es noch nicht einmal. Ich kann noch
nicht einmal denken. Alles was ich tun kann ist frustriert zu stöhnen und mich
gegen ihn zu drücken. Wie konnte ich so schnell wieder so übererregt werden?
"Ich...ich will dich in mir",
murmle ich während ich denke, dass es dieses Mal vielleicht ausreichen wird,
aber er schüttelt den Kopf.
"Nein, das willst du nicht. Noch
nicht."
Und dann küsst eine Spur auf meinem
Oberkörper hinunter, hält für eine Weile an, um an meinen Brustwarzen zu saugen
und bewegt sich dann weiter hinunter, hinunter, hinunter. Über meinen Bauch und
dann in einer Linier über diese hypersensible Stelle zwischen meinem Bauchnabel
und dem Beginn meines Schamhaares. Er taucht zwischen meine weit gespreizten
Beine und leckte die Innenseiten meiner Schenkel, wobei ich fast schreien
möchte und sieht dann zu mir und lächelt mich an.
"Du bist so nass. Es ist überall auf
deinen Beinen", teilt er mir mit, als ob ich nicht wüsste, dass ich heiß
wie die Hölle oder so bin.
"Al-eexx..."
"Schhh, es
geht dir gleich besser."
Im Gegensatz zu vorhin schießt er jetzt
nicht gleich auf das Hauptziel los. Statt dessen läuft
er mit seiner Zunge über das Gebiet zwischen meinen Oberschenkeln und meinen
äußeren Schamlippen. Ein ganzer Kreis und dann noch einer, etwas enger. Und
immer wieder in aufreizenden, sich immer weiter verengenden Kreisen, die meinen
Kopf hämmern und mich Sterne sehen lassen und als ich hinuntersehe lächelt er
einfach und dann endlich...ENDLICH ist seine Zunge auf meiner Klitoris. Meine
Schenkel krampfen sich ums einen Hals zusammen und wir
beide stöhnen zur gleichen Zeit.
Ich kann es nicht glauben, wie nahe ich
bereits bin. Ich denke nicht, dass ich das Talent dieses Mannes richtig zu
würdigen gewusst habe, als er das das erste Mal gemacht hat. Es war alles so
schnell und verwirrend, ich hatte noch nicht mal vollständig verstanden, was da
vor sich ging. Aber dieses Mal ist mir jede Feinheit, jede Empfindung voll
bewusst. Er weiß es. Oh Gott, er weiß genau, was er tun muss und er macht es so
gut. Ich beobachte ihn, weil es so ein wundervoller Anblick ist und er sieht
mich ebenfalls an. Seine Augen, ich habe nie bemerkt, wie schön und
ausdrucksstark seine Augen sind.
"Du schmeckst so gut", flüstert er
und ich stoße meine Hüften nach oben, weil ich ihn sofort wieder dort brauche,
wo er vorher war.
"Nihi
..nicht! Nicht aufhören!"
Gott, das war laut. Wie bin ich so geworden?
Er lacht über meinen Ausbruch und setzt seine Arbeit fort.
Dieses Mal kommt er wirklich zur Sache,
schnell und fest und dann schiebt er wieder zwei seiner Finger in mich und
beginnt in mich zu stoßen und plötzlich fühle ich mich sehr leicht, als wenn
ich schwebe. Dann krampft sich mein ganzer Körper zusammen und ich fühle die
Welle des Vergnügens so intensiv, dass ich es fast nicht aushalten kann und
dann noch eine und noch eine.
Ich kann nicht glauben, dass so etwas gutes aus so etwas schlechtem entstehen kann.
Ende Kapitel 8
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Kapitel 9
Ich hoffe wirklich, dass sie diese Geräusche
macht, wenn sie einen Orgasmus hat und nicht, wenn sie extreme Qualen erleidet.
Es muss ein Orgasmus sein, weil sie während sie wie am Spieß schreit ihren
Schritt in mein Gesicht drückt und an meinen Haaren zieht und ihr ganzer Körper
zuckt, als wenn sie gerade einem Stromstoß ausgesetzt gewesen wäre.
Verdammt, ich wusste, dass ich gut bin, aber
ich dachte nicht, dass ich *so* gut bin.
Allerdings, in dem Moment, in dem ich wieder
zurück krieche um mich neben sie zu legen, sie im Arm zu halten und mich im
Ruhm meiner sexuellen Leistungsfähigkeit zu sonnen, löst sich meine
Selbstzufriedenheit in nichts auf. Sie weint wieder. Und lacht und zittert und
gleich als ich sie loslasse, setzt sie sich hin und rollt sich zu einem Ball
zusammen, Knie an die Brust gezogen und die Arme um sich selbst gelegt.
"Dana? Mein Gott, geht es dir
gut?"
Ich berühre leicht ihre Schulter und sie
zuckt tatsächlich verdammt noch mal zusammen. Himmel, was zum Teufel habe ich
jetzt getan?
"Dana, bitte sprich mit mir. Habe ich
dir weh getan oder so?"
Sie fängt an zu kichern und Tränen laufen
über ihr Gesicht.
"Was es so schlimm?"
Sie sieht mich an, als wenn mir gerade ein
zweiter Kopf gewachsen wäre und schüttelt entschieden ihren Kopf. Ihre Augen
sind so groß wie Untertassen. Sie ist so verdammt schön. Ich möchte sie einfach
in den Arm nehmen. Ich verstehe nicht, warum sie mir so einen verdammten
Schreck einjagt.
"Es war...Alex...Gott..."
"Es war was? Bitte sprich mit mir,
Baby, du machst mir Angst."
"Ich kann nicht...ich...Gott, es tut
mir leid. Ich habe nur...es ist nur schon so...lange her."
Erzähl mir davon, Frau. Jesus. Sie scheint
nicht mehr zu weinen, aber sie zittert und reibt ihre Arme über ihre Beine.
"Ist dir kalt? Komm zu mir unter die
Decke."
Ich ziehe die Decke über mich und bringe es
fertig, sie zu berühren, ohne sie wieder zum Weinen zu bringen. Sie legt sich
hin und kuschelt sich an mich und ich greife zu ihr hinüber, um sie in den Arm
zu nehmen, aber sie dreht sich wieder von mir weg und dann wieder zurück.
"Dana?"
"Mein Gott, es ist einfach schon soooooo lange her."
Sie lacht wieder und ich fange an, mich ein
wenig besser zu fühlen. Ich beginne zu denken, dass sie ja vielleicht einfach
nur glücklich ist.
"Wie lange, Dana?"
"Mein Gott, das weiß ich noch nicht
einmal. Es sind wahrscheinlich...naja, also ich würde
sagen, das letzte Mal, dass ich einen Orgasmus mit einem anderen menschlichen
Wesen im Zimmer hatte, ist jetzt wahrscheinlich ungefähr fünfzehn Jahre
her."
Fünfzehn was?
"Das ist nicht dein Ernst."
"Das ist mein voller Ernst." Sie
wischt über ihre Augen und schmiegt sich neben mich. Sie legt ihren Arm über
meine Brust und küsst die Seite meines Halses. "Danke, Alex."
"Fünfzehn Jahre?!"
Ich komme nicht darüber hinweg. Es ist
unvorstellbar.
"Ja, fünfzehn Jahre. Könnten wir bitte
aufhören, uns über meine erbärmliche Entschuldigung für ein Sexleben zu
unterhalten?"
"Es tut mir Leid, Dana. Ich kann mir
bloß noch nicht einmal vorstellen...ich meine, warst du mit jemandem zusammen?
Hat es irgend jemand versucht?"
"Ja und nein."
Gott, das war die schlimmste mögliche
Antwort.
"Himmel, das ist bedauernswert. Dana,
du hättest eine verdammte Armee von Sexsklaven verdient, deren einziger
Lebenszweck es ist, dich zu befriedigen."
"Ich wollte keine Armee."
Richtig. Sie wollte Mulder. Und Mulder
dachte, sie würde etwas besseres verdienen und so hat
sie etwas schlechteres bekommen. Was für ein verdammter Blödmann. Er hätte es
wahrscheinlich wenigstens hinkriegen können, dass sie kommt.
"Naja, jetzt hast du eine
Ein-Mann-Armee."
Sie lächelt und wirft ihr Bein über meines
und ich beginne damit, mit meinem Finger Muster auf ihren Oberschenkel zu
malen. Ich möchte mich weiter nach oben bewegen, aber ich will nicht, dass sie
böse auf mich wird.
"Kann ich es wieder tun, Dana?"
"Was?"
"Ich möchte dafür sorgen, dass du noch
mal kommst. Darf ich?"
Ich bewege meine Hand zur Innenseite ihres
Schenkels und streichle sanft ihre Haut. Sie schaudert und zieht meine Hand
weg, legt sie wieder auf die Außenseite ihres Beines.
"Ich kann nicht Alex. Es ist zu..ich denke es würde weh tun,
wenn du es auch nur versuchen würdest."
"Na gut, okay. Nicht jetzt. Aber bald.
Du musst eine ganze Menge Orgasmen nachholen, junge Dame. Und ich habe die
Absicht, dich mein Lebenswerk aufholen zu lassen."
"Mmmm, klingt
nach einem Plan."
Sie vergräbt ihren Kopf an meiner Brust und
ich fahre mit den Fingern durch ihr Haar, breite es aus, so dass es mich wie
eine weitere Decke bedeckt. Gott, ich liebe diese Haare.
"Was ist mit dir Alex?" murmelt
sie gegen mich. "Bist du...ich meine, war es gut?"
Gut? Sie macht sicher Witze.
"Dana, wie kannst du da überhaupt
fragen?"
"Naja, das letzt Mal, als ich gefragt
habe, hast du gesagt, du fühlst dich, als würdest du sterben. Das ist nicht
gerade ein besonders tolles Gefühl."
"Das ist ein Kompliment, Dana. Vertrau
mir."
"Wie? Ich meine, wenn ich jetzt meine
Waffe raushole und dich gleich hier erschießen würde, würdest du sagen, es ist
das gleiche Gefühl, wie Sex mit mir zu haben? Wie kann das ein
Kompliment sein?"
"Es ist...ich meine nicht, das es das
gleiche ist. Ich meine es ist nur das gleiche in der Hinsicht, dass es
so...so...ich nehme an so schwer richtig zu beschreiben ist."
Sie lacht und schüttelt ihren Kopf und ich
stöhne fast laut auf von dem Gefühl ihrer seidigen Haut und ihrer Haare, die
gegen meine Brust reiben.
"Was?"
"Ich weiß nicht, Alex, es ist einfach
komisch. Ich meine du kannst dich vor hunderte von Leuten hinstellen und ihnen
sagen, was sie tun sollen und wie sie es tun sollen bis dahin, wann sie an
diesem Tag pinkeln dürfen und einmal mit mir im sprichwörtlichen Heu und du
bist sprachlos. Ich finde das bezaubernd."
Bezaubernd? Mann, es muss eine Millionen
Jahre her sein, dass diese Frau mit jemandem geschlafen hat, wenn sie *mich*
bezaubernd findet. Niemand hat mich je in meinem Leben bezaubernd genannt. Noch
nicht einmal meine Mutter.
"Bezaubernd?"
"Ja, du bist bezaubernd. Und weißt du,
was noch bezaubernd ist?"
"Hmm?"
Absolut ohne jede Vorwarnung fühle ich, wie
sich ihre Faust um meinen Schwanz schließt, der ohne mein Wissen und ohne, dass
es mich gekümmert hätte, scheinbar die ganze Zeit hart gewesen ist.
"Das", sagt sie mit einem
teuflischen Klang in der Stimme, während sie beginnt, mich zu streicheln.
"D..das?"
"Mmm, naja bezaubernd ist vielleicht nicht ganz das richtige
Wort. Obwohl er mich durchaus bezaubert. Ich habe ihn bis jetzt ja noch nicht
einmal richtig sehen können. Jedenfalls nicht hart. Ich meine ich habe ihn
gefühlt. In mir. Aber es war lange her. Ich war mir nicht sicher, ob er sich
nicht vielleicht nicht größer anfühlte, als er tatsächlich ist."
"Uh.."
Redet sie wirklich über meinen Schwanz? Das
ist die surrealste Nacht, die ich je erlebt habe. Gott, diese Stimme. Sie hat
manchmal die erstaunlichste heiße Stimme überhaupt.
"Ich denke, er könnte trotzdem sogar
noch dicker sein, als er sich angefühlt hat. Gott, Alex, er ist so dick. Ich
kann noch nicht mal meine ganze Hand darum legen. Sieh mal."
Oh mein Gott. Ich kann nicht hinsehen. Wenn
ich hinsehe, werde ich denke ich kommen und wenn ich komme, könnte sie aufhören
darüber zu reden, wie wundervoll mein Schwanz ist und das würde mir im Moment
wirklich zu schaffen machen.
"Kla...kleine
Hände", sprudelt es aus mir heraus und sie kichert sanft in mein Ohr.
"Vielleicht. Trotzdem, es ist ein
schöner Schwanz, Alex. Er ist gerade richtig. Glatt und seidig, heiß und hart,
lang, aber nicht so lang, dass ich ihn nicht vollständig in den Mund nehmen
könnte..."
Was? Oh Gott. Was hat sie gerade gesagt? Wer
IST diese Frau?
"Er hat sich so gut in mir angefühlt,
Alex. Ich habe mich so ausgefüllt, so gut gefühlt. Und gerade jetzt in meiner
Hand ist er so schwer so voll, pulsierend...Gott, Alex..."
Ich will es wieder mit ihr tun. Ich will es
so sehr, dass ich weinen könnte. Trotzdem ist sie müde und sie hat gerade
gesagt, dass sie keine weitere Stimulation mehr ertragen kann. Wenn sie mich
allerdings weiter so berührt und diese Dinge sagt, weiß ich nicht, ob ich in
der Lage sein werde, mich zurückzuhalten. Beherrschung, Gott, beherrsche dich.
Wo ist meine Beherrschung?
"Ähm...du musst nicht...wir müssen
...nicht, oh mein Gott!"
Ihre Hand verengt sich um meinen Schwanz und
sie sieht mich mit einem sexy Schmollmund an, der mich wünschen lässt, ihr
Gesicht wie ein kleines Hündchen ablecken zu können.
"Ich meine, du...du scheinst so...müde
zu sein."
"Naja, ich werde ziemlich sicher nicht
schlafen können, wenn mir dein Schwanz die ganze Nacht in den Rücken
piekt."
"Ähm..es wird
weggehen. Wenn wir nur...mmmmah...wenn wir ihn
einfach in Ruhe lassen, wird es irgendwann weggehen."
Wie zum Beispiel irgendwann morgen. Jesus,
was zur Hölle tut sie mit mir?
Plötzlich ist ihre Hand weg und sie zieht
sich ein wenig zurück.
"Willst du, dass ich gehe, Alex?"
Ich habe keine Ahnung, wo diese Bemerkung
herkam. Wie haben wir so vollständig und plötzlich die Gangart gewechselt?
Vielleicht habe ich sie irgendwie beleidigt.
"Weil ich meine, ich kann in meinem
eigenen Zimmer schlafen, wenn du lieber..." Gott, sind
das Tränen da in ihren Augen? Oh Gott, was habe ich getan?
"Dana, wovon sprichst du?"
"Wenn es dir lieber wäre, bleibe ich
nicht. Ich meine, es ist in Ordnung. Ich verstehe das."
"Natürlich möchte ich, dass du bleibst.
Dana, ich habe dich gebeten ins Bett zu kommen, weil ich möchte, dass du hier
bleibst."
Jede Nacht. Für den Rest meines Lebens.
"Bist du sicher? Es wird dich nicht
stören?"
"Es würde mich stören, wenn du gehen
würdest. Ich verstehe noch nicht einmal, warum du mich das fragst. Komm her.
Bitte."
Ich ziehe sie wieder zu mir und sie kuschelt
sich wieder an mich und scheint etwas beruhigt zu sein.
"Also okay, ich werde einfach hier
liegen, meinen nackten Körper gegen dich gepresst und wir werden darauf warten,
dass sich dein kleiner Freund niederlässt."
Sie drückt sich wieder an mich und legt ihr
Bein sogar noch fester um meinen Oberschenkel. Ihre Fingernägel fahren leicht
über meine Brust und über meinen Bauch. Ich frage mich, ob dieses verrückte
kleine Mädchen jemals aufhören wird, mich zu verwirren.
"Achte einfach nicht darauf, wie sich
mein Atem auf deiner Brust anfühlt. Oder wie meine Finger deine Oberschenkel
berühren, während ich hier einschlafe. Oder auf die Tatsache, dass du mich
immer noch in deinem Bett riechen kannst."
Okay, ich denke es ist naheliegend zu
schlussfolgern, dass sie nicht will, dass es weg geht. Aber ich bin mir ihrer Absichten
immer noch nicht ganz sicher.
"Ich dachte...ich dachte, du wolltest
nicht..."
"Ich will nicht. Schließe einfach deine
Augen, Alex."
"Ich bin verwirrt..."
"Schließe deine Augen und schlafe ein.
Ich kümmere mich um dich."
Ich schließe meine Augen und versuche, mich
ein bisschen zu entspannen, denke, dass sie vielleicht wirklich einfach
einschlafen will. Ich atme ein paar Mal tief durch und ein Augenblick geht
vorbei und ich spüre ihren Atem, heiß und gleichmäßig auf meiner Brust und dann
plötzlich, ist ihre Hand wieder an meinem Schwanz und ihre Zunge auf meiner
Haut.
Ich wimmere mitleiderregend und sie beruhigt
mich.
"Es ist in Ordnung, schließe einfach
deine Augen und lasse zu, dass ich mich um dich kümmere."
Ihre Finger sind sanft und zart, pochen
regelmäßig auf meinen Schwanz und ihr Mund ist überall, leckend und küssend und
saugend. Ich bemerke, wie sie sich auf den zerstörten Teil von mit zu bewegt
und das zweite Mal heute nacht
küsst sie mich dort.
Zusammen mit dem, was sie mit ihrer Hand
macht, reicht es aus, um mich zum Weinen zu bringen. Ich habe noch nie etwas
wie das erlebt. Ich habe noch nie so viel Fürsorge und ehrliche Zuneigung eines
anderen Menschen gespürt. Ich war noch nie so dicht am Höhepunkt dran. Beherrschung...ich
habe keine Beherrschung. Und dann denke ich, dass ich schließlich etwas
verstehe. Das ist es, was sie will. Sie will, dass ich bei ihr die Beherrschung
verliere, dass ich verletzbar und ihr ausgeliefert bin. Deswegen war sie so
verletzt, als ich versucht habe, sie zu stoppen.
"Dana..."
Ich denke, dass ich irgend
etwas sagen wollte, aber ich kann wirklich nicht mehr denken. Also
stöhne ich einfach und zittere und stoße in ihre Hand.
"Schhh, es
wird weggehen, erinnerst du dich?" flüstert sie und ich schüttele auf dem
Kissen meinen Kopf hin und her.
"Ich...ich denke nicht."
"Sicher wird es das, wenn ich das
tue..."
Und dann bin ich plötzlich umgeben von dem
heißesten, feuchtesten und weichesten Platz in der
Geschichte der Welt. Meine Augen fliegen auf, teilweise aus Schock und
teilweise aus Neugier. Ich bin mir nicht sicher bis ich es gesehen habe, ob es
ihre Pussy oder ihr Mund ist.
Dann sehe ich den Ozean roten Haares über
meinen Schenkeln und meinem Bauch ausgebreitet, der sich langsam auf und ab
bewegt. Mund. Es ist ihr verdammter Mund. Ich liebe ihre Haare, aber das ist
etwas, was ich sehen muss und im Moment ist es im Weg.
Ich greife nach unten und nehme so viel wie
ich kann davon in die Hand, ziehe es von ihrem Gesicht weg und halte es an der
Seite ihres Gesichtes in einem notdürftigen Pferdeschwanz, als sie mich in sich
aufnimmt. Die ganze Länge. Und dann langsam wieder heraus.
Einmal habe ich ein paar Kerle hier über
Doktor Scullys Blow-Job Lippen reden hören. Nachdem
ich sie windelweich geprügelt hatte, habe ich ein wenig über ihr Gespräch
nachgedacht und bin zu der Meinung gelangt, dass sie nicht ganz unrecht hatten.
Ich hatte keine Ahnung, wie recht sie hatten. Der Anblick von diesen Lippen auf
meinem Schwanz reicht aus, dass ich einen Herzinfarkt bekomme.
Ich nehme an, dass es niemanden schockiert,
dass ich den Orgasmus in Sekundenschnelle erreiche. Sie scheint völlig darauf
vorbereitet zu sein, durchlebt die Wellen mit mir, schluckt ohne Beschwerde
jeden Tropfen, den ich in ihren Mund schieße. Wie ich sagte, ich bin nicht
überrascht, aber auch nicht komplett vorbereitet. Die Empfindungen sind
überwältigend und erschütternd in ihrer Intensität. Ich denke, dass ich ihren
Kopf auf mich herunter gestoßen habe. Ich denke, dass ich in ihre Kehle
gestoßen und sie dabei wahrscheinlich gewürgt hat. Ich denke, dass ich das ein
oder andere gesagt habe. Ich kann mir nicht völlig sicher sein, weil alles in
einem Rausch des Vergnügens vorüberging. Keine Beherrschung. Gott. Nicht ein
bisschen.
Als ich wieder zusammenhängend denken und
verstehen kann, ist sie wieder in meinem Arm und küsst mich zart. Sie schmeckt
eigenartig und salzig. Nach mir nehme ich an.
Ich drehe mich weg, im verzweifelten Ringen
nach Luft, und nehme ihren Kopf unter mein Kinn. Sie küsst meinen Hals. Ich
denke, ich liebe sie.
"Was hast du gesagt?"
"W...wha?"
Mein Gott, ich kann wirklich nicht atmen.
Ich habe das Gefühl, als hätte ich gerade eine
verdammten Herzanfall gehabt. Nach all den Blow-Jobs,
die ich in meinem Leben hatte, so viele, dass es schon fast peinlich ist,
sollte man meinen, dass es keine solche verdammt große Sache mehr sein müsste.
Aber ich schwöre bei Gott, niemand hat mich jemals so fühlen lassen, wie sie es
gerade getan hat. Bei keinem ist die gesamte Welt so im Nichts verschwunden.
"Was hast du gesagt? Gerade eben, als
du gekommen bist."
Himmel, wie zur Hölle soll ich das wissen.
Ich habe wirklich nicht bemerkt, dass ich irgend etwas
zusammenhängendes gesagt habe.
"Das äh...djewotschawaka...was
auch immer. Was heißt das?"
Oh Gott. Ich habe das nicht getan. Oder
doch?
"Ich ...äh...habe das gesagt?"
"Eigentlich gebrüllt."
"Mist."
"Mist was? Ist es etwas schmutziges,
Alex?" fragt sie mit einem leichten, neckenden Tonfall. Es wäre vielleicht
besser für mich, wenn es so wäre.
"Äh...nicht direkt. Ich habe nur...ich
denke nicht, dass du es mögen würdest. Ich wollte es nicht sagen."
"Ich habe dich das schon früher sagen
hören. Zu mir. Was bedeutet es, Alex?"
"Äh, es ist sozusagen...es ist nur so eine
Redewendung, wirklich. Es ist nicht äh...es läßt sich
nicht sehr gut übersetzen..." murmle ich in mein Kissen und hoffe, sie
würde das Thema endlich fallen lassen.
"Alex! Sag es mir. Wenn du jemals
wieder von mir einen geblasen kriegen möchtest, sprich jetzt."
Vielleicht sollte ich mir etwas ausdenken.
Die Wahrheit ist, wenn ich jemals von ihr wieder einen geblasen kriegen möchte,
ist das letzte, was ich ihr sagen sollte, wie ich sie die ganze Zeit lang
genannt habe. Das Problem ist, dass sie vielleicht weiß, dass ich lüge und dann
wird sie losgehen und es nachschlagen oder sowas.
"Kleines Mädchen."
"Häh?"
"Kleines Mädchen. Das heißt es. Djewotschka. Kleines Mädchen."
Sie ist sehr lange still und ich halte den
Atem an und warte darauf, dass der Zorn Gottes auf mich herniederfällt.
"Kleines...kleines Mädchen?" fragt
sie misstrauisch. Wenigstens denke ich, dass das der Ton ihrer Stimme ist. Ich
kann es nicht wirklich beurteilen.
"Es tut mir leid. Ich werde dich nicht
mehr so nennen."
Zumindestens nicht laut. Gute Güte, was habe ich mir dabei
gedacht. Ich nehme an, ich habe nicht gedacht.
"Dana?"
Sie sieht mich mit offenem Mund an und dem
seltsamsten Gesichtsausdruck, den ich in meinem Leben gesehen habe. Manchmal
wünschte ich, ich könnte ihre Gedanken lesen. Sie ist so kompliziert.
"Dana, bist du sauer? Ich denke nicht
wirklich...ich meine, ich weiß, dass du kein Kind bist..."
"Nein, ich weiß, dass du das nicht
denkst. Es ist nur...du nennst mich schon so lange so, wie ich mich erinnern
kann."
"Ich werde es nicht mehr sagen. Ich
verspreche es. Ich werde dich große, starke Frau nennen. Mit Gewehr. Die mich
in den Hintern treten kann."
"Sag es noch mal."
"Große, starke Frau mit Gewehr, die
mich in den Hintern treten kann."
Sie lacht und schiebt sich nach oben, so
dass ihr Kopf auf meiner Schulter liegt.
"Nicht das. Das andere. Djewoka?"
Sie will, dass ich es noch mal sage? Mein
Schock, obwohl der riesig ist, wird momentan übertönt von meinem Amüsement über
ihre eigenartige Aussprache.
"Netter Versuch", scherze ich und
sie boxt mich in die Seite.
"Sag es!"
"Djewotschka."
"Sag es noch mal", flüstert sie
und hält ihr Ohr an meine Lippen. "Sag es hier."
Oh mein Gott. Könnte sie das
wirklich...mögen?
Ich atme tief ein und flüstere das Wort,
während ich versuche, ein besonders verführerisches Timbre in meine Stimme zu
bekommen und sie erbebt neben mir. Sie bebt, verdammt noch mal. Ich beiße zart
in ihr Ohrläppchen und sage es noch mal uns sie zittert. Wow. Das ist sehr
aufregend.
"Du magst das?"
"Mmmmm, ich liebe
es. Du solltest öfter russisch sprechen."
"Du würdest nie wissen, wovon zur Hölle
ich rede."
"Das ist egal. Es ist wie du es sagst.
Es ist wie...Gott, ich weiß nicht, so angenehm. So sexy..."
Notiz an mich selbst: sprich niemals wieder
ein einziges Wort englisch. Zum Teufel, wir werden wahrscheinlich wesentlich
besser miteinander auskommen, wenn sie nicht eine Sache von dem versteht, was
so aus meinem Mund kommt.
Sie gähnt und dreht sich um und ich schlinge
meinen Arm um ihre Hüfte und vergrabe mein Gesicht in ihrem Haar.
"Sag etwas anderes."
"Ja tebja ljublju", flüstere ich wie ein verdammter Blödmann.
Ich hoffe wirklich, dass sie mich nicht fragt, was das heißt, weil ich noch
nicht einmal weiß, ob ich es auf englisch sagen kann.
Ich glaube nicht, dass ich es je in meinem Leben getan habe.
Sie seufzt und kuschelt sich enger an mich.
"Ja teba lulu..." murmelt sie unter Gähnen. Sie ist
offensichtlich zu müde, um sich darum zu kümmern, was es heißt.
Wir liegen eine lange Zeit so da und ich
habe das Gefühl, dass ich tatsächlich so einschlafen könnte. Ich fühle nicht
das kleinste Anzeichen von Klaustrophobie oder Spannung. Es ist einfach
perfekt. Ich weiß allerdings nicht, wie ihr das vorkommt, dass sie so von
meinem ganzen Körper eingeschlossen wird.
Ich will sie gerade fragen, ob ich sie
erdrücke, als ich höre, wie sich ihr weicher Atmen in
ein eher unweibliches Schnarchen verwandelt. Ich darf nicht vergessen, sie
morgen früh deswegen zu necken. Es stört mich aber nicht wirklich. Es ist sogar
das schönste Geräusch, dass ich je gehört habe.
Meine Güte, hat sie mich schon in einen
Trottel verwandelt? Ich nehme es an. Macht es mir etwas aus? Nicht im
Augenblick. Nicht im Augenblick.
Ende Kapitel 9
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Kapitel 10
Dies ist der Beginn des zweiten Tages des
fünften Kalenders, den ich hinter mir habe. Als ich aufwache habe ich große
Freude daran, mit einem roten Stift den Tag durchzustreichen, der gestern
darstellt. Gestern ist vorbei.
Ich habe gestern ein neues Apartment bekommen.
Ich weiß wirklich nicht genau, warum. Sie haben veranlasst, dass ich ein paar
Stockwerke nach oben in die Penthouse Suites gezogen
bin. Es ist ungefähr zehn mal größer als das alte und
ich frage mich, ob ich befördert wurde. Bitte Gott, lass es keine Beförderung
sein. Ich denke nicht, dass ich das ertragen könnte.
Jedenfalls habe ich jetzt eine bessere
Aussicht. Von meinem alten Fenster aus habe ich den Erholungsbereich sehen
können. Ich hatte es wirklich satt, den ganzen Tag zuzusehen, wie die alten Knacker
herumgestanden und den ganzen verdammten Tag lang mit ihren Pferden gespielt
haben. Von diesem Fenster aus kann ich direkt auf die Stadt sehen. Jetzt kann
ich die alten Knacker dabei beobachten, wie sie in den Plexiglas überdachten
Personentransportern von Gebäude zu Gebäude bewegen. Sie haben die verdammten
Dinger vor ein paar Monaten endlich perfektioniert.
Es ist wirklich eine angenehme Stadt. Sehr
sauber. Eine nette kleine Dronenkolonie. Und ich kann
von hier aus noch nicht einmal die Mauern sehen. Ich muss allerdings zugeben,
dass es mir besser gefiel, als es noch Staten Island
war.
Dieses Apartment hat auch ein besseres
Aquarium. Ich habe eines dieser Breitwand Dinger bekommen, in denen hunderte
verschiedene Arten tropischer Fische herumschwimmen.
Jap, ich habe wirklich Glück. Das erzählen sie mir immer
wieder.
Ich höre, wie sich die Tür hinter mir
öffnet, als ich mein Frühstück zusammenstelle und drehe mich um, um eine
faltige Masse von Knochen hinter einer Rauchwolke zu sehen.
"Wird nicht mehr angeklopft?"
"Ich hatte den Eindruck, du wolltest
mich sprechen, Mulder", sagt er, während er näher an meinen Esstisch
heranschleicht und Asche auf meinen brandneuen, schneeweißen Fußbodenbelag
schnippt.
"Ja, es ist eine Weile her. Ich
wollte...naja, wie geht es ihr?"
Er nimmt einen langen Zug aus seiner
verdammten Zigarette, um, wie ich annehme, die Spannung zu erhöhen.
"Es geht ihr gut. Ziemlich gesund und
glücklich. Wie immer."
Wie immer. Richtig. Es ist schwierig,
unglücklich zu sein, wenn man nicht eine einzige verdammte Sache spüren kann.
"Sind sie noch...ich meine behandeln
sie sie gut?"
"Natürlich. Ich kenne ihren Master
persönlich und er hat mir versichert, dass ihr eine Sonderbehandlung zukommt. Wir
haben das alles schon besprochen, Mulder. Unzählige Male. Gibt es noch etwas
anderes?"
Ich atme tief durch, in der Erwartung,
abgewiesen zu werden, aber trotzdem nicht weniger entschlossen.
"Sir, ich habe mich gefragt.. ich meine, alles ist möglich...ich möchte sie
sehen."
Er krümelt noch mehr Asche auf meinen Boden
und seine Lippen verziehen sich auf eine uninterpretierbare Weise.
"Ich habe ein paar neue Bilder, wenn du
möchtest..."
"NEIN!"
Ich denke, wir sind beide von meiner
Hartnäckigkeit erschrocken.
"Ich möchte sie SEHEN. Persönlich. Von
Angesicht zu Angesicht."
"Das ist unmöglich", teilt er mir
mit und lässt ungerührt seine Kippe in meinen Morgenkaffee fallen. "Und es
war nicht Bestandteil der Abmachung."
Ich wusste, dass das kommen würde. Ich wünschte,
ich hätte noch etwas anderes, einen anderen Verhandlungsgegenstand. Er hat full-house und ich habe einen Joker und eine Zwei.
"Das ist mir bewusst. Es ist nur...es
ist schon fast fünf Jahre her. Fünf Jahre sind eine lange Zeit."
"Ja, fünf Jahre. Du hast schon mehr als
die Hälfte geschafft, Mulder. Willst du mir sagen, dass du jetzt die
Bedingungen ändern willst?"
Ist es das, was ich will? Was könnte das
bedeuten? Was müsste ich geben, um etwas zu bekommen?
"Ich will nicht...nicht direkt. Ich
möchte nur, ich möchte sie nur mal persönlich sehen, nur für ein paar Minuten.
Nur um zu wissen...zu wissen, dass..."
Verdammt noch mal! Es gibt nichts ekelerregenderes und demoralisierenderes,
als vor diesem Hurensohn zu Kreuze kriechen zu müssen.
"Sie würde dich doch gar nicht
erkennen. Was hätte das für einen Sinn?"
Ein Bild der Frau, die früher mal meine
Scully war blitzt in meinem Gehirn auf, eines von den ersten Videobändern. Ich
erinnere mich daran, wie ich gedacht habe wie schön sie war, trotz der toten
Augen und der Tatsache, dass sie sich wie eine Marionette bewegte. Sie würde
weder mich noch jemand anderen erkennen. Ich muss sie dort rausholen. Bitte,
Gott, lass sie mich dort rausholen.
"Haben Sie jemals jemanden verloren,
der Ihnen nahe stand? Wissen Sie nicht, wie das ist, sie einfach nur sehen zu
wollen, einfach nur die selbe Luft atmen zu wollen,
wenn auch nur für einen Moment?"
Nein, ich denke nicht, dass dieser Mann
diese Gefühle jemals verstehen kann. Und ich muss aufhören, so viel von mir zu
zeigen. Natürlich kennt dieser alte Bastard meine Schwäche schon, meine
Bedürfnisse.
"Du arrogantes Kind", murmelt er,
bevor er sich eine weitere Zigarette anzündet. "Du denkst wohl, du bist
der einzige, der Verluste erlitten hat? Das haben wir alle, manche von uns
größere als deinen. Nimm meinen Rat an und sei dankbar für das, was dir gegeben
ist. Scully ist sicher und du bist am Leben. Ihr müsst beide noch zwei Jahre
Dienst tun und dann werdet ihr wieder zusammensein
und die Freiheit haben zu tun, was ihr wollt. Du hast wesentlich mehr zu
erwarten, als jeder andere. Sei dankbar und konzentrier dich auf deinen
Job."
Mein Job. Wundervoll, post apokalyptischer
Schreibtischtäter.
"Und weil wir gerade von deinem Job
sprechen, Mulder, ich glaube, dass es Teil der Abmachung war, dass du ihn auch
wirklich ausübst."
"Das habe ich. Ich bin zu den Treffen
gegangen, habe meinen Beitrag geleistet und habe niemandem Ärger gemacht. Was
wollen Sie noch?"
"Du bist eine Enttäuschung, Mulder. Du
bringst dich nicht entsprechend deiner Fähigkeiten ein. Vergiss nicht, was hier
auf dem Spiel steht."
Wie könnte ich das!? Um Himmels Willen, wie
könnte ich eine verdammte Minute lang vergessen, dass er mich an den Eiern hat?
Warum habe ich mir überhaupt die Mühe gemacht zu fragen? Ich fange an zu
glauben, dass das ein schlimmer Fehler war. Wenn ich jetzt anfange, nach ihr zu
suchen wird es sehr viel schwieriger sein, keinen Verdacht zu erregen.
"Kann ich wenigstens ein neues Band
sehen?"
Ich versuche, den weinerlichen Tonfall aus
meiner Stimme zu verbannen, aber ich kann nichts gegen die Verzweiflung tun.
"Ich habe neue Fotos. Das ist alles,
was ich dir im Moment geben kann."
"Ich möchte ein Band. Wie am Anfang.
Das war auch Teil der Abmachung, wenn Sie sich erinnern."
"Es ist unmöglich. Außerdem sind ihre
Tage völlig identisch. Es ist zwecklos, ihren nervtötenden Alltag zu
beobachten."
"Es war Teil der Abmachung. Ich will
die Bänder!"
"Was du willst ist hier kein Thema. Und
mir gefällt dein Tonfall nicht. Vergiss nie, dass sie eliminiert werden kann,
Mulder. Ziemlich einfach. Ich wäre an deiner Stelle sehr vorsichtig."
Wir starren uns eine Weile in einem lahmen
und völlig sinnlosen Zweikampf an. Wir beide wissen, wer hier die Kontrolle
hat.
Schweinehund. Ich werde sie finden. Ich muss
sie finden. Ich kann nicht einen verdammten Tag so weiterleben.
"Kommst du nicht zu spät zur Arbeit,
Mulder? Du solltest deinen Partner nicht länger warten lassen."
Partner. Jeffrey Spender ist nicht mein
Partner. Scully ist meine einzige Partnerin.
Er hat trotzdem recht. Ich muss wenigstens
den Schein wahren. Jetzt noch. Ich laufe an ihm vorbei zur Tür und es ist mir
egal, ob er den Rest des Tages damit verbringt, in meinem Apartment
herumzuschnüffeln, das letzte Schubfach zu durchwühlen. Ich schreibe mir nichts
mehr auf. Keine Aufzeichnungen. Alles bleibt in meinem Kopf.
Bevor ich gehe, drehe ich mich zu ihm um,
komplett angewidert von mir, ihm und der ganzen Welt.
"Diese verdammten Bilder sind besser
hier, wenn ich wiederkomme!"
Ich schmeiße die Tür gewaltsam hinter mir
zu, in einer erbärmlichen Machtdemonstration. Mein Gott, Scully, was würdest du
von mir denken?
Ich habe in letzter Zeit Alpträume, Träume
davon, dich wiederzusehen, aber du bist nicht mehr du selbst. Du bist jemand
anderes.
Jemand der mich für das hasst, was ich getan
habe.
Ich sage dir, dass ich versucht habe, dich
zu beschützen, aber dafür hasst du mich sogar noch mehr.
Es tut mir Leid, Scully. Es tut mir Leid und
ich verspreche, dass ich dich finden werde. Ich werde dich finden.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Verdammt. Sie ist so verdammt schön.
Ich hatte das nicht vor. Ich bin keiner, der
Frauen nachschleicht. Ich schwöre es. Es ist nur, ich kann nicht aufhören, sie
anzusehen.
Es ist niemand weiter hier. Die Bibliothek
ist abends zu dieser Zeit ziemlich verlassen. Oh Mann, wem mache ich was vor.
Das ist nicht gerade der begehrteste Ort auf einem Campus, egal zu welcher
Tageszeit.
Aber Dana verbringt viel Zeit hier. Selbst
wenn sie nicht arbeitet kommt sie gern her um zu lesen. Aber heute Abend ist
sie geschäftlich hier, nicht zum Vergnügen. Sie sitzt an einem der
Computerterminals in der Mitte der ersten Etage und gibt Daten ein.
Ich stehe hinter einem Regal in der
Katalogabteilung und beobachte sie, wie ihre Finger über die Tasten gleiten und
sich ihr Kopf zwischen dem Notizbuch und dem Computermonitor hin und her
bewegt.
Es ist eigenartig; in der Zeit vorher, als
ich sie das erste Mal kennen lernte, dachte ich, dass ihre Vornehmheit, ihre
Haltung davon kam, wie sie sich zurechtmachte. Der strenge Haarschnitt und
diese dunklen, ernsten, maßgeschneiderten Kostüme, die beängstigend hohen
Schuhe, das makellose Make-Up. Aber das ist es nicht.
Sie sitzt hier in einer alten, grauen
Jogginghose und einem dicken, weißen Fischerpullover aus Wolle, der ihr
bestimmt zwei Nummern zu groß ist, ihre Haare sind auf ihrem Kopf mit einem
Bleistift zu einem notdürftigen Knoten zusammengesteckt und sie sieht wirklich
so aus wie eine Collegestudentin, die für ihr Examen
lernt. Aber selbst jetzt, selbst mit dem Rücken zu mir, umgibt sie diese stille
Aura der Autorität. Durch ihre Körperhaltung, ihre anmutigen Bewegungen, ihre
Konzentration und ihre Intensität.
Unberührbar.
Aber nicht für mich. Nicht mehr.
Ich bin hergekommen um sie zu fragen, ob sie
mit mir Abendbrot essen möchte. Es ist ein bisschen spät dafür, aber ich bin
mir ziemlich sicher, dass sie noch nicht gegessen hat.
Und ich wollte sie sehen. Ich musste sie
sehen.
Es ist sechs Tage her, dass ich diese Frau,
diese ...Gott diese Frau, das erste Mal geliebt habe. Geliebt. Gott. Ich habe
das aber wirklich getan. Wir haben es nicht einfach nur miteinander getrieben,
selbst dieses erste Mal auf dem Tisch nicht. Es war heiß, es war rasend, es war
wahnsinnig, aber ich habe sie geliebt, auch wenn ihr das möglicherweise nicht
bewusst war.
Wir sind beide sehr beschäftigte Leute.
Jeder hier ist das. Aber ich habe mir Zeit genommen, so viel wie es irgendwie
menschenmöglich war. Ich bin in drei der letzten sechs Nächte ohne Schlaf ausgekommen.
Selbst wenn der Sex vorbei war, bin ich wach geblieben und habe die zusätzliche
Zeit einfach damit verbracht, ihr beim Schlafen zuzusehen, mit ihren Haaren zu
spielen. Wir sind am zweiten Tag fast ohne etwas zu essen ausgekommen, weil wir
nicht lange genug aus dem Bett herauskamen, um in die Cafeteria zu gehen und
mein Kühlschrank war leer. Es ist nicht genug. Es wird nie genug sein können.
Ich hatte noch nie eine richtige Freundin.
Das klingt jämmerlich. Das ist es aber
nicht. Ich meine, ich hatte Verabredungen...denke ich. Naja, und ich hatte eine
Menge Sex. Aber ich hatte niemanden wie...wie sie. Ich war nie jemandem so
nahe. Niemandem. Ich dachte nie, dass ich das wollen würde. Aber jetzt kann ich
an nichts anderes denken.
Einige Leuten mögen
es für eigenartig halten, inmitten all dieses Chaos eine Beziehung anzufangen.
Ich nehme an, dass es das ist. Aber es ist nicht eigenartiger, als es das
gesamte Konzept einer Beziehung selbst für mich ist.
Ich weiß wirklich nicht, wie ich mich ihr
gegenüber verhalten soll. Es sind ja immerhin erst sechs Tage. Ich fühle mich
nicht unwohl mit ihr, aber manchmal habe ich Angst, dass ich etwas falsches sagen und sie dann Angst haben und mich verlassen
könnte. Ich neige dazu, Menschen zu verschrecken. Und wie ich bereits sagte,
die ganze Sache ist sozusagen neu für mich.
Ich habe niemals ... so viel gefühlt. Und
ich weiß nicht, ob ich ihr das alles zeigen, sagen, oder wenigstens ein wenig
davon für mich behalten sollte.
Mein Gott, sie würde lachen wenn sie wüsste,
zu was für einem erbärmlichen Trottel sie mich in sechs kurzen Tagen gemacht
hat. Ich weiß ich bin besser dran, wenn ich sie das nicht alles wissen lasse,
aber manchmal möchte ich ihr alles sagen. Alles, was sie mir bedeutet und
alles, was ich für uns will.
Manchmal staut es sich so stark in mir an,
dass ich das Gefühl habe ich würde explodieren, wenn ich es nicht herauslasse.
Wie jetzt.
Gott, selbst wenn ich sie einfach nur so
ansehe, habe ich Schmetterlinge im Bauch und ein Brennen im Hals, als müsste
ich in Tränen ausbrechen und einen Schmerz in meinem Inneren, den ich überhaupt
nicht beschreiben kann. Und ich bin glücklich. Ich bin wirklich glücklich.
Und hart. Immer. Ich schwöre, ich muss nur
in ihre Richtung sehen, oder einfach nur an sie denken und ich bin spitz wie
ein Fünfzehnjähriger. Ich weiß nicht, was das Gesundheitskomittee
heute Nachmittag von meinem plötzlichen Ständer gehalten haben muss. Es war
noch nicht mal eine Phantasie oder ein Tagtraum oder sowas.
Ich habe nur daran gedacht, sie heute Abend zu sehen mit einem flüchtigen 'hey, ich möchte sie heute Abend sehen' und da war er, der
Beweis für meinen liebeskranken Schwachsinn gegen meinen Reißverschluss
gepresst, während ich vor einem Raum voller Leute stand und einen Vortrag über
die Notwendigkeit der Hygiene und Desinfektion gehalten habe.
Das Tastaturklicken hört auf und ich höre
sie seufzen. Sie schiebt die Tastatur über den Tisch und reibt sich über das
Gesicht. Ich nehme an, dass jetzt eine gute Gelegenheit ist, mich bemerkbar zu
machen. Wie ich sagte, ich weiß nicht viel über Beziehungen. Aber ich weiß
genug, dass mir klar ist, dass es die meisten Frauen nicht mögen, wenn man
ihnen nachspioniert.
Ich laufe auf sie zu, mein Herz klopft in
meiner Brust, immer schneller, je näher ich ihr komme. Mann, wie schlimm hat es
mich erwischt? Mein Gott.
Sie sieht nicht auf, als ich ankomme. Sie
hat jetzt ihr Gesicht in ihren Handflächen vergraben und sie macht nicht den
Eindruck, als hätte sie mich überhaupt gehört. Als ich hinter ihr stehe reiche
ich vorsichtig zu ihr hinüber. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was die
Sache mit der öffentlichen Zuneigungsbekundung anbetrifft. Sie ist ein ziemlich
zurückhaltender Mensch und deswegen unterdrücke ich mein Bedürfnis sie zu
berühren so gut es geht, wenn wir unter Leuten sind. Aber jetzt ist niemand
hier. Wie gesagt, es ist abends verlassen.
Ich lege meine Hand auf ihre Schulter und
sie zuckt kurz zusammen, entspannt sich aber sofort unter meiner Berührung. Sie
weiß, wer ich bin. Nur dadurch, wie ich sie berühre.
Sie seufzt noch einmal tief und schwer und
ich drücke ihre Schulter, fast schwindelig von der Elektrizität, die ich spüre,
wenn wir verbunden sind. Ich beginne die verspannten Muskeln ihrer
Schulterblätter zu massieren und sie seufzt wieder. Ein anderes Seufzen. Ein
glückliches Seufzen. Ich knete etwas fester, erregt und immer noch ein wenig
überrascht, dass sie es mag, wenn ich sie berühre.
Sie rutscht nach vorn, so dass sie auf der
Stuhlkante sitzt. Eine Einladung.
Ich hebe ein Bein, hoffe wie verrückt, dass
ich sie nicht versehentlich treten werde und setzte mich rittlings auf den
Stuhl hinter ihr. Um mich zu setzen muss ich mit meinem Schritt an ihrem Rücken
hinunterrutschen, wobei ich ein Stöhnen, das irgendwo tief aus meiner Brust
kommt, nicht unterdrücken kann.
Als ich schließlich sitze, drückt sie sich
gegen mich, positioniert ihr perfektes, anbetungswürdiges Hinterteil zwischen
meinen Oberschenkeln und legt ihren Kopf an meine Brust. Ich massiere weiterhin
ihre Schultern bis sie ihre Kopf nach unten nimmt,
eine stille Bitte, mich ihrem Hals zuzuwenden. Ich vergrabe meine Finger in das
verspannte Fleisch und sie stöhnt. Ich arbeite mich bis zu ihren Haaren hoch,
löse den Haarknoten und lasse die Haare über ihre Schultern fallen. Der
Bleistift, der das ganze Gebilde zusammengehalten hat, fällt auf den Boden.
"Mmm...Alex."
Ich frage mich, woran sie denkt, wenn sie
meinen Namen sagt. Ich frage mich, was sie in Momenten wie diesem fühlt.
Ich möchte sie das fragen, aber aus
irgendeinem Grund habe ich Angst vor der Antwort.
Also reibe ich weiter ihren Hals, ihren
Kopf, ihre Schultern und hoffe, dass ich ihr dadurch etwas mitteilen kann.
"Hast du Hunger?" frage ich, mein
Kopf ruht, während ich mich um die Verspannungen ihrer rechten Schulter
kümmere, auf ihrer Linken.
"Mmmmmhuummm",
seufzt sie und ich habe keine Ahnung, was das heißt, also drehe ich meinen Kopf
auf die Seite und schaue in ihr Gesicht.
Ihre Augen sind geschlossen und sie lächelt
dieses süße, wunderschöne Lächeln. Ich weiß immer noch nicht, ob sie Hunger
hat, aber ich bin froh, dass ich hingesehen habe.
Ich küsse zart ihre Wange. Eine Woge des
Begehrens brandet von meinen Lippen nach unten zu meinem Schwanz und ich höre
auf, sie zu massieren, schlinge meinen Arm besitzergreifend
um ihre Taille und drücke sie fest. Ich vergrabe mein Gesicht an ihrem Hals und
atme tief ein. Wolle und Seife und sie...mein Gott, sie.
Ich küsse nachlässig und gierig ihren Hals
und sie scheint in meinem Arm zu schmelzen. Ich lasse meine Zunge um ihr Ohr
herum gleiten und schiebe meine Hand unter ihren Pullover, so dass ich die
weiche Haut ihres Bauches berühren kann.
"Alex..."
"Mein Gott, Djewotschka.
Ich muss dich unbedingt berühren", bringe ich hervor und klinge wie der verzweifelte
Narr, der ich nun mal bin.
"Mmm...jaa."
Ich fasse das als Erlaubnis dazu auf, meine
Hand unter den Bund ihrer Hose zu schieben und meine Finger sanft ein bisschen
schneller zu bewegen. Sie drückt sich gegen meine Hand und ich denke, dass sie noch
mehr will. Mein Gott, ich weiß nicht, was zur Hölle ich tue.
Ich meine ich weiß es, aber sie ist so anders als jede
andere, mit der ich jemals zusammen war. Ich möchte instinktiv wissen, wie ich
ihr Vergnügen bereiten kann und ich denke, dass ich das bisher ganz gut gemacht
habe aber...ich möchte es besser machen. Ich möchte der Beste sein. Ich bitte
nicht gern um Hilfe, weder auf diesem noch auf irgendeinem anderen Gebiet. Aber
ich versuche mir einzureden, dass sie damit am meisten sich selbst hilft.
"Zeig es mir", flüstere ich ihr
ins Ohr. "Zeig mir wie."
Sie dreht ihren Kopf schnell zu mir um,
fragend.
"Jaa?"
fragt sie, offensichtlich verwirrt von meinem niedrigen Angeberniveau heute
Abend.
"Ja."
Sie lächelt und schließt wieder ihre Augen.
Dann greift sie nach unten und legt ihre rechte Hand über meine.
Sie führt mich durch eine Reihe
ausgeklügelter Manöver, die ich versuche, mir
einzuprägen. Um die Klitoris herum, langsam dann schnell, dann aufhören und das
ganze wiederholen. Dann fest zudrücken und dabei schnappt sie wirklich laut
nach Luft, also weiß ich, dass ich das nicht vergessen werde.
Die Tatsache, dass sie das tut, dass sie mir
so vertraut, ist der größte Anreiz, den ich mir vorstellen kann und ich stelle
fest, dass ich mich unbewusst gegen ihren Hintern drücke. Sie scheint es zu
bemerken und beginnt zwischen unseren Händen und meinem Schwanz hin und her zu
schaukeln.
Sie führt meinen Finger in sich hinein und
zusammen stoßen wir schnell und fest in sie. Dann zieht sie mich wieder raus
und wir verteilen mehr Feuchtigkeit auf ihr. Ihre linke Hand, die auf dem Tisch
gelegen hatte, wandert hinauf in meine Haare.
Schon bald drückt sie mich gegen ihre
Klitoris in einer Reihe schneller Kreisbewegungen und hüpft regelrecht an mir
hoch und runter und gerade als ich denke, dass ich in meinen Jeans kommen
werde, lässt sie ein Heulen hören, das durch das ganze Gebäude schallt, zittert
und fällt gegen meine Brust.
Ich lache leise in ihr Ohr, drücke sie noch
ein letztes Mal bevor ich meine Hand aus ihrer Hose ziehe und meinen Arm wieder
um ihre Taille lege.
Sie dreht sich zu mir und ich küsse sie sehr
lange, atme ihr Keuchen und ihre Seufzer wie Sauerstoff, halte ihren zitternden
Körper fest an mich gedrückt. Eine post-orgasmische
Dana ist eines der sieben Weltwunder.
"Mmm...Alex..."
flüstert sie und legt ihren Kopf unter mein Kinn.
"Gut?"
"Sehr."
"Danke für die Lektion."
Sie lacht und drückt meinen Arm.
"Jederzeit. Vergiss nur nicht, was du
heute hier gelernt hast, junger Mann."
"Naja, du weißt, was man sagt. Übung
macht den Meister. Immer und immer wieder üben."
Sie küsst mich wieder mit einem Grinsen auf
dem Gesicht.
"Vielleicht sollten wir hier
verschwinden, so dass du mir auch eine Lektion erteilen kannst", murmelt
sie gegen meine Lippen.
"Du brauchst keinen Unterricht, Djewotschka. Du weißt einfach, was du tun musst."
"Das ist nicht wahr. Es gibt immer noch
Möglichkeiten zur Verbesserung. Nur ein großer Mann kann das zugeben. Also
danke ich *dir*."
"Alles an einem Arbeitstag von Alex Krycek, Zuchthengst zur Miete. "
Sie verdreht die Augen aber kann sich ein
kleines Lachen nicht verkneifen.
"Jedenfalls solltest du nicht allein
den ganzen Spaß haben. Ich möchte dich auch sehen, Alex. Ich möchte, dass du
mir zeigst, was du tust..."
Sie beginnt, meinen Nacken zu küssen und
sich komplett zu mir umzudrehen. Bevor es mir richtig bewusst ist, sitzt sie
rittlings auf meinem Schoß und Gott steh mir bei, ich glaube nicht, dass wir es
heute nacht aus der
Bibliothek raus schaffen werden.
Mein Gott, ich habe mehr Glück als Verstand.
Ende Teil 10
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Kapitel 11
Ich vermisse meine Zimmerdecke. Ich weiß,
dass man sowas eigentlich nicht vermissen sollte und
tatsächlich gehört sie noch nicht mal zu meiner Top-Ten
Liste der Dinge, die ich am meisten vermisse. Wie könnte sie, wenn Scully nicht
hier ist? Wenn ich mir kein Essen mehr vom Chinesen holen kann, weil all mein
Essen von einem Computer kommt? Ich erinnere mich daran, wie ich früher Star Trek gesehen habe. Ich habe Picard immer um seinen Replikator beneidet. Earl Grey
Tee, wann immer er welchen wollte und er musste es nur sagen. Wer hätte geahnt,
dass es wie Scheiße schmecken würde?
Wie auch immer, wenn ein Mensch seiner
wahren Liebe beraubt ist, ebenso wie jeglicher Art anständiger Nahrung, wie
kann es dann eine Zimmerdecke in die Top-Ten
schaffen? Sie kann es nicht. Aber gerade in diesem Moment ist sie in die Top
einhundert aufgestiegen.
Die Decke in meinem alten Büro bestand aus
einer Mischung von Karton, Asbest und Kork. Es war das perfekte Material für
das Werfen von Bleistiften. Sie sind immer steckengeblieben, wenn ich sie
richtig hochgeworfen habe. Die Decke in meinem neuen Büro ist eine glänzende,
schimmernde Metallplatte und mit ziemlicher Sicherheit werden Gegenstände, die
ich dort hochwerfe mit der doppelten Geschwindigkeit wieder zu mir zurückkehren
und mir dabei auch gleich noch ins Auge fliegen. Und das ist alles Spiel und
Spaß, bis jemand ein Auge verliert. Also werfe ich keine Stifte. Ich lehne mich
in meinem Stuhl zurück und starre mich selbst an. Stundenlang. Ich frage mich,
ob es in der Hölle einen extra Platz für Menschen gibt, die Zeit verschwenden.
Es scheint so eine große Sünde zu sein. Ich frage mich, wie viele Stunden, Tage
ich verschwendet, Däumchen gedreht und auf meine Füße gestarrt habe, während
die Welt auseinander fällt. Ich frage mich, ob nicht vielleicht das hier selbst
die Hölle ist. Gefangen in einem High-Tech Beton
Dschungel mit Jeffrey Spender, meinem sogenannten Partner, bis in alle Ewigkeit.
Genauso könnte es in der Hölle sein.
Manchmal versuche ich mit Scully zu reden.
Manchmal denke ich, dass wo auch immer sie gerade ist, sie mich noch irgendwo
fühlen muss, mich hören muss wenn ich ihr sage, dass ich bald zu ihr kommen
werde. Selbst wenn sie sich nicht bewusst an mich erinnert, muss es noch
irgendwo ein Fragment der Erinnerung in ihr geben und ich versuche dieses
Fragment zu erreichen, wenn ich hier sitze. Das ist nicht völlig selbstlos. Ich
möchte, dass sie mir antwortet. Das tut sie allerdings nie. Ich weiß nie, ob
sie meine Nachrichten erreichen. Sie hat nie an solche Sachen wie übersinnliche
Botschaften geglaubt und ich nehme an, dass es nicht funktioniert, wenn man
nicht daran glaubt. Außerdem habe ich keine übersinnlichen Fähigkeiten. Ich bin
nur ein gelangweilter, verzweifelter, einsamer Mann.
Bis jetzt hat meine Suche absolut nichts
ergeben. Ich habe einfach keinen Zugriff auf die Informationen, die ich
brauche. Ich habe bis jetzt Spender dazu überreden können, ein wenig für mich herumzuschnüffeln,
aber er war genauso wenig erfolgreich. Ich habe versucht, mich in ein paar Orte
hineinzuschleichen, maximale Sicherheitszonen und ähnliches, wo ich dachte,
dass ich etwas finden könnte, aber bei den wenigen Gelegenheiten, in denen ich
wirklich reingekommen bin, konnte ich nichts nützliches finden. Ich denke
wirklich nicht, dass ich mich jemals so machtlos gefühlt habe. Selbst, als ich
nach Sam gesucht habe, kam es mir nie so einschüchternd vor, habe ich mich so
gefangen gefühlt.
Ich war auch nie so sehr verzweifelt, Sam zu
finden. Es ist eine unerfreuliche Kombination. Zähle die betäubende
Eintönigkeit meines Alltags dazu und es ist unerträglich. Das einzige, was mich
aufrecht erhält ist der Gedanke daran, sie wieder zu sehen.
Ich habe während all der freien Zeit, die
mir zur Verfügung steht eine ziemlich umfangreiche Sammlung von Szenarien in
meinem Kopf angelegt. Alle von denen beinhalten mich, wie ich in irgendein
Schloss oder Palast hinein stürme, in dem Scully gefangengehalten
wird, sie in meine Arme nehme und sie auf irgendeine abgelegene, unbewohnte
Insel bringe und sie liebe, bis wir beide vor Erschöpfung tot umfallen. Es ist
ja nicht so, dass wir etwas anderes zu tun hätten.
Ich frage mich, was sie von all dem halten
würde. Unser Lebenswerk ist ein verrottender Haufen Mist in der Gosse. Wir
hätten nichts tun können, um das hier alles aufzuhalten. Wir haben so viel Zeit
verschwendet, so viel verloren. Für absolut nichts. Wir hätten jeden wertvollen
Moment nutzen und einander lieben sollen, anstatt zu versuchen das Schlechte
der Welt zum Guten zu wenden.
Trotzdem kann ich mich nicht dazu bringen,
etwas davon zu bereuen. Ich frage mich nur, was sie sagen würde...sie müsste
zugeben, dass ich die ganze Zeit Recht hatte.
Manchmal phantasiere ich davon, sie das
sagen zu hören. Ich lache einfach und küsse sie. Es spielt keine Rolle mehr.
Ich schließe meine Augen und versuche mich
angestrengt auf das Bild zu konzentrieren und alle anderen auszuschließen. Ich
habe es fast. Es ist die Scully mit den kurzen Haaren und dem Leben in den
Augen und ich bin es, so wie ich früher war, zehn Kilo leichter und sehr, sehr
viel idealistischer. Völlig unrichtig, aber es hält mich irgendwie aufrecht.
Gerade als ich wirklich anfange, ins Traumland zu verschwinden, knallt die Tür
zu und schreckt mich in die Wirklichkeit zurück.
Ich öffne ein Auge und erblicke Spender, der
wie ein Wiesel herumflitzt, Türen abschließt und Fenster zumacht, nach
Überwachungsgeräten sucht, sich wie ein paranoider Idiot benimmt, so wie ich
mich früher benommen habe.
"Sind wir alleine?" fragt er mich
mit einem eiligen Flüstern.
"Sind wir das jemals?"
"Ich meine es ernst! Ist es möglich,
dass wir beobachtet werden? Belauscht? Bist du verkabelt?"
"Verkabelt?"
"Sieh mal, das ist sehr wichtig. Wenn irgend jemand herausfindet, dass ich das habe...dann will
ich lieber gar nicht darüber nachdenken, was mit mir passieren wird."
Er zieht eine Videokassette aus seiner
Jackentasche und legt sie auf meinen Tisch.
"Falls dich jemand fragt, ich habe dir
das nicht gegeben."
"Du hast endlich diese Filme gefunden,
nach denen ich suche?"
"Verdammt Mulder! Das ist kein
Witz!"
Naja, das ist gut, weil es nämlich ein
schlechter Witz geworden wäre. Keine Pointe, schlechtes Timing und Spenders
überdramatisierter, geheimnisvoller Tonfall ist eher jämmerlich als lustig.
"Du wolltest das, also schön hier hast
du es. Ich rate dir, es anzusehen und so schnell wie möglich zu
zerstören."
"Diese Mantel und Degen Geschichte ist
ein bisschen unnötig, findest du nicht? Was zur Hölle ist überhaupt auf diesem
Band? Und warum flüstern wir?"
"Erinnerst du dich, vor ungefähr einem
Jahr gab es einen Angriff auf eine neu gegründete Kolonie oben im Norden",
flüstert er.
"Nein, aber ich werde es dir
glauben", flüstere ich zurück.
Wahrscheinlich ein weiterer Raubüberfall der
sogenannten 'Widerstandsbewegung'. Jedes Mal, wenn ich von diesen Dingen höre,
weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Denken die wirklich, sie tun irgend jemandem einen Gefallen? Die sind nicht besser als
die gesichtslosen Männer, der Widerstand aus dem All. Sie töten Leute wie mich,
Gefangene, Sklaven, ich sehe nicht, wie das etwas helfen soll. Niemand hat
dieses Leben gewählt. Niemand.
"Naja, es gab einen Angriff von einer
Widerstandsgruppe hier auf der Erde. Sie zerstörten den Ort, töteten jeden. Sie
haben das Hauptgebäude gesprengt, aber es gab einen Überwachungsraum, der
relativ unbeschädigt geblieben ist. Es blieb nicht viel übrig, aber unsere
Leute durchsuchten den Raum und fanden ein paar Beweismittel. Ich fand...ich
fand dieses Band im Apartment meines Vaters, Mulder."
Ich habe immer noch keine Ahnung, was dieses
Band in irgendeiner Weise mit mir zu tun haben könnte, aber ich nehme es
trotzdem und stecke es in den Videorecorder. Als ich dabei bin, ihn
anzuschalten, greift Spender nach meiner Hand.
"Die könntest getötet werden nur dafür,
dass du das ansiehst", sagt er mir eindringlich.
Wie auch immer.
Das Bild, was auf dem Bildschirm erscheint
ist fast genauso langweilig, wie das, was ich direkt vor mir habe. Es sind zwei
Männer, die an zwei Schreibtischen sitzen, sich durch zwei Stapel Papier wühlen
und nicht miteinander reden. Das Büro ist etwas ordentlicher, aber abgesehen
davon könnten das Spender und ich an jedem beliebigen Tag der letzten fünf Jahre
sein. Das packende Drama spielt sich für weitere zehn Minuten ab, bis Spender
schließlich kleinlaut mit den Schultern zuckt und die Schnellvorlauftaste
drückt.
"Das geht eine Weile so weiter
aber...warte, hier ist es."
Er spult zurück und wir beobachten das
gewaltige Duo noch ein paar Sekunden und dann durchbricht etwas die Monotonie.
Und das Fenster.
Ein Mann, ganz in Schwarz gekleidet mit
einer halbautomatischen Waffe, bricht durch das Glas. Es ist eine Weile her. Es
ist lange her. Aber ich brauche nur ein oder zwei Sekunden, um den Mann zu
identifizieren.
"Er lebt?"
Das ist interessant, es ist unerwartet und
es ist immer noch ein Geheimnis, warum um alles in der Welt mich das etwas
angehen sollte. Die zwei Männer rennen durcheinander und einer von beiden fällt
fast sofort zu Boden. Blut kommt aus seiner Brust und das Arschloch lächelt
tatsächlich. Das ist wirklich gar nicht mal so überraschend, wenn ich genau
darüber nachdenke. Zur Hölle, die Kakerlaken sind noch da, warum sollte nicht Krycek auch noch da sein und Leute umbringen, wenn er es
für seine Zwecke als nützlich erachtet? Manche Dinge werden sich nie ändern.
Der andere Mann rennt zur Tür, aber als er
sie öffnet, wird ein weiterer Schuss abgefeuert, von außen und er geht auch zu
Boden. Mehr Blut. Krycek hat einen Freund. Ich nehme
an, es ist eine ganze Bande, wenn sie es geschafft haben, eine ganze Kolonie zu
zerstören. Eine ganze kleine Gruppe von Kakerlaken.
Und dann...und dann...und dann ergibt alles
einen Sinn. Und es ergibt überhaupt keinen Sinn mehr.
Der zweite Mörder geht durch die Tür. Ihre
Haare sind länger, zu einem französischen Zopf zurückgebunden und sie ist in ein passendes schwarze Jeans, schwarze Lederjacke Ensemble
gekleidet, aber es gibt keinen Zweifel an der Identität der Frau. Keinen
Zweifel.
"Oh..."
Ich denke ich wollte so etwas wie "Oh
mein Gott" sagen, aber meine Kehle ist zugeschnürt. Auf dem Bildschirm
wühlt Krycek den Schreibtisch des ersten toten Mannes
durch und sie... Scully, meine Scully, schließt und verriegelt die Tür. Das
kann nicht sein, wonach es aussieht. Gott, ich weiß noch nicht einmal, wonach
es aussieht. Es ist das eigenartigste, was ich je gesehen habe.
Sie läuft zu dem Tisch des zweiten toten
Mannes und fängt an, die Schubladen zu durchsuchen. Ihr Gesicht ist voll Blut
und Dreck. Ihre Kleidung ist zerrissen. Sie keucht und ... sie sieht ... ich
kann noch nicht mal beschreiben, wie sie aussieht. Ich habe sie niemals so
gesehen.
"Hey, schau mal. Jemand hat ein
Geheimnis", sagt Krycek und hält einen spitzenbesetzten,
pinkfarbenen Slip in die Höhe, den er offensichtlich in einer der Schubladen
gefunden hat.
"Ich denke nicht, dass der dir
passt", kommentiert Scully trocken, während sie einen Stapel Disketten in
ihre Tasche schüttet.
"Der könnte dir gehören", erwidert
er oh so scharfsinnig und wirft den Slip zu ihr hinüber. Sie fängt ihn auf,
sieht ihn sich an, zuckt mit den Schultern und steckt ihn in ihre Tasche.
"Wie viel Zeit noch?" fragt er.
Sie sieht auf ihre Uhr und schnappt nach Luft.
"Zweieinhalb Minuten. Wir müssen hier
raus."
Sie wirft sich die Tasche über die Schulter
und rennt zu ihm. Er wühlt immer noch krampfhaft in den Schubladen. Sie berührt
seinen Arm. Sie berührt seinen Arm. Sie berührt seinen verdammten Arm.
"Wir müssen gehen, Alex."
Alex...Alex...ALEX?
"Ich bin noch nicht fertig. Ich
denke..."
"Alex! Hör auf. Wir müssen gehen."
Er sieht zu ihr auf und sie scheinen eine stilles Zwiegespräch mit den Augen zu führen und
schließlich nickt er. Die beiden klettern aus dem Fenster, durch das er eingebrochen
war und Spender drückt die Stop Taste.
"Das war's. Auf dem Rest ist nur noch
zu sehen, wie das Büro in die Luft fliegt."
Ich kann nicht sprechen. Ich kann noch nicht
mal denken. Ich muss sie da rausholen. Ich muss sie von ihm wegbringen. Ich muss
mit ihr reden. Ich muss wissen, was sie mit diesem...diesem Hurensohn zu tun
hat! Mein Gott, kann das wirklich passiert sein?
"Mulder..."
"Er hat es gewusst", bringe ich
heraus. "Dein...dein verdammter Vater. Er wusste es ..
die Abmachung...es gab keine Abmachung. Es war die ganze Zeit ein riesen Haufen SCHEISSE!"
"Mulder, sprich leiser."
"Sprich leiser?! ZUR HÖLLE, sprich
leiser. Ich kann nicht....ich kann das noch nicht
einmal glauben. Wo ... wo war das? Wo sind sie?"
"Ich bin nicht...ich bin nicht ganz
sicher..."
"Dann findest du es besser verdammt noch mal heraus du kleiner Wichser! Ich schwöre bei
Gott..."
"Mulder. Lass mich los."
Loslassen? Mein Gott, ich habe noch nicht
mal mitgekriegt, dass ich ihn geschüttelt habe. Ich habe nicht mitgekriegt, dass
ich geschüttelt werde.
"Das...das kann nicht passieren. Sie
ist in Gefahr. Ich muss sie finden. Ich muss mit ihr reden!"
"Gefahr? Sie sah ziemlich...ich meine,
ich denke sie ist die Gefahr, Mulder. Sie und Krycek
spielen da Bonnie und Clyde oder so..."
"Sie spielt nicht das geringste mit diesem Bastard! Das ist nicht ihr Wille. Das
kann nicht sein."
"Mulder, ich denke nicht..."
"ICH MUSS SIE SEHEN! VERSTEHST DU
MICH?"
"Sieh mal, ich kann dir nicht mehr
helfen, als ich es schon getan habe..."
"Nein, du musst mir helfen. Du hast
keine Wahl. Du wirst herausfinden wo sie ist und du wirst mir helfen, zu ihr zu
kommen und wenn du das nicht tust, ich schwöre bei Gott Spender, werde ich
denen davon erzählen. Ich werde denen erzählen, dass du mir das Band gezeigt hast.
Und dann wird keine Macht des Universums in der Lage sein, dich zu
retten."
Er setzt sich an seinen Tisch und seufzt
schwer. Er sieht geschlagen aus. Gott sei Dank.
"Okay, sie mal, ich kann dir die genau Lage der Kolonie sagen, die angegriffen wurde. Von
dort aus sollte es relativ einfach für dich sein, sie zu finden."
"Wenn es so verdammt einfach ist, warum
hat es dann nicht schon längst jemand getan?"
"Ich habe keine Ahnung. Das gehört zu
den Sachen, die ich bei diesen ganzen Dingen nicht verstehe. Es ist ihnen
gestattet zu überleben. Irgend jemand sorgt für ihre
Sicherheit. Vielleicht mein Vater..."
Mein Gott, ich fange noch nicht mal an mir
vorzustellen, was die Gründe für all das sein könnten, was dieser Bastard getan
hat. Nur allein bei dem Gedanken daran, dass ich die ganze Zeit bei seinen
Spielchen mitgespielt habe, möchte ich mich übergeben.
"Jedenfalls brauchst du irgendein
Transportmittel, um dort hinzukommen. Es ist ein langer Weg. Und du brauchst
einen Grund, Mulder. Du kannst nicht einfach hier raus fahren, als wenn es eine
verdammte Urlaubsreise wäre, weißt du."
"Ich weiß das."
"Das einzige was mir einfällt ist, dass
wir es arrangieren, dass du einen Sklaven transportierst, das wird dich durch
die ersten Kontrollpunkte bringen und von dort aus...von dort aus bist du auf
dich allein gestellt, Mulder."
"Schön, legen wir los."
Ende Kapitel 11
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Kapitel 12
Es ist Silvester. Das fünfte Jahresende, das
ich hier verbringe. Das erste habe ich allein in meinem Zimmer verbracht und
habe geweint, als ich die Turmuhr schlagen hörte, ich dachte, was es für eine
sinnlose Feier war, da alles auf das ich mich freuen konnte, ein weiteres Jahr
ohne Mulder war.
Im zweiten Jahr habe ich mich auf eine Party
gewagt, habe ein bisschen was getrunken, ein paar Mal mit Brian getanzt und bin
dann unter Tränen wieder zurück in mein Zimmer gestolpert. Das dritte Silvester
verlief ähnlich. Das vierte habe ich mit Alex verbracht. Wir habe nicht viel
gemacht, nur in seinem Zimmer gesessen und zusammen eine Flasche Wein
getrunken, aber ich kann mich daran erinnern, den ganzen Abend so ein seltsames
Gefühl gehabt zu haben. Ich hatte das Gefühl, als wenn mir eine Änderung
bevorstünde. Eine sehr große Änderung. Ich bin in dieser Nacht weinend
eingeschlafen. Zwei Wochen später haben Alex und ich uns das erste Mal geliebt.
Ich habe heute wieder dieses Gefühl.
Alex kocht heute Abend für mich. Er kocht
fast jeden Abend für mich. Es ist definitiv einer der Vorteile unserer
Beziehung, dass ich nicht mehr jede Mahlzeit in der Cafeteria essen muss. Er
hat eine kleine Küchenecke in seinem Zimmer. Unserem
Zimmer. Es ist jetzt unser Zimmer. Ich vergesse das immer noch. Es ist erst
seit einer Woche offiziell. Natürlich habe ich im vergangenen Jahr sowieso fast
jede Nacht hier verbracht, also bedeutet offiziell nicht viel mehr, als dass
ich schließlich meine restlichen Sachen hergebracht habe. Meine Sachen und
natürlich Ret und sein ganzes Hundezubehör.
Vielleicht kommt das seltsame Gefühl ja da her. Vielleicht macht mich das
'zusammenziehen' ja doch nervöser als ich dachte. Allerdings glaube ich das
nicht.
Ich frage mich, was Mom dazu sagen würde,
dass ich endlich mit einem Mann zusammenlebe. Sie hätte wahrscheinlich einen
Freudentanz aufgeführt. Dann hätte sie herausgefunden, wer dieser Mann ist und
sie hätte wahrscheinlich geweint. Sie hätte es nicht verstanden. Sie wäre nicht
dazu in der Lage gewesen, die Vergangenheit in einer dunklen Ecke ihres Herzens
wegzuschließen, so dass man nie wieder davon hört oder sieht.
Ahab hätte Alex vielleicht gemocht. Vielleicht. Alex ist
ein Überlebenskünstler und Ahab hätte das vielleicht
zu schätzen gewusst. Und er passt auf mich auf. Sogar wenn ich es nicht will,
sogar wenn ich ihm sage, er soll mich gefälligst in Ruhe lassen, besteht er
darauf, auf mich aufzupassen und ich weiß, dass mein Vater darüber glücklich
gewesen wäre.
Was meine Brüder betrifft, kann ich mir noch
nicht mal vorstellen, was sie gesagt hätten. Ich schaudere allein bei dem
Gedanken daran. Es ist so eigenartig darüber nachzudenken, zu versuchen, meine
Vergangenheit und meine Gegenwart in Einklang zu bringen. Sich eine Welt
vorzustellen, in denen sie möglicherweise koexistieren
könnten, ist fast unmöglich. Vielleicht ist es besser so. Wenn auch nur ein
kleiner Rest meines früheren Lebens auf der Erde existieren würde, wäre das
alles wesentlich verwirrender. Ich vermisse sie einfach so oft. Besonders zu
dieser Jahreszeit.
"Djewotschka?"
Ich zucke ein bisschen zusammen und
entspanne mich dann in Alex Umarmung. Er steht hinter mir mit dem Arm um meine
Hüfte gelegt, sein Kopf auf meiner Schulter. Ich nehme an er hat beobachtet,
wie ich wie ein Zombie aus dem Fenster gestarrt habe. Ich bemerke Ret, der das erste Mal glücklich zu meinen Füßen sitzt und
lächle in mich hinein. Wie geben ein ziemlich nettes Bild häuslicher Idylle ab.
Also warum fühle ich mich so...
"Bist du okay?"
Bin ich? Ich denke ja. Ich kann das Gefühl
trotzdem nicht abschütteln. Es ist so merkwürdig.
"Es geht mir gut."
"Nein, tut es nicht. Woran denkst
du?"
Ich seufze und lehne mich gegen ihn, frage
mich, ob ich es ihm überhaupt erzählen sollte. Wir reden selten über die Zeit
vorher, über unsere Familie, über unsere Vergangenheit. Er scheint auch kaum
daran zu denken. Ich weiß, dass er sowieso niemals wirklichen jemanden hatte,
um den er sich gesorgt hat, also hat er nicht diese Anfälle von Nostalgie so
wie ich. Und ehrlich gesagt, das Gebiet meiner Familie ist verknüpft mit
potentiell unbequemen und schmerzhaften Themen zwischen uns. Themen die ich
mich entschieden habe, begraben zu lassen.
"Mulder?" fragt er und ich seufze.
Ich habe nicht an ihn gedacht, aber jetzt wo er es erwähnt, tue ich es.
"Nein, ich habe eigentlich an meine Mutter
gedacht. Ich habe mich ...nur gefragt."
Er sagt nichts, drückt mich nur ein wenig
fester und fängt an, meinen Hals zu küssen. Ich bin froh. Ich weiß nicht, ob
ich es jetzt ertragen könnte, irgendwelche leeren Versicherungen zu hören. Er
weiß, dass ich gesucht habe. Ich habe nach allen gesucht. Und wir beide wissen,
dass es praktisch keine Chance gibt, dass einer von ihnen noch lebt.
"Und ich habe an meine Brüder gedacht.
Was sie von dir gehalten hätten."
Er lacht leise gegen mein Ohr.
"Sie hätten mich gehasst."
"Ja das hätten sie. Bill hat gedacht
*Mulder* ist gefährlich. Ich kann mir noch nicht mal vorstellen, was er von dir
gedacht hätte."
"Und was hätte Mulder gedacht?"
"Was...was meinst du?"
"Wenn er hier wäre. Was würde er
denken?"
Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll.
Die Wahrheit ist, wenn Mulder hier wäre, wären Alex und ich gar nicht erst in
diese Situation gekommen. Ich kann ihm das aber nicht sagen. Wie könnte ich
das? Ich bin mir sicher, dass er es weiß, aber ihm das zu sagen, wäre ein Schlag
ins Gesicht.
Tatsache ist, dass Mulder nicht hier ist.
Tatsache ist, dass es keine Rolle spielt, was er gedacht hätte. Die Frage ist
gegenstandslos.
"Ich weiß es nicht, Alex", ist
alles, was ich sagen kann.
"Ich weiß, was er würde tun
wollen..."
"Alex, lass uns nicht weiter über
Mulder reden."
"Kay."
Er küsst mich noch mal hinter das Ohr und
geht wieder zum Herd zurück.
"Komm und setz dich. Essen ist gleich
fertig."
Ich nicke abwesend und starre weiter aus dem
Fenster. Es schneit wieder. Das ist nicht ungewöhnlich, aber aus irgendeinem
Grund, heute Abend, lässt mich der bloße Anblick frieren. Etwas mit diesem
Schnee ist einfach... anders.
"Djewotschka?
Was ist nicht in Ordnung?"
"Was?" ich drehe mich um und sehe,
dass er den Tisch fertig gedeckt hat und dort steht und auf mich wartet. Ich
frage mich, wie lange ich ihn ignoriert habe.
"Oh, es tut mir leid, Alex. Ich...ich
weiß nicht..."
"Was ist, Dana?"
"Ich weiß nicht. Ich fühle mich nur
so...merkwürdig."
"Wirst du krank?"
"Oh nein, nichts in dieser Art."
"Hat es was mit mir zu tun? Ist es
etwas, was ich getan habe?"
"Nein, nein Alex. Du hast gar nichts
getan. Es ist nur...es ist noch nicht einmal ein völlig schlechtes Gefühl. Nur
ein seltsames. Als wenn irgendwas...irgendwas einfach anders ist. Oder sein
wird, oder...Gott, ich weiß noch nicht mal, wovon ich rede. Vergiss es."
Er lächelt und zuckt mit den Schultern und
sieht mich mit seinem speziellen Blick an. Ich kann ihn noch nicht mal
beschreiben, aber er macht alles wieder gut.
"Komm und iss, Djewotschka.
Es ist Neujahr. Wir sollten feiern."
Meine Beine wollen mich aber irgendwie immer
noch nicht dorthin tragen. Aus irgendeinem Grund ist alles, wozu ich momentan
fähig bin, ihn anzusehen. Alex. Mein wunderschönes, schmutziges, kleines Tier.
Manchmal ertappe ich mich dabei, ihn einfach nur anzusehen. Und wenn ich das
tue, haut es mich fast jedes Mal beinahe um, was dann mit mir passiert. Die
Beben beginnen im allgemeinen irgendwo in meiner
Brust, aber laufen schließlich immer von oben nach unten wie Stromstöße durch
meinen ganzen Körper. Ein solches Verlangen zu spüren, einen solchen
primitiven, urgewaltigen Hunger, ist immer wieder eine Überraschung für mich.
Zu solchen Gelegenheiten frage ich mich, ob
es möglich ist, zwei Seelenverwandte zu haben. Ich habe immer gedacht, dass das
Gefühl, wenn es denn so wäre, das selbe sein müsste. Dass, wenn ich noch mal
eine so starke Liebe empfinden würde, so stark, wie die für Mulder, sie sich
auf genau die selbe Weise ausdrücken würde. Ich denke
ich hatte unrecht. Ich denke es ist unmöglich, dass ich mich noch mal in
jemanden verliebe, der mich auf die gleiche Weise berührt, wie es Mulder getan
hat. Er könnte niemals an Mulder herankommen. Aber Alex, Alex bringt in mir
Gefühle, Bedürfnisse, Tendenzen zum Vorschein, von denen ich gar nicht wusste,
dass sie in mir existieren könnten.
Ich denke es ist möglich. Ich denke Mulder
war mein Seelenverwandter für die Zeit, in der wir zusammen waren. Er war mein
Bruder im Geiste, er hat eine Liebe mit mir geteilt, die in ihrer Heiligkeit
schon fast religiös war. Wir waren auf einer höheren Ebene miteinander
verbunden, auf eine Art, die ich nie wieder erleben werde. Unsere körperliche
Anziehungskraft war stark, intensiv, aber sie war zweitrangig gegenüber all den
anderen Dingen, die uns verbunden haben.
Und Alex, Alex ist mein Seelenverwandter in
der Welt, in der wir heute leben. Mein körperlicher Seelenverwandter, meine
fleischliche Verbindung, mein Band zu der Welt der Eingeweide, des Blutes, des
Tiefen und des Dunklen.
Nach Mulder habe ich mich gesehnt. Nach Alex
verzehre ich mich. *)Anmerkung am Ende des Kapitels
Mein Gott, ich begehre ihn so sehr. Es ist
so stark, so wild. Er macht auch mich zu einem Tier.
"Wie..." beginne ich, aber meine
Stimme zittert ein wenig durch die Macht meiner plötzlichen und aus heiterem
Himmel kommenden Begierde. "Wie sagst du
Tier?"
Er schließt seine Augen einmal für einige
Sekunden und ich möchte in seinen Kopf hineinkriechen um zu sehen, was darin
vorgeht.
Nach all der Zeit, die wir zusammen
verbracht haben ist er mir die meiste Zeit noch so ein großes Rätsel.
Als er seine Augen schließlich wieder
öffnet, finden sie sofort die meinen und ich denke, dass er mich versteht.
"Tschiwodnoje",
murmelt er und der Klang des Wortes, dass aus seinem
wunderbaren Mund kommt sendet ein besonders starkes Beben durch meinen Körper,
das zwischen meinen Beinen beginnt und endet.
"Tschiwodnoje.
Tschiwodnoje." Ich rolle das Wort ein paar Mal
auf meiner Zunge hin und her. Ich denke, dass sich meine Aussprache während des
vergangenen Jahres ein bisschen verbessert hat. Er hat mir einige Wörter
beigebracht und wenn ich sie ausspreche lacht er nicht mehr und zuckt nicht
mehr zusammen. Ich denke, dass ich es richtig gesagt habe.
"Tschiwodnoje,
kann ich dich so nennen?"
Er schluckt heftig und ich beobachte die
Bewegung seines Kehlkopfes, der langsam auf und ab hüpft und dann legt er seine
Finger um die Lehne meines leeren Stuhls.
"Ja", sagt er und ich bemerke, dass
dieses Mal seine Stimme ein wenig zittert.
"Ich will dich so sehr, Alex. Manchmal
ist es...ich kann es kaum aushalten."
Ich weiß nicht, warum ich gerade jetzt das
Bedürfnis verspüre, ihm das zu sagen, aber aus einem bestimmten Grund scheint
es mir wichtig zu sein. Abgesehen davon, dass es absolut nicht notwendig ist.
"Ich weiß, dass du mich willst, Djewotschka. Ich habe das nie bezweifelt."
Natürlich.
"Nein, ich ...ich nehme an, dass du das
nicht würdest. Jede will dich, richtig?"
"Jaa, aber, hey, was kann ich dagegen tun. Ich kann es nicht ändern, so
sexy zu sein. So bin ich nun mal erschaffen worden."
Er läuft nun und verringert die Entfernung
zwischen uns. Wir beide atmen schon heftig. Ich habe den Eindruck, dass das
Abendessen warten muss.
"Es muss schwer sein, von so vielen
begehrt zu werden..."
"Es ist jeden Tag wieder eine
Herausforderung. Aber die Vorteile wiegen die Nachteile auf."
"Oh wirklich? Und was genau sind die
Vorteile?"
"Naja, der wichtigste ist, dass ich
entscheiden kann, wen ich jede Nacht in meinem Bett haben will."
"Wirklich?"
"Jap. Und
wenn ich mir die schönste Frau aussuche, die die Erde je gesehen hat, kann sie
nicht anders, als in meine Arme zu fallen..." er hört kurz auf und zuckt
mit den Schultern, "oder Arm...und in meine Hosen."
Er steht jetzt direkt vor mir, nur ein paar
Zentimeter entfernt. Ich möchte ihn einfach schnappen, auf ihn springen und es
mit ihm treiben, bis er ohnmächtig wird, aber es ein bisschen hinauszuzögern
macht es immer so viel besser.
"Nur die Erde? Was ist mit dem Rest des
Universums?"
"Naja, du weißt, es gibt noch viele
Planeten, die ich noch nicht gesehen habe, also will ich mich mal lieber nicht
festlegen lassen."
"Ah, ich verstehe. Also bedeutet das,
dass du mich vielleicht eines Tages für irgendeine blaue Schnepfe verlässt, die
du irgendwo aufgabelst?"
"Ich sage nur, dass ich es nicht so
absolut sagen kann. Außer..."
"Außer?"
"Außer vielleicht sagen wir mal, die
wunderschöne Erdenfrau würde versuchen, mich zu ihren Gunsten für ihre absolute
Exklusivität zu beeinflussen."
"Beeinflussen?"
"Jaa, du
weißt, wie man das nennt..."
Er fasst nach unten und zieht an seinem
Gürtel und ich schwöre bei Gott, ich muss mich zusammenreißen, nicht zu
wimmern.
"Bestich mich."
"Dich bestechen? Ich denke, dass ich
dich genug bestochen habe, Mister Universum."
"Ja gut, aber es ist immer gut, den
Kunden bei Laune zu halten", lächelt er spöttisch, löst seinen Gürtel
vollständig und beginnt, seine Hose aufzuknöpfen.
"Kunden. Bist du das jetzt also? Meine
Güte, wozu macht mich das dann?"
"Hey, was soll's. Wenn du denkst, dass
du dich mir nicht beweisen kannst, dann fange ich vielleicht lieber gleich an,
mich nach den blauen Schnepfen umzusehen."
"Wenn du denkst, dass die blauen Schnepfen
deinen Schwanz so gut lutschen können wie ich, dann steht dir eine große
Enttäuschung bevor", flüstere ich und sein ganzer Körper bäumt sich mir
entgegen. "Eine riesige Enttäuschung", füge ich hinzu und er setzt
wieder sein spöttisches Lächeln auf. Was ist nur dabei, wenn er so spöttisch
lächelt? Gott, was ist an jeder der Sachen, die er tut? Ich schwöre, wenn er
jemand anderer wäre...
"Oh komm schon, Dana. Wie schwer kann
das sein. Ich meine wirklich, ich gebe mir damit mehr Mühe als du."
"Mühe? Bitte. Du hast keine Ahnung, wie
viel Mühe ich in diese ... in diesen Club in deinen Hosen investiere."
Er lacht und löst den letzten Knopf an
seiner Hose.
"Nein, ich denke du hast recht. Ich
weiß das wirklich nicht. Du erinnerst mich vielleicht besser daran, Dana."
Oh Gott. Er zieht ihn raus. Ich sollte
wirklich empört sein. Ich sollte wirklich angewidert sein. Oder wenigstens
lachen. Aber alles was ich tun kann, ist ihn anzustarren.
"Komm schon, Dana. Verstehe es als
Appetitanreger."
Er ist hart wie ein Stein, hält sich selbst
in der Hand und wedelt tatsächlich mit dem verdammten Ding herum. Ich bin eine
halbe Sekunde vom Sabbern entfernt. Mir läuft buchstäblich das Wasser im Munde
zusammen. Ich schlucke es runter und versuche wegzusehen.
"Du bist eine Marke, Alex."
"Jaa, das ist
er, oder? Fast wie Kunst", sagt er und sieht freudig an sich herunter.
"Ich sollte ihn zu einem Vorstellungsgespräch schicken oder so. Man könnte
ihn in eine Museum stellen, zu all der anderen
Kunst."
"Erbärmlich", rümpfe ich meine
Nase und er greift nach meinem Kopf und zieht ihn grob an sich. Er küsst mich
heftig und gut...so, so gut und meine Knie fangen an zu zittern.
"Ist das auch erbärmlich?"
"Mmmm, ein
bisschen weniger."
"Gut. Zurück zur Bestechung", sagt
er zu mir und schiebt meinen Kopf in die allgemeine Richtung seines Schrittes.
"Nicht so schnell, Cowboy."
"Oh doch, so schnell wie du kannst,
Baby. Ich könnte jederzeit in den Kampf gerufen werden. Wir haben nicht viel
Zeit."
"Alex, du...ich weiß nicht, wie du das
machst. Du lässt die abstoßendsten Dinge fast...süß
erscheinen."
Er zuckt unschuldig mit den Schultern und
lässt seine Augen begehrlich an meinem Körper entlang gleiten. Seine Hände sind
immer noch in meinen Haaren und seine entblößte Erektion drückt gegen meinen Bauch.
Die Feuchtigkeit beginnt sich in meiner Unterwäsche zu sammeln.
"Wenn du jemand anderer wärst, würde
ich dich jetzt wahrscheinlich anspucken. Das ist dir doch klar, oder?"
"Weißt du was, für eine Frau, die ihre
Liebe beweisen soll, redest du ziemlich viel. Würdest du jetzt endlich meinen
verdammten Schwanz in den Mund nehmen?"
"Gut, ich habe nur darauf gewartet,
dass du fragst mein Süßer. All diese Spitzfindigkeiten waren mir viel zu
hoch."
Er lacht mitten in unserem fast keuchenden
Atem durch seine Nase und schiebt meinen Kopf nach unten, bis ich vor ihm knie,
bis ich seinen prächtigen Schwanz zwischen meinen Lippen habe. Er fängt sofort
an zu stöhnen und ich muss meine Hände zu Fäusten ballen, um nicht in meine
eigenen Hosen zu fassen und an mir selbst herumzuspielen. Nicht, dass ihn das
stören würde. Es könnte mich nur von dem abhalten, was ich vor habe: ihn zu
bezwingen.
Ich nutze jede Waffe in meinem Arsenal,
Zunge, Zähne, Hände und besonders meine Lippen und nach wenigen Minuten stößt
er in mich und hält sich zur Unterstützung an meiner Schulter fest. Seine Knie
fangen an nachzugeben und zu zittern. Ich fasse nach oben und lasse meine Hände
in seine Jeans gleiten, über seinen Hintern, halte ihn fest umklammert, grabe
meine Nägel in sein Fleisch und ziehe ihn tiefer in meinen Mund.
Er sieht nach unten und ich blicke nach
oben. Eine Begegnung des Willens.
"Krassawitsa",
ächzt er und ich lächle um ihn herum. Das war eines der ersten Worte, die er
mir gelernt hat. Es heißt schön.
"Gott...oh Gott", stöhnt er und
seine Knie geben schließlich vollständig nach. Er bricht zusammen und sitzt auf
seinen Fersen auf dem Boden und ich grinse ihm ins Gesicht.
"So, jetzt bestochen?"
"Oh Gott, du hast gewonnen, du hast
gewonnen. Du hast verdammt noch mal gewonnen."
"Tue ich das nicht immer?"
"Bring es einfach ... einfach zu Ende.
Dana, bitte. Gott."
"Du wirst nicht mit einer blauen
Schnepfe wegrennen, wenn ich fertig bin, oder?"
"Nneeeiiin.
Tu es einfach. Tu es. Gott. Verdammt! Bitte."
Ich ziehe das für einen Augenblick in
Erwägung, vor allem deswegen, weil er so verzweifelt auf und nieder hüpft und
sein angeschwollener Schwanz steil nach oben ragt. Aber das würde jetzt nicht
ausreichen. Ich bin zu weit gegangen, um auch nur zwei Minuten länger warten zu
können.
Ich schüttele meinen Kopf und seine Augen
weiten sich erschrocken, weil er denkt, dass ich ihn jetzt vielleicht einfach
so frustriert auf dem Boden sitzen lasse. Dann krieche ich wieder zu ihm, fülle
seinen Mund mit meiner Zunge und schubse ihn nach unten auf seinen Rücken.
Ich klettere auf ihn drauf, setze mich
ungeduldig auf ihn und drücke meinen Schritt nach unten auf seinen. Er stöhnt
und lacht in meinen Mund und ich beiße auf seine Lippe.
"Ich kann nicht...ich brauche, Gott
Alex, fick mich. Fick mich... Tschiwodnoje."
"Ist es das, was du von mir denkst?
Dass ich ein Tier bin?"
"Mmhmm, wenn
ich ehrlich sein soll, tue ich das. Ist dir das recht?"
Er beginnt, fieberhaft an meinen Sachen zu
zerren mit einem tiefen, kehligen Stöhnen, das durch mich hindurch vibriert.
"Recht? Gott...macht mich so heiß, dass
ich es kaum glauben kann", flüstert er unter Keuchen und ich fange an mich
zu fragen, ob es möglich ist, vor übermäßiger Erregung ohnmächtig zu werden.
Ich lehne mich nach unten, um ihn wieder zu
küssen und unsere Zungen duellieren sich wie verrückt. Er ist immer noch
vollständig bekleidet abgesehen von seinem hervorstehenden Schwanz, aber es
macht mir nicht wirklich etwas aus.
Ich positioniere mich über ihm und nehme nur
seine Spitze in mir auf.
"Ja tebja ljublju", murmelt er schnell und stößt dann nach oben,
füllt mich vollständig. Ich lächle und stöhne und frage mich, ob er es jemals
auf englisch sagen wird. Er sagt diese Worte fast
jeden Tag, fast jedes Mal, wenn wir uns lieben. Er müsste mich für eine totale
Idiotin halten, wenn er denken würde, ich wüsste nicht, was es heißt. Ich weiß
es und er weiß, dass ich es weiß, aber ich nehme an, dass wir beide lieber so
tun, als wäre es ein großes, altes Geheimnis.
Und ich kann mich wirklich nicht beschweren,
weil ich es niemals zu ihm auf russisch gesagt habe,
geschweige denn englisch. Ich habe es auch nie zu Mulder gesagt, obwohl er es
mir mehr als einmal gesagt hat und ich bereue das bis heute. Ich möchte nicht,
dass das auch mit Alex passiert. Aber trotzdem, jedes Mal, wenn ich es sagen
will, habe ich eine Frosch im Hals.
Er sagt es wieder und ich seufze. Ich küsse
ihn. Ich ziehe mich um ihn herum zusammen.
"Mein Gott, Alex, das ist so gut. Mmmmmgut."
"Ja, Baby. Ja", keucht er und ich
fühle ihn in mir pulsieren, mich ausfüllen. Wir haben noch nicht angefangen,
uns zu bewegen und sind beide dem Orgasmus schon so nahe, dass es nicht mehr
komisch ist. Wir sind so ... mein Gott, was um alles in der Welt sind wir. Ich
habe das Gefühl, als wenn ich weinen müsste. Es ist so gut, dass ich weinen
könnte.
Und dann, gerade als ich denke, dass mein
Gehirn explodieren wird, beginnt Ret zu bellen und
ich höre etwas. Etwas furchtbares.
Etwas, das einfach nicht war sein kann. Ich
höre die Tür aufgehen.
"Boss?" ruft eine Stimme, die ich
sofort wiedererkenne. Es ist Brian. Verdammt es ist Brian. Und wir vögeln hier
auf dem Boden. Wir sind teilweise von der Couch verdeckt, aber als ich
aufschaue, treffen sich unsere Augen und er dreht uns sofort den Rücken zu.
Ich gehe von Alex runter und suche auf dem
Boden hektisch meine Sachen zusammen. Während ich mich wieder anziehe, liegt
Alex einfach nur auf dem Boden, keuchend, und starrt eine Weile an die Decke.
Dann knöpft er seine Hose zu und steht auf.
"Äh...es tut mir Leid, Sir. Ich wollte
nicht stören", murmelt der arme Brian, als er sich wieder zu uns umdreht.
"WAS IST LOS?!"
Ich muss mir auf die Lippe beißen, um nicht
laut loszulachen. Trotz meiner immens großen Enttäuschung ist das wirklich
irgendwie lustig. Alex ist krebsrot und schwitzt, keucht und atmet schwer,
fährt sich immer wieder mit den Fingern durch die Haare und seine Erektion
drückt immer noch gegen seine Jeans. Brian sieht völlig verängstigt aus.
"Tut mir Leid. Es gibt, äh, da sind ein
paar Eindringlinge."
Das ist plötzlich gar nicht mehr so komisch.
Ich stehe jetzt auf, endlich wieder komplett bekleidet und Alex und ich
tauschen nervöse Blicke aus.
"Eindringlinge? Wie viele
Eindringlinge?" fragt er.
"Zwei. Ein Mann und eine Frau. Wir
dachten, dass Sie das wissen wollten um zu entscheiden, was wir mit ihnen
machen sollen."
Alex nickt langsam und fährt sich mit der
Hand über das Gesicht während ihm klar wird, dass wir unsere Feier auf später
verschieben müssen.
"Verdammt", flucht er leise. Dann
sieht er mich hungrig an und ich weiß nicht genau, was anhimmeln ist, aber ich denke ich tue es. "VERDAMMT!"
"Was wollen sie, Brian?" frage
ich.
"Äh, eigentlich scheinen die Sie zu
wollen."
"Was?" sagen Alex und ich
gleichzeitig.
"Naja, jedenfalls der eine tut das. Er
hört nicht auf zu schreien. Er sagt, er will Scully sehen."
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Ende Kapitel 12
Ende
Erster Band
Rachel: **Noch da? Wow! Danke, dafür, dass
ihr bis hierher gelesen habt.
*)Originaltext: Mulder made me ache. Alex makes me burn.